Titel: | Die Werkzeugmaschinenschau auf der Großen Technischen Frühjahrsmesse 1928. |
Autor: | W. Buchmann |
Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 81 |
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Die Werkzeugmaschinenschau auf der Großen
Technischen Frühjahrsmesse 1928.
BUCHMANN, Die Werkzeugmaschinenschau auf der Großen Technischen
Frühjahrsmesse 1928.
Wenn man fast einen Tag lang die Stände der Werkzeugmaschinenschau auf der
diesjährigen Leipziger Großen Technischen Messe durchstreift hat, so fällt es nicht
leicht, aus der Fülle des Erschauten das herauszuschälen, was auch beim größeren
Teil unserer Leserschaft Beachtung verdient. Riesenmaschinen, wie sie auf früheren
Meßausstellungen das Auge schon von weitem fesselten, fehlen in diesem Jahre fast
vollständig. Um so reichhaltiger sind dafür aber Sonderbauarten der verschiedensten
Maschinengattungen vertreten. Hier findet der Fachmann manchen neuen Gedanken
verkörpert, der ein Glied in der stetigen Fortentwicklung der Technik bildet. Die
Allgemeinheit dagegen interessieren mehr die allgemeinen Linien, auf denen sich die
Technik bewegt.
Da ist zunächst die Einspannung der Werkzeugmaschinen in die Reihen- und
Fließfertigung zu erwähnen, die zum Teil eine weitgehende Anpassung dieser Maschinen
an die Sonderaufgaben zur Folge hat. Die Einspann- und Bearbeitungszeiten für jedes
Werkstück müssen herabgesetzt werden. Das geschieht entweder durch gleichzeitige
Bearbeitung mehrerer Werkstücke, z.B. bei den Flächenschleifmaschinen, wo sich
elektromagnetische Spannplatten immer mehr einführen, oder durch die Verwendung
mehrerer Werkzeuge in einer Maschine, wie z.B. in Revolverköpfen und
Mehrspindelbohrmaschinen. Beachtenswert ist in dieser Hinsicht auch eine
Sondermaschine für den Reihenbau von Lokomotiven, die zu gleicher Zeit zahlreiche
Stellen bearbeitet, wie Zylinder ausbohrt, Gleitflächen für Lager schleift usw. Die
Fließfertigung ist für Deutschland bis vor kurzem noch Neuland gewesen; es
galt, den gewaltigen Vorsprung einzuholen, den das Ausland, ganz besonders Amerika,
unzweifelhaft hatte. Zu einem guten Teil ist uns das auch gelungen. Dabei ist zu
berücksichtigen, daß der Vorrichtungs- und Werkzeugmaschinenbau eigene Wege zu gehen
hatte, da sich die amerikanischen Verhältnisse nicht ohne weiteres auf Deutschland
übertragen ließen.
Scheinbare Kleinigkeiten können oft umwälzend für ein ganzes Gebiet werden. Da lagen
vor einem Jahr auf der Leipziger Frühjahrsmesse in einem Glastisch ein paar kleine
graue Plättchen und daneben je ein sauber gedrehter – nicht etwa geschliffener –
Glas- und Porzellanstab. Wieviele von den abertausend Besuchern mögen achtlos daran
vorübergegangen sein? Daneben stand eine schwere Drehbank mit einem starken Motor.
Das Werkstück, eine längsgenutete Welle, bestand aus sprödem Gußeisen. Es wurde mit
einer mehrfach so hohen Schnittgeschwindigkeit, wie sie sonst üblich ist, bei
beträchtlicher Spannstärke abgedreht wie Wachs, ja, bei zu starkem Spannhub blieb
die Maschine glatt stehen. Das ist eine unerhörte Beanspruchung für das Werkzeug!
Und das Geheimnis: Das kleine unscheinbare Plättchen aus dem neuen Widiametall von
Krupp, fast so hart wie Diamant – daher der Name Wi–dia–, das auf den Werkzeugschaft
aufgelötet war. Durch diese Erfindung wurden alle rechnerischen Grundlagen für die
Bemessung der Getriebe und der Arbeitsdrucke über den Haufen geworfen. Mit den
vorhandenen Maschinen sind die guten Eigenschaften des neuen Schneidmetalls kaum
voll ausnutzbar. Die Maschinenbauer müssen umlernen. Diesmal stellt Schieß-Defries
erstmalig eine nach den neuen Gesichtspunkten gebaute Drehbank mit elektrischem
Sonderantrieb von Siemens-Schuckert aus. Das Widiametall ist im Gefüge noch zäher
gestaltet worden, sofern dies überhaupt noch möglich war; es hat sich heute bereits
in großem Umfange eingeführt.
Erfreulich sind die Fortschritte, die im elektrischen Einzelantrieb zu verzeichnen
sind. Für viele Maschinen sind in enger Zusammenarbeit zwischen
Maschinenfabriken und Elektrizitätsfirmen hübsche und krafttechnisch einwandfreie
Lösungen durchgebildet worden. Der angeflanschte Motor beherrscht das Feld. Von
Einbaumotoren wird weniger Gebrauch gemacht; dagegen ist die weitgehende
Unterteilung des Antriebs in Einzelmotoren recht beachtenswert; sie sichert kürzeste
Kraftflüsse unter Fortfall von Uebertragungsgetrieben, wenn auch bei nicht ortfesten
Motoren, wie z.B. Verstellmotoren, gewisse Schwierigkeiten bei der Stromzufuhr in
Kauf genommen werden müssen. Für größere Maschinen hat sich die Druckknopfsteuerung
von einer Stelle oder von mehreren Stellen aus vorzüglich bewährt.
Einen immer breiteren Raum nehmen die Holzbearbeitungsmaschinen ein. Dieses Gebiet
war im Vergleich zu den Metallbearbeitungsmaschinen eine Zeitlang in der Entwicklung
etwas ins Hintertreffen geraten; die diesjährige Messe beweist aber, daß im letzten
Jahre tatkräftig gearbeitet worden ist, um das Versäumte aufzuholen. Gerade die
Holzbearbeitungsmaschinen eignen sich besonders gut für den elektrischen Antrieb, da
die Arbeitswellen in sehr vielen Fällen unmittelbar mit dem schnellaufenden
Elektromotor gekuppelt werden können. Ja, der elektrische Antrieb bietet vielfach
überhaupt erst die Möglichkeit, die Drehzahlen weit über das sonst erreichbare Maß
zu steigern. Der Mehrmotorenantrieb ist eigentlich das Gegebene für Maschinen mit
mehreren Arbeitswellen und besonderem Vorschub; er ist auch recht zahlreich
vertreten. Trotzdem findet man eine solche Maschine neuerer Bauart, die nur einen
Motor hat. Unter den Weiterverarbeitungsmaschinen lenken besonders die sinnreich
durchdachten Nagelmaschinen für die Massenanfertigung von Kisten die Aufmerksamkeit
auf sich.
Es ist nicht möglich, auch nur andeutungsweise auf Einzelheiten einzugehen. Darüber
wer den die Fachzeitschriften noch eingehend berichten. Es sollte nur gezeigt
werden, welche der gesteckten großen Ziele erreicht sind und wohin die Entwicklung
weitertreibt.
W. Buchmann.