Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Kalpers |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 153 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die neuen Einheitslokomotiven der Reichsbahn.Die Vorteile der Normung und Typung im Lokomotivbau.
(Nachdruck verboten.) Von den gesamten Ausgaben einer Eisenbahn bilden die
Aufwendungen für die Beförderung der Züge einen Hauptteil. Von ihnen entfällt etwa
die Hälfte auf die Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals für die Lokomotiven und
deren Unterhaltung in den Eisenbahnwerkstätten. Somit besteht aller Anlaß, diesen
wesentlichsten Teil der Beförderungskosten möglichst niedrig zu halten, ganz
besonders aber für unsere Reichsbahn, die aus ihren Einnahmen alljährlich
beträchtliche Summen an unsere Feinde abführen muß. In den ersten Jahren nach dem
Kriege erschien eine Herabsetzung der Anschaffungskosten der Lokomotiven bei der
allgemeinen Teuerung sowie bei der geringen Beschäftigung der deutschen
Lokomotivfabriken, die den Auslandsmarkt als Absatzgebiet verloren hatten, nahezu
unmöglich. Wenn dieses Ziel trotzdem erreicht werden sollte, so mußten die Typung,
die Normung und die Austauschbarkeit Hand in Hand gehen. Der Austauschbau ist die
Vorbedingung für jede Reihenherstellung. Zu diesem Zwecke dürfen die Abmessungen
jedes Teiles bestimmte Grenzen weder über- noch unterschreiten, so daß die Teile
beliebig zusammengebaut werden können. Zur Einschränkung der Bauteile eines
Lokomotivparks war es ferner nicht nur notwendig, jeden Bauteil so symmetrisch
auszubilden, daß er auf beiden Seiten derselben Lokomotive verwendet, sondern auch,
daß er bei möglichst vielen Lokomotivgattungen unverändert eingebaut werden kann.
Vor allem aber mußte die Eisenbahnverwaltung bestrebt sein. die Zahl der
Lokomotivgattungen einzuschränken, so daß möglichst viele Lokomotiven gleicher
Gattung beschafft werden konnten.
Die Vorteile der Typung. Normung und Austauschbarkeit beschränken sich nun keineswegs
auf die Möglichkeit einer Reihenherstellung und damit geringerer Herstellungskosten:
Auch für den eigentlichen Eisenbahnbetrieb ergeben sich wesentliche Ersparnisse. So
können die Werkstätten in großtem Umfange Vorrichtungen und Sonderwerkzeuge zur
Verbilligung der Ausbesserungsarbeiten einführen, ferner können die Lagerbestände an
vor. ratsteilen wesentlich vermehrt werden, da die Zahl Her verschiedenen
Vorratsteile erheblich herabgesetzt ist. Auch die Dauer Her Ausbesserungsarbeiten
läßt sich erheblich verkürzen, da es nicht mehr notwendig ist den beschädigten Teil
instandzusetzen und ihn wieder in die Lokomotive einzubauen, aus der er stammt;
vielmehr kann dafür ein anderer bereits fertiger Teil vom Lager genommen in die
instandzusetzende Lokomotive eingebaut werden, während der ausgebaute Teil bei
Gelegenheit ausgebessert und für eine andere Lokomotive verwendet wird. Dieser
Vorteil macht sich besonders bei der Ausbesserung der Dampfkessel bemerkbar, die
erfahrungsgemäß die größten Verzögerungen verursachte. Welche Vorteile sich ferner
für den Fahrdienst dadurch ergeben, daß die Lokomotivbesatzungen stets mit den
gleichen Typen zu arbeiten haben und daß auch die Handwerker mit den Einzelheiten
genau vertraut sind, gleichgültig, in welcher Gegend des Reichs die Lokomotiven
fahren, braucht nicht besonders erwähnt zu werden.
Schon früher hatten die deutschen Eisenbahnen versucht, die Zahl der
Lokomotivgattungen möglichst einzuschränken, jedoch waren im Jahre 1920, als die
Deutsche Reichsbahn ins Leben gerufen wurde, neben einer großen Zahl einiger weniger
aber neuerer Gattungen noch zahlreiche ältere Bauformen bei den Bahnen der einzelnen
Länder im Betrieb, so daß nicht weniger als 210 verschiedene Lokomotivgattungen
vorhanden waren. Es wird daher niemand wundern, wenn Jahre vergingen, bis die
Entwürfe für die endgültige Bauweise der Einheitslokomotiven festgelegt waren. Man
erkennt aber den Fortschritt, wenn man bedenkt, daß an die Stelle der früheren 210
Lokomotivgattungen nur 16 verschiedene Reichsbahngattungen getreten sind, und zwar
10 für den Streckendienst auf Hauptbahnen, 3 für den auf Nebenbahnen und leichten
Dienst auf Hauptbahnen, sowie 3 für den Verschiebedienst.
