Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 78 |
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Polytechnische Schau.
Polytechnische Schau.
Thomasstahl als Baustoff für Schienen höherer
Festigkeit. Bei der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung, die
entsprechend seinem Anteil an der Gesamtstahlerzeugung das Thomasverfahren bei uns
in Deutschland besitzt, begegnet naturgemäß die Frage nach der Verwendbarkeit des
Thomasstahls, auch bei sehr hohen Anforderungen an die Güte des Werkstoffes, in
weiten Kreisen einem besonderen Interesse. Es ist darum zu begrüßen, daß C. Canaris1) es sich zur
Aufgabe gemacht hat, die gute Eignung des Thomasstahls für Schienen, die gegenüber
den bedeutend gestiegenen Belastungen durch den heutigen Eisenbahnverkehr besondere
Widerstandsfähigkeit besitzen müssen, nachzuweisen. Bei Durchsicht des beigebrachten
Zahlenmaterials muß man zugeben, daß dem genannten Verfasser die gewünschte
Beweisführung durchaus gelungen ist. Schon aus der sich über einen langen Zeitraum
erstreckenden Statistik des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen ergibt sich, daß
Schienen aus Thomasstahl solchen, die nach einem anderen Stahlerzeugungsverfahren
hergestellt sind, hinsichtlich ihrer Güte und Dauerhaftigkeit in keiner Weise
nachstehen. Der Verfasser entkräftigt aber auch im Einzelnen alle gegenüber dem
Thomasstahl immer wieder versuchten Einwendungen. Die Tatsache zwar, daß
insbesondere bei ausländischen Angriffen gegen den deutschen Thomasstahl ihre
wissenschaftliche Begründung vielfach auf einer sehr niedrigen Stufe steht,
kennzeichnet solche Verdächtigungen schon zur Genüge als Konkurrenzmanöver. C.
Canaris zeigt nun, gestützt auf ein in Häufigkeitskurven zusammengefaßtes
Zahlenmaterial, wie ein modernes Stahlwerk das Thomasverfahren in metallurgischer
Beziehung so zu führen vermag, daß ein hinsichtlich der Zusammensetzung und der
Eigenschaften einwandfreies und gleichmäßiges Erzeugnis entsteht. Bei den
Eisenbahnschienen sind von besonderer Wichtigkeit die Ergebnisse einer scharfen
Bewährungsprüfung, wie sie die Schlagprobe und die Verschleißprüfung darstellen. Wir
sehen nun, daß die Schlagproben auch der besonders harten Thomasstahlschienen allen
in- und ausländischen Bedingungen genügen, selbst wenn die Prüfung bei einer
Temperatur von – 20° vorgenommen wird. Die Verschleißprüfung wiederum, die nach
einem praktischen Verhältnissen angenäherten Verfahren vorgenommen wurde, zeigt, daß
die deutschen Thomasstahlschienen hinsichtlich ihrer Abnutzung in keiner Weise
hinter den nach anderen Verfahren erzeugten Schienen gleicher Festigkeit
zurückstehen. Ihre volle Bestätigung finden die Ausführungen des Verfassers in der
Zustimmung, die ihm gelegentlich eines anschließenden Meinungsaustausches von Seiten
in- und ausländischer Eisenbahnfachleute rückhaltlos zuteil wurde.
H. Meyer.
Neues Verfahren zur Benzolgewinnung von Raschig. Dieses
neue Verfahren (DRP. 298823) weicht sowohl hinsichtlich der Auswaschung des Benzols
aus den Gasen als auch hinsichtlich der Destillation des gesättigtem Waschöls von
der bisher geübten Arbeitsweise wesentlich ab. Die Absorptionanlage besteht aus drei
hintereinander geschaltenen zylindrischen Gefäßen, die mit Raschigringen angefüllt
sind und inderen kegelförmigem Deckel eine Brause angebracht ist, die das
Waschöl gleichmäßig über die Füllung verteilt. Dank der bekannten günstigen Wirkung
der ringförmigen Füllkörper ist es möglich, die Abmessungen der Wäscher viel kleiner
zu wählen, als bei den bisher verwendeten Hordenwäschern. Unter jedem Wäscher ist
ein Oelbehälter angebracht, in den das benzolhaltige Waschöl durch einen Syphon aus
dem Wäscher fließt und aus dem es durch eine Pumpe jeweils wieder der Oelbrause
zugeführt wird. Die drei stufenweise aufgestellten Oelbehälter stehen durch
Leitungen untereinander und der am tiefsten stehende Behälter steht mit dem
Destillierapparat in Verbindung. Dadurch, daß die Pumpen im Kreislauf den Wäschern
wesentlich mehr Oel zuführen, als zum Destillierapparat abläuft, wird nicht nur eine
bessere Auswaschung des Gases, sondern auch eine stärkere Anreicherung des Oeles mit
Benzol erzielt, wodurch wiederum eine Verminderung des Dampfverbrauches bei der
nachfolgenden Destillation bewirkt wird.
