Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, Miszellen, S. 81 |
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Miscellen.
Miscellen.
Das Zeitalter des Dampfes; von Dr. E. Engel.
Ein groſsartiges statistisches Werk (erschienen Berlin 1880), das die Resultate der
neuesten Dampfkessel- und Dampfmaschinen-Zählung im deutschen Reiche (Ende 1878
abgeschlossen) in der bewundernswürdigen Klarheit und Uebersichtlichkeit darlegt,
welche dem Verfasser so speciell eigen ist und welche allein die Statistik auch
weiteren Kreisen zugänglich macht. Wir müssen darauf verzichten, von dem als
festgeschlossenes logisches Ganzes dastehenden Werke eine Uebersicht zu geben,
wollen jedoch vor Allem die Aufmerksamkeit unserer Leser auf die lichtvolle
Behandlung volkswirtschaftlicher Fragen – als die Betriebsergebnisse der Maschinen
und Kessel, Dampfkessel-Ueberwachungs- und Versicherungsvereine, Anschaffungs- und
Erhaltungskosten verschiedener Systeme – hinlenken, Fragen, die wohl heute schon
einer endgültigen Lösung durch statistische Aufnahmen zugänglich sind, während sich
die Constructionsbedingungen selbst, unserer Meinung nach, vorläufig noch der
eigentlichen statistischen Wissenschaft, nämlich der
Ableitung gültiger Schlüsse aus den Zählungsresultaten, vollständig entziehen.
An die Darstellung der statistischen Aufnahmen im deutschen Reiche schlieſst sich
eine umfassende Darstellung der entsprechenden Verhältnisse anderer Staaten und
vollendet so das Werk zu einem gewaltigen Bilde der Entwicklung und Leistungen der
Dampfkraft seit Watt und Stephenson bis zu ihrem heutigen Höhepunkte.
M-M.
Schiffs-Eisenbahn über den Isthmus von Panama.
Der bekannte amerikanische Ingenieur-Capitän J. B. Eads,
Constructeur der Stahlbrücke über den Mississippi in St. Louis und der Schöpfer der
groſsartigen Stromregulirungsarbeiten an der Mündung des Mississippi in New-Orleans,
hat ein neues gigantisches Project ausgearbeitet, welches, von einem Anderen
ersonnen, vielleicht verspottet würde, aber als Vorschlag Eads' in den Vereinigten Staaten mit allem Interesse behandelt wird.
Die Frage der Passage des Isthmus von Panama, welche so lange schon die Geister
beschäftigt und durch die unter unzähligen Menschenopfern erbaute transisthmische
Bahn nur eine unzulängliche Lösung gefunden hatte, soll jetzt bekanntlich durch die
Schaffung des Panama-Kanales endgültig abgeschlossen werden. So ungeheuerlich dieses
Project mit seinen für die gröſsten Kriegsschiffe bestimmten Schleuſsen und Tunnels
erschienen war, so ist doch, seitdem die unter der Leitung von Lesseps gebildete Gesellschaft das Project in die
Hand-genommen hat, an dessen Durchführung keinen Augenblick mehr zu zweifeln. Aber
Eads und mit ihm seine amerikanischen Landsleute
sind mit dieser in den Dimensionen groſsartigen, im Princip dagegen einfachen Lösung
nicht ganz einverstanden und so wird dem Lesseps'schen
Kanalproject die Eads'sche Schiffs-Eisenbahn entgegengestellt, welche mit dem vierten Theile des
Zeit- und Geldaufwandes das gleiche Ziel erreichen will.
Im Scientific American, 1880 Bd. 43 S. 303 ff. ist diese
Bahn im Detail skizzirt und beschrieben; wir entnehmen danach die folgenden Notizen.
An den beiden Endpunkten der Schiffbahn, welche entweder über Panama, Nicaragua oder
Tehuantepec gehen soll, wird an der Küste ein etwa 1000m langer Kanal hergestellt, dessen geneigte Sohle einerseits 10m unter dem Wasserspiegel in den Hafen ausmündet,
andererseits bis zum Niveau der Küste ansteigt, also eine Steigung von 0,01 besitzt.