Es lag nahe, bei der Beschränkung der Zahl der Gattungen so vorzugehen, daß man
einige wenige Lokomotivgattungen, die sich am besten bewährt hatten, für die Zukunft
ausschließlich anschaffte. Dieser Weg konnte jedoch nicht eingeschlagen werden, da
die früheren Lokomotiven der einzelnen Länderbahnen in keiner Weise übereinstimmten
und auch nicht genormt waren. Da man aber auf die oben erwähnten Vorteile der
Normung and Typung nicht verzichten wollte, wurden die neuen Einheitslokomotiven
entworfen. Alle 16 Reichsbahngattungen sind Heißdampflokomotiven und – mit Ausnahme
der drei für den Verschiebedienst – mit Abdampfvorwärmern ausgestattet. Zuerst
wurden einige solche Schnellzuglokomotiven von 120 Kilometer höchster
Stundengeschwindigkeit und 2200 Pferdekräften Verdampfungsleistung geliefert, und
zwar wurden sie zur Hälfte als Vierzylinder-Verbundlokomotiven und zur Hälfte als
Zweizylinderlokomotiven ausgeführt, damit man im Betriebe feststellen kann, ob die
Verbundwirkung bei Heißdampflokomotiven noch nennenswerte Vorteile bringt. Beide
Ausführungsarten stimmen aber infolge der Typung im wesentlichen überein und sind im
übrigen so durchgebildet, daß die im Wirtschaftlichkeitskampfe unterliegende
Lokomotive durch Auswechselung der Zylinder mit Kolben, Treibstangen und
Treibradsätzen
in die siegreiche Bauart umgebaut werden kann. Der gesamte Kessel mit Ausnahme
des Rauchkammerbodens, der Rahmen und alle weiteren wichtigen und teuren Bauteile
bleiben dabei völlig unverändert. So sind die neuen Lokomotiven der Reichsbahn ein
gutes Beispiel dafür, daß weitgehende Vereinheitlichung in der Bauart die
Möglichkeit nachträglicher Verbesserungen nicht ausschließt.
Dr.-Ing. F. Soltau.
Fortschritte und Aufgaben im Feuerungs- und Kesselbau.
(Nach Prof. A. Loschge, München. Archiv für Wärmewirtschaft und Dampfkesselwesen. 7.
Jahrg., Heft 8, S. 218.) Der Feuerungs- und Kesselbau ist seit mehr als einem
Jahrzehnt in einem Zustand der Entwicklung und Umbildung begriffen, der durch die
bisher geleistete zielbewußte Arbeit wichtige Fortschritte gebracht hat. Es scheint
sogar, daß sich auf dem Gebiete der Dampferzeugung nach den neuesten Erfolgen eine
völlige Umwälzung ankündigt.
Die in Deutschland gebräuchlichsten Wanderroste werden in letzter Zeit in einer
Breite von 6 m und darüber hergestellt, so daß sie heute mit einer Brennfläche von
über 30 m2 ausgeführt werden können. Dadurch ist
es möglich, bei Verwendung von zwei solcher Roste sogar Kessel von 1500 m2 Heizfläche mit Rostfeuerungen für hochwertige
Kohle auszurüsten. Die Schlacke kann hierbei natürlich nicht mehr durch Handarbeit
entfernt werden, sondern es muß durch Feuerbrücken und ähnliche Einrichtungen für
eine selbsttätige Entschlackung der Roste gesorgt werden. Für Rohbraunkohle hat man
den bewegten Schrägrost, den sog. Vorschubrost, eingeführt. Im Kraftwerk Finkenheerd
des Märkischen Elektrizitätswerkes werden jetzt Kessel von 1200 m2 Heizfläche für etwa 40 kg/m2st Höchstbeanspruchung der Heizfläche mit solchen
Vorschubrosten für Rohbraunkohle aufgestellt und hierbei die Temperatur der
vorgewärmten Luft bis auf etwa 220 ° C gesteigert. Bei dem amerikanischen Stoker hat
man sogar neuerdings in den Kraftwerken der Philadelphia Electric Co. (Chester,
Richmond) erreicht, bei hochwertiger Steinkohle die Luftvorwärmung bis auf 300° C zu
erhöhen. Diese hohen Lufttemperaturen sind nur möglich wegen der Bauart der
Unterschubfeuerung selbst, der Anwendung wassergekühlter Wände, die eine fast
unbegrenzte Lebensdauer aufweisen, und wegen des luftgekühlten Mauerbelages dicht
über dem Rost, der noch den Vorteil hat, das lästige Ansetzen von Schlacken an den
Mauersteinen vollständig zu verhindern. Durch möglichst langes Lagern der Asche im
Feuerraum wird bei diesen Stokern ein fast vollständiges Ausbrennen ermöglicht,
wodurch die Herdverluste sogar bis auf ½ v.H. des Kohlenheizwertes heruntergedrückt
werden sollen.
