Titel: | Neues von Bronzen und Patina. |
Autor: | W. Landgraeber |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 173 |
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Neues von Bronzen und Patina.
Von Bergwerksdirektor W. Landgraeber.
LANDGRAEBER, Neues von Bronzen und Patina.
Allenthalben ist die Ansicht verbreitet, das Bronzezeitalter sei dem des Eisens
vorangegangen. Neuere vorgeschichtliche Funde deuten jedoch darauf hin, daß im
Altertum die Aegypter das Eisen lange vor der Bronze gekannt haben. Damals wurde es
weniger zu Werkzeugen, sondern mehr zu Schmucksachen verwendet. Ehe die Bronzezeit
anbrach, ging in alten Ländern eine Epoche voraus, in der vorwiegend Kupfer in
Anwendung stand. Metallgegenstände aus ägyptischen und mesopotamischen Gebieten
lassen jedoch erkennen, daß Bronzen bereits aus der sagenhaften Zeit des Kaisers Yü
herrühren. Man schrieb ihnen wunderwirkende Kräfte zu. Sie galten gewissermaßen als
ein Talisman des Reiches. Für den jeweiligen Herrscher bedeutete ihr Verlust den
Verlust des Titels „Himmelssohn.“ Die bronzenen Sakralgeräte für
Kulthandlungen wurden ebenso pfleglich wie ehrfurchtsvoll gehegt. Sie galten als
Sinnbilder gefürchteter Naturkräfte und unsichtbarer Gewalten. Je nach der Art der
Metallmischung, des Gewichtes, der Gußtechnik und der Ornamente werden sie in drei
verschiedene Epochen eingeteilt, die bis zum Jahre 2000 v. Chr. zurückreichen. Die
später angefertigten Bronzen weisen im Decor Vergoldung, Metallintarsien sowie
Einlagen von Malachit und anderen farbigen Materialien auf. Die in der langen
Periode zwischen Stein- und Eisenzeit hergestellten Bronzen sind z. T. recht
kunstvolle Gegenstände und Waffen. Die Gießereitechnik stand nicht nur in Aegypten,
China und den Ländern am Mittelmeer, sondern auch im Norden Europas in jener
urfernen Zeit in bisher nie geahnter Blüte. Die deutsche Vorgeschichte berichtet,
wie die germanische Seele überall ihre eigenwilligen, selbständigen Wege gegangen
ist. Selbst die in der Bronzezeit übernommenen fremden Verfahren haben die Germanen
der Frühkultur ganz eigen und ganz selbstherrisch weitergebildet.
Die von den Alten ausgebildeten intelligenten Verfahren sind uns teilweise verloren
gegangen. Nach gewissen Anzeichen der aufgefundenen Gußnähte, Gußzapfen und dergl.
waren es im wesentlichen drei Methoden, die zur Anwendung gelangten. Neben dem hohen
Herdguß in ausgehöhlten Steinen kam der Kastenguß mit Modellen aus feuerfestem
Gestein sowie das Verfahren in verlorener Form mit plastisch geformtem Wachs in
Anwendung. Die Techniker der Bronzezeit haben diese Methoden offenbar, mit großem
Geschick geübt. Insonderheit verstanden sie es, bronzene
Ketten herzustellen, deren Glieder nicht erkennen lassen, wie eines in das
andere gefügt worden ist. Jedenfalls verlangte diese schwierige Kunst ebenso kluge
Köpfe wie geschickte Finger und Unverdrossenheit in mühsamer Handarbeit.
Im Laufe der Jahrhunderte ging in Deutschland die Technik des Erzgusses fast gänzlich
verloren. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebte sie wieder auf. Es war der
Münchener J. B. Stiegelmaier und sein Neffe Ferdinand Miller, die sie wieder zu
hoher Blüte brachten. Ihnen verdanken wir nach v. Lossow die von Rauch modellierten
Standbilder Max I. und Ludwig I., ferner den Obelisken auf dem Karolinenplatz, die
Bildsäule Jean Pauls in Bayreuth, die erzenen Tore der Walhalla, die Reiterstatue
Maximilians, die größte seit der Zeit der griechischen Meister verfertigte
Riesenfigur der Bavaria (gegossen vor 75 Jahren aus türkischen Kanonen, die nach der
Schlacht von Navarin vom Meeresboden gehoben wurden), die große Bildsäule der
Germania auf dem Niederwalddenkmal, die Tore und Hochreliefe des Kapitols in
Washington mit 24 Reiterstatuen und 24 Monumentalbrunnen sowie weit über 200
Standbilder und unzählige kleinere Werke. Für den Guß vorbenannter Riesenmonumente
mußten damals erst neue Erfahrungen gefunden und gesammelt werden. Die ehevor geübte
Technik des Wachsausschmelzverfahrens wurde durch die Stückformerei und Sandformerei
ersetzt, denen die sog. Nasse Masse-Formerei folgte. Eine weitere Verbesserung
brachte die Einführung elastischer Zwischenformen mit sich. Es folgten alsdann die
Feuervergoldung und der Ueberzug mit Kupfer auf galvanischem Wege als weitere
Vervollkommnung. Diese Erzgußtechnik hatte neben manchen Vorteilen auch große
Nachteile.
