Titel: | Ein Jahrhundert industrieller Erdölgewinnung. |
Autor: | W. Landgraeber |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 146 |
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Ein Jahrhundert industrieller
Erdölgewinnung.
Von Bergwerksdirektor W. Landgraeber.
LANDGRAEBER, Ein Jahrhundert industrieller
Erdölgewinnung.
Erdöl ist zwar nicht erst seit hundert Jahren, sondern bereits seit Urzeiten,
soweit geschichtliches Wissen und Forschen zurückgeht, bekannt. Schon Herodot
beschreibt Fundstätten „brennenden Wassers“ bei Babylon. Lodernde Zeugen vom
Vorhandensein dieses geheimnisvollen Oeles sind die „ewigen Feuer“ in Atesch
Djah und die Erdgasquellen von Chinäre in Lykien, die bereits Herodot 500 v. Chr.
hat brennen sehen. Diese Gasaushauchungen der Erdrinde sind die ständigen Begleiter
des Erdöls, das die Poren der Erde ausschwitzen. In Urzeiten hatte man jedoch wenig
Verwendung dafür und suchte nicht sonderlich danach. Aehnlich wie bei der
Steinkohle, die durch ein zufällig angefachtes Hirtenfeuer der Menschheit die
Brennbarkeit dieses Erdgeschenkes kundtat, erging es auch mit der
Verwendungsmöglichkeit des Erdöls. Auf der Suche nach Steinsalz und zur besseren
Auswertung von Salzquellen hatte man in Amerika vor etwa einem Jahrhundert ein neues
Verfahren ersonnen. Man trieb zu diesem Zwecke ausgehöhlte Baumstämme in
solehaltigen Schwimmsand und gelangte so auf Tiefen von 100 und mehr Fuß. Auf diese
Weise stieß man bei Marietta am Muskingum erstmalig auf Petroleumhorizonte im
tieferen Untergründe. Ein mächtiger Geiser von Erdöl in Begleitung riesiger
Erdgasmengen entsprang dem Bohrloch, den ganzen Bereich mit penetrant riechender
Flüssigkeit überschwemmend. In einer Rinne suchte sich das Erdöl einen Weg zum nahen
Flusse. Ein Arbeiter mit brennendem Span kam dem Bohrloch zu nahe, das Oel
entzündete sich und eine riesige, unheimliche Feuersäule schoß auf. Schwarzer Qualm
türmte zu Nebeldomen empor und verfinsterte den Himmel. Diesem brennenden Wasser
stand man ratlos gegenüber. Man glaubte im Fluß würde das Wasser ersticken. Das
Gegenteil war der Fall, denn auch dieser wurde zu lodernden, qualmenden Flammen,
alles Lebende längs den Ufern verbrennend, versengend und vernichtend.
Anfangs wußte man nicht, was man mit dieser üblen Flüssigkeit anfangen sollte.
Nachdem jedoch die Wissenschaft den Stoff auf seine Bestandteile untersucht, die
Leucht- und Heizkraft erkannt hatte und neue aufsehenerregende Bohrungen bei
Titusville erschürft waren, ergriff das Oelfieber nicht nur das Gebiet der Staaten,
sondern die ganze Welt. Die Eingeweide der Erde wurden aufgerissen. Um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts gab es in Nordamerika über 50 Oelbrunnenmit einem
Gesamtertrag von etwa 1000 Hektoliter arbeitstäglich. Allenthalben wuchsen die
Bohrtürme, die Wahrzeichen dieser neuen Industrie, wie Pilze aus dem Boden. Oft ist
es beim Anbohren größerer Erdöllagerstätten oder ihrer Begleiter, den Naturgasen, zu
fürchterlichen Verwüstungen gekommen. Stellenweise war der Oelausfluß für das
umliegende Gebiet so verheerend, daß die Bohrtätigkeit eingestellt werden mußte.
Inzwischen hat man überall auf der Erde dieses „brennbare Wasser“ gefunden.
Petroleum nahm zunächst als Leuchtmittel seinen Siegeszug durch die Welt. Die
Petroleumlampe trat an die Stelle der alten Oellampen, die bis Mitte des 19.
Jahrhunderts die Vorherrschaft und in der sog. Moderateurlampe bis fast in die
Neuzeit ihren Höhepunkt erreichte. In jedes Dorf, in jede Hütte bis in die Prunksäle
der Fürsten drang das Petroleum. Heute steht die Petroleumlampe auf dem
Aussterbeetat. In Gas und in der Elektrizität sind ihr furchtbare Konkurrenten
entstanden. Lediglich die Schwierigkeit, Gas und Elektrizität überall zu beschaffen,
räumen ihr heute noch ein großes Absatzgebiet ein.
