Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 146 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Ein neuer inoxydierbarer Stahl. Das bisherige Verfahren
für die Herstellung inoxydierbaren Stahles bestand in dem Einschmelzen von Spänen
eines weichen Stahles im elektrischen Ofen und in der Einführung von Chrom als
Ferro-Chrom. Da aber inoxydierbarer Stahl im Durchschnitt 0,100% Kohlenstoff
enthält, muß man ein Ferro-Chrom ohne Kohlenstoff verwenden, durch dessen hohen
Preis aber das Verfahren teuer wird.
Das unter dem Namen Hamilton Evans bekannte Verfahren ist vor kurzem erdacht worden
und gestattet eine wirtschaftlichere Herstellung von inoxydierbarem Stahl, Wie
gewöhnlich werden auch hier die Späne eines weichen Stahles in einem Heroult-Ofen
eingeschmolzen, das Bad dann abgeschlackt und auf dem Stahlbad eine neue Schlacke,
die sogenannte Aufnahmeschlacke gebildet. Wenn diese zurecht gemacht ist, versetzt
man sie mit einem innigen Gemisch von Chromerz und Ferro-Silizium. Das ganze Erz
einschließlich der Gangart wird geschmolzen und die Oxyde des Chroms, Eisens und
Mangans durch das Silizium des Ferro-Siliziums reduziert. Chrom und die anderen
freigewordenen Metalle gehen in das geschmolzene Metall über, während die übrigen
Bestandteile des Erzes in der Schlacke bleiben. Die gebildete Kieselsäure verbindet
sich mit dem Kalk der Schlacke, welcher Vorgang einen zu starken Angriff des
basischen Futters vermeidet, während die Schlacke selbst in ihrer neuen Bildungsform
dazu dient, das Metall zu feinern. Zwecks Erhaltung einer möglichst geringen
Schlackenmenge muß man ein an Chrom- und Eisenoxyden möglichst reiches Chromerz
verwenden, das zerkleinert und gesiebt wird. Das Ferro-Silizium soll so niedrig
gekohlt wie möglich sein zur Erhaltung eines sehr weichen Stahles. Auch das
Ferro-Silizium ist wie das Chromerz zu zerkleinern. Die chemischen Reaktionen, die
sich als exothermische Reaktionen abspielen, sind folgende:
2Cr2O3 + 3Si = 4Cr + 3SiO2
2FeO + Si = 2Fe+ SiO2
2MnO + Si = 2Mn + SiO2
Als Chromerz wird in der Regel folgendes gewählt:
Chromoxyd
50,34 %
Eisenoxydul
22,33 „
Manganoxyd
0,40 „
Kieselsäure
4,20 „
Tonerde
6,40 „
Magnesiumoxyd
15,70 „
Calciumoxyd
0,63 „
Die Wirkung des Ferro-Siliziums für die Reduktion beträgt
60–70%, der Rest geht in Silikate über. In der Schlacke bleiben ungefähr 25% nicht
reduzierten Erzes, denn mit einer vollständigeren Reduktion würde die Schlacke das
Ofenfutter zu stark angreifen. Es ist vorteilhaft, das Erzgemisch vor seiner
Einführung in den Ofen zwecks Beschleunigung des Arbeitsvorganges zu erwärmen.