Auf der Kanalsohle sind in Abständen von etwa 1m,7
zwölf Schienengeleise gelegt, auf welchen ein riesiger Wagen mit 1000 bis 1200
Rädern durch eine Stabilmaschine mittels Drahtseilen bewegt wird. Das zu befördernde
Schiff fährt in den Kanal ein, bis es auf den zu seiner Aufnahme bestimmten Wagen
trifft, wird auf demselben befestigt und ans Land gezogen. Dort ziehen sich, zu
beiden Seiten der 12 geleisigen Schiffsbahn, zwei Locomotivbahnen, auf denen
mächtige 16-Kuppler
„fünfmal so stark wie die jetzigen Locomotiven“,
bereit stehen, um den 1200rädrigen Wagenkoloſs sammt darauf befindlichem Schiff und
Ladung, also eine Last von 12000t und mehr, über
Land zu befördern. Diesen eindrucksvollen Moment stellt eine virtuos ausgeführte
Skizze des Scientific American dar und man muſs
gestehen, daſs die Verwirklichung des Eads'schen
Projectes, deren Möglichkeit auch wir nicht in Abrede stellen wollen, die
groſsartigste mechanische Leistung aller Zeiten darstellen würde.
Eads hat auch bereits die finanzielle Seite der Frage
erwogen und veranschlagt die Herstellungskosten der Schiffs-Eisenbahn sammt den
erforderlichen Schiebebühnen (zum Ausweichen entgegenkommender Züge, auf 50
Millionen Dollars, die jährliche Brutto-Einnahme bei einem angenommenen Verkehr von
5 Millionen Tonnen im Jahr und einem Tarif von 2 Dollars für die Tonne auf 10
Millionen Dollars, der Reingewinn auf 5 Millionen Dollars und somit die Verzinsung
auf 10 Proc!
Wn.
Schwimmendes Wasserrad mit hohlen Schaufeln.
G. Zeidler in Görlitz (* D. R. P. Kl. 88 Nr. 9345 vom
25. October 1879) – bekannt durch seine Regulirturbine (vgl. 1877 224 134) – macht den Vorschlag, Stromräder mit hohlen
kastenförmigen Schaufeln zu versehen und sie auf diese Weise zum Schwimmen befähigt
zu machen, um die Anwendung von Schiffen zu ihrer Lagerung entbehren zu können. Mit
der festliegenden Transmissionswelle müſste die Radachse durch eine Zwischenwelle
und durch Universalgelenke verbunden sein. Solche Räder würden sich namentlich zum
Betrieb von Schöpfrädern für Wiesenberieselungen eignen, welcher specielle Fall auch
in der Patentschrift bildlich dargestellt ist.
Motor für Nähmaschinen.
W. Hoffmann in Mühlhausen, Thüringen (* D. R. P. Kl. 46
Nr. 10819 vom 10. December 1879) will die Nähmaschine durch das Gewicht der an
derselben arbeitenden Person treiben (vgl. Underwood
und J. D. Smith's Nähmaschinenstuhl 1880 235 * 29). Der Sitz für dieselbe ist zu diesem Zweck an
einer Zahnstange angebracht, welche auf ein Räderwerk und durch dieses auf die
Antriebscheibe der Maschine wirkt. Ist das Triebwerk abgelaufen, so braucht die
Person an der Maschine blos aufzustehen und mittels eines Trittes den Sitz wieder zu
heben, um hierauf ihr Gewicht abermals für den Betrieb nutzbar machen zu können.
Treibriemen aus Drahtgewebe.
Rudolf Müller in Kiew (* D. R. P. Kl. 47 Nr. 10 914 vom
12. März 1880) will Treibgurten in der Weise herstellen, daſs er eine aus
Stahldrähten bestehende Kette mit einem dünnen Drahtseil durchschieſst, so daſs der
am Gewebe hauptsächlich vortretende Schuſs der Gurte eine rauhe Oberfläche gibt und
einen wirksamen Schutz gegen das Gleiten bilden soll.
Zur Erhaltung der Dampfkessel.
Um zeitweilig auſser Betrieb gesetzte Dampfkessel vor dem Verrosten zu schützen,
empfiehlt M. Aynsley in den Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 1880 S. 565 einen mehrfachen
Innern Anstrich mit Cement.
Pumpe für Brennereien.
Um für die verschiedenen Zwecke in einer Brennerei mit einer einzigen Pumpe
auszukommen, diese also zum abwechselnden Heben von Wasser, Süſs- und Sauermaische
und Schlempe geeignet zu machen, bringt J. Hampel in
Dresden (* D. R. P. Kl. 59 Nr. 10 664 vom 30. November 1879) unter dem Säugventil
und über dem Druckventil je einen Eckhahn an, an dessen Gehäuse seitlich vier
Stutzen angesetzt sind. Es ist somit möglich, aus vier verschiedenen Behältern zu
saugen und jede der angesaugten Flüssigkeiten in eine der vier Leitungen zu treiben,
welche am Wechselhahn über dem Druckventil der Pumpe angesetzt sind.