In neuerer Zeit ist Erdöl in Wettbewerb mit der Steinkohle als Heizmittel getreten.
In Amerika ist dieser zugunsten des Heizöles bereits entschieden. Jedes Kilogramm
Erdöl liefert 10000 WE, während Steinkohle nur 7500 enthält. Rund 12 v. H. des
gesamten Lokomotivparkes in Amerika wird mit Oel gefeuert. Von der Welttonnage
entfallen allein 14 Millionen Bruttoregistertonnen mit 18 Millionen Maschinen PS auf
Oel verfeuernde amerikanische Dampfer. In Deutschland sind Heizöllokomotiven bisher
fast gar nicht zur Verwendung gekommen. Im geringen Umfange wird bei uns Oelfeuerung
auf industriellem Gebiet wie z.B. bei Porzellanöfen und sonstigen Oefen Oelfeuerung
verwendet. Hin und wieder ist man dazu übergegangen, in Metallschmelzwerken die
Schmelzöfen für Kupfer und Kupferlegierungen mit Oel zu beheizen. Das größte
deutsche Kauffahrteischiff, der Dampfer Columbus, besitzt als erstes deutsches
Schiff Oelfeuerung. Die Ursache der geringen Verwendung von Heizöl dürfte
hauptsächlich darauf zurückzuführen sein, daß uns dieser Brennstoff nicht in
genügender Menge zur Verfügung steht.
Im Nachstehenden soll auf die Geologie der Erdölschätze eingegangen werden, um deren
Beherrschung bekanntlich ein heftiger Kampf unter den einzelnen Ländern,
insonderheit zwischen Amerika, England, Frankreich, Japan und Rußland entstanden ist. Auf den
Wunsch Petroleum zu erlangen, ist bekanntlich manche politische Konstellation
zurückzuführen. Obgleich allenthalben das Erdöl in ölhöffigen Schichten untersucht
wurde, ist man sich über die Entstehung des Stoffes nicht klar. In alten Zeiten, als
Oelgewinnung nur aus Pflanzen in Betracht kam, wurde das erstmalig entdeckte
Petroleum unmittelbar aus der Erde überhaupt nicht verstanden. Die Ansichten, ob es
einen tierischen, pflanzlichen oder mineralischen Ursprung hat, schwankten im
Verlauf der Zeiten hin und her. Dr. Spielmann hat bei der Untersuchung der Frage in
einer neuen Arbeit herausgefunden, daß in den zehn Jahren, von 1912 bis 1922, nicht
weniger als hundert verschiedene Arbeiten über den Ursprung des Erdöls erschienen
sind. Alexander von Humboldt nahm vor einem Jahrhundert an, Petroleum sei ein
Destillationsprodukt organischen Ursprungs. Es entstamme aus großen Tiefen mit
urzeitlichen Formationen. Derselbe große Forscher wunderte sich derzeitig nicht
wenig, als am oberen Oxus, in einem Lande, in dem sich noch nicht einmal
„Oelbäume befanden“, eine ölige Flüssigkeit aus dem Gestein quoll. Die
bekannten Chemiker, Berthelot und Mendeleff behaupteten später, es könne sich bei
der Entstehung des Petroleums nur um einen rein chemischen Vorgang in größeren
Tiefen handeln.. Nach dieser Theorie, die lange Zeit in Geltung stand, wurde
angenommen, das Innere der Erde bestehe aus flüssigem, unreinem Eisen unter hohem
Druck. Durch das in die Tiefe niedersickernde Niederschlagwasser müsse sich bei den
dort herrschenden hohen Temperaturen und hohen Drucken (2000 at) Erdöl gebildet
haben. Diese und andere Theorien mußten jedoch der fortschreitenden Entwicklung des
menschlichen Geistes weichen, da sie viel Phantastisches an sich hatten.
Vor mehr als hundert Jahren hatte bereits Haquet darauf hingewiesen und geschrieben,
das galizische Erdöl müsse von der Zersetzung von Meerestieren herrühren. In den
Küstenstrichen Sardiniens und Schwedens hatte man hin und wieder beobachten können,
wie Petroleum aus der Zersetzung gewisser Meerestiere entstand. Die Schichten Eocäns
in Kalifornien bergen Seemuscheln und andere organische Stoffe, wie sie zur Bildung
von Erdöl Voraussetzung sind. Tatsächlich hat man bei Laboratoriumsversuchen durch
Destillierung von Fischölen erdölähnliche Flüssigkeiten gewinnen können. Aber auch
organische Stoffe allein können zur Bildung von Erdöl führen. So z.B. haben Algen
und andere Pflanzenleiber, die im Schwarzen Meer und im Golf von Mexiko zu mächtigen
Schichten faulender Substanzen angehäuft sind, als Ausgangsmaterial Veranlassung zur
Entstehung dieses öligen Erdgeschenkes gegeben. Früher glaubte man, daß es bezüglich
seiner Entstehung mit den Steinkohlenlagern in Zusammenhang stände. Heute sieht man
nach Dr. Kaempf das Ausgangsmaterial für die Bildung des Erdöls allgemein fett- und
stickstoffreiches Material, vorwiegend tierischer, auch pflanzlicher Herkunft an.