Zubereitung der Aufnahmeschlacke. Zunächst gibt man die Späne weichen Stahles mit dem
nötigen Kalkstein, Erz usw., die für die Reinigung beim Schmelzen notwendig sind, in
den Ofen auf. Die zuerst gebildete Schlacke wird vollständig entfernt, damit die
oxydierten Verunreinigungen, die später wieder reduziert und in der Stahl
zurückwandern würden, beseitigt werden. Die Zusammensetzung der Aufnahmeschlacke
wird durch folgende Erwägungen bestimmt:
Eine genügende Menge Kalkes muß vorhanden sein, damit die Schlacke während der
Reaktion basisch bleibt und die Kieselsäure nicht übermäßig wird, da sie sonst
die Ofenauskleidung angreifen würde; außerdem würde die reduzierende Wirkung
des Ferro-Siliziums in saurer Umgebung vermindert. Das Gewicht der Schlacke muß
genügend sein, damit genügende Kalorien aufgespeichert werden können, mit deren
Hilfe unter Berücksichtigung der durch die Oxydation des Siliziums entwickelten
Wärme das Erz schmilzt, die Oxyde reduziert werden und die gebildeten Metalle sich
nach ihrer Schwere vom Metall trennen können. Sobald die ganze Aufnahmeschlacke
zugegeben ist, wird der Strom wieder eingeschaltet, bis sie geschmolzen ist. Wenn
die Temperatur hoch genug ist, um die Reduktion zu erhalten, fügt man nach und nach
das Gemisch von zerkleinertem Chromerz und Ferro-Silizium hinzu. Die Reaktion ist
exothermisch, so daß die Reduktion in einigen Minuten beendet ist und die gebildeten
Metalle Chrom und Eisen alsdann in ein Bad übergehen. Auf die Weise erhält man ein
inoxydierbares Eisen mit rund 12% Chrom; noch einige Minuten lang wird zur
Verfeinerung des Metalles weiter erhitzt und zwecks Erhaltung einer genügenden
Gießtemperatur. Die Stromspannung muß so hoch sein, daß die Elektroden nicht in die
Schlacke getaucht zu werden brauchen. Würden sie in die Schlacke eindringen, so
könnte eine Reduktion der gebildeten Silikate, ferner ein Uebergang von Kohlenstoff
und Silizium in das Bad und mithin eine Härtung des Metalles erfolgen.
Dieses Verfahren, das die Verwendung von Chromerz und Ferro-Silizium – beides
verhältnismäßig billige Stoffe – vorsieht, erniedrigt wesentlich den
Selbstkostenpreis der inoxydierbaren Metalle. Bei dem Ferro-Chromverfahren beträgt
der Preis von inoxydierbarem Eisen in Barren ungefähr 65 Pfund die Tonne, beim
Hamilton Evansverfahren dagegen nur 30 Pfund/t. Das inoxydierbare Eisen enthält
11–14% Chrom mit 0,1% oder weniger Kohlenstoff; der Anteil der übrigen Elemente
(Silizium, Mangan, Schwefel, Phosphor) ist normal.
Eigenschaften von inoxydierbarem Stahl. Die folgende Zahlentafel gibt die
Eigenschaften von gewalztem, geglühten, dann in Oel bei 950° gehärteten und bei
verschiedenen Temperaturen angelassenem Metall wieder:
Eigenschaften von inoxydierbarem Stahl
Anlaß-temperatur
Elastizitäts-grenze inkg/mm2
Zugfestig-keit inkg/mm2
Dehnungin%
Einschnürungin%
Brinell-härteB. E.
200
105
115
12,0
37,5
340
300
104
114
12,5
37,0
332
400
103
113,8
16,0
50,0
332
500
93
114
18
52,0
240
600
60
75,5
22,5
62,0
235
700
49
64,5
27,0
66,0
192
750
44
57,6
30,0
69,0
174
Es geht daraus hervor, daß die Festigkeit bis 500° wenig
abnimmt und bis 750° noch hoch ist. Die Anlaßfarben auf Schlifflächen sind dieselben
wie beim gewöhnlichen Stahl, nur erscheinen sie bei höherer Temperatur. Die
Warmbearbeitung dieses Metalles bietet wegen der Möglichkeit seiner Lufthärtung und
der Warmhärte Schwierigkeiten. Die beste Walztemperatur liegt bei 1050 bis 1100°,
während das Schmieden mit schnellen Schlägen zwischen 1150 und 900° erfolgen soll.
Bei 900–850° ist die Formveränderung schwächer, und wenn man bei zu niedriger
Temperatur eine zu starke Kraft ausübt, läuft man Gefahr, Brüche hervorzurufen. Auch
das Walzen soll schnell und warm vor sich gehen, zunächst mit schwachen Kalibern,
dann mit normalem Kaliberdruck. Die kritischen Punkte von inoxydierbarem Eisen
erstrecken sich
infolge der langsamen Diffusion des Kohlenstoffs in Gegenwart des Chroms zwischen
865 und 965°. Verlangt man die höchste Weichheit, so ist das Metall langsam auf
1000° zu erwärmen, auf dieser Temperatur, je nach den Abmessungen des Stückes,
genügend lang zu erhalten und dann im Ofen langsam abkühlen zu lassen bei Vermeidung
jeden harte Stellen verursachenden Luftzuges. Unter diesen Bedingungen zeigt der
Stahl die höchste Weichheit, aber er läßt sich schlecht bearbeiten. Im Interesse
einer leichten Bearbeitbarkeit und zur Ermöglichung des Kaltwalzens oder Kaltziehens
empfiehlt sich ein Glühen zwischen 750 und 800°, vorzugsweise bei 780° mit folgender
Abkühlung im Ofen oder an der freien Luft. Da hiermit der untere kritische Punkt
nicht erreicht wird, stellt dies in Wirklichkeit ein Glühen bei sehr schwacher
Temperatur dar.