Besonders grundlegende Aenderungen hat Raschig bei der
Destillation des benzolhaltigen Waschöls vorgenommen, denn das Benzol wird mit
indirektem Dampf und unter Verwendung von Vakuum abgetrieben. Hierdurch wird ein
Vorprodukt erhalten, das frei von Naphthalin und mitgerissenem Waschöl ist. Das von
den Wäschern kommende benzolhaltige Oel wird in einen Hochbehälter gepumpt, darauf
in einem Wärmeaustauscher auf 125° vorgewärmt und danach in einer Destillierpfanne
unter Vakuum auf 140° erhitzt, wobei die Benzolkohlenwasserstoffe, das Naphthalin
sowie geringe Waschölmengen abdestillieren. Diese Dämpfe gelangen in eine mit
Raschigringen gefüllte und mit einem Dephlegmator versehene Rektifiziersäule, in der
sich die über 180° siedenden Anteile kondensieren, während die niedriger siedenden
Benzolkohlenwasserstoffe in einem Schlangenkühler niedergeschlagen werden. Vom
Ausgang dieses Kühlers führt eine Leitung zu der Vakuumpumpe, eine zweite zu dem
über 12 m tiefer stehenden Vorbehälter für Benzol, an den die Lagerbehälter
angeschlossen sind. Die über 180° siedenden Kohlenwasserstoffe werden vom unteren
Ende der Rektifizierkolonne einer ebenfalls 12 m tiefer liegenden Syphonflasche
zugeführt, aus der sie in die Kristallisierpfannen für das Naphthalin gelangen.
Durch den Höhenunterschied von 12 m wird das Vakuum überwunden, so daß sowohl das
Benzol als auch das Naphthalin aus den Syphonflaschen frei herausfließen. Das
abgetriebene Waschöl strömt durch den oben erwähnten Wärmeaustauscher, in dem es
seine Wärme an das frisch zufließende benzolhaltige Oel abgibt, so daß es mit einer
Temperatur von etwa 35° abläuft; es wird dann in einem Kühler mit Wasser auf
Lufttemperatur gekühlt und fließt wieder den Benzolwäschern zu.
Die erste derartige Anlage wurde im Gaswerk Ludwigshafen a. Rh. erbaut, eine größere
Anlage, die täglich 100000 cbm Gas von Benzol reinigt, wurde von der Firma H.
Koppers, Essen, Ende 1922 im Gaswerk Duisburg errichtet. Ueber die Betriebergebnisse
dieser Anlage macht B. Neumann interessante Angaben. Danach wurde im
Wärmeaustauscher eine Erwärmung des benzolhaltigen Waschöles von 21 auf 124°
erreicht, während umgekehrt das abgetriebene Oel von 141 auf 31° abgekühlt wurde.
Die Dampftemperatur betrug 177°, der Unterdruck am Pfannenausgang 639 mm QS. Der
Dampfverbrauch je kg erzeugten Benzols betrug 3,0–3,15 kg, bei einem Versuch sogar
nur 2,43 kg, obwohl die Anlage nur mit halber Belastung lief. Der
Kühlwasserverbrauch je kg erzeugten Benzols schwankte zwischen 45 und 60 kg, war
also ebenfalls viel geringer, als bei dem bisherigen Verfahren. Das Vorprodukt war
praktisch frei von über 180° siedenden Anteilen und konnte unmittelbar zum
Kraftwagenbetriebe benutzt werden. Weiter haben sich auch der Kraftverbrauch sowie
die Unterhaltungskosten bei dem neuen Verfahren als sehr gering erwiesen. (Glückauf
1924, S. 71–75.)