Drehbares Ueberlaufrohr als Ablaſsvorrichtung.
Zum Ablassen der in offenen Behältern enthaltenen Flüssigkeiten läſst sich statt
eines Hahnes, Ventiles oder Hebers auch ein drehbares Ueberlaufrohr benutzen und
zwar mit Vortheil dann, wenn die über einem Niederschlag stehende Flüssigkeit rein
abgezogen werden soll. Die nach den Ausführungen von F.
Ulrich in Leopoldshall-Staſsfurt skizzirte Textfigur läſst die Vorrichtung
mit hinreichender Deutlichkeit erkennen.
Textabbildung Bd. 239, S. 83
Fallhammer von H. Meier in Aerzen bei Hameln.
Bei der vorliegenden Fallhammer-Steuerung (* D. R. P. Kl. 49 Nr. 11354 vom 25. März
1880) ist eine Hammerconstruction vorausgesetzt, bei welcher eine ununterbrochen
laufende Welle eine lose aufgeschobene Windetrommel mittels Reibungskupplung
zeitweilig mitnimmt, um dadurch den Hammerbär durch einen sich aufwickelnden Riemen
o. dgl. zu heben. Die Kupplung kann in der Weise bewirkt werden, daſs der Hammerbär
der Bewegung des Steuerhebels im gleichen Sinne folgt, oder derart, daſs durch eine
eigene Anordnung der Hammer selbstthätig fortarbeitet, so lange ein zugehöriger
Hebel niedergetreten wird.
Oefen zur zeitweisen Aufspeicherung der Wärme.
A. H. Wessely in Hamburg (* D. R. P. Kl. 36 Nr. 7643 vom
29. März 1879) hat über der Halbfüllfeuerung eines Kachelofens in den regelmäſsigen
Rauchzug eine Zahl feuerfester Ziegel geschichtet, welche dem Rauch seine hohe
Temperatur nehmen sollen, um nach Erlöschen des Feuers die aufgenommene Warme an das
Zimmer abzugeben. Während des Anheizens wird der Rauch – in Folge Oeffnung einer
Klappe – durch einen Nebenkanal direct abgeleitet.
Th. Seeberger in Königshütte bei Mitterteich in Bayern (* D. R. P. Kl. 36 Nr. 10 654 vom 30. Januar 1880) bringt in sogen. Kanonenrohren
eine concentrische Röhre an, die in einiger Höhe über dem Feuer seitwärts und
auſserdem oben in das Zimmer mündet. Diese Röhre enthält eine Zahl sternförmiger
Steine. Schlieſst man die Röhre mittels einer Drosselklappe am oberen Ende, so wird
die an dieselbedieselhe abgegebene Wärme an die Steine übergeführt und kann etwa nach Erlöschen
des Feuers durch Oeffnen der Klappe für das Zimmer nutzbar gemacht werden.
Kosten des elektrischen Lichtes.
Die Bleicherei zu Breuil-en-Auge bei Lisieux wird mit 11 Reynier'schen Glühlampen
erleuchtet. Die Anlagekosten beliefen sich auf 3415 Fr., darin 1500 Fr. für 1
Gramme'sche Maschine, 1100 Fr. für die Lampen, 275 Fr. für 11 selbstthätige Anzünder
u.s.w. Die mit 1275 Touren laufende Gramme'sche Maschine gibt jeder der 11 Lampen
eine Lichtstärke von 8 bis 12 Carcelbrennern, bei einem Verbrauche von 3e. Der Betriebsaufwand in der Stunde beträgt 0,83
Fr., und zwar 0,65 Fr. für Kohlenstäbe, 0,18 Fr. für die 3e; dies macht für 700 Stunden 581 Fr. 80
Gasbrenner würden nach den Gaspreisen von Lisieux (0,25 Fr.), Rouen (0,32 Fr.) und
Paris (0,30 Fr.) kosten: 1960, 2508,80, bezieh. 2352 Fr. Das in der Bleicherei
selbst erzeugte Gas kostete 2485 Fr. für 700 Stunden und dabei störte der bei der
Gasbereitung entstehende Rauch die Bleicherei sehr. In den hier verwendeten Lampen
(vgl. 1879 231 285) ruht ein feiner Kohlenstab mit seiner
Spitze auf einem Contacte; eine Feder drückt von der Seite her einen anderen Contact
an den Kohlenstab an und bestimmt so die zwischen den beiden Contacten liegende, zum
Glühen kommende Länge. Die Anzünder enthalten einen
Elektromagnet und eine Neusilberdrahtspirale, die der Lampe parallel geschaltet ist;
geht der Strom durch die
Lampe, so schaltet der in dem Lampenstromkreise liegende Elektromagnet die Spirale
aus; erlischt die Lampe, so schaltet der dabei stromlos werdende Elektromagnet
sofort die Spirale selbstthätig wieder ein und die anderen Lampen brennen deshalb
ruhig weiterIn der Kämmerei von Delaporte hat Reynier
anstatt des Anzünders und in der nämlichen Schaltung wie dieser eine
Hilfslampe, nämlich eine vereinfachte Archereau'sche Lampe, verwendet,
welche sich sofort entzündet, wenn ihre Hauptlampe erlischt.; man
kann daher in der erloschenen Lampe den Grund des Erlöschens aufsuchen. (Nach dem
Bulletin de Ronen 1880 S. 324.)