Bei einem Glühen von 1000° beträgt die Brinellhärte rund 150, bei 780° 175–180. Da
unoxydierbarer Stahl ein Selbsthärter ist, muß man ihn immer nach dem Warmwalzen
oder Schmieden glühen oder anlassen, bevor er bearbeitet oder gekümpelt wird.
Walzen, Ziehen und Kumpeln lassen sich leicht ausführen. Das Kalthämmern ruft
Spannungen hervor, die sich nicht immer an Stellen der Oberfläche befinden. Durch
Schleifen allein können sie nicht beseitigt werden, vielmehr ist eine Warmbehandlung
des Stückes erforderlich. Diese Spannungen haben ein Rosten und auch Risse im
Betrieb zur Folge.
Inoxydierbares Eisen läßt sich im elektrischen Bogen oder mit dem Gebläse gut
schweißen, dagegen nicht im Schmiedefeuer. Die geschweißte Stelle wird beim Abkühlen
selbstverständlich gehärtet, so daß es nötig ist, das Stück vor der Bearbeitung zu
glühen, zu schleifen oder zu polieren. (La technique moderne.)
Dr.-Ing Kalpers.
Neue Versuche mit dem elektrischen Rauchgasprüfer. Ueber
Versuche mit dem auch hier bereits beschriebenenDingl.
Polyt. J. 1923 Heft 10. elektrischen Rauchgasprüfer berichtet
Obering. Generlich vom Dampfkessel-Ueberwachungs-Verein Berlin in Nr. 35 der
„Wärme“. Die Versuche wurden an einem handbeschickten
Steinmüller-Wasserrohrkessel mit Planrost-Unterfeuerung mit derselben Kohlensorte
und bei fast gleicher Kesselleistung so durchgeführt, daß am ersten Tage die
Anzeige-Instrumente des elektrischen Rauchgasprüfers hinten am Kessel, dem Blick des
Heizers entzogen, angebracht wurden, daß aber am zweiten Tage derselbe Heizer den
Kessel nach den Angaben der wieder am gewöhnlichen Platze befindlichen Instrumente
und nach Anweisungen bedienen mußte, die er von der Lieferfirma des Rauchgasprüfers,
der Siemens & Halske A.-G., auf Grund der am ersten Tage gemachten Beobachtungen
erhielt. Dies Anweisungen bestanden im wesentlichen nur darin, die Feuerschicht ganz
niedrig zu halten, die vier Feuer regelmäßig und abwechselnd zu beschicken und
darauf zu achten, daß der Kohlenoxyd- und Wasserstoffmesser des Rauchgasprüfers
möglichst auf Null stehen blieb, d.h. unverbrannte Gase nicht auftraten; zu diesem
Zwecke sollte der Heizer nach jeder Beschickung für kurze Zeit Sekundärluft geben
durch Oeffnen der Rosetten an den Führungstüren. Der Erfolg der höchst einfachen,
von jedem Heizer leicht zu befolgenden Anweisungen war, daß Verdampfung und
Kesselwirkungsgrad am zweiten Versuchstag um rund 10% größer waren (7,53fache statt
6,77fache Verdampfung und 73 statt 66,4 v. H. Wirkungsgrad). Außerdem war das
Abschlacken wegen der niedrigeren Feuerschicht schneller und bequemer auszuführen;
auch äußerlich war die bessere Verbrennung erkennbar, und zwar daran, daß sich
erheblich weniger Rauch entwickelte. Die von den Registrierinstrumenten des
elektrischen Rauchgasprüfers aufgezeichneten Kurven (Abb.