Durch eine Anhäufung solchen Materials hauptsächlich in den Buchten und Armen der
großen Meere der Vergangenheit wurden die Oellagerstätten gebildet. Diese
Oellagerstätten finden sich in porösem Gestein, dem sogen. Oelträger, der dem ganzen
Gesteinsystem als regelmäßige Lagerstätte (Flöz) eingeschaltet ist. Oft werden
mehrere Oelschichten, Oelhorizonte genannt, übereinander angetroffen, was auf eine
Wiederholung des ölbildenden Prozesses hindeutet. Man muß sich diesen Vorgang nicht
in allen Fällen in der Gestalt einer Katastrophe vorstellen. Es ist nicht immer das
Einbrechen großerSüßwassermengen in das Meer als Folge enormer
Ueberschwemmungen oder eine Zufuhr mineralhaltigen Wassers oder das Hinwehen
ungeheurer Sandmassen als Folge von Sandstürmen, welche einer ganzen marinen Fauna
das Massengrab bereitet haben, nein, wie die Ozeane heute noch der Lebensbezirk
einer ungeheuren großen Lebewelt sind, so waren die Ozeane der Vorwelt ebenfalls
wahre Fluren des Lebens. Diese weltweite Fauna, die das Meer in allen seinen Teilen
bevölkert, sinkt nach dem Absterben, soweit sie nicht anderen Tieren zur Nahrung
dient, langsam zum Meeresboden. Jeden Augenblick fällt langsam, aber ununterbrochen,
ein gewaltiger Regen toter Organismen auf den Grund des Meeres. Gleich einer
Schneedecke häuft sich Schicht auf Schicht. Es entsteht ein Schlamm, der zum größten
Teile aus organischer Substanz besteht. In der Küstenregion mischt sich dieser
Schlamm mit den großen Massen von Festlandtrümmern, welche die Flüsse dem Meere
zuführen. Der organogene Schlamm wird überdeckt und begraben. So entsteht der
Schichtwechsel. Langsam wachsen auf diese Weise durch die Abtragungsprodukte des
Festlandes die Deltas in das Meer hinaus. Allmählich füllen sich die Golfe, die
Binnenmeere, und Festland tritt an die Stelle der Meereswogen. Das ist der Wechsel
von Land und Meer im Lauf der Zeiten. Er vollzieht sich heute noch vor unseren
Augen; er hat sich abgespielt von jeher, so lange rinnendes Wasser unseren Planeten
belebt. So erfüllte noch in der Tertiärzeit jener geologisch sehr nahen
Vergangenheit, da in Europa Palemen im heißen Windhauche spielten und der
vielstimmige Chor ungeschwänzter Affen jeden Morgen durch den Urwald tönt, ein
Meeresarm das Gebiet zwischen Alpenfuß und Jurarand, umspülte ein Meeresarm der
Außenfuß der Karpathen. Das Kaspische Meer war noch doppelt so groß wie heute; die
mesopotamische Tiefebene bildet einen Teil des persischen Meeres. Heute sind diese
alten Meeresgebiete alle verlandet. Im Einklang damit liegen alle großen Oelfelder
der Gegenwart in alten Flachseegebieten. So sind die galizischen und rumänischen
Oellagerstätten zur Tertiärzeit im Schwarzen Meere entstanden, das damals noch den
Außenrand der Karpathen bewässerte, so die Oelhorizonte von Abscheron und die
übrigen Kaspischen Lagerstätten zu gleicher Zeit in dem damals noch viel
ausgedehnteren kaspischen Meere.
Die in mächtige Schlammassen eingeschlossene organische Substanz kann nicht wie an
der Erdoberfläche oder im offenen Meere unter Einwirkung ständig sich erneuernden
Sauerstoffes verwesen und gänzlich oxidiert in Gasform unseren Blicken entschwinden.