Im Schieferbruch zu Angers sollen die 3 unterirdischen Arbeitsplätze elektrisch
erleuchtet werden. Die Gasbeleuchtung kann 46,50 Fr. für 1 Tag zu 23 Stunden kosten
und dazu treten noch die Kosten des erforderlichen unentbehrlichen Oeles. Die
Gesammtausgaben steigen daher auf 55 Fr. täglich für 80 bis 90 Arbeiter und eine
Production von 100000 Schieferplatten im Mittel. Für elektrisches Licht würden die
Anlagekosten 16755 Fr. betragen für einen Arbeitsplatz von 2000qm; darin stecken 10000 Fr. für die 16e-Dampfmaschine, 3230 Fr. für 2 Gramme'sche
Maschinen, 1200 Fr. für 3 Serrin'sche Lampen (eine zur Auswechselung). Zur Zeit wird
nur ein Arbeitsplatz erleuchtet und die Betriebsmaschine gibt nur 4 bis 5e; bei 22stündiger Arbeit belaufen sich trotzdem
die Ausgaben für die Beleuchtung nur auf 50 Fr. Hätte jede Lampe 300 Carcelbrenner
Lichtstärke, so käme auf die Stunde und 1 Brenner bei elektrischem Licht 0,0037 Fr.
und bei Gas 0,034 Fr., also 10mal so viel. (Nach Oppermann's
Portefeuille économique des machines, 1880 Bd. 5 S. 124.)
Elektrolyse des Benzols.
Als A. Renard (Comptes
rendus, 1880 Bd. 91 S. 175) durch ein Gemisch von 65cc Alkohol, 15cc
mit gleichen Theilen Wasser verdünnter Schwefelsäure und 20cc Benzol den Strom von 5 Bunsen'schen Elementen
leitete, entwickelte sich am negativen Pol Wasserstoff, während sich am positiven
eine schwarze theerige Masse bildete, aus welcher durch Natron ein braunes festes
Harz gelöst wurde. Aus der Flüssigkeit konnte Isobenzolglycol C6H6(OH)2 abgeschieden werden.
Anwendung von Siliciumeisen in galvanischen Batterien.
Da die Anwendung der für Zinkeisenketten erforderlichen Salpetersäure von 1,48
Eigengewicht lästig ist, so empfiehlt H. Uelsmann in
Königshütte, Oberschlesien (D. R. P. Kl. 21 Nr. 11 284 vom 11. Mai 1880) hierfür
Eisen mit etwa 12 Proc. Silicium, welches von Salpetersäure nicht angegriffen wird.
Das Siliciumeisen, in Gestalt der gewöhnlichen Zinkkolben, in Salpetersäure von 1,2
Eigengewicht gibt mit amalgamirtem Zink in verdünnter Schwefelsäure einen kräftigen
Strom.
Ueber die Beziehungen des Aggregatzustandes zum Druck.
Erwärmt man nach W. D. Herman (Chemical News, 1880 Bd. 41 S. 191) Phosphor, Schwefel, Jod oder Selen im
luftleeren Raum, so destilliren sie leicht und verdichten sich in schönen
Krystallen.
J. Dewar (Daselbst Bd. 42 S. 1) findet, daſs bis 700at Druck für je 25at Druckzunahme die Schmelzpunkterniedrigung des Eises im Mittel 0,180
beträgt, für 1at also 0,00720.