S.
Gewinnung von synthetischem Ammoniak unter Verwendung von
Koksofengas. Bei dem von Claude ausgearbeiteten
Verfahren zur synthetischen Gewinnung von Ammoniak wurde der hierfür erforderliche
Wasserstoff anfangs aus Wassergas hergestellt, indem dieses durch Tiefkühlung
mittels verflüssigter Luft in seine Bestandteile zerlegt wurde; dabei wurden aus 500
cbm Wassergas 230 cbm Wasserstoff erhalten. In der Folge hat Claude versucht, für
die Wasserstoffgewinnung das Koksofengas heranzuziehen, wobei sich zeigte, daß man
durch Waschen des Koksofengases mit Aether unter Druck einen genügend reinen
Wasserstoff gewinnen kann. Auf den Kohlengruben von Béthune wurde eine Versuchanlage
errichtet, die stündlich 850 cbm Gas in dieser Weise zerlegt, wobei ein Druck von 24
at zur Anwendung gelangt. Mit einer neuen Apparatur, deren Stundenleistung 5000 cbm
beträgt, hofft man den Druck auf weniger als 15 at herabsetzen zu können. Diese
Anlage soll täglich 20 t Ammoniak erzeugen.
Bisher wurde auf der Anlage von Béthune der Zeitschrift „Glückauf“ 1924, S.
45, zufolge das Koksofengas hinter den Benzolwäschern dem Rohrnetz entnommen, auf 25
at verdichtet und hierauf durch mehrere Waschtürme gedrückt. Im ersten Turm wird das
Gas durch Waschen mit Schweröl von den letzten Benzolresten befreit, danach wird mit
Kalkmilch die. Kohlensäure entfernt und schließlich werden in einer besonderen
Scheidevorrichtung Wasser und Aethylen abgeschieden, das als wertvollstes Erzeugnis
für sich gewonnen wird. Der gasförmig bleibende Wasserstoff wird in einem Behälter
gesammelt und der vorwiegend aus Methan bestehende Rückstand den Koksöfen zur
Beheizung zugeführt. In dieser Weise werden in Béthune stündlich 850 cbm Koksofengas
zerlegt, wobei 425 cbm Wasserstoff (= 50 %) gewonnen werden, dessen Reinheit 90 %
beträgt; der Rest besteht aus 8,4 % Stickstoff und 1,6 % Kohlenoxyd. Die
Ammoniakausbeute beträgt 150 kg stündlich. Der Kraftaufwand für das gesamte
Verfahren einschließlich Beheizung der Kontaktöfen, Benzoldruckauswaschung und
Kohlensäureabsorption beträgt rund 460 kW.
Es ist geplant, die ganze Benzolauswaschung unter Druck auszuführen, da die
Abscheidung des Wasserstoffs ohnedies eine hohe Kompression des Gases erfordert. Man
erwartet hierdurch eine Steigerung der Benzolausbeute um 10–15 % und zugleich eine
erhebliche Verkleinerung der Wasch- und Destillierapparate. Die Erhöhung der
Benzolausbeute und die Gewinnung des Aethylens sollen allein genügen, um die Kosten
für die Verdichtung des Gases zu decken.
Sander.
Ein neues Verfahren zur Erzeugung eines Mischgases aus
Schwelgas und Wassergas haben Marshall und Easton ausgearbeitet. Die Anlage
besteht aus einem Wassergasgenerator, der mit einemsenkrechten Schwelofen
zusammengebaut ist. Der Schwelschacht besteht aus einem Rohr aus
hochkiesel-säurehaltigem Gußeisen, in dem 2 aus dem gleichen Material gefertigte
Förderschnecken angebracht sind. Die Förderschnecken werden von oben durch Zahnräder
angetrieben und bewegen sich in gleicher Richtung; sie liegen so nahe beieinander,
daß die Spiralen der einen Schnecke in der Mitte der Retorte dicht über die der
anderen hinweggleiten. Hierdurch wird die Kohle ständig abgehoben und ein Festbacken
vermieden. Die Schnecken machen nur 6–10 Umdrehungen in der Minute, so daß die Kohle
von den Schnecken nicht mitgenommen, sondern nur gleichmäßig durch die Retorte von
oben nach unten gefördert wird. Oberhalb der Retorte, die 10 t Kohle täglich
durchsetzt, ist ein Kohlenbunker angebracht, aus dem die Kohle durch ein Rohr der
Retorte zugeführt wird. Am unteren Retortenende befindet sich ein ununterbrochen
arbeitender Koksaustrag, dessen Antrieb mit dem der beiden Förderschnecken in
Verbindung steht, damit eine dauernde Uebereinstimmung zwischen Durchsatz und
Austragmenge erzielt wird.