Wie die holzreichen höheren Land- und Sumpfpflanzen bei Wasserbedeckung und
ungenügendem Luftzutritt in Mooren nicht verwesen, sondern verkohlen, und Torf,
Braun- und Steinkohle bilden, so wandeln sich die fettreichen Reste von Tieren und
niederen Pflanzen, besonders das unerschöpfliche Mikroplankton (jene im Wasser
willenlos schwebende kleinste Tierwelt) des Meeres in einer langen Reihe in die
Familie der Kohlenwasserstoffe. Nach ihrem Aggregatzustande unterscheidet man vier
große, durch alle Uebergänge verbundene Gruppen: das Erdgas, das flüssige Erdöl, das
feste Erdpech und das Erdwachs.
Unter der immer wachsenden Last der jüngeren Ablagerungen werden die tieferen
Schichten mehr und mehr zusammengepreßt. Die feinen Schlamme des Meeres sind
ursprünglich ein lockerer, dünnflüssiger Brei. Dagegen sind die grobkörnigen Sande
infolge der bedeutenden Größe und Schwere der Körner von Anfang an fester gepackt.
Gerade weil die Schlamme am lockersten sind, werden sie später am meisten
zusammensinken. Die in ihnen enthaltenen Flüssigkeiten werden wie aus einem Schwämme
herausgequetscht. Sie fließen in die Gefüge der groben Sande und Kiese. Die
verfestigten Schlammassen wandeln sich durch die fortschreitende Kompression in Tone
und Mergel, die eine undurchlässige Hülle um die eingeschalteten Bänke von Sand und
kalk schlingen. So wird im Laufe unendlich langer Zeiträume durch Zersetzung der
organischen Substanz, durch chemische Umwandlung, durch langsame Kompression aus der
von Salzwasser durchtränkten, von organischer Substanz durchsetzten Masse von
Schlamm mit Einlagerungen von Sand und Kalk eine mächtige, einheitliche, von
Salzwasser und Erdöl durchtränkte Tonmasse mit Einschaltungen von Sandsteinbänken.
Die Mächtigkeit, das ist die vertikale Höhe solcher Schichtmasse, beträgt gewöhnlich
mehrere 100 m, kann aber auch 1000 m und mehr erreichen.
Die Ablagerung der Schlamme und Sande am Meeresboden findet fast ausnahmslos in
flacher Lagerung statt. Wurde auf diese Weise ein ganzer Meeresteil ausgefüllt, so
ist an seine Stelle ein Tafelland getreten. Große Teile der heutigen Erdoberfläche
liegen nun noch so ungestört, wie sie einst im Meere gebildet wurden. Das sind heute
die unabsehbaren Ebenen, wie wir sie in Rußland, im Norden Amerikas antreffen, wo
man ganze Tagereisen weit immer dasselbe Gestein durchwandert, das Auge nach allen
Himmelsrichtungen in schwindender Ferne den Horizont erblickt. Ebensooft aber liegen
die Meeresablagerungen der Vorzeit nicht mehr so ruhig, flach und ungestört, wie sie
sich einst abgesetzt haben. In vielen Regionen sind sie später in Falten geworfen
und übereinander geschoben worden. Die Kruste der alternden Erde hat sich gerunzelt
wie die Haut eines ausgedorrten Apfels. Die sich faltenden Teile erhoben sich
über ihre Umgebung. So entstanden die Kettengebirge unserer Erde. Diese Faltung hat
alle Teile der Erde ergriffen, auch die der einstigen Golfe und Meeresarme. So sind
auch viele Oelregionen mitgefaltet worden. Zwar gehören die reichen Oelgebiete im
Innern Nordamerikas dem Tafellande an, aber die Oelgebiete Galiziens, Rumäniens
wurden kräftig gefaltet.
Die Theorien, die sich mit der Entstehung von Erdöl beschäftigen, kann man nach
Somers-Kaunhoven in zwei Gruppen einteilen. Die eine Gruppe glaubt an eine
anorganische Erdölbildung durch Zersetzung von Metallkarbiden im Erdinnern. Die
andere, organische Theorie, führt die Entstehung von Erdöl auf organische Reste
pflanzlicher oder tierischer Art zurück. Derartige Reste sammelten sich an
Meeresküsten an, wo sie mit Schlick vermengt den bekannten Bauschlamm bildeten, der
durch den Druck der später darüber sich ablagernden Sedimente zu Schiefer erhärtete.
Unter Luftabschluß konnte in dem noch nicht verfestigten Schlamm ein bakterieller
Umwandlungsprozeß einsetzen, der winzige Oel- und Gasteilchen erzeugte. Auf dieses
biochemische Studium der Erdölentstehung folgte das dynamo-chemische Studium: Aus
den übrigbleibenden organischen Resten wurden Oel- und Gasmengen durch den Druck der
hangenden Sedimente und durch Faltungsdruck erzeugt. Mo Coy hat dies experimentell
nachgewiesen, indem er bituminösen Schiefer in einem Stahlzylinder dem starken Druck
eines Kolbens aussetzte. Nach Beendigung des Versuches ließen sich Oeltröpfchen im
Schiefer nachweisen, obwohl dieser vorher kein Oel an Extraktionsmittel abgegeben
hatte.