Th. Carnelly (Daselbst S. 130) schlieſst aus seinen
Versuchen, daſs, wie zur Verflüssigung eines Gases durch Druck die Temperatur unter
einem gewissen Punkte, der kritischen Temperatur,
liegen muſs, zur Verflüssigung eines festen Körpers durch Erwärmen der Druck über
einem bestimmten Punkte liegen müsse, dem kritischen
Druck der Substanz. Sobald man dem entsprechend den Druck unter dem
kritischen Punkte hält, wird man den Körper durch Erwärmen nicht verflüssigen
können, sondern er muſs sich verflüchtigen, ohne vorher zu schmelzen.
Durch Verminderung des Druckes unter 4mm,6 oder
derjenigen Spannung, welche Wasserdampf bei 0° hat, gelang es, eine Zeit lang Eis
bei Temperaturen über dem Siedepunkt des Wassers zu erhalten, so daſs es sublimirte,
ohne zu schmelzen. Andererseits wurde Wasser in einem Glase zum Gefrieren gebracht,
welches so heiſs war, daſs man es nicht mit der Hand anfassen konnte.
L. Meyer (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1880 S. 1831) zeigte bereits i. J. 1875, daſs es
nur vom Druck abhängt, ob ein fester Körper beim Erwärmen unmittelbar in den
gasförmigen oder durch den tropfbaren Zustand hindurch in jenen übergeht. Er
bezeichnet jetzt die Grenzen des tropfbaren Zustandes in folgender Weise: 1) Kritische Temperatur eines Stoffes ist derjenige Wärmegrad, oberhalb dessen kein Druck im Stande ist,
den gasförmigen Stoff tropfbar flüssig zu machen. 2) Kritischer Druck eines Stoffes ist diejenige Spannung seines Dampfes, unterhalb welcher keine Wärmezufuhr im (Stande
ist, den starren Stoff zu schmelzen.
Die beiden so definirten Gröſsen sind einander allerdings nicht völlig analog. Die
kritische Temperatur bildet einen Gleichgewichtszustand, welcher beliebig lange
erhalten werden kann; während die unter dem kritischen Drucke stattfindende
Vergasung ohne Schmelzung einen sich fortwährend ändernden Zustand darstellt, der
sein Ende erreicht, sobald der starre Stoff vollständig in den Gaszustand
übergegangen ist.
Ueber colloidales Eisenoxyd.
L. Magnier de la Source (Comptes
rendus, 1880 Bd. 90 S. 1352) hat eine Reihe im Handel vorkommender
dialysirter Eisenlösungen untersucht und dabei gefunden, daſs ihre Zusammensetzung
zwischen 12Fe2O3 +
Fe2Cl6 und
30Fe2O3 + Fe2Cl6 schwankte. Als
er letzteres Präparat, dessen Zusammensetzung mit einem bereits von Graham dargestellten dialysirten Eisenoxyd
übereinstimmte, weiter der Dialyse unterwarf, wurde noch immer Chlor abgeschieden,
selbst dann noch, als die Zusammensetzung der Formel 116Fe2O3 + Fe2Cl6 entsprach. Es ist daher
wahrscheinlich, daſs man durch fortgesetzte Dialyse schlieſslich zu dem Hydrat
2Fe2O3.3H2O gelangt, welches unter gewissen Verhältnissen
wasserlöslich ist.
Bestimmung des Eigengewichtes von Gasen.
Nach V. Meyer (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 2019) wird ein nach beiden
Seiten in Capillarröhren endigendes Glas- oder Porzellangefäſs von 100 bis 200cc Inhalt in passender Weise auf die
Versuchstemperatur gebracht und mit dem zu untersuchenden Gase gefüllt, wobei die
Capillaren als Zu- und Ableitungsrohr dienen. Nun wird das Gas mittels einer anderen
auf dasselbe nicht einwirkenden Gasart aus dem Apparat verdrängt und bei
gewöhnlicher Temperatur gemessen. Ist das untersuchte Gas in Wasser unlöslich, so
geschieht die Verdrängung mittels trockner Kohlensäure oder Salzsäure und die
Aufsammlung erfolgt über Kalilauge oder Wasser. Will man das Chlor auf seine Dichte
untersuchen, so bewirkt man die Verdrängung mittels Kohlensäure, leitet das Chlor in
Jodkaliumlösung ein und bestimmt die Menge des ausgeschiedenen Jodes durch Titriren
u.s.w. Unmittelbar vor und nach der Anstellung des beschriebenen Versuches wird der
Apparat mit trockener Luft oder trockenem Stickstoff gefüllt, diese mittels
Kohlensäure oder Salzsäure verdrängt und über Kalilauge, bezieh. Wasser aufgesammelt
und gemessen. Die gefundenen Luft- oder Stickstoffvolumen müssen vor und nachher die
gleichen sein, wenn die Temperatur constant geblieben ist, und nur dann hat der
Versuch Gültigkeit. Aus dem Vergleiche der Volumen einerseits der aufgesammelten
Luft, andererseits des erhaltenen Gases, die beide bei gleicher (Zimmer-) Temperatur
und gleichem Drucke (dem herrschenden Atmosphärendrucke) gemessen werden, ergibt
sich das specifische Gewicht der zu untersuchenden Gasart bei der hohen
Versuchstemperatur, wenn es bei Zimmertemperatur bekannt ist, ohne daſs man
Versuchstemperatur oder Druck zu bestimmen nöthig hat. Es ist bemerkenswerth, daſs
bis jetzt nach vorliegenden Versuchen der Ausdehnungscoefficient auch bei sehr hohen
Temperaturen unveränderlich ist für Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Schwefel,
Tellur, Quecksilber, Salzsäure, Kohlensäure, Arsenigsäure.