Die Retorte ist in einen Ofen eingemauert, durch den die Heißblasegase des angebauten
Wassergasgenerators hindurchströmen und worin sie unter Luftzusatz verbrannt werden.
Das in der Gasperiode im Generator erzeugte Wassergas wird dagegen von unten in das
Innere der Retorte eingeführt und bewirkt durch seine fühlbare Wärme (etwa 600°) die
Verschwelung der Kohle. Es wird also auf diese Weise ein Gemisch von Schwelgas und
Wassergas (ähnlich wie bei dem Doppelgasverfahren von Strache) erhalten, das gekühlt
und von Teer befreit wird. Infolge der doppelten Beheizung der Retorte von außen und
von innen soll eine dreistündige Durchgangzeit der Kohle zur Abschwelung ausreichen.
Das neue Verfahren bietet die Möglichkeit, das Verhältnis von Wassergas zu Schwelgas
nach Belieben zu regeln, so daß man ein Mischgas von 3500–4500 WE/cbm erzeugen kann,
je nachdem man den gesamten anfallenden Halbkoks oder nur einen Teil davon dem
Wassergasgenerator zuführt. (Glückauf, 59. Jahrgang, S. 1128–1130.)
Sander.
Müllverbrennung und -Verwertung. Daß das Müll keineswegs
ein wertloser Stoff ist, lehrt die Tätigkeit der sogenannten Naturforscher, die
besonders in großen Städten aus dem Müllkasten die verschiedensten Gegenstände,
Stoffreste, Eisen, Einmachbüchsen usw. herauslesen. Auch Haustierre finden im Müll
bisweilen Befriedigung ihres knurrenden Magens. Die Allgemeinheit beschäftigte das
Müll bei uns zum ersten Male in den Jahren 1892 bis 1893, wo infolge des Ausbruches
der Cholera in Hamburg aus gesundheitlichen Gründen eine Müllverbrennung gefordert
wurde. Auch heute noch spielt bei der Müllverbrennung die Sicherung gegen die
Verbreitung von Krankheitserregern wohl die Hauptrolle.
Eine Verbrennung erzeugt Wärme, und so lag es nahe, hierdurch Dampfmaschinen zu
treiben, um so die Unkosten wenigstens einigermaßen zu decken. Die Schwierigkeit der
Dampferzeugung durch Verbrennung des Mülls lag einerseits in seiner verschiedenen
Zusammensetzung und seinem geringen Heizwert, andererseits in der Herstellung einer
geeigneten Feuerung. Man hat ausgerechnet, daß sich die Müllverbrennung
wirtschaftlich gestaltet, wenn man mit einem Kilogramm Müll etwa ein Kilogramm Dampf
erzeugen kann. Es ist tatsächlich gelungen, Feuerungen herzustellen, die für ein
Kilogramm Dampf nur 0,5 bis 0,8 Kilogramm Müll brauchen. Die Städte Beuthen in
Oberschlesien und Wiesbaden können beispielsweise 600000 Kilowattstunden
elektrischer Energie erzeugen und an Verbraucher abgeben. Diese Erfolge sind
hauptsächlich den guten Feuerungen der Humboldt-, Herbertz- und Dörr-Didier-Oefen zu
verdanken, die mit hohen Wärmegraden zur Erzielung des höchsten Wirkungsgrades
arbeiten.
