Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 114 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Entwicklung und Stand der Fernbahn-Elektrisierung. Seit
Indienststellung elektrischer Lokomotiven an Stelle von Dampflokomotiven sind eine
Reihe von Fortschritten erzielt worden. Die ersten Versuche wurden auf der Strecke
Marienfelde- Zossen von 1901–1903 durchgeführt. Die damalige Geschwindigkeit von
über 200 km/stdl. erregte nicht geringes Staunen. Heute ist auf der Stoppstrecke
Long–Island bereits eine solche von 550 km/stdl erreicht worden. An Stelle des
einstigen Gleichstroms wird jetzt Drehstrom zum Antrieb verwandt. Im Jahre 1905
konnte die erste Wechselstromvollbahn eröffnet werden.
Die Länge der deutschen elektrischen Strecken beträgt zurzeit rund 1000 km. Fertig
ausgebaut sind die Strecken Görlitz – Breslau, München – Garmisch mit Tutzing –
Kochel, München – Herrsching, München – Landshut und Landshut – Regensburg. In
Angriff genommen sind weitere 184 km und zwar die Linien München – Rosenheim –
Kufstein und einige Güterverbindungen. Die in Bayern ihren Ausgang nehmende
Elektrisierung schreitet allmählich auf die Strecken München – Augsburg – Ulm –
Stuttgart – Karlsruhe – Frankfurt – Basel über. Für die Belieferung des elektrischen
Stromes (Einphasen-Wechselstrom von 16⅔ Perioden) kommt in Bayern als Spitzen- und
Ausgleichskraftwerk das Walchenseewerk und die Kraftstufen Aufkirchen und Eitting
der mittleren Isar in Betracht. Die Absenkung des Walchensees beträgt, wenn aus ihm
die Zugförderungsarbeit für einen 500 t schweren Sonderzug von Regensburg über
München nach Kufstein entnommen wird, nur ½ mm. Durch Vereinigung der Kraftstufen zu
einem Ring können sich die Lieferwerke gegenseitig unterstützen und aushelfen. Das
Bahnstromunterwerk Pasing ist mit sechs Bahnstromtransformatoren von je 5000 KVA
Leistung eine der bedeusamsten Wechselstromunterwerke der Welt.
Trotzdem die Dampflokomotive zu hoher Vollkommenheit gebracht wurde, muß sie der
elektrischen das Feld räumen. Wenn auch der elektrische Betrieb die Festlegung
großer Kapitalien erfordert und die elektrischen Lokomotiven – auf die
Leistungseinheit bezogen – teurer kommen als die Dampflokomotiven, so wird dieser
Umstand dadurch wettgemacht, daß bei elektrischem Betrieb zur Erreichung der
gleichen Leistung weit weniger Lokomotiven notwendig sind, als beim Dampfbetrieb.
Bis auf einen geringen Bruchteil fallen die beim Dampfbetrieb erforderlichen Vor-und
Nachtarbeiten fort. Auf den Schweizer Bundesbahnen hat sich herausgestellt, daß 70
elektrische Lokomotiven die gleiche Jahresleistung vollbringen, wie 100 der besten
Dampflokomotiven. Bezüglich der Unterhaltungskosten lassen sich nach den Erfahrungen
in der Schweiz 11 Prozent einsparen und an Lokomotivpersonal beträgt die Ersparnis
rund 40 Prozent. Ferner liegen die Vorzüge der neuen Betriebsform in einer
erheblichen Verkürzung der Fahrzeiten, die bei Schnellzügen 39 und bei Personenzügen
47 Prozent beträgt. Kürzlich wurde für die Strecke Halle – Leipzig eine
Schnellzugslokomotive für 17 D-Zug-Wagen mit 110 km/stdl Geschwindigkeit
hergestellt. Bei den Schweizer Bahnen würde die Betriebsrechnung für 1927 beim
Dampfbetrieb um nicht weniger als 32 Millionen Franken ungünstiger ausfallen
gegenüber elektrischem Antrieb. Schlesische Bahnen werfen bei elektrischem Betrieb
eine Verzinsung von 10 Prozent ab, während bayr. Bahnen vorerst mit 9–10 Prozent
rechnen. Für den Nahverkehr werden vielfach elektrische Triebwagen verwandt. Diese
werden außerdem in den Sommerfrischen zur Erleichterung des Ausflugverkehrs
eingestellt, an Stelle normaler Personenzüge, deren Inbetriebsetzung verhältnismäßig
hohe Kosten verursacht.
Landgraeber.
Palmenöl und seine Bedeutung. Das Palmenöl rührt von dem
Fruchtfleisch des Palmenbaumes her, aus dem es durch verschiedene, oft noch ziemlich
primitive, seitens der Eingeborenen Afrikas angewandte Verfahren, in der Hauptsache
aber doch in gut eingerichteten Werken nach in der Behandlung von Pflanzenölen
bekannten technischen Verfahren gewonnen wird. Dieses Oel von in der Regel gelber
Farbe kommt in den afrikanischen Ländern, wo Kohle und Petroleum fehlen, im
Ueberfluß vor; es ist daher begreiflich, daß man sich auch in Europa seit einiger
Zeit mit der Heranziehung dieses Brennstoffes befaßt hat, namentlich was seine
Verwendung in Explosionsmotoren anbetrifft. Bei 2 von Mayné untersuchten
Palmenölsorten ergaben sich folgende Werte:
Probe 1:
Schmelzpunkt 37,4°,
Tropffähigkeit 37,9°,
Dichte bei 15° 0,9007,
Viskosität bei 100° 1,534,
Entzündungspunkt 210°,
Wassergehalt 0,4 %,
Heizvermögen 9228 Wärmeeinheiten.