Atomgewicht der Berylliums.
Nach L. F. Nilson (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 2035) hat Beryllium das
Atomgewicht 13,65, also genau die Hälfte des Aluminiums = 27,3, und die Beryllerde
die Formel Be2O3.
Fischreichthum und Kalkgehalt der Wässer.
W. Weith (Naturforscher,
1880 S. 330) findet, daſs unter sonst gleichen Verhältnissen dasjenige Wasser am
reichsten an Fischen ist, welches die gröſste Menge kohlensaures Calcium gelöst
enthält.
Verfahren zum Conserviren von Fleisch.
J. Wichersheimer in Berlin (D. R. P. Kl. 53 Nr. 11 530
vom 14. März 1880) will in 3l Wasser 36g Potasche, 15g
Kochsalz und 60g Alaun lösen und der filtrirten
Flüssigkeit eine Lösung von 9g Salicylsäure in
45g Methylalkohol und 250g Glycerin zusetzen. Diese Flüssigkeit wird in die
Adern des zu conservirenden Thieres gespritzt. – Wie wenig zweckentsprechend eine
selche Zusammensetzung ist, wurde bereits (1880 238 95)
erwähnt.
Ueber das Legumin der Erbsen.
Nach 40stündigem Erhitzen von 1008 Erbsenlegumin mit 300g Bariumhydrat auf 150° erhielt A. Bleunard
(Comptes rendus, 1880 Bd. 90 S. 1080) 4g,5 Ammoniak, 3g,1 Kohlensäure, 4g,38 Oxalsäure und 2g,8 Essigsäure. Der 100g schwere Rückstand bestand aus Tyrosin,
Valeriansäureleucin, Alanin, namentlich die Glycoproteinen C7H14N2O4 und C10H20N2O4 , während das
Glycoprotein C9H18N2O4 in
viel geringerer Menge gebildet wird als bei der gleichen Zersetzung des
Albumins.
Zur Mehluntersuchung.
Nach A. E. Vogl läſst sich ein Gehalt des Mehl es an
Raden und Wickenmehl mit einem Gemisch von 70procentigem Alkohol und 5 Proc.
Salzsäure nachweisen, indem man 2g Mehl mit 10cc dieses Gemisches in einem Probecylinder mischt
und schwach erwärmt. Nach dem Absetzen erscheint reines Weizen- und Roggenmehl rein
weiſs, die Flüssigkeit farblos. Bei Gersten- und Hafermehl ist die Flüssigkeit
blaſsgelb, beim Mehl von Kornraden und Taumellolch orangegelb, von Wicken und Bohnen
purpurroth, von Mutterkorn blutroth. (Vgl. A. E. Vogl: Die
Verfälschungen und Verunreinigungen des Mehles. Wien 1880. Manz'sche Buchhandlung.)
Nach H. A. Mott (Journal of the
American Chemical Society, 1880 S. 13) bewirkt ein Alaungehalt des Brodes
Verdauungsstörungen, da die lösende Kraft des Magensaftes für Fibrin und
Eiweiſsstoffe vermindert wird.
Dupré (Zeitschrift für
analytische Chemie, 1880 S. 108) schüttelt das auf Alaun zu prüfende Mehl
mit Chloroform, trennt diesen von Mehl, filtrirt, wäscht das Filter mit Wasser aus
und kann nun in der wässerigen Flüssigkeit die Thonerde fällen (vgl. 1879 231 85. 1880 235 148).