Allgemein arbeitete man bis dahin in verlorener Form, aber mit bleibendem Modell. Für
sämtliche gegossenen Gebrauchsgegenstände und meist auch für den Statuenguß wurde es
angewandt. Die Nachteile sind bei den Gußnähten, Eingußpfeifen und Luftstutzen zu
suchen, die man mittels feiner Feilen entfernen muß. Hierbei ist eine Verletzung der
Gußhaut, jener wertvollen Schicht veränderten Metalls nicht zu umgehen. Diese
Gußhaut führt zur Bildung grüner, blauer oder bläulich-grüner Patina, die den
Bronzedenkmälern der Antike das schöne Aussehen und den hohen Wert verleiht. Die
jeweilige Patinafarbe beruht selbstverständlich z. T. auf der Zusammensetzung der
Patina. Für ihre Bildung ist nicht zum wenigsten auch die Zusammensetzung der Luft
und mithin der Standort von Bedeutung. Feuchte, reine Luft ist ein Haupterfordernis
für die Entwicklung wertvoller Patina. Ebenso ist das Licht von Einfluß. Wirklich
edle Färbung braucht Jahrzehnte, ja Jahrhunderte zu ihrer vollkommnen Auswirkung.
Nach neueren Untersuchungen ist anzunehmen, daß auch das Metall und seine
Bearbeitung beim Erzguß zu ihrer Bildung mitwirken. Die Verletzung der vorerwähnten
Gußhaut hat demnach eine Beeinträchtigung der künftigen künstlerischen
Oberflächenbildung zur Folge.
Selbst die gewandtesten Ziseleure sind heute nicht in der Lage, diese Arbeiten so
mustergültig auszuführen, daß sie ohne Nachteil bleiben. Um diesen, den
bisherigen Verfahren anhaftenden Mangel auszumerzen, ist neuerdings ein
Bronzegußverfahren mit verlorenem Modell entwickelt worden. Das Modell wird aus
Wachs und zwar aus einem besonderen Modellierwachs hergestellt und eingeformt. Nach
Trocknung des Formkastens zunächst bei niedriger Temperatur und dann bei stets
steigender bis zu 100 und mehr Grad verflüchtigt sich das Wachsmodell schließlich
restlos. Man erhält auf diese Weise ein nahtloses Gußstück. Außerdem hat man neben
dem neuartigen Wachs einen Sand gefunden, der bei Hitzegraden von 1200 Grad u. m.
weder schrumpft noch sintert und zudem luftdurchlässig ist. Besondere Luftkanäle
sind bei dem neuen Verfahren nicht mehr nötig. Es genügt eine einfache Eingußöffnung
für das Metall an einer unauffälligen Stelle. Das neue Formmaterial ist so
empfindlich, daß es alle mikrokopischen Verzierungen wie Blumenranken, Käfer und
dergl. erkennen läßt. Alle ihre Feinheiten wie das zierliche Geäder der Blätter und
Käferflügel kommen wundervoll zum Ausdruck. Auf der schimmernden Gußhaut spiegeln
sich alle Farbentöne von glänzendem Gelb über Tiefgrün, Sattblau, Weinrot bis zum
Eisenschwarz wieder. Selbst silberne Kristalle blitzen hin und wieder auf. Der
Edelrost oder die Patina, die sich ehevor erst im Laufe von Jahrhunderten
entwickelte, bildet sich nach der neuen Methode in wenigen Wochen oder Tagen. Ruß,
Staub oder schwefelhaltige Bestandteile der Luft haben überhaupt keinen Einfluß mehr
auf die Patinaentwicklung. Für unser Kunstgewerbe stellt dieses neue Bronzeverfahren
einen überaus wertvollen Fortschritt und eine nie geahnte Bereicherung dar.
Hin und wieder läßt sich beobachten, daß neuerdings an solide ausgeführten Bauten
solide Materialien verwandt werden. So findet man, daß Kuppeln, Türme, Spitzen,
Verdachungen von Fenstern, Fallrohre und Rinnen aus Kupfer hergestellt werden. Nun
möchte mancher Besitzer baldmöglichst jene prächtig leuchtende, grüne Patina an
diesem Metall sehen, die derartigen Gebäuden den prachtvollen Eindruck verleiht. Sie
hat zudem noch den Vorzug, daß sie das Metall nicht wie der Rost das Eisen angreift.