Das Unangenehmste an der Müllverbrennung ist die bis 70 vom Hundert betragende
Schlackenbildung, weil das Müll eine ganze Menge unverbrennlicher Stoffe enthält,
die unter der Hitze zusammenbacken und deren Beseitigung durch elektrisch
angetriebene Maschinen besorgt werden muß. Um nun an die Stelle der Müllabfuhr nicht
die Kosten für Schlackenabfuhr treten zu lassen, verwendet man die Schlacke zur
Stein- und Mörtelerzeugung. Hierfür sind aber nicht immer genügende
Absatzmöglichkeiten vorhanden, und man körnt deshalb die glühende Schlacke im Wasser
und gewinnt so einen guten Baustoff für Straßen. Allerdings ist die Schlacke in
dieser Form etwas scharfkantig, eignet sich daher nicht für Garten- und
Promenadenwege. Man machte nun die Entdeckung, daß die Schlacke, wenn sie flüssig
gemacht und abgekühlt wird, basaltartige Steine von großer Festigkeit ergibt. Die
Versuche, das Müll niederzuschmelzen, begegneten zunächst denselben Schwierigkeiten
wie die Verfeuerung von Brennstaub. Die unverbrennlichen Bestandteile im Müll
enthalten nämlich Stoffe von einem hohen Schmelzpunkt, der sich in einem Ofen nur
auf Kosten seines baldigen Ausbrennens erreichen läßt. Wegen der dadurch
entstehenden hohen Kosten sondert man daher gegenwärtig durch Siebe das grobe von
dem feinen Müll, schmilzt nur das feine und verbrennt das grobe zur Dampferzeugung.
Vorher werden aus dem Feinmüll Steine gepreßt, mit etwas Kalk und Koks vermischt und
dann erst in den Ofen gebracht. In Oberschöneweide bei Berlin werden die Steine
durch Ablassen der flüssigen Schlacke in Formen hergestellt und getempert, da sie
sonst leicht zerspringen würden. Gegenwärtig wird in Kiel eine Anlage erstellt, die
dartun soll, ob sich ein solches Verfahren wirtschaftlich bewährt, denn, wie bereits
erwähnt wurde, ist das Müll sehr verschieden, so daß eine einzige Anlage nicht ohne
weiteres als Richtschnur gelten kann. Das Berliner Müll ist z.B. wegen der
verbreiteten Brikettfeuerung reich an der leichter schmelzbaren Brikettasche
gegenüber anderen Müllsorten.
Wenn das Müll brennbar ist, so muß es sich wie die Steinkohle auch vergasen lassen.
Tatsächlich ist es Ottermann in Wien gelungen, aus dem Müll durch trockene
Destillation ein brennbares Gas zu erhalten. Es muß dahingestellt bleiben, ob dieses
Verfahren eine praktische Bedeutung erlangen wird. Man darf eben nicht vergessen,
daß man einen Brennstoff von nur geringem Heizwert hat, wozu noch die Beseitigung
und Abfuhr der zahlreichen, in den Retorten zurückbleibenden Stoffe kommt.
In jedem Müll finden sich Pflanzennährstoffe vor, die ihm einen gewissen Wert als
Düngemittel geben. Man hat nachgewiesen, daß dieser Wert in dem Maße steigt, wie
Braunkohle, Braunkohlenbriketts, Torf, Holz usw. verfeuert werden. Man kann den
durchschnittlichen Gehalt an Phosphorsäure auf 0,5 bis 0,6 vom Hundert, an
Stickstoff auf 0,3, Kali auf 0,5 bis 2 vom Hundert, Kalk auf 10 bis 20 vom Hundert
annehmen. Weil nun die Asche der genannten Brennstoffe hauptsächlich in das Feinmüll
gelangt, wird dieses besonders an der Erhöhung des Mülldungwertes beteiligt
sein.Landwirtschaftlich verwendbar wird also das Müll dort werden, wo viel.
Braunkohle verfeuert wird, und wo größere Flächen brach liegen. Durch Bedüngung mit
Müll können sie leicht anbaufähig gemacht werden. Besonders bei den heutigen
Verhältnissen ist dies von außerordentlicher Bedeutung, denn man spart hierdurch an
Kunstdünger und erhöht die Ertragfähigkeit des Bodens.
