Titel: Ueber eine Wirbelerscheinung beim Ausfluß aus Bodenöffnungen.
Autor: Hans Baudisch
Fundstelle: Band 345, Jahrgang 1930, S. 163
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Ueber eine Wirbelerscheinung beim Ausfluß aus Bodenöffnungen. Von Prof. Dr. Hans Baudisch, Wien. BAUDISCH, Ueber eine Wirbelerscheinung beim Ausfluß Beim Ausströmen des Wassers aus einer kreisförmigen Bodenöffnung eines Gefäßes nach Abb. la kann man mitunter deutlich beobachten, daß das Wasser der Bodenöffnung nicht nach Abb. lb in radial gerichteten Stromlinien s zufließt, daß es vielmehr ohne erkennbare äußere Ursache im Sinne der Abb. 1c der Bodenöffnung unter ausgesprochenem Drall zuströmt. Der hierbei im Grundrißbilde auftretenden Wirbelerscheinung wenigstens in erster Annäherung auf den Grund zu gehen, soll der Zweck nachstehender Zeilen sein. Beim drallfreien Austritt (Abb. la und b) tritt bekanntlich die Erscheinung der Strahleinschnürung auf, indem der Durchmesser d0 des aus der Bodenöffnung austretenden Wasserstrahles und der Durchmesser d der Bodenöffnung mit der Einschnürungsziffer a0 durch die Beziehung α0=d02π4d2π4=(d0d)2 zusammenhängen. Ist φ die durch die Zähigkeitseigenschaften d. Wassers gegebene Geschwindigkeitsziffer, H die Höhe des Wasserspiegels über der Ausflußöffnung, so ermittelt sich die sekundlich ausfließende Wassermenge Q0 zu Q0=φα0d2π42gH Der Spielraum δ° zwischen Ausflußkante und eingeschnürtem Strahl rechnet sich zu δ0=dd02 beziehungsweise unter Berücksichtigung der erstangeschriebenen Beziehung zu δ0=d(1α0)2
[Textabbildung Bd. 339, S. 164]
Abb. 1.
Mit dem gebräuchlichen Werte α = 0 · 64 erhält man aus vorstehenden Beziehungen d0=0.64=0.8d, δ0=d10.642=0.1d. Strömt das Wasser aber der Ausflußöffnung unter entsprechendem Drall (Abb. la und c) zu, so zwar, daß nach Abb. 2 die Stromlinien im Grundriß unter dem Winkel γ gegen die Radiale geneigt sind, so wird der Durchmesser dγ des nunmehr aus der Bodenöffnung austretenden Strahles größer als obiger Durchmesser d0 werden. Nimmt man der Einfachheit halber an, daß das Maß δ0 = 0 · 1 d für jeden Winkel γ konstant bleibt, so rechnet sich nach dem Cosinussatze aus dem Dreiecke ABO dγ=2(d2)2+δ02dδ0cosγ welcher Wert sich für δ0 = 0 · 1 auf dγ=d1.040.4cosγ vereinfacht. Für jeden Winkel γ ergibt sich wie früher eine Einschnürungsziffer αγ=γ2π4d2π4=(dγd)2, welche sich durch Einführung des letztermittelten Wertes dγ auf αγ = 1 · 04 – 0 · 4 cos γ vereinfacht. Der Grenzwinkel γmax ergibt sich daraus, daß hierfür das Dreieck ABO bei Brechtwinkelig wird. Hierfür ist cosγ=δ0d2=2δ0d Mit δ0 = 0 · 1 ergibt sich daher cos γmax = 2 × 0 · 1 = 0 · 2, γmax = 78°30. Eine Einführung des Wertes cosγmax=2δ0d in die Gleichung für dγ ergibt dγmax=2(d2)2δ02 welcher Wert wieder mit Berücksichtigung der Beziehung δ0 = 0 · 1 in d γmax = d √0 · 96 = 0 · 98 d übergeht. Der Höchstwert der Einschnürungsziffer ergibt sich daher zu αγ max = 0 · 96. Je nach der Größe des Winkels γ wird daher die Einschnürungsziffer zwischen den Werten 0 • 64 und 0 • 96 schwanken. Man erhält für verschiedene Winkel γ folgende Einschnürungsziffern:
γ = 10° 20° 30° 40° 50° αγ = 0 • 64, 0 • 646, 0 • 666, 0 • 693, 0 • 733, 0 • 782
60° 70° 78°30 0 • 840, 0 • 903, 0 • 96.
[Textabbildung Bd. 339, S. 164]
Abb. 2.
Da αγ mitzunehmendem Winkel 7 immer größer wird, wird auch die Durchflußmenge bei kreisendem Zufluß zur Bodenöffnung größer. Da nun aber das Wasser bestrebt ist, in möglichst großer Menge durch die Bodenöffnung zu fließen, wird der drallfreie Austritt aus der Bodenöffnung sich gewissermaßen als ein labiler Gleichgewichtszustand der Strömung darstellen, der bei der geringsten Unregelmäßigkeit der Ausflußkante von selbst in den wirbelnden Ausfluß aus der Bodenöffnung überzugehen geneigt ist. Vorstehend ermittelte Ausflußziffern werden jedoch nur Grenzwerte darstellen, die in Wirklichkeit nicht erreicht werden können: 1. weil die Konstanz des Maßes δ0 für die verschiedenen Winkel γ eine die Rechnung allerdings sehr vereinfachende, aber zu günstige Annahme darstellt. 2. weil die Kreisfläche d2γπ4 schräg, also in schraubenförmigen Stromlinien durchströmt wird, so daß sie in Wirklichkeit nicht voll zu rechnen ist. 3. weil durch die, dem Winkel γ entsprechende Wirbelbewegung eine Fliehkraftwirkung in das System hineinkommt, welche eine Spiegelsenkung oberhalb der Ausflußöffnung zur Folge hat, wodurch die Druckhöhe H verkleinert wird. 4. weil durch den Drall eine erhöhte Reibung der Wasserteilchen gegeneinander auftreten wird, wodurch die Geschwindigkeitsziffer φ im ungünstigen Sinne beeinflußt wird. Vorstehende Rechnungen können daher nur als in erster Annäherung giltig bezeichnet werden, immerhin aber geben sie den erforderlichen Aufschluß über das Woher dieser ganz eigenartigen Wirbelerscheinung.