Probe 2:
Schmelzpunkt 45–48°,
Erstarrungspunkt 33,5–31°,
fette Säuren 95 %,
Schmelzpunkt der fetten Säuren 48–49°.
Der das Oel liefernde Palmenbaum Elakis soll auf dem ganzen
afrikanischen Kontinent zu finden sein, und zwar vom Senegal bis Angola, indem er
oft in sehr dichten und lang ausgestreckten Bewachsungen in Gestalt wirklicher
Wälder vorkommt. Die Eingeborenen bearbeiten aber kaum den zehnten Teil dieser
Palmenwälder; in verschiedenen Ländern, wie Belgisch-Kongo, Nigeria, Goldküste
u.a.m. sind die Möglichkeiten der Palmenöl-Erzeugung gewaltig. Die größten Mengen
wurden bisher von Nigeria, Dahomey und Belgisch-Kongo ausgeführt, und zwar entfielen
von 96700 t ausgeführtem Oel allein über 74000 t auf Nigeria, 11800 t auf Dahomey
und 5400 t auf Belgisch-Kongo.
Da – vom wärmetechnischen Standpunkt aus betrachtet – das unter Druck eingespritzte
Palmenöl bei einer Temperatur von 1800° verbrennt, ohne einen Rückstand zu
hinterlassen, so geht schon aus dieser Tatsache die Bedeutung des Palmenöles hervor.
Es ergibt sich daher die Möglichkeit seiner Verwendung für Zwecke, die eine hohe
Temperatur bedingen. Sein Verdampfungsvermögen beträgt
1 kg Oel auf 10 kg Wasser. Weiter bietet diese Oelart als Brennstoff folgende
Vorteile: 1. Es bringt keine Explosionsgefahr, da sein Entzündungspunkt bei rund
200° liegt; 2. Es ist leicht zu fördern und kann in Fässern untergebracht werden; 3.
Sein Säuregehalt übt keinen korrosiven Einfluß auf das Eisen und die anderen Metalle
aus; 4. Sein Preis ist niedriger als das anderer Brennstoffe in vielen Ländern.
Mit Rü#ksicht auf die gesteigerte Verwendung des Masuts als Brennstoff ist folgende
Vergleichsübersicht von Interesse:
Masut
Palmenöl
Dichte bei 15°
0,900
0,900
Entzündungspunkt
130°
200°
Verbrennungspunkt
150°
250°
Viskosität bei
50°
18,5 bei
100°
1,5
Wärmevermögen
10600
WE
9000
WE
Unter Zugrundelegung eines Heizvermögens von 7500 Wärmeeinheiten für die Kohle kann
man annehmen, daß 1 kg Masut 1,4 kg Kohle und 1,16 kg Palmenöl und daß 1 kg Palmenöl
1,2 kg Kohle entspricht. Es ist allerdings zu bemerken, daß ein nachteiliger Faktor
des Palmenöles im Vergleich zum Masut in seinem hohen Entzündungspunkt zu erblicken
ist, so daß die Zündung schwerer wird; doch kann man die Zündung z.B. erst durch
Masut vornehmen, um dann nach Erreichung der genügenden Temperatur den Motor, Rost
oder Ofen mit Palmenöl zu speisen. Schon jetzt sind Motoren von 120 PS für
Palmenölbetrieb bekannt, z.B. der schwedische Motor „Drott.“ Man kann
annehmen, daß das Palmenöl sich in Afrika schnell als Betriebs- und Brennstoff
für Kessel und die Oefen verschiedener Industrien einführen wird, sobald seine
Gewinnung eine intensivere und vollkommenere und auch die Pflege des Palmenbaumes
selbst eine planmäßige geworden ist.
(Chaleur et Industrie.)
Dr.-Ing. Kalpers.
Nachrichtenstelle des Reichspatentamtes. Die soeben
erschienene Statistik des Reichspatentamtes für das Jahr 1926 gibt ein anschauliches
Bild von der außerordentlich umfangreichen Geschäftstätigkeit dieses Amtes. Die
folgenden Angaben (in abgerundeten Zahlen) dürften von allgemeinerem Interesse sein.
Die Zahl der Patentanmeldungen blieb im Jahre 1926 mit 64400 nur ganz unwesentlich
hinter der Rekordzahl von 65000 des Vorjahres zurück. Im Jahre 1926 wurden 15500
Patente erteilt. In dem gesamten Zeitraum seit Bestehen des Reichspatentamtes
(1877–1926) sind 1340000 Patentanmeldungen eingereicht und 440000 Patente erteilt
worden. Von den Anmeldungen entfielen 83% auf das Inland, 17% auf das Ausland. An
Gebrauchsmusteranmeldungen gingen 61400 im Jahre 1926 und seit Bestehen des Gesetzes
(1891 bis 1926) im ganzen 1280000 ein. Davon kamen zur Eintragung im verflossenen
Jahre 41100, insgesamt 976000. Warenzeichen wurden 26800 im Jahre 1926 angemeldet,
16000 führten zur Eintragung. Seit Inkrafttreten des Gesetzes (1894 bis 1926) sind
637500 Warenzeichen angemeldet und 362000 eingetragen worden.