Ein sichtbares Zeichen der fortgeschrittenen Entwicklung der Kohlenstaubfeuerungen
ist die Ausrüstung der gesamten Kessel von je 1600 m2 Heizfläche des im Bau befindlichen Großkraftwerkes Rummelsburg bei
Berlin mit diesen Feuerungen. In Amerika soll es gelungen sein, eine neue Bauart,
die sog. Brunnenfeuerung, zu entwickeln, die mit Hilfe von Drallbrennern die
Feuerraumleistung von 120000 auf etwa 350000 kcal/m3st zu steigern gestattet. Ganz besondere Bedeutung haben bei der
Kohlenstaubfeuerung wassergekühlte Wände, da sie erst das Arbeiten mit höherer
Feuerraumleistung und stark vorgewärmter Luft ermöglichen, ohne die Haltbarkeit der
Feuerraumwände zu verringern. In Amerika hat man außer Kühlrohren noch
Strahlungsüberhitzer in den Feuerraumeingebaut, weil es bei Kesseln mit
Kohlenstaubfeuerung schwer ist, mit den in die Kesselzüge eingebauten
Berührungsüberhitzern die gewünschte Dampftemperatur von 350 bis 400° C und darüber
zu erreichen. Bei den Mahlanlagen haben sich Ring- und Kugelmühlen besser bewährt,
da sie wesentlich geringere Abnutzungen aufweisen als Schlagmühlen. Trotz der großen
Vorzüge der Kostfeuerung vor allem für Rohbraunkohle bietet die Kohlenstaubfeuerung
in vielen Fällen außerordentliche Vorteile. Sie eignet sich vorzüglich für
Großkessel und solche Kessel, die rasch ihre Leistung ändern sollen, wie etwa die
Kessel für Spitzenbelastung in Elektrizitätswerken. Von besonderem Nutzen ist sie
dort, wo man billigen Brennstoff verfeuert, der auf Rosten wegen der Eigenschaft
seiner Schlacke oder wegen der Feinheit seines Kornes nur schwer oder mit schlechtem
Wirkungsgrad verbrannt werden kann. Die Aufgaben der Feuerungstechnik bestehen in
nächster Zeit darin, Aufklärung darüber zu schaffen, welche Brennerbauart am
günstigsten wirkt, wo die Brenner am zweckmäßigsten angebracht werden müssen, wie
hoch man die Feuerleistung wirklich steigern darf, wie man auch bei mittleren und
kleinen Kesseln die Feuerraumwände haltbar machen und durch einfache Anlagen
möglichst ohne Vortrocknung die Kohle vermählen kann.
Im Dampfkesselbau kann als wichtiger Fortschritt die Einführung von Großkesseln mit
Heizflächen von 1000 bis 2000 m2 bezeichnet
werden. Dadurch wird der Kesselwirkungsgrad erhöht, Platzbedarf und Baukosten des
Kesselhauses sowie der Aufwand für Bedienung wesentlich verringert. Einen weiteren
Schritt nach vorwärts bedeutet der neue Dampferzeuger der Combustion Engineering
Corp. Die hier eingebaute Feuerung ist eine Kohlenstaubfeuerung mit Brennern, die
aus den Ecken des Feuerraumes gegen die Mitte zu blasen. Der Kessel besteht in der
Hauptsache aus den Kühlrohren der vier Seitenwände. Hinter dem Kessel sind ein
Ueberhitzer und ein Luftvorwärmer eingebaut. Der erste Probekessel soll bei einer
Heizflächenbelastung von etwa 150 kg/m2st einen
Wirkungsgrad von rd. 90 v.H., bezogen auf den unteren Heizwert, ergeben haben. Bei
diesem neuen Dampferzeuger ist in weitgehendem Maße von der Wärmeübertragung durch
Strahlung Gebrauch gemacht worden, so daß man ihn deshalb mit Recht als
„Strahlungskessel“ bezeichnet. Mit starker Ausnutzung der
Wärmeübertragung durch Strahlung arbeitet auch der neue „Einzugkessel“ von
Edge-Moor, der Atenos-Kessel und der Bettington-Kessel der Linke-Hofmann-Werke. Die
Strahlungskessel verdienen wegen ihrer Einfachheit und großen Leistungsfähigkeit
ganz besondere Beachtung. Wenn sich diese Bauart bewährt, was sehr wahrscheinlich
ist, so wird man die nächste Aufgabe darin sehen müssen, die Strahlungsübertragung
auch bei den mit Rosten ausgerüsteten Kesseln in noch höherem Maße als bisher
durchzuführen. Große Heizflächenbelastungen von mindestens
50, vielleicht sogar 100 kg/m2st, und hohe
Wirkungsgrade bis zu 90 v.H. und mehr müssen, wenn man nach den günstigen
amerikanischen Nachrichten über Strahlungskessel urteilt, von den in nächster Zeit
zu bauenden Kesseln verlangt werden.