Die Gründe, die für eine organische Entstehung des Erdöles sprechen, sind
folgende:
1. Oel und Gas kann durch Destillation pflanzlicher und
tierischer Substanz im Laboratorium erzeugt werden.
2. Oel und Gas kann aus Oelschiefer destilliert werden, dessen
organische Entstehung leicht nachzuweisen ist.
3. Oel kann durch Druck aus organogenem Schiefer erzeugt
werden, wie die Versuche von Mo Coy beweisen.
4. Oel und Gas finden sich in Sedimentgesteinen, die organische
Reste enthalten, dagegen nie im eruptiven oder metaorphen Gesteinen.
5. Die Zusammensetzung der in allen Erdölen vorkommenden
Stickstoffverbindungen ist eine derartige, daß sie nur aus pflanzlichen oder
tierischen Resten ihren Ursprung herleiten können.
6. Erdöl dreht die Ebene des polarisierten Lichtes, eine
Eigenschaft, die auch künstlich hergestellten Oelen zukommt, dagegen nicht
solchen anorganischer Abkunft.
7. Die organische Theorie vermag die Entstehung der ungeheuren
Oel- und Gasvorräte begreiflich zu machen. 5 Milliarden Barells sind bisher aus
dem Untergrund der Vereinigten Staaten gewonnen, 9 Milliarden sind bei dem
heutigen Stande der Technik noch gewinnbar und vielleicht so groß wie diese
beiden Zahlen zusammen ist die Menge der Vorräte, die unter den gegenwärtigen
Methoden noch nicht gewinnbar sind. Die organischen Theorien bieten für die
Entstehung solcher Mengen keine Erklärung.
Erdöle und Erdgase finden sich in porösen Gesteinen, z.B. in Sandsteinen und Kalken.
Sie müssen aus den Schiefern, in denen sie entstanden sind, in die Sammelgesteine
(Sand- und Kalksteine) gewandert sein und sich dort zu Lagerstätten angereichert
haben.
Verschiedene Kräfte können dies Wandern von Oel und Gas aus den Ursprungsgesteinen in
die Sammelgesteine bewirken. Der Hauptgrund für das Wandern liegt in der
Zusammendrückbarkeit ölhaltiger Schiefer, Schlick, und in späterem Stadium Schiefer,
sind viel stärker zusammendrückbar als Sand. Das meiste Oel und Gas, das in diesen
Ursprungsgesteinen gebildet wird, wird zusammen mit Wasser in die benachbarten
Sandschichten gepreßt.
Ein anderer Faktor, der das Wandern der Erdöle bedingt, ist die Kapillarität der
Gesteine. Wasser wird im stärkeren Maße kapillar abgezogen als Erdöl. Sind Wasser
und Erdöl in den feinen Poren des Schiefers enthalten, und Wasser in den gröberen
Poren des Sammelgesteines, so ist die auf das Wasser wirkende größere Saugkraft der
kleinsten Poren bestrebt, das Oel aus dem Schiefer in das grobporige Sammelgestein
zu drängen.
Stoßen ölhaltige Schiefer unmittelbar an Gesteine größeren Porenvolumens, so
vollzieht sich dieser Austausch schnell durch die Poren. Andere dagegen, wenn der
Oelschiefer von dem Sammelgestein durch einen ähnlichen aber nicht ölführenden
Schiefer getrennt wird. Alsdann ist eine Wanderung auf Grund verschiedener
Kapillarität nicht möglich. Mo Coy hat experimentell nachgewiesen, daß in solchen
Fällen Verwerfungsspalten ausreichen, um die Verbindung mit dem Sammelgestein
herzustellen.
Die Ursachen für die Ansammlung von gewandertem Erdöl zu nutzbaren Lagerstätten sind
lange diskutiert worden. Die Antiklinaltheorie, obwohl im wesentlichen in der einen
oder anderen Form angenommen, ist dennoch aus verschiedenen Gesichtspunkten her
angegriffen worden. Damit sich, der Schwerkraft zufolge eine Ansammlung von Erdöl
oder Gas in Antiklinalen (Schichtensätteln) vollziehen kann, muß eine Sandschicht
von genügender Ausdehnung vorhanden sein. Sandige Schichten sind jedoch in der Regel
sehr unbeständig in ihrer seitlichen Ausdehnung und entbehren einer gleichmäßigen
Porosität, was entweder auf ursprünglich linsenförmige Ablagerungen oder auf eine
teilweise Füllung der Poren mit Bindemittel zurückzuführen ist. Auch ist in Erwägung
zu ziehen, ob die Kapillarität und die Reibung nicht einem Wandern Wandern durch die
Sandsteinporen hinderlich entgegensteht.