Ihre Bildung dauert jedoch meist viele Jahre oder Jahrzehnte. Manchem währt dieser
Prozeß zu lange. Um ihn zu kürzen, greift man allenthalben zu künstlichen
Patinaerzeugungsmitteln. Eine künstlich hergestellte Patina hat den Vorteil, daß die
gesamte Fläche gleichmäßig davon überzogen wird. Es dürfte nur wenig bekannt sein,
daß nicht allenorts die Bedingungen für die Entstehung einer Patina, insonderheit
für einen gleichmäßigen Ueberzug vorhanden sind. Manche Kupferteile weisen sehr bald
diese grüne Färbung auf. Andere wiederum zeigen überhaupt keinen Ansatz, wenn sie
auch noch so alt werden. Die Ursachen hierfür sind verschiedener Art. Sie hängen von
dem Einfluß und der Zusammensetzung der Luft u.a. mehr ab, sowie von der Lage im
Raume. Geneigte und senkrechte Metallflächen lassen meist zuerst eine Patina
aufkommen. Ebenso setzen diejenigen einen Edelrost bald an, die der Wetterseite
zugekehrt sind. An solchen Stellen läßt der Regen Schmutz- und Rußansätze nicht
aufkommen. Ferner
können sich hier die sog. äolischen Einflüsse besser auswirken, insofern als
der Wind die mitgeführten mechanischen Fremdkörper wie Sand, Kohle, Quarz, Ton und
Staubkörnchen mit ganzer Wucht gegen die betreffende Seite schleudern kann. Wo der
Wind nicht so recht hinkommen kann oder wo die Kupferflächen wagerecht angebracht
sind, zeigt sich meist keine Patinabildung. Hier lagert sich Ruß mit seinen fettigen
Bestandteilen ungestört ab. Die Folge davon ist, daß die atmosphärische Luft nicht
an das Metall herankommen kann, wodurch der Ansatz von Edelrost verhindert wird.
Nachteilig sind Kohlen und Feuerungsdünste sowie Schwefel, wie sie in der Luft der
Großstädte enthalten sind. Wo als Kennzeichen ein Schlot zum Himmel ragt, wird die
mit Gasen aller Art geschwängerte Luft für die Edelfärbung meist recht ungünstig
sein. Bronzemonumente und Kupferbeschläge bekommen hier einen schwarzen düsteren
Ueberzug oder ein finsteres stumpfes Aussehen wie Gußeisen.
Die Frage, ob man hier nicht mit anderen Mitteln die eigenartig schöne Färbung
erzielen kann, ist mit einem Ja zu beantworten. Es ist daher verständlich, wenn
dort, wo Mutter Natur die Bedingungen hierfür vorenthält, allenthalben zu
künstlichen Mitteln gegriffen wird. Es dürfen jedoch nur sehr schwache Agenzien
benützt werden, da auch dieser Prozeß bei einer Forcierung schädliche Folgen haben
kann. Die Mittel, die hierzu verwandt werden, sind entweder Salz- oder Schwefelsäure
in verdünnter Form. Im allgemeinen gibt man der Schwefelsäure den Vorzug. Die zu
bearbeitenden und vor jeglichen Angriffen zu schützenden Flächen müssen zuvor
gründlich durch Bürsten mit reinem oder Essigwasser – mittels Pinsel oder
Schwamm – gleichmäßig gereinigt werden. Die Kostenfrage sowie die Notwendigkeit
schnell und gleichmäßig eine Patina herbeizuführen, haben eine ganze Anzahl von
Verfahren gebracht. Für das Auftragen der betreffenden Lösungen nimmt man
verschiedene Gemische. Eine der häufig verwandten Lösungen besteht aus Essig,
Salmiak und Oxalsäure oder Grünspan auch Kochsalz oder kohlensaures Ammonium. Die
Gewichtsteile verhalten sich wie ungefähr 1000 : 20 : 10 oder 16. Billigere
Anstrichmassen sind Heringslake, Fruchtsäuren und dergleichen. Letztere benötigen,
um zum Ziele zu führen, eines längeren Zeitraumes. Ein anderes Mittel, das ebenfalls
brauchbar ist, besteht aus einer Lösung von Wasser, Kochsalz und salpetersaurem
Kupferoxyd im Verhältnis von 50 : 1 : 3. Ein sehr brauchbares Mittel besteht aus
Essig, kohlensaurem Ammonium, Kupferazetat und Kochsalz im Verhältnis der
Gewichtsteile in Gramm von 1000 : 150 : 60 : 50. Weniger gebräuchlich ist eine
Lösung aus Wasser, Salmiak, kohlensaurem Ammonium und Tragant. Nach dem Auftragen
und Eintrocknen vorbenannter Lösungen wird eine zweite Lösung aus Essig, Salmiaksalz
oder Kleesalz vom Gewicht 90 : 50 : 1 aufgegeben. Vor dem Bestreichen muß die
betreffende Fläche nochmals gründlich gebürstet werden. Um eine genügend dauerhafte
Patina zu erhalten, muß das Verfahren solange wiederholt werden, bis eine kräftige
Edelrostbildung wahrgenommen wird. Diese Schicht hat neben der gleichmäßig schönen
eindrucksvollen, grünen Farbe die gleichen Vorteile wie eine natürlich entstandene
Patina.