C. Hartwich (Archiv der
Pharmacie, 1880 Bd. 217 S. 289) fand in dem Roggen, welcher ein stark
violett gefärbtes Brod gab, 1,6 Proc. der Samen von Melampyrum arvense. Ein alkoholischer Auszug des Brodes, des Mehles und
der Melampyrumkörner, mit Salzsäure versetzt und gekocht, nahm besonders beim
Erkalten eine intensiv grüne Farbe an, Schwefelsäure gab eine mehr ins Bläuliche
spielende Färbung. Beim Brode trat die Reaction erst dann stärker auf, wenn das Brod
mit dem Salzsäure haltigen Alkohol längere Zeit gekocht wurde. Es wird nämlich ein Theil des die Färbung
bedingenden Rhinanthins durch das Backen, nicht durch das Gähren zerstört und in
jenen blauen Farbstoff umgewandelt.
Fortgesetzte Untersuchungen lieſsen nun das Rhinanthin mittels Salzsäure haltigem
Alkohol auffinden in den Samen von Melampyrum arvense,
Rhinanthus hirsutus, Alectorolophus major und minor, Melampyrum cristatum, Euphrasia odontidis und Pedicularis palustris, welche daher sämmtlich eine
Violettfärbung des Brodes bewirken können.
Zur Untersuchung von Thee.
H. Hager (Pharmaceutische
Centralhalle, 1879 S. 258) übergieſst 10g
Thee mit 100cc warmem Wasser, läſst 2 Tage stehen,
gieſst die Lösung ab und zieht nochmal 100cc
Wasser einen Tag lang aus. Die aufgerollten Blätter werden dann botanisch
untersucht, die Lösung wird auf 50cc abgedampft.
10cc derselben nach dem Erkalten mit 10cc Weingeist gemischt, sollen keine nennenswerthe
Trübung zeigen. Dann gibt man die weingeistige Mischung wieder zu jener abgedampften
Flüssigkeit und läſst im Wasserbade völlig eintrocknen; der Trockenrückstand soll
mindestens 3g,5 betragen (vgl. Eder 1879 231 445. 526). Zur
Bestimmung des Theïns werden 10g Thee gepulvert,
mit 3g Natriumcarbonat, 3g Bleioxyd und 10g Wasser gemischt, langsam ausgetrocknet und mit Chloroform ausgezogen;
der Chloroformrückstand soll 90 bis 100mg
betragen. Während Eder nur 7,5 Proc., fordert Hager 10 Proc. Gerbstoffgehalt.
Nach Eder wird ausgezogener schwarzer Thee öfters wieder
aufgefärbt und adstringirend gemacht, wozu häufig Catechu und Campecheholz benutzt
werden. Derartige Zusätze verrathen sich meist schon durch die eigenthümlich
fremdartige Färbung des Aufgusses. Zum Nachweis empfiehlt Hager 1g Thee mit 100cc Wasser auszukochen, die Lösung mit
überschüssigem Bleizucker zu kochen und das Filtrat (welches klar und wasserhell
sein muſs) mit etwas Silbernitratlösung zu versetzen. Bei Gegenwart von Catechu
entsteht ein starker gelbbrauner, flockiger Niederschlag- reiner Thee gibt nur eine
geringe, grauschwarze Trübung von metallischem Silber.
Zur Bestimmung des Theïns werden nach Patrouillard (Schweizer Wochenschrift für Pharmacie, 1880 Nr. 15)
15g Thee wiederholt mit Wasser ausgezogen, die
Flüssigkeit wird zum Extract verdampft, dann mit 2g gebrannter Magnesia und 5g Glaspulver
getrocknet. Das gepulverte Gemisch wird mehrfach mit Aether ausgezogen, der Aether
verdunstet, der Rückstand mit Chloroform ausgezogen und dieser im gewogenen
Schälchen verdunstet.
Bestandtheile des Guanos.
Im Mejillones-Guano hat Domeyko (Comptes rendus, 1880 Bd. 90 S. 544) ein krystallisirtes
Calciummagnesiumphosphat gefunden, bestehend aus:
Magnesia
18,53
Kalk
5,80
Phosphorsäure
40,13
Wasser mit Spuren organischer Stoffe
36,00
––––––
100,46;
ferner ein krystallisirtes Magnesiumphosphat mit 64 Proc.
Phosphorsäure, sowie ein Borophosphat bestehend aus:
Magnesia
24,38
Kalk
0,14
Phosphorsäure
27,60
Borsäure
6,80
Wasser, organische Stoffe
38,30
Thonerde mit Spuren von Eisen
2,30
–––––
99,52.