Munn und Hich stellen eine hydraulische Theorie auf, derzufolge artesisch gespanntes
Wasser Erdöl und Gas zu größeren Mengen zusammendrücken sollte.
Nach Daly erfolgt eine Ansammlung von Oel in den Sätteln wegen der dort auftretenden
Dehnung der Gesteine bei Faltungsvorgängen und der Stauung in den Mulden.
(Diastrophische Theorie)
Mc Coy vertritt die Ansicht, daß infolge verschiedener Kapillarität Oellagerstätten
dort auftreten, wo poröse Gesteine und bituminöse Schiefer entweder unmittelbar
zusammenstoßen oder durch Verwerfungen verbunden werden.
Vermutlich dürften die wirklichen Ursachen für die Erdölansammlung eher in einer
Verbindung mehrerer Theorien liegen als in einer einzigen.
Die Ansammlung von Erdöl zu nutzbaren Lagerstätten beginnt bereits in dem
unverfestigten Stadium der Gesteine. In diesem jugendlichen Alter besitzen die
Gesteine großes Porenvolumen, und eine Konzentration entsprechend der Schwerkraft
ist leicht möglich. Diese Ansammlung nach der Dichte wird unterstützt durch
Strömungen. Das Erdöl, Gas und Wasser, das während dieser Zeit infolge der
Zusammendrückbarkeit der Schiefer in sandige Schichten eindringt, muß eine im
allgemeinen aufwärts gerichtete Strömung erzeugen.
Solange die Sandlinsen noch nicht durch Zement verfestigt sind, bestehen günstigere
Zufuhrwege zwischen den einzelnen Sandkörpern als in späteren Stadien. Faltungsdruck
vermag die Bewegung der eingeschlossenen Flüssigkeiten hervorzurufen. Erfolgt nun
Zementation, so schließen sich die Verbindungswege zwischen den Sammelbehältern, und
seitliches Wandern wird zur Unmöglichkeit. Da die Sammelbehälter bezw. -gesteine
nicht notwendigerweise mit den Antiklinalen zusammenfallen müssen, in die Ansammlung
in Sätteln in diesem und in allen späteren Entwicklungsstadien der Lagerstätte
keinesfalls vollständig.
Die Zufuhr leichterer Kohlenwasserstoffe aus den Schiefern in den letzten Stadien des
Prozesses verdünnt das zuerst gebildete schwere Oel, infolgedessen wird mit
zunehmender Umwandlung und größerem Alter das spezifische Gewicht des Oeles
geringer.
Wo Oelhorizonte gefaltet wurden, da hat sich in ihrem Innern ein eigentümlicher
Vorgang abgespielt. Erdöl und Salzwasser bilden nicht stabile, sondern mobile
Lagerstätten. Infolge ihrer Beweglichkeit ändern sie ihre Lage. Das spezifische
Gewicht des Salzwassers ist höher als das des Oeles. Infolgedessen sammelt sich das
Oel oben in den Faltenscheiteln, das Salzwasser dagegen füllt die Schenkel und
Mulden der Falten. Wer also auf dem Scheitel oder Sattel bohrt, erhält Oel, wer die
Mulde anzapft, erhält Salzwasser.
Wo Moor zum Festland geworden, wo dieses Land durch Faltung zum Gebirge sich
auftürmt, da beginntdie nie rastende Tätigkeit des fließenden Wassers.
Verwitterung und Regen, Bäche und Flüsse arbeiten unermüdlich an der
Wiedererniedrigung des emporgestiegenen Landes und tragen die hohen Berge als
Schlamm und Sand hinaus in das tiefe Meer. So nagt die Abtragung auch an jedem
Oelscheitel, der durch die Faltung emporgehoben wird. Die Hüllschicht wird dünner
und dünner, schließlich tritt das Oel als Quelle zutage. Diese Oelanzeichen finden
sich ausnahmslos auf allen jenen Falten, bei denen Oellagerstätten in geringer Tiefe
ruhen. Im Laufe sehr langer Zeiträume müßten sich dadurch alle Oelvorräte der Erde
entleeren. Doch ist bei diesen Kuppellagern der vom Oel gefundene Ausweg meist zu
mühsam und klein, daß diese Entleerung nur langsam vor sich geht. Oelanzeichen, d.h.
Oelquellen, Salzwasserfundstellen finden sich vielerorts. In den alten Kulturländern
der mesopotamischen Tiefebene wie am Toten Meere waren sie schon Jahrtausende vor
unserer Zeitrechnung bekannt.