Der Bau so hochwertiger Kessel würde durch die weitere Erforschung der Wärme- und
Strömungsvorgänge in den Feuerungen und Kesseln sehr erleichtert werden. Auf die
Bedeutung der wichtigen Frage der Gas- und Flammenstrahlung für die Wärmeübertragung
in Oefen und Kesseln hat Schack als erster hingewiesen. Der Einfluß der Länge des
Rauchgasweges, des Rohrdurchmessers, der Rohrleitung und der Zahl hintereinander
angeordneter Rohre in den Rohrbündeln auf die Wärmeübertragung des Kessels ist auch
noch nicht genügend bekannt. Weiterhin würde es von Nutzen sein, die Frage des
Wasserumlaufes, der für die Betriebssicherheit der Kesselkonstruktion von größter
Bedeutung ist, durch Versuche zu klären.
Dipl.-Ing. Willy Abendroth.
Die Entschwefelung von Eisen durch das Mangan. Die
folgenden Versuche sollten zu der Frage Stellung nehmen, ob die bekannte Gleichung
Mn + FeS = MnS + Fe umkehrbar sei. Es wurden zu diesem Zweck 6 Proben von 200 gr
Elektrolyteisen ohne Mangan und ohne Schwefel in einem Zirkontiegel in einem
elektrischen Widerstandsofen geschmolzen. Zu den Proben 2, 3 und 4 setzte man 2 und
4% Mangan mit 0,50% Schwefel, zu den Proben 5, 6 und 7 metallisches Mangan und
Eisensulfid hinzu, um die gleichen Mengen Mangan und Schwefel zu erhalten wie in den
Proben 2, 3 und 4. Das Bad wurde 1 Stunde lang flüssig
erhalten, dann zu kleinen. Barren vergossen. Die Ergebnisse selbst sind
folgende:
Ver-such
AufgegebenesMaterial
Zusätze
Analysen
Mangan
Schwefel
Mangan
Schwefel
2
MnS + Mn
1,0
0,452
0,636
0,367
3
MnS + Mn
2,0
0,50
1,57
0,310
4
MnS + Mn
4,0
0,50
2,81
0,230
5
FeS + Mn
1,0
0,50
0,647
0,397
6
FeS + Mn
2,0
0,50
1,45
0,374
7
FeS + Mn
4,0
0,50
2,75
0,195
Man sieht, daß das Mangansulfid selbst in Anwesenheit eines
Manganüberschusses sich in Eisensulfid umbildet und in das Metall übergeht, so daß
die Reaktion umkehrbar ist. Je größer der Manganüberschuß, um so weniger Schwefel
ist im Metall vorhanden, welches auch immer seine Art sein mag (MnS oder FeS).
(Technique Moderne.)
K.
Sublimation und Kristallisation der Metalle. Bei der
Erwärmung von in einer Eisenröhre eingeschlossenem Nickelchlorid bei 800° hat die
hierdurch hervorgerufene Zementation eine Trennung von Eisenschichten in einer Dicke
von einigen Zehnteln Millimeter verursacht. Aehnliche Versuche mit einem an seinem
unteren Ende von Chromchlorid umgebenen Kupferstab in einer Eisenröhre ergaben nach
24stündiger Erhitzung auf 800°:
1. die Zementation des Stabes auf seiner ganzen Länge; diese Erscheinung ist an den
Berührungsstellen mit dem Salz mehr ausgeprägt als an dem durch die Dämpfe
getroffenen Teil;
2. einen Niederschlag von metallischem Chrom an den Teilen des Kupferstabes, die mit
dem Salz nicht in Berührung gekommen sind;
3. die Bildung von Kupferkristallen rhom-boedrischer Form. Es besteht demnach eine
Sublimation der Metalle in Berührung mit Salzen. Diese Metalldämpfe entstehen durch
die Reduktion der Chloride. Schließlich scheint die Zementation der Metalle durch
die Salze von der Dampfabsorption der Salze herzurühren. (Comptes Rendus.)
Dr.-Ing. Kalpers.