K. Trott.
Von der Zeitlupe. Aus kinotechnischen Versuchen entstand
die Zeitlupe, ein Apparat, um die dem menschlichen Auge nicht mehr wahrnehmbaren
sehr schnellen Bewegungsvorgänge festzuhalten. Der gewöhnliche Kinoapparat gestattet
16 Bilder in der Sekunde aufzunehmen, die Zeitlupe bis zu 300, die
Funkenkinematographie jedoch bis zu 100000. Aber solche Aufnahmen kommen nur im
verdunkelten Versuchslaboratorium für ballistische Untersuchungen an
Gewehrgeschossen und Aufnahme von Gegenständen sehr beschränkter Größe in Frage. Für
Freilichtaufnahmen und Bewegungen allgemeiner Natur im auffallenden. Licht wird die
Hochfrequenzkinematographie infolge ihrer Schattenrisse immer sehr beschränkt
bleiben. Möglich wurde sie erst durch den Bau der „Zeitlupe“, die den
Gesichtssinn erweitert, indem sie durch Vergrößerung auch die kleinsten Körper
unserem Auge sichtbar macht und ihm deren Bewegungsvorgänge erschließt, die sonst
wegen ihrer großen Geschwindigkeit außerhalb ihres Bereiches liegen. So aber werden
die Bewegungen durch den Apparat in unendlich kleine Abschnitte zerlegt, die Zeit
der Bewegungen wird sozusagen vergrößert und die Zahl der Bilder bis auf 500
gesteigert. Die Folge ist ein Festhalten der unscheinbarsten Einzelstufen selbst bei
sehr schnellen Bewegungen, die Wirkung eine bedeutende Zergliederung der einzelnen
Vorgänge, z. B, der Gehbewegung eines Menschen, die schon bei Steigerung der
Aufnahmezahl von 16 auf 20 zu einem trägen Schlendern wird, bei einer 20- bis
30fachen Steigerung der Bilderzahl zu so langsam aufeinander folgenden Bewegungen
führt, daß das Auge jede einzelne gut erfassen kann.
Den Bau der „Zeitlupe“ beschreibt W. Steinhauer im 10. Jahrgang des Jahrbuches
der Technik (Verlag Dieck & Co., Stuttgart 1924), und bemerkt, daß diese ganz
anders aufgebaut ist als ein gewöhnlicher Normalaufnahmeapparat, denn bei diesem
erfolgt der Filmtransport ruckweise, bei der Hochfrequenzkinematographie
gleichförmig und ohne jede Unterbrechung des laufenden Filmes. Bei der Konstruktion
des Apparates mußte daher auf die technischen Vorbedingungen und Eigenheiten der
Kinematographie mit hoher Bildzahl die entsprechende Rücksicht genommen werden, und
so unterscheidet sich der Zeitlupenaufnahmeapparat durch hohes Gewicht und große
Außenmaße von den anderen. Die an der Aufnahme beteiligten Lichtstrahlen sind
optisch stationär, ihre Uebertragung auf den Film erfolgt durch eine vor dem
Objektiv befindliche Spiegeltrommel, deren Umdrehungsgeschwindigkeit genau
abgestimmt ist mit der gleichförmigen des Filmbandes im Filmfenster. So wird das vom
Objekt des Apparates entworfene Bild in gleicher Geschwindigkeit mit dem Film
mitgeführt und es entstehen scharfe, vollkommene, nicht verschwommene Bilder.
Angetrieben wird der Apparat mit der Hand (Bildzahl 300 in der Sekunde) oder durch
einen außerhalb des Gehäuses gelegenen Elektromotor (Bildzahl bis 500). Bei Aufnahme
sehr rasch bewegter Objekte, z.B. fliegender Artilleriegeschosse, ist die
Belichtungszeit bei offenem Filmfenster zu lang (bei höchster Aufnahmezahl 1/500) und man
bewirkt ihre Verkürzung durch eine verstellbare Schlitzblende unmittelbar vor dem
Film, dieser Schlitz kann von 10–1 mm verengert werden und wirkt dann genau so wie
der Schlitzverschluß einer gewöhnlichen photographischen Kammer, nur hat diese
bewegten Schlitz und feste photographische Schicht, die Zeitlupe aber festen Schlitz
und bewegliche photographische Schicht.
Dr. Bl.
Hauptversammlung des V. d. I. Die 64. Hauptversammlung des
Vereins deutscher Ingenieure findet vom 9.–11. Mai 1925 in Augsburg statt. Die
wissenschaftlichen Vorträge werden wiederum Fragen behandeln, die die Technik
gegenwärtig besonders beschäftigen, und zwar werden von Prof. Dr.-Ing. Nägel (Dresden) die „Technisch-wissenschaftlichen
Forschungsarbeiten in den Vereinigten Staaten von Amerika“ und von Gen.-Dir.
Pöppelmann (Augsburg) „Die Industrialisierung der
Landwirtschaft“, d.h. die Verbreitung der Maschine in der Landwirtschaft
erörtert werden.
Außerdem finden wieder eine Reihe von Fachsitzungen statt,
bei denen das Hauptgewicht auf die Aussprache der Teilnehmer über die zur Erörterung
gestellten Fragen gelegt wird. Es sollen diesmal Fragen auf den Gebieten der
Dieselmaschine, des Dampfkesselwesens, der neuzeitlichen Herstellungsverfahren
(fließende Fertigung), der Vergasung und Entgasung (die wirtschaftliche Verwertung
der Brennstoffe, darunter auch der minderwertigen Sorten und die Ausnutzung der
Nebenerzeugnisse) behandelt werden. Besondere Sitzungen werden den für Deutschland
so wichtigen Fragen: „Technik in der Landwirtschaft“ und
„Erziehungswesen“ gewidmet sein.
Die Tagesordnung weist außer dem geschäftlichen Teil weiter die Eröffnung der
„Betriebstechnischen Ausstellung“, einer Ausstellung für technisches
Schulwesen, eine Fahrt zum Deutschen Museum in München und die Besichtigung
technischer Anlagen in München und Augsburg vor.
Kohlentagung in Essen 1925. In kurzem wird in Essen, also
mitten im Ruhrkohlenbezirk, eine wichtige Tagung stattfinden. Die deutschen
Ingenieure wollen zusammen mit den Bergleuten über die schwerwiegendenFragen
der neuzeitlichen Kohlengewinnung und Kohlenverwendung sprechen. Die Tagung, die am
25. und 26. April abgehalten wird, ist von großer Bedeutung für den Fortschritt der
Technik des Kohlenbergbaues und dadurch für die gesamte deutsche Volkswirtschaft.
Sie wird vom Gauverband Rheinland-Westfalen des Vereins deutscher Ingenieuere in
Verbindung mit dem Verein für bergbauliche Interessen, dem Kohlensyndikat und dem
Dampfkessel-Ueberwachungs-Verein der Zechen im Oberbergamtsbezirk Dortmund zu Essen,
sowie dem Deutschen Verein von Gas- und Wasserfachmännern Berlin und dem Verband der
Gas- und Wasserfachleute Rheinlands und Westfalens veranstaltet. Führende Fachleute
des Bergfaches, der technischen Chemie, der Feuerungstechnik und der mit dem Bergbau
arbeitenden Zweige des Maschinenbaues und der Elektrotechnik werden über den
gegenwärtigen Stand der Gewinnung, Verwendung und Aufschließung der Steinkohle
berichten.
Am 25. April wird Prof. Dr.-Ing. Herbst (Essen) über den
heutigen Stand der maschinellen Kohlengewinnung sprechen. Prof. Dr.-Ing. I. Philippi (Charlottenburg) wird in seinem Vortrag:
„Elektrische Antriebe unter Tage“ die heutigen Erfahrungen über die
Verwendung elektrischer Maschinen im Bergbau mitteilen.
Die Neuerungen in der Aufbereitungstechnik wird Prof. Dr.-Ing. Groß (Breslau) behandeln. Der Vortrag will in dem Streit der Meinungen
eine Klärung herbeiführen und das Interesse an der so wichtigen Vorbehandlung der
Kohle erneut anregen.
Am 26. April wird Direktor Cantieny (Berlin) über die
Vergasung der Kohle und die Trockenkühlung des Kokses sprechen. Ueber das
Zukunftsproblem der chemischen Kohlenaufbereitung, die Verflüssigung der Kohle, wird
Dr. Bergius (Heidelberg) einen Vortrag halten. Zum Schluß
wird Dir. Schulte (Essen) die neuen Erfahrungen in der
Feuerungstechnik behandeln.
Am 27. April sollen die neuzeitlichen großen Werke der Montanindustrie des
Ruhrgebietes besichtigt werden.
Die Anmeldungen sind an Bergw.-Dir. Lwowski (Essen),
Viehoferstr. 111, zu richten. Anmeldeschluß ist 14 Tage vor Beginn.