Heute gehen wir diesen Oelanzeichen nach und suchen durch künstliche Bohrlöcher, die
bis über 2000 m Tiefe die undurchlässigen Hüllschichten durchstechen, die Oellager
des Erdinnern zu heben. Auf diese Weise sind in den verschiedensten Ländern und
Erdteilen Hunderte von Oelfeldern und Hunderttausende von Oelbohrungen entstanden.
Wenn ein unterirdisches Oellager, in dem Oel und Gas unter einem bis zu hundert und
mehr Atmosphären steigendem Drucke hermetisch eingeschlossen sind, angebohrt wird,
damit das Oel und Gas plötzlich vom Drucke befreit werden, so entweicht ein Teil des
Oeles und Gases schäumend und spritzend. Eine gewaltige Säule von Oel, Gas,
mitgerissenem Sand steigt unter wildem Getöse wohl hundert Meter und mehr in die
Luft. Das sind die Oelspritzer, die namentlich für die Anfangsperiode großer
Oelfelder bezeichnet wird. Wenn in der Folge immer neue Bohrungen auf dasselbe Lager
niedergebracht werden, so daß schließlich die Hüllschicht wie ein Sieb durchlöchert
ist, dann nimmt auch der in der Lagerstättende Druck ab. Der Oelvorrat wird immer
kleiner. Schließlich hört das selbsttätige Ausfließen auf; die Bohrungen müssen
gepumpt werden. Aber auch das hat einmal ein Ende. Es kommt die Zeit, wo man selbst
durch Pumpen keine befriedigenden Resultate mehr erzielt. Das Oellager ist
erschöpft. Dieser Augenblick erscheint einmal, früher oder später, unausbleiblich
jedem einzelnen Brunnen, wie jedem ganzen Oelfelde. Jeder Brunnen, jedes Oelfeld hat
also seine Lebensdauer. Unzählige haben nur einige Monate, einige Wochen oder auch
nur einige Tage Oel geliefert. Die durchschnittliche Lebensdauer der Oelbrunnen
dürfte auf Bruchteile eines bis mehrerer Jahre angegeben werden. Alle Brunnen, die
einmal über 1000 t in 24 Stunden gegeben haben, können als sehr reiche, die 100 t
geliefert, als gute bezeichnet werden. Man beutet aber gelegentlich noch Bohrungen
aus, die nur einen Hektoliter und weniger am Tage liefern. Die totale
Jahresproduktion an Erdöl erreicht gegenwärtig rund 100 Millionen Tonnen. Zwei
Drittel dieser Menge wird durch Nordamerika, ein Viertel durch Rußland geliefert.
Alle übrigen Länder beteiligen sich nur mit einigen Prozenten oder gar nur mit
Bruchteilen eines Prozentes an der Weltausbeute. Während die amerikanische Ausbeute
auf weite Gebiete verteilt ist, stammt der russische Ertrag fast ausschließlich von
einem kleinen Flecke Erde auf der Halbinsel Apscheron. Von dort, von einer Fläche
von 25 km2, in der Umgebung von Baku, stammt ein
Viertel der Weltausbeute. Das ist der größte Bodenschatz, der je von Menschenhand
gehoben, die größte Energiekonzentration, die menschlicher Verwendung zugänglich
geworden ist. Weder Gold noch Diamanten können mit diesem Reichtume wetteifern.
Deutschland ist verhältnismäßig arm an Erdölvorkommen. Seit den 80er Jahren des
vorigen Jahrhunderts wird in der Hannoverschen Mulde an verschiedenen Orten Erdöl
gewonnen. Auch im Unterelsaß sind petrolführende Sande bekannt, die, durch
zahlreiche Bohrlöcher aufgeschlossen, ansehnliche Mengen Rohpetroleum liefern.
Deutschland drittes Vorkommen befindet sich in Bayern am Tegernsee. Dieses Oel ist
seit dem 15. Jahrhundert bereits bekannt. Es soll von Mönchen des
Benedektinerklosters bei Feldarbeiten entdeckt worden sein, und zwar auf einer
sumpfigen Wiese des Westufers, wo es als schillerndes Häutchen auf dem Wasser
schwamm. Die Mönche gingen der Entdeckung nach, bauten einen Schacht, sammelten
größere Mengen und verkauften sie als Arzneimittel. In der benachbarten St.
Quirinuskapelle wurde das Oel geweiht und nach dem Heiligen Quirinusöl genannt.