1) zeigten ein ein viel ruhigeren Verlauf als am ersten Tage (Abb. 2), die Kohlensäurekurve außerdem recht gute
Uebereinstimmung mit der auf Grund von Orsat-Analysen erhaltenem: 9,8 gegen 9,6 v.
H. mittlerer Kohlensäuregehalt. Die Versuche bestätigen aufs Neue, daß der
elektrische Rauchgasprüfer ein sehr wertvolles, für handbeschickte Kessel vielleicht
sogar unentbehrliches Kontrollinstrument ist, weil er dem Heizer am Kessel mit nur
ganz geringer Verzögerung (1 ½ bis 1 Minute) den Kohlensäure- und auch den Kohlenoxyd-Gehalt angibt, sodaß er stets in der Lage ist, so
zu heizen, daß dauernd der günstigste Kesselwirkungsgrad, d.h. der kleinste
Kohlenverbrauch erzielt wird. Selbst wenn sich mit Hilfe des elektrischen
Rauchgasprüfers nicht wie beim beschriebenen Versuch, ein um 10 v. H., sondern nur
ein um 5 v. H. besserer Wirkungsgrad ergibt, macht sich der elektrische
Rauchgasprüfer in kürzester Zeit bezahlt: die Kohlenersparnis beträgt dann bei 550
kg Kohle/Std., 10 Std. täglicher Arbeitszeit, 300 Arbeitstagen im Jahr und einem
Kohlenpreis von 25 M/t immer noch 0,55 . 10 . 300 . 25,0 . 0,05 = rund 2050 Mk.
jährilch für einen einzigen Kessel.
Textabbildung Bd. 341, S. 147
Abb. 1. CO2- und CO-Kurve des elektrischen
Rauchgasprüfers an dem Tag, als der Heizer nach den Angaben des Rauchgasprüfers
arbeitete.
Textabbildung Bd. 341, S. 147
Abb. 2. CO2- und CO-Kurve des elektrischen
Rauchgasprüfers an dem Tag, als der Heizer nicht nach den Angaben des
Rauchgasprüfers arbeitete.
E. Zopf, Berlin.
Eine neue Großindustrie (Kunstseide). Von den vielen in
den letzten Jahren auf den Weltmarkt geworfenen Kunst- und Ersatzstoffen haben sich
nur wenige halten können. Zu ihnen gehört in erster Linie die Kunstseide. Diese neue
Industrie hat sich inzwischen nicht nur zu einer modernen Großindustrie
vervollkommnet, sondern steht noch mitten in ihrer Weiterentwicklung. Die
Weltproduktion an künstlicher Seide stieg in den letzten 10 Jahren fast auf das
10fache, nämlich von 24 Mill. auf 240 Mill. Ib. Während früher Deutschland an
führender Stelle auf diesem Gebiete stand, ist es infolge wirtschaftlicher Nöte auf
den 3. Platz in der Reihe der Produktionsländer abgedrängt worden. Mit rund 74 Mill.
Ib. bringt Amerika etwa 28%, England 12% und Deutschland mit 26 Mill. Ib. etwas
weniger als England für die gegenwärtige Erzeugung hervor. Italien ist auf dem Kontinent der
stärkste Konkurrent Deuschlands.
Infolge ihrer guten Qualität, Vielseitigkeit des Produktes und verhältnismäßig
niederer Preise (ein Viertel bis ein Achtel der Naturseide) erfreut sich die
Kunstseide zunehmender Beliebtheit. Selbst für Fachleute ist es oft schwierig,
künstliche Seide von der Faser des Naturproduktes zu unterscheiden. Da fast jede
Fabrik ihr eigenes Geheimnis hat, und dieses ängstlich hütet, so ist es nicht immer
leicht, Zutritt zu den Gewinnungsorten zu erhalten. Die Herstellungsverfahren sind
zudem noch nicht abgeschlossen. Manche Probleme auf diesem Betätigungsfelde harren
noch der Lösung bezüglich Erreichung des Endzieles. Es werden 4 wichtige Methoden
von einander unterschieden. Allen Herstellungsverfahren gemeinsam ist die
Verarbeitung des Ausgangsstoffes (Baumwolle oder Fichtenholz) durch Auflösen in
Zellulose. Der Physiker Reaumur dürfte wohl derjenige sein, dei; erstmalig und zwar
im Jahre 1734 auf den Gedanken kam, künstliche Seide aus Gummi und einer Harzlösung
zu verfertigen. Seine Versuche blieben lange Zeit unbeachtet. Erst 50 Jahre später
erfand Graf H. de Chardonet ein Verfahren zur Herstellung eines seidenglänzenden
Fadens. Diese sog. Chardonet-Seide ist aus der in der Sprengstoffindustrie bekannten
Hydrozellulose hervorgegangen. Um ihr die durch schädliche Nitroverbindungen
anhaftenden Explosionsfähigkeiten zu nehmen, muß sie denitriert werden. Die
nächstälteste Kunstseide ist die sog. Paulyseide, so genannt nach ihrem Erfinder,
der zur Lösung von Zellulose Kupferoxydammoniak benutzte. Während die
Chardonet-Seide in Deutschland von den Vereinigten Kunstseidefabriken hergestellt
wurde, arbeiteten die Ver. Glanzstofffabriken in Elberfeld nach dem Pauly'schen
Verfahren.
Bei den Henckel-Donnersmark-Werken wird Zellulose mit Essigsäurehydrat behandelt und
das so erhaltene Erzeugnis in Chloroform gelöst. Diese so gewonnene Acetatseide
dürfte wegen ihrer Festigkeit, Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit und weil ihre
Eigenschaften denjenigen der Naturseide recht nahe kommen, eine große Zukunft haben.
Die heutigen hohen Herstellungskosten dürften durch technische Verbesserungen in
absehbarer Zeit ermäßigt werden. Die bislang billigste aller Kunstseiden ist die
nach der in Deutschland gebräuchlichsten Viskose-Methode hergestellte. Sie ist
wirtschaftlicher als die nach dem Nitro- und Kupferverfahren erzeugte und besteht
darin, daß anstelle von Baumwollzellulose Holzzellstoff verwandt wird, der mit
Alkalien und Schwefelkohlenstoff behandelt wird und zudem noch einen Gärungsprozeß
durchmachen muß. Die zähflüssige Masse wird beim Ausspinnen in einer Lösung von
Salmiak verfestigt. Ein großer Teil unserer Holzbestände geht heute bereits den Weg
durch die Kessel, Kochprozesse, Bleichereien und Pressen der Zellstoffbetriebe, um
in Kunstseidefabriken eine weitgehende Umwandlung zu reiner Zellulose im
Kunstseidenfaden für ein glänzendes Dasein verarbeitet zu werden. Eine Unsumme
gemeinsamer Arbeit von Wissenschaft und Technik war und ist noch erforderlich, die
die neue deutsche Großindustrie aufbringen mußte und noch muß, um den Vorsprung
anderer Länder Wieder einzuholen.
Landgraeber.
Gründung des Fachnormenausschusses für Krankenhauswesen.
Die Normung, die sich ursprünglich nur in der Elektrotechnik und im Maschinenbau
auswirkte, wird in ihrer Bedeutung von immer weiteren Kreisen erkannt. Nachdem die
Vereinigten Staaten von Nordamerika die Vorteile der Normung auf vielen Gebieten
außerhalb der maschinellen Technik bereits erprobt haben, befruchten die Erfahrungen
Amerikas auch die europäischen Länder.
In diesen Tagen wurde in Deutschland ein Fachnormenausschuß für Krankenhauswesen
gegründet, der alle beteiligten Kreise umfaßt. Getragen werden die Arbeiten vom
Gutachterausschuß für das öffentliche Krankenhauswesen, der als gemeinsame
Organisation der Spitzenverbände der Selbstverwaltung (Deutsche Städtetag, Deutsche
Landkreistag, Provinzialgeschäftsstelle, Reichsstädtebund, Reichsarbeitgeberverband,
Deutscher Landgemeindetag, Preußischer Landgemeindeverband West) anerkannt ist und
auch von den beteiligten Ressorts des Reiches und der Länder unterstützt und
gefördert wird; der Gutachterausschuß arbeitet in enger Fühlungnahme mit dem
Deutschen Normenausschuß; der Reichsverband der privaten gemeinnützigen Kranken- und
Pflegeanstalten Deutschlands ist an den Arbeiten beteiligt.
Die Normungergebnisse werden in der „Zeitschrift für das gesamte
Krankenhauswesen“, Verlag Julius Springer, Berlin, als Entwürfe zur Kritik
veröffentlicht und nach Abgleichung aller Einwände als Normblätter in das deutsche
Normensammelwerk (Beuth-Verlag, G. m. b. H., Berlin SW. 19, Beuthstraße 8) unter dem
Zeichen „DIN“ aufgenommen.
Das Programm umfaßt die Normung des gesamten Bedarfs der Krankenhäuser an
Einrichtungsgegenständen jeder Art, Möbel, Geräte, Apparate, Instrumente.
Spinnereien und Webwaren jeder Art zu Krankenhauszwecken, Wäsche, Kleidung,
Laboratoriumsbedarf, Lebensmittel, Reinigungs- und Desinfektionsmittel; aber auch
den besonderen Bedarf zur Ausstattung des Krankenhausbaues: Fußbodenbelag, Fenster,
Türen, Belüftungsvorrichtungen usw. usw. Bereits vor der Gründung des
Fachnormenausschusses sind die Normungsarbeiten aufgenommen worden, so daß die
ersten Entwürfe voraussichtlich in nächster Zeit zur Kritik veröffentlicht werden
können.
Den Kreisen, die an der Mitarbeit auf diesem Gebiet interessiert sind, ist dringend
zu empfehlen, die Arbeiten in der obengenannten Zeitschrift zu verfolgen. Firmen,
die in dem Ausschuß mitzuarbeiten beabsichtigen, werden gebeten, sich an den
„Fachnormenausschuß Krankenhaus“, Düsseldorf, Moorenstr. 5, zu
wenden.
Erleichterung im Haushalt. Die Hausfrauen kommen oft in
Verlegenheit, wenn es sich darum handelt, für Teile von Haushaltgegenständen oder
Geräten passenden Ersatz zu beschaffen, z.B. Deckel für Kochtöpfe oder
Einkochgläser, Herdringe, Schrauben oder Kurbeln an Fleischmaschinen u. dgl. Diese
Schwierigkeiten entstehen dadurch, daß diese Gegenstände ohne praktische Gründe in
überaus zahlreichen verschiedenen Formen hergestellt werden. Diesem Mißstand soll
dadurch abgeholfen werden, daß an Stelle der Vielfältigkeit nur wenige Ausführungen
treten, die nach reinen Zweckmäßigkeitsgründen festgelegt werden. Das bedeutet
leichtere Ersatzbeschaffung für den Käufer. Auch die Händler werden in die Lage
gesetzt, bei verhältnismäßig geringer Lagerhaltung alle vorkommende Bedürfnisse zu
decken und vor allen Dingen Ersatzteile schnell und billig zu liefern.
Der Normenausschuß der Deutschen Industrie hat gemeinsam mit den Hausfrauenvereinen,
den Herstellern und Händlern die Vereinheitlichung von Haushaltgegenständen
aufgenommen. In Arbeit sind Normen für Kochtöpfe, Einkochgläser und Herdringe.
Anregungen aus den interessierten Kreisen zur Normung auch anderer
Haushaltgegenstände nimmt der Normenausschuß der Deutschen Industrie, Berlin NW. 7,
Friedrich-Ebert-Straße 27, gern entgegen.
Internationaler gewerblicher Rechtsschutz. Mitgeteilt
vom Patentanwaltsbüro Dr. Oskar Arendt, Berlin W. 50.
Deutschland: Ausstellungsschutz genießen Erfindungen,
Muster und Warenzeichen auf nachstehenden Ausstellungen bzw. Messen: Deutsche
Hygiene-Messe und -Ausstellung in Berlin 18. bis 25. April 1926. 7. Deutsche
Erfindungen-, Neuheiten- und Industriemesse des Reichsverbands deutscher Erfinder in
Ludwigshafen a. Rhein 5. bis 13. Juni 1926, 32. Deutsche landwirtschaftliche
Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in Breslau 31. Mai bis
6. Juni 1926.
Durch die am 1. April 1926 in Kraft getretene Neuregelung der Patentamtsgebühren ist
auch bei Eventualgebrauchsmuster-Anträgen wieder die Hälfte der Anmeldegebühr, also
jetzt 7,50 Mk., zu zahlen. Die Gebühr für Antrag auf Nennung des Erfinders in der
Patentschrift bleibt mit 3 Mk. bestehen. Bei Einzahlung von Jahresgebühren, die vor
dem 1. April 1926 fällig waren, ist die Gebühr in alter Höhe zu entrichten. Jedoch
sind in der Nachfrist für überfällige Taxen nur 10% Zuschlag zu zahlen.
Lettland hat seine Kündigung der beiden Madrider Abkommen
vom 14. April 1891 über die internationale Registrierung von Fabrik- und
Handelsmarken und über die Unterdrückung falscher Herkunftsangaben auf Waren zum 21.
Dezember 1926 ausgesprochen.
Brit. Dominions: Deutsche Firmen, die Patente,
Warenzeichen und Muster eingetragen haben, sind damit noch nicht in den Brit.
Dominions geschützt, was aber gerade bei Geschäftsbeziehungen in Australien von,
großer Wichtigkeit sein dürfte. Infolge der in Australien aufblühenden eigenen
Industrie müssen interessierte Firmen zur Vermeidung unerwünschter Folgen ihre
Rechte durch Anmeldung von Patenten usw. zu schützen suchen. Dies geschieht am
besten durch einen deutschen Patentanwalt.
China: In der Zeit vom 14. Juli 1923 bis 31. Mai 1925 sind
5097 Handelsmarken vom chinesischen Handelsmarkenamt eingetragen worden.
Persien: Dem Parlament liegt ein Patentgesetz vor, dessen
Annahme in noch unbestimmter Zeit zu erwarten ist. Warenzeichenanmeldungen nimmt das
persische Justizministrium bereits entgegen. Die zum persischen Markenschutzgesetz
vom 31. März 1925 vorgesehenen Ausführungsbestimmungen sind noch nicht
ergangen.
Frankreich: Bei Anmeldung oder Erneuerung eines
Warenzeichens sind eine Grundgbühr von 50 Frcs. und eine Eintragungsgebühr von 10
Frcs. für jede Warenklasse zu zahlen.
Argentinien: 15jährige Patente konnten früher nur in
Ausnahmefällen für besonders wichtige Erfindungen erhalten werden. Dies kann jetzt
aber für jedes Patent verlangt werden. Bei Anmeldung muß die gewünschte Patentdauer
beantragt werden, da es zurzeit eine spätere Patentverlängerung nicht gibt. Eine
Vollmacht kann für mehrere Patent- und Warenzeichenanmeldungen, die eventl. auch
nicht zu gleicher Zeit einzureichen sind, benutzt werden und braucht nur vor einem argentinischen Konsul beglaubigt werden.
Nach dem argentinischen Markengesetz ist der erste Anmelder der Inhaber einer Marke.
Es kommt daher häufig vor, daß eine ausländische Marke für eine dort ansässige
Person eingetragen wird. Diese Eintragungen bezwecken sehr oft hohe Geldforderungen
für die Abtretung an den rechtmäßigen Eigentümer. Um diesem unlauteren Treiben
entgegenzutreten, wird dringend geraten die rechtzeitige Anmeldung wichtiger
Schutzmarken in Argentinien zu veranlassen.
Termine der Leipziger Herbstmesse. Die Leipziger
Herbstmesse 1926 findet vom 29. August bis 4. September statt. Die Technische Messe
mit Baumesse fällt diesmal mit der Mustermesse zusammen, sie dauert also ebenfalls
bis 4. September. Die im Rahmen der Mustermesse abgehaltene Textilmesse und die
Deutsche Schuh- und Ledermesse halten ihre Ausstellungen vom 29. August bis 1.
September geöffnet.
Die Preise für die amtlichen Meßadreßbücher sind zur Herbstmesse herabgesetzt worden.
Es kostet das Amtliche Meßadreßbuch für die Allgemeine Mustermesse 3.– Mk., das
Meßadreßbuch für die Technische Messe 2.– Mk. und das für die Textilmesse –. 50
Mk.
Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen auf der
Leipziger Messe. Nach einer Bekanntmachung des Reichsministers der Justiz
im Reichsgesetzblatt tritt der durch das Gesetz vom 18. März 1904 (Reichsgesetzbl.
S. 141) vorgesehene Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen ein für die vom
29. August bis 4. September 1926 in Leipzig stattfindenden Mustermesse nebst
Technischer Messe und Baumesse.