Zur Verarbeitung der Staſsfurter Kalisalze.
Die Kali haltigen Mutterlaugen, namentlich die von der Verarbeitung des Schönit
versetzt B. Bernhardi in Staſsfurt (D. R. P. Kl. 75 Nr.
10821 vom 18. December
1879) mit schwefelsaurem Magnesium, um ein Doppelsalz von schwefelsaurem
Kalium-Magnesium abzuscheiden.
G. Borsche und F. Brünjes in Leopoldshall (D. R. P. Kl.
75 Nr. 10701 vom 20. December 1879) behandeln Kainit mit Wasser von gewöhnlicher
Temperatur und verwenden die erhaltene Lange von 1,28 sp. G. zum Lösen einer zweiten
Menge Kainit bei einer 110° nicht erreichenden Temperatur. Beim Erkalten scheidet
diese Lösung reines Kaliummagnesiumsulfat aus, während Natrium- und Magnesiumchlorid
in der Lauge gelöst bleiben. – Dieses Verfahren kann auch dahin abgeändert werden,
daſs man ein 2 bis 3m hohes Gefäſs mit Kainit
füllt, Wasser darauf gibt, dieses sich sättigen läſst, nun Dampf zuführt, bis die
Lauge bei 80° gesättigt ist, welche dann beim Abkühlen ebenfalls das genannte
Doppelsalz ausscheidet. (Vgl. H. Schwarz 1876 219 345.)
R. Grüneberg in Altdamm (D. R. P. Kl. 75 Nr. 10753 vom
13. September 1879) geht von der Schönitbildung aus Chlorkalium und schwefelsaurem
Magnesium und dessen Umwandlung aus, oder der Umsetzung von in irgend einer anderen
Weise erhaltenem Schönit mit kalt gesättigter Chlorkaliumlösung oder mit Wasser in
schwefelsaures Kalium. Zur Wiedergewinnung des in die Lauge gegangenen Chlorkaliums
werden diese zum Lösen von Rohcarnallit, künstlichem Carnallit oder Kainit benutzt.
Bei der Behandlung von Carnallit mit diesen Laugen von 32° B. erhält man
Chlorkalium, aus Kainit mit den genannten Laugen von 36° B. aber ein Gemenge von
Chlorkalium und Schönit.
J. Townsend in Staſsfurt (D. R. P. Kl. 75 Nr. 10641 vom
18. October 1879) mischt Kainit mit Kieselsäure oder Thonerdesilicate, erhitzt im
Muffelofen auf 470 bis 700° und verdichtet die entweichende Salzsäure. Wird nun
erhitzte atmosphärische Luft zugeführt, so entwickelt sich Chlor, während
Wasserdampf Salzsäure bildet. Der Rückstand besteht aus schwefelsaurem Natrium,
schwefelsaurem Kalium und Kieselsäure oder Thonerde. – Ein Gemisch von 45k Magnesiumsulfat, 44k Chlornatrium und 22k Kieselsäure, auf
470 bis 700° erhitzt, gibt beim Ueberleiten erhitzter Luft Chlor, zurück bleibt ein
Gemisch von schwefelsaurem Natrium und Magnesiumsilicat.
Herstellung von schwefelsaurem Ammonium aus
Lederabfällen.
Nach H. Proschwitzky in Stettin (* D. R. P. Kl. 75 Nr.
10957 vom 10. Februar 1880) füllt man die Retorten lagenweise mit 1 Th. Leder und 4
Th. Kalkstein und destillirt bei Rothglut. Das entwickelte Ammoniak wird in
Schwefelsäure von 30° B. gelöst, um durch Abdampfen der Lösung Ammoniumsulfat zu
erhalten, das entweichende Leuchtgas zum Heizen der Retorten verwendet, während die
verkohlten Lederreste zum Düngen gebraucht werden sollen.
Roheisenproduction der Vereinigten Staaten i. J. 1880.
Hochöfen in Betrieb
Wöchentl. Production
1. Jan.
1. April
1. Juli
1. Nov.
an Roheisen
mit Holzkohlen
93t
102t
131t
153t
13988t
„ Anthracitkohlen
105
189
107
143
29851
„ Kokes
126
140
115
128
35790
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Zusammen:
324t
431t
353t
424t
79629t.
Die Jahresproduction wird nach einer Mittheilung im Glückauf, Nr. 93 sich auf etwa 4000000t stellen.