Im Anfange des vorigen Jahrhunderts als die moderne Chemie nachwies, daß es sich um
Rohpetroleum handelte, nahm die Bayrische Bergverwaltung sich der Sache an. Das
Vorkommen am Tegernsee gehört dem Alttertiär an. Es ist ehemaliger Meeresboden der
bei der Alpenfaltung mitgefaltet wurde. In neuerer Zeit sind mehrfach Bohrungen von
den verschiedensten Unternehmern heruntergestoßen worden, doch konnte man bisher
erhebliche Quantitäten noch nicht gewinnen. Das Oel ist durch seinen hohen Gehalt an
Paraffin sehr wertvoll und kann den Wettbewerb mit den besten pennsylvanischen Oelen
aufnehmen. Bis 1887 wurde aus acht Bohrlöchern, deren tiefstes etwas über 200 m
erreichte, cr. 200000 kg Oel gewonnen. Im Anfang des neuen Jahrhunderts wurden von
einer niederländischen Gesellschaft 11 Tiefbohrungen niedergebracht, deren eine 1142
m erreichte. Drei dieser Bohrungen wurden fündig und liefern bisher zusammen rd.
5000000 1 Erdöl. In 676 m wurde eine jod- und schwefelhaltige Quelle erbohrt, die
zur Gründung des Bades Wiessee führte.
Die Erdölgewinnung hat seit der Jahrhundertwende eine gewaltige Zunahme erfahren. Im
Jahre 1900 betrug die Produktion etwa 150 Millionen Fuß (1 Faß = 159,1). Zehn Jahre
später hatte sie sich bereits verdoppelt und im letzten Jahre fast versiebenfacht.
Diese starke Zunahme ist vorwiegend auf die Steigerung der Förderung in den
Vereinigten Staaten und ganz besonders in Mexiko zurückzuführen. Der Anteil Rußlands
ist ganz beträchtlich zurückgegangen. Die Vereinigten Staaten gewannen um die
Jahrhundertwende etwa 60 Millionen Faß und im Jahre 1924 mehr als 700 Millionen.
Rußland lieferte damals etwa das doppelte von heute, wo seine Produktion rund 45
Millionen Faß beträgt. Auch in Mexiko scheint die Gewinnungzurückzugehen. Es
lieferte um die Jahrhundertwende fast nicht, im Jahre 1921 195 Millionen Faß und
heute kaum noch 140 Millionen.
Nachstehend seien die Ziffern der Petroleumproduktion in den drei letzten Jahren in
1000 Barells (1 Barell = 1591) angegeben:
1922
1923
1924
Vereinigten Staaten
557531
735000
714000
Mexiko
182278
150000
139587
Rußland
32966
39450
45162
Persien
21909
27300
31845
Niederländisch-Indien
16720
15500
21000
Rumänien
9843
10750
13296
Indien
7700
7500
8150
Peru
5314
5508
7812
Polen
5227
5000
5710
Venezuela
2201
4000
9500
Sarawak
2849
3800
4500
Argentinien
3018
3200
4284
Trinidad
2445
2600
4284
Japan
2042
1900
1600
Aegypten
1188
1010
1107
Frankreich
496
530
436
Columbia
323
400
500
Deutschland
319
380
350
Kanada
179
176
175
Aecquador
50
100
–
Tschechoslowakei
120
100
100
Algerien
9
8
14
England
1
1
–
andere Länder
50
50
150
Die Zusammenrechnung dieser Zeilen gibt ungefähr 42,5 Milliarden Gallons (1 Barell =
42 amerikan. Gallons), die die Weltproduktion an Petroleum und Petroleumprodukten
darstellen. Man schätzt den Weltverbrauch auf ungefähr 38 Milliarden Gallons,
Amerikas Verbrauch beträgt ungefähr 26 Milliarden Gallons, das macht ungefähr 70%
des Gesamtkonsums. Es folgen alsdann England mit etwa 4%, Rußland mit 3% und Kanada
mit 9 %. Betrachtet den Verbrauch pro Kopf der Einwohnerzahl, so stellt sich heraus,
daß die Vereinigten Staaten mit 225 an der Spitze stehen. In Europa folgt alsdann
England mit 31, Holland mit 26 und Frankreich mit 12. Nur fünf Länder weisen eine
Produktion auf, die ihre Bedürfnisse überschreitet. Hiererklären sich die
Anstrengungen, die in verschiedenen Ländern gemacht werden, um einen Ersatzstoff
oder wenigstens ein Hilfsmittel zu finden, das in der Verwendung des Petroleums und
seiner Derivate ansehnliche Ersparnisse ermöglicht. Um so mehr als von den
ursprünglich als vorhanden angenommen 15 Milliarden Barells schätzungsweise bereits
die Hälfte der Weltvorräte ausgebeutet worden sind. Man rechnet damit, daß die
Weltvorräte, die auf ungefähr 10 Milliarden Kubikmeter geschätzt werden, in etwa 20
Jahren erschöpft sind.