Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | W. |
Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 180 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Der Leistungsfaktor in Drehstromnetzen und die Mittel zu
seiner Verbesserung. Als nach dem Kriege die Wirtschaft in die Zwangslage
geriet, Energieverluste unter allen Umständen verhindern zu müssen, und als sie sich
darauf besann, wie man auch die kleinsten von der Natur gebotenen Hilfsmittel für
dieses Ziel verwerten könne, da tauchten allenthalben wieder die Projekte auf, die
sich mit der Verbesserung des Leistungsfaktors in Drehstromnetzen befaßten. Glaubte
man doch damit den Hebel gefunden zu haben, der äußerste Kraftausnützung
gewährleistete. Dem menschlichen Scharfsinn war es gelungen, andere Verlustquellen
nahezu auf das theoretisch Mögliche einzudämmen, nun wurde es Zeit, mit den Arbeiten
auf dem Gebiet des Blindstromes, die bisher mehr in den Laboratorien gefördert
worden waren, an die Oeffentlichkeit zu treten.
Eine Menge von gut und weniger gut ersonnenen Methoden zur Verbesserung des
Leistungsfaktors wurden bekannt, von denen die Mehrzahl den Anforderungen an
Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit nicht standhalten konnte. Nur wenige
Ausführungen waren brauchbar und konnten sich auf dem Markt behaupten. Aber auch
diesen haften noch so viele Mängel an und die Verwendbarkeit einer jeden dieser
Arten ist so sehr auf Spezialfälle zugeschnitten, daß man von einer endgültigen
Lösung der gestellten Aufgabe noch nicht reden kann.
Gerade deshalb lohnt es sich, einen Ueberblick zu geben über die Grundgedanken, den
Entwicklungsgang und die neuesten Fortschritte; dem in der Praxis stehenden Nichtspezialisten
soll ein Anhalt geboten werden, in welcher Richtung er das für ihn Passende finden
kann. Allgemein aber soll durch diese Zeilen das Interesse gefördert werden für eine
Frage, deren vollkommene Beantwortung große Vorteile für die Volkswirtschaft mit
sich bringen würde.
Den Ausgangspunkt für die Untersuchung, die im Wesentlichen im Anschluß an einen
Aufsatz in „Elektrotechnik und Maschinenbau, 42. Jahrgang, Heft 19 (von Ing. Karl
Baudisch, Berlin)“ erfolgt, hat natürlich eine Bestimmung des Begriffes
„Blindstrom“ und „Blindleistung“ zu bilden.
Alle Wechselstromfelder, auf deren Kontrastwirkung gegenüber stromdurchflossenen
Leitern die Arbeitsfähigkeit eines Drehstrommotors beruht, bedürfen zu ihrer
Erhaltung („Erregung“) eines Stromes, der die Eigentümlichkeit besitzt, nicht
phasengleich mit der dem Motor aufgedrückten Klemmenspannung zu sein, sondern der
dieser Spannung um 90 Grad nacheilt. Ströme solcher Art, die nur im Wechselfeld
pulsieren, ohne Arbeit zu leisten, nennt man Blindströme. Die durch sie
gekennzeichnete Leistung, bei der die Vektoren – Blindstrom J b und Klemmenspannung
U- senkrecht aufeinanderstehen, und die keine Nutzarbeit zu bewirken vermag, heißt
Blindleistung im Gegensatz zur Wirkleistung, die sich aus dem Produkt aus Spannung U
mal der in Richtung von U fallenden Stromkomponente Jw ergibt. Der Blindstrom J b
setzt sich mit dem Wirkstrom Jw vektoriell zu einem resultierenden Strom J zusammen,
welcher der Spannung U um den Phasenverschiebungswinkel φ nacheilt. Der
Leistungsfaktor – cos φ – zeigt das Verhältnis des Wirkