Titel: | Wahl der wirtschaftlichsten Betriebskraft. |
Autor: | Alfred Nauck |
Fundstelle: | Band 346, Jahrgang 1931, S. 6 |
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Wahl der wirtschaftlichsten
Betriebskraft.
Von Alfred Nauck, Ingenieur. (Nachdruck
verboten.)
A. NAUCK, Wahl der wirtschaftlichsten Betriebskraft.
Bei einem Betrieb, der neu eingerichtet werden soll, oder der durch Umstellung
und Verbesserung der Betriebseinrichtungen auf einen höheren Wirkungsgrad zu bringen
ist, wird in erster Linie die Frage nach der wirtschaftlichsten Betriebskraft
auftauchen. Es ist nicht immer gesagt, daß diese Frage einfach dadurch beantwortet
ist, daß man einen Elektromotor in der voraussichtlich benötigten Stärke beschafft,
sondern man hat außer den technischen Eigenschaften auch noch die besonderen
Anforderungen des Betriebes selbst und die Höhe der Betriebskosten dabei in Erwägung
zu ziehen. Zunächst wird man, wie es ja natürlich ist, von der Größe der notwendigen
PS-Leistung ausgehen, die mit der Art und der Leistung der zu betreibenden Maschinen
und maschinellen Einrichtungen zusammenhängt. Hat man die Größe des
Gesamtleistungsverbrauches festgelegt, so ist für die Betriebskraft folgende
Entscheidung empfehlenswert:
1. Für Leistungen unter 10 PS:
a) wenn Gas oder Elektrizität von einer Zentrale zur Verfügung steht: Gasmotor oder
Elektromotor.
b) Wenn die Betriebskraft selbst erzeugt werden muß: Benzin- oder Benzolmotor.
2. Für Leistungen über 10 PS:
Gasmotor, Elektromotor, Dampfmaschine, Sauggasmotor oder Dieselmotor.
An zweiter Stelle kommt für die Wahl der besten Betriebskraft die Zahl der
Betriebsstunden in Erwägung, das ist die Zeit, in der der Antriebsmotor Arbeit
leisten soll.
Man unterscheidet hier:
1. Den Dauerbetrieb, wenn der Motor regelmäßig von Beginn bis zum Ende der
Arbeitszeit läuft (im Mittel 2400 Stunden im Jahre).
2. Die mittlere Benutzungsdauer, wo der Motor nur während der Hälfte der
Arbeitsstunden, also etwa 1200 Stunden im Jahre, arbeitet.
3. Den kurzzeitigen Betrieb, wenn der Motor nur wenige Stunden am Tage, also
höchstens bis zu 600 Stunden im Jahre, Arbeit verrichten muß.
Wird der Betrieb erst neu eingerichtet, so wird man die Betriebsstundenzahl vorerst
nur schätzen können. Man hüte sich dabei, die Benutzungsdauer der Kraftmaschine zu
hoch anzunehmen. In dem handwerksmäßigen Betrieb wird ja die Maschinenarbeit nur ein
Teil der Handarbeit sein. Aus diesem Grunde wird man auf Dauerbetrieb der Maschinen
nur rechnen können, wenn man ein Spezialerzeugnis herzustellen gedenkt.
Die Betriebsstundenzahl beeinflußt den Betrag, der zu den direkten Betriebskosten
einer Stunde für die Abschreibung und Verzinsung, also für die indirekten
Betriebskosten hinzuzuzählen ist. Je kleiner die Betriebs Stundenzahl im Jahre wird,
umso höher ist dieser Zuschlag. Je größer die Anschaffungskosten der Motoren waren,
um so größere Abschreibungs- und Verzinsungskosten entstehen, so daß man nur im
Dauerbetrieb wirtschaftlich arbeiten kann.
Endlich ist auch noch zu erwägen, ob die Antriebskraft gleichmäßig und regelmäßig
belastet oder ob häufig wechselnde Beanspruchung zu erwarten ist. Bei wechselnder
Inanspruchnahme muß man einen Motor wählen, der auch bei geringer Belastung
einen möglichst hohen Wirkungsgrad behält.
Hat man diese Ueberlegungen angestellt, so kann man zu der Betriebskostenberechnung schreiten. Bei dieser müssen folgende Werte
bekannt sein:
Die Leistung des Motors, der Verbrauch des Betriebsstoffes bei Voll- und bei
Teilleistung und bei Leerlauf, der Preis der Betriebsstoffe, der Verbrauch für
Schmiermaterial und Putzmittel. Die Kosten für die Wartung, die Kosten für die
Anschaffung der Antriebsmaschine einschließlich ihrer Montage, der Betrag für
Abschreibung und Verzinsung pro Jahr, die Instandhaltungskosten pro Jahr und endlich
die Betriebsstundenzahl im Jahre.
Es ist bekannt, daß der Wirkungsgrad, also der Nutzeffekt einer Kraftmaschine dann am
günstigsten ist, wenn sie ihre volle Leistung hergibt. Je geringer die Belastung, um
so schlechter wird ihr Nutzeffekt. Wenn man also einen Motor von x-Leistung nur mit
dem zehnten Teil seiner Leistung belastet, so verbraucht er nicht etwa nur den
zehnten Teil Betriebsstoff (Elektrizität, Gas, Öl, Kohlen, Benzin u. dgl.), sondern
die Maschine hat einen höheren Verbrauch, der mit fallender Leistung entsprechend
ansteigt.
Die vorzunehmenden Abschreibungssätze für eine
Betriebskraft richten sich ganz nach der Art des Motors. Während man z.B. bei einem
Elektromotor mit einer mittleren Lebensdauer von ungefähr 25 Jahren und einem
Abschreibungsbetrag von 4 v. H. rechnen kann, beträgt die Lebensdauer eines
Gasmotors nur etwa 15 Jahre und der Abschreibungsbetrag 7 v. H., bei einer
Dampfmaschine 22 Jahre Lebensdauer und 4,5 v. H.
Als Verzinsungsbetrag wird in der Regel 7 v. H. angenommen.
Die Instandhaltungskosten belaufen sich auf durchschnittlich 2 v. H. der
Anschaffungskosten, bei gering belastetem Betrieb genügen 1 v. H.
Angaben über Anlagekosten einschließlich der Kosten für die Montage sind von den
Lieferfirmen der Kraftmaschinen einzufordern.
Nach vorstehenden Angaben lassen sich die in Betracht kommenden Berechnungen
vornehmen. Es kann sich dabei nur darum handeln, die Berechnung für eine vorhandene
Einrichtung aufzuführen, z.B. zum Zweck der Selbstkostenberechnung, oder für eine
neue Anlage zu ermitteln, welche Kraftmaschinenart die wirtschaftlichste für einen
Betrieb sein würde.
Will man die gesamten Betriebskosten feststellen, so sind zu den direkten
Betriebskosten noch die Kosten für Abschreibung und Instandhaltung hinzuzurechnen.
Aus dem Gesamtanlagewert der Betriebskraft ist dann der Betrag zu ermitteln, der
jährlich für Abschreibung und Instandhaltung umzurechnen ist, und um die gesamten
Betriebskosten pro Stunde zu erhalten, sind die so erhaltenen gesamten jährlichen
Betriebskosten durch die Betriebsstundenzahl zu teilen. Um bei
Vergleichsberechnungen zu ermitteln, was eine PS-Stunde kostet, sind die
Betriebskostenpro Stunde noch durch die Nutzleistung in PS zu dividieren.
Zum Schluß sollen noch einige Richtlinien angeführt
werden, die für die betriebswirtschaftliche Beurteilung der
Kraftmaschine nützlich sind:
Je größer die Nutzleistung der Kraftmaschine ist, desto geringer sind die
Betriebskosten für eine PS-Stunde und desto wirtschaftlicher ist der Betrieb.
Je größer die Betriebszahl der Kraftmaschine im Jahre wird, desto geringer sind die
Betriebskosten für eine Betriebsstunde und desto wirt schaftlicher ist der
Betrieb.
Mit abnehmender Belastung des Motors erhöhen sich die Betriebskosten; deshalb sind
Teilbelastungen des Motors nach Möglichkeit zu vermeiden.
Der Leerlauf eines Motors hat einen unnötigen Kraftverbrauch zur Folge; dieser ist in
Verhältnis am größten bei Gasmotoren, am geringsten bei Elektromotoren.
Will man sich für den Gas- oder den Elektromotor entscheiden, so beachte man: Bei
kleineren Nutzleistungen und geringerer Betriebsstundenzahl sind die Betriebskosten
bei einem Elektromotor niedriger als bei einem Gasmotor.
Da vorstehend insonderheit von dem Elektromotor und von dem Gasmotor
(Verbrennungskraftmaschine) die Rede war, so sollen über diese beiden Kraftmaschinen
noch einige bemerkenswerte Ausführungen folgen:
Der Elektromotor ist durch die Möglichkeit des Stromverbrauchs an jedem beliebigen
Ort eine wertvolle Stütze für die Rationalisierung eines Betriebes durch Einführung
von Kraftmaschinenbetrieb geworden. Die bedeutende Zunahme, die in den letzten 20
Jahren die Zahl der gewerblichen Betriebe erfahren hat, welche Motoren verwenden,
entfällt auf solche Betriebe, die Elektromotoren eingeführt haben.
Für ausgesprochene Klein- und Mittelbetriebe ist die verwendete Ausführungsform einer
Verbrennungskraftmaschine, die des liegenden Langsamläufers, der ungefähr 240–300
Touren in der Minute macht. Der billigere Schnelläufer läuft mit etwa 800–900
Touren. Der Schnellläufer ist wesentlich kleiner in der Ausführung, dafür aber auch
im Betrieb empfindlicher und in seiner Lebensdauer begrenzter.
Es muß noch darauf hingewiesen werden, daß der Betriebsstoff verbrauch eines
Benzolmotors um etwa 8–10 v. H. geringer ist als der eines Benzinmotors.
Am wirtschaftlichsten ist der Dieselmotor, der auch noch den Vorteil hat, daß sein
Verbrauch an Betriebsstoff für Teilleistungen, (also nicht bei Vollast) nicht in dem
Maße zunimmt, als bei anderen Verbrennungsmotoren.
Die Rohölmotoren kommen immer mehr und mehr auf. Sie zeichnen sich durch hohe
Wirtschaftlichkeit infolge ihrer Verwendung von billigen, im Inlande hergestellten
Steinkohlenteerölen aus.
Die Sauggasmotoren, die mit Generatorgas gespeist werden, werden von etwa 10 PS
Leistung gebaut. Unter dieser Leistung kommen sie nicht in Frage. Ein Sauggasmotor
empfiehlt sich für hohe Maschinenstundenzahlen.
Ein Nachteil (wenn er auch in der Praxis nicht so stark als solcher zur Wirkung
kommt) ist bei Verbrennungsmotoren die Zeit ihrer Inbetriebsetzung, die bei Gas- und
Benzinmotoren, je nach der Konstruktion, einige Minuten, bei Sauggasmotoren
erheblich längere Zeit erfordert.