Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 123 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die Barbara. (Nachdruck verboten.) Kürzlich ist auf
der Weserwerft in Bremen das Windkraftschiff Barbara vom Stapel gelaufen. Es handelt
sich dabei um ein schon recht großes Schiff, das zur endgültigen Klärung der Frage
über den Wert der Flettnersehen Erfindung dienen soll. Sicher würde man so
erhebliche Mittel nicht aufwenden, wenn man nicht Vertrauen zum Ausgang dieser
Versuche hätte.
Das Schiff hat eine Länge von 90 m, einen Tiefgang von 5,8 m und eine Tragfähigkeit
von 2800 t. Es ist ein Motorschiff, das durch zwei mit einem sogenannten
Vulkangetriebe auf eine gemeinsame Schraube arbeitenden Dieselmotoren von zusammen
1060 Pferdestärken angetrieben wird, die ihm eine Geschwindigkeit von 10
Seemeilen verleihen. Die drei Triebtürme sind je 17 m hoch und haben einen
Durchmesser von je 4 m.
Das erste Versuchsschiff Buckau, das jetzt Baden-Baden heißt, ist im Vergleich dazu
sehr klein; es hat nämlich genau die halbe Länge: 45 m. Seine Türme sind je 15,6 m
hoch und haben je 2,80 m Durchmesser.
Textabbildung Bd. 341, S. 122
Die Barbara.
Die Triebtürme werden bekanntlich bei der Fahrt durch Elektromotoren in schnelle
Umdrehung versetzt, und zwar in dem Sinne, daß sich der von der Seite kommende Wind
an der Rückseite des Turmes gegen die vom Turm mitgerissene Luft staut, während
diese, da sie schneller ist als der Wind, den Wind an der Vorderseite des Turmes
mitreißt und ihn dehnt: Dadurch entsteht hinter den Türmen ein erhöhter Luftdruck,
davor aber – und
das ist das wesentliche – eine Luftverdünnung, was beides zusammen den Turm und
damit das Schiff vorwärts treibt.
Um unsern Lesern einen sinnfälligen Begriff von der Größe des beabsichtigten Versuchs
zu geben und zu zeigen, wie sich die beiden Schiffe zu einander verhalten, stellen
wir ihre Bilder – das Bild der Barbara zeigt diese wie sie aussehen wird, wenn sie
fertig sein wird – im gleichen Maßstab einander gegenüber. In die Baden-Baden, die
früher ein Segelschiff war, haben wir außer den Türmen die alte Besegelung
eingezeichnet, um zu zeigen, wie gering im Verhältnis zu dieser die Angriffsfläche
des Windes auf die Türme ist; hört man doch oft das Bedenken, der Winddruck auf die
Türme, die ja nicht, wie Segel, bei Sturm gerefft werden können, könne dem Schiff
gefährlich werden. Demgegenüber muß daran erinnert werden, daß z.B. die segellose
Takelung der alten Buckau allein, die man doch auch nicht wegnehmen kann, dem Winde
mehr Widerstand bot als die Türme, weil eben ein Zwirnsfaden im Verhältnis zu seinem
Durchmesser dem Winde ungeheuer viel mehr Widerstand entgegensetzt als z.B. eine
Litfaßsäule. Ich habe übrigens die Buckau als Windkraftschiff fahren sehen und war
erstaunt, wie wenig sie sich bei Seitenwind neigte. Inzwischen hat sie auch mehrere
Sturmfahrten mit gutem Erfolg bestanden.
Textabbildung Bd. 341, S. 123
Die Baden-Baden (früher Buckau).
Bei der Barbara dienen die Türme zur Unterstützung der Schiffsschraube, d.h. sie
sollen die Geschwindigkeit erhöhen, wenn günstiger Wind weht, oder bei sehr
günstigem Wind das Schiff allein antreiben und so entweder durch Verkürzung der
Fahrzeit oder unmittelbar Betriebsstoff sparen helfen. Man kann sehr gespannt auf
den Ausfall der Versuche sein: Ich selbst habe keinen Zweifel, wie sie ausfallen
werden, und bin überzeugt, daß in nicht zu ferner Zukunft viele Windkraftschiffe das
Weltmeer durchschneiden und in ferne Länder Kunde von deutschem Erfindergeist und
deutscher Tatkraft tragen werden.
Max Fischer.
Metallkunde. (Nachdruck verboten.) Das wichtigste
weltwirtschaftliche Ergebnis des Weltkrieges und der Nachkriegszeit bildet, wie Herr
Littener aus Berlin auf der sechsten Hauptversammlung
der Deutschen Gesellschaft für Metallkunde im Oktober vorigen Jahres in Breslau
ausführte, die Tatsache, daß Europa seine führende Stellung in der Metallwirtschaft
an Amerika abgegeben hat. Dieses ist bei Kupfer, Zink und Blei gleichzeitig der
größte Erzeuger und der größte Verbraucher. Der Zinnmarkt allein ist dem
beherrschenden Einfluß Amerikas entzogen, da die amerikanische Zinnerzeugung nur
geringfügig ist. Die Aluminiumerzeugung hält der Europas ungefähr die Wage. Als
ebenbürtiger Gegner scheint allein das englische Weltreich in Betracht zu kommen. Es
fehlen aber die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Zusammenschluß
dieses Reiches gegenüber der wirtschaftlichen Einheit Amerikas, das überdies mehr
als die Hälfte des auf der Welt vorhandenen gemünzten Goldes an sich gezogen hat.
Auch die Verwirklichung des Planes der Bildung der „Vereinigten Staaten von
Europa“ würde selbst bei weitestgehender Ausbeutung der vorhandenen
Lagerstätten keine vollkommene metallwirtschaftliche Selbständigkeit Europas
herbeiführen. Die Abhängigkeit Europas von Amerika wird noch durch die ungeheure
Verschuldung verstärkt, in die Europa infolge des Krieges gegenüber Amerika geraten
ist. Hierzu kommt noch, daß Amerika auch hinsichtlich der Kohle, des Eisens, des
Petroleums und des Getreides ein in sich geschlossenes Wirtschaftsgebiet bildet, daß
die Bevölkerung ständig wächst, und daß die Industrialisierung des Landes mit
Riesenschritten fortschreitet, wodurch die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche
Weltherrschaft Amerikas gegeben sind. Nach der Meinung des Vortragendem bietet sich
nur eine Möglichkeit, die Abhängigkeit Europas von Amerika zu mildern und das
wirtschaftliche Gleichgewicht wiederherzustellen. Diese Möglichkeit liegt im Zuge
der bisherigen glanzvollen Entwicklung Europas als des Hirns der Welt und in der
Erschließung neuer Reichtumsquellen durch Wissenschaft und Technik. Hierzu sind
bereits vielversprechende Ansätze vorhanden: auf metallwirtschaftlichem Gebiet
insbesondere die Versuche zur Herstellung des auf der Erde in ungeheuren Mengen
urstofflich vorhandenen Aluminiums aus anderen Oxyden als dem bisher allein
verwendeten Bauxit, die Verflüssigung der Kohle usw.
M. F.
(Nachdruck verboten.) Unter den Maschinenriesen der Erde
nehmen die im vergangenen Jahre in Betrieb genommenen Wasserturbinen der
Niagarakraftwerke und die jetzt von Blohm & Voß in Hamburg für die Hamburger
Elektrizitätswerke erbaute Dieselmaschine die erste Stelle ein. Die in den Jahren
1919 und 1920 in den Niagarakraftwerken aufgestellten Turbinen von je 37500
Pferdekräften waren damals die größten Kraftmaschinen der Welt, wurden aber durch
drei 1924 erbaute Turbinen von je 84000 Pferdekräften weit überholt. Diese machen
107 Umdrehungen in der Minute und arbeiten mit einem Gefälle von 63 Meter, Das aus
Stahlblech hergestellte Spiralgehäuse hat einen äußeren Durchmesser von 15 Meter.
Die Turbinenwelle ist 87 Zentimeter stark. Die Niagara-Falls Power Co. vereinigt auf
der amerikanischen Seite des Niagara unter einem Dache das größte Kraftwerk der Erde
mit einer Turbinenleistung von 452000 Pferdestärken. Trotz der Vergrößerung, die das
Kraftwerk erfahren hat, ist dieses nicht imstande, die Forderungen zu erfüllen, die
der ständig wachsende Energiebedarf stellt. Infolgedessen wird eine weitere
Wasserentnahme aus den Fällen geplant; das Landschaftsbild soll jedoch dadurch nicht
geschädigt werden. Die Dieselmaschine der Hamburger Elektrizitätswerke ist eine.
Neunzylinder-Zweitaktmaschine von 15 000 Pferdestärken und dient als
Antriebsmaschine eines Drehstromerzeugers von 10000 Kilowatt.
M. F.
Schiffbau. (Nachdruck verboten.) Am Ende des dritten
Vierteljahres 1925 befanden sich nach Lloyds Register of Shipping auf sämtlichen
Werften der Erde 609 Handelsfahrzeuge und insgesamt 2206905 Bruttoregistertonnen im
Bau, wobei nur die Schiffe von 100 Bruttoregistertonnnen und darüber berücksichtigt
sind. An erster Stelle steht England mit 257 Neubauten und 1009155
Bruttoregistertonnen. An zweiter Stelle kommt Deutschland mit 73 Schiffen und 306626
Bruttoregistertonnen. Hierauf folgen Italien, Frankreich, die Vereinigten Staaten
und Japan. Der Motorschiffbau macht sich immer mehr geltend und betrug 49 vom
Hundert, also fast die Hälfte d(es gesamten im Bau begriffenen Schiffsraumes mit 193
Fahrzeugen und 1087918 Bruttoregistertonnen. Von den in Deutschland im Bau
befindlichen Schiffen sind 36 mit 217675 Bruttoregistertonnnen Motorschiffe. Es
machte sich ein starker Rückgang der deutschen Schiffbautätigkeit bemerkbar, eine
Erscheinung, die auch für England zutrifft. Während in Deutschland im ersten
Vierteljahr 1925 Neubauten mit insgesamt 52739 Bruttoregistertonnen begonnen wurden,
sank diese Zahl im zweiten Vierteljahr auf 47001 Bruttoregistertonnen und im dritten
Vierteljahr auf 21850 Bruttoregistertonnen. Was von den Neubauten gesagt wurde, gilt
auch in fast demselben Maße von den Stapelläufen: im ersten Vierteljahr liefen auf
den deutschen Werften 102909 Bruttoregistertonnen vom Stapel. Diese Zahl stieg zwar
im zweiten Vierteljahr auf 119247 Bruttoregistertonnen, fiel aber im dritten
Vierteljahr auf 86769 Bruttoregistertonnen. Die deutschen Schiffswerften haben
überaus schwere steuerliche und soziale Lasten zu tragen. Aus einer vom Verein
Deutscher Schiffswerften erlassenen Rundfrage ergab sich für 24 Werften, die bereits
vor dem Kriege beistanden haben, als Summe der sozialen Lasten für jeden Arbeiter
1913 50,02 Mark, 1924 79,69 Mark, 1925 94,29 Mark.
M. F.
Wirtschaftskrisis und Messen. Vom Leipziger Meßamt wird
uns geschrieben: Die im Mitteilungsblatt des Ausstellungs- und Messeamts der
deutschen Industrie (1926, Nr. 1, laufende Nr. 4) veröffentlichten Zahlen der
Aussteller der deutschen Messen erfahren durch eine jetzt vorgenommene Aufzählung
der Aussteller-Verzeichnisse der im Frühjahr 1926 stattgefundenen Messen eine
interessante Ergänzung. Die langanhaltende Depression der deutschen Wirtschaft ist
nicht ohne Einfluß auf die Messen geblieben. Auch die große Leipziger Messe hat eine
geringere Beteiligung im Frühjahr 1926 gehabt. Die Zahl der Aussteller betrug 10667.
– Messen, die für das Wirtschaftsleben eine wesentlich geringere Bedeutung haben,
sind von der Krisis viel stärker betroffen worden als die Leipziger Messe, die einen
Rückgang gegen Frühjahr 1924 um 20% aufweist. Die Kölner und die Kieler Messe haben
für Frühjahr 1926 wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse abgesagt werden müssen.
Die Frankfurter Messe zählte mit 1049 Ausstellern etwa den dritten Teil ihres
Bestands aus dem Frühjahr 1924, Königsberg mit 885 ungefähr die Hälfte. Breslau
hatte die Hälfte der Aussteller vom Herbst 1925 und etwa ⅓ der vom Frühjahr 1924.
Wie aus der nachstehenden Aufstellung hervorgeht, sind die Aussteller der
preußischen Messen gegen das Frühjahr 1924 auf den 5. Teil zurückgegangen. Während
noch im Frühjahr 1924 45% aller überhaupt gezählten Aussteller auf den preußischen
Messen waren, sind es im Frühjahr 1926 nur noch 20% gewesen.
Ausstellerzahlen
1924
1925
1926
der Messe in
Frühj
Herbst
Frühj
Herbst
Frühj.
Leipzig
13440
13330
14000
12208
10667
Preußische
Messen:
Frankfurt am Main
3132
2832
2695
2298
1049
Köln am Rhein
2604
2258
2047
1582
–
Königsberg i. Pr
1791
1576
1517
1463
885
Breslau
2316
1474
2221
925
442
Kiel
1050
561
403
256
–
Die im preuß. Messe-Fachausschuß zusam-mengef.
Messen insg.
10893
8701
8883
6524
2376
Techn.-Wissenschaftliche Lehrmittelzentrale (TWL), Berlin
NW. 7, Dorotheenstraße 40. Nach den von der Unfallverhütungsbild G. m. b.
H. hergestellten Plakaten hat die TWL Diapositive angefertigt, deren Anzahl sich z.
Zt. auf 58 beläuft und ständig vermehrt wird.
Von anderen neuen Diapositiv-Reihen sind namentlich zu erwähnen: Reihe 61,
Heißwassermesser und Dampfmesser; Reihe 62, Entwicklung und Fortschritt im Bau von
Kondenswasserableitern; Reihe 63, Thermisilid; Reihe 66, Grundlagen der
Materialprüfung der Metalle; Reihe 67, Die Zentrifugalpumpe als Speisevorrichtung
für Hochdruck-Kesselanlagen; Reihe 71, Zentralheizungssysteme. Verschiedene neue
elementare Lichtbildreihen, die besonders für Berufs- und Werkschulen bestimmt sind,
u.a. mehrere Reihen über „Das Kraftfahrzeug“, werden demnächst
erscheinen.
Technisch-Wissenschaftliche Lehrmittelzentrale (TWL). Die
TWL hat verschiedene neue Lehrmodelle herausgebracht, die den Zweck haben, die an
Schneidwerkzeugen auftretenden Winkel nachzuprüfen und im Unterricht ihre Bedeutung
verständlich zu machen. Eine Nachbildung des Simonschen
Schneidstahlwinkelmessers in vergrößertem Maßstab, passend zu den
gleichfalls von der TWL herausgegebenen Drehstahlmodellen nach Stolzenberg, dient
dazu, die Winkel, wie sie durch das Anschleifen des Stahles hergestellt sind, genau
zu messen. Der Drehstahlwinkelzeiger nach Frauendienst und
Discher zeigt in anschaulichster Weise, wie ein Schrupp–, Seiten- oder
Stechstahl am Drehkörper angestellt werden muß, damit die Schneide in der
vorgeschriebenen Weise angreift, und welchen Einfluß ein Höher- oder Tieferstellen
des Stahles hat.
Abbildungen der Modelle mit kurzer Beschreibung enthält das von der
Technisch-Wissenschaftlichen Lehrmittelzentrale, Berlin NW 7, Dorotheenstr. 35,
soeben herausgegebene Druckblatt Nr. 2, in dem auch das Kruppsche Passungsfühlgerät dargestellt ist.
Neuere Druckschriften der SSW. Der größere Teil der
Druckschriften deutet wieder die immer größere Verbreitung des Elektromotors an.
Sonderausführungen zeigen das Bestreben, den Elektromotor allen Betrieben
anzupassen. So wird bei dem Drehstrom-Motor mit Kurzschlußläufer und mechanischem
Anlasser ohne elektrische Stufenschalter mit kleinem Stromstoß beim Anziehen das
volle Drehmoment entwickelt. Beiden Anforderungen genügt der mechanische Anlasser
dadurch, daß der Anlauf des Motors und das Anziehen des Motors zeitlich voneinander
getrennt werden. – Der Einphasen-Kommutator-Motor Prox wird als
Repulsions-Induktionsmotor ausgeführt, wobei der Läuferstrom vom Ständer aus dem
über die Bürsten kurzgeschlossenen Läufer induziert wird. Die Umwandlung des Motors
vom Repulsions-Motor während des Anlaufes mit Hauptstrom-Verhalten in einen
Induktions-Motor mit Nebenschluß-Verhalten wird erzielt durch einen selbsttätigen
Zentrifugal-Kurzschließer. – Die nun schon lange bekannten Elmo-Hand- und
Hochspannungs-Bohrmaschienen für Holzbearbeitung werden in Gebrauchsstellung und
Maßskizzen vorgeführt. Sie werden für Drehstrom, für Gleichstrom und für Gleich- und
Wechselstrom ausgeführt. – Weitere Beispiele für die zunehmende Anwendung des
Elektromotors bilden die Lüfter, Tisch- und Deckenfächer. Größere Ausführungen der
Lüfter benutzen entweder Fliehkraft-Gebläse oder Schlotter-Gebläse.
In das Gebiet der Hochspannung und Uebertragung über weite Strecken gehören die
dreipoligen Röhren-Oel-Ausschalter für 15000 und 25000 V. Die Schalter haben
Freilaufkupplung und können mit Ueberstromauslösern in zwei oder drei Phasen
ausgestattet werden. Die Wicklungen erhalten Parallelwiderstände aus Silit. – Dem
kleinen Verbrauche wieder dienen die schon lange bekannten Zeta-Schalter mit
auswechselbarer Kontaktfeder, die sich durch billige Montage, große Haltbarkeit und
leichte Auswechselbarkeit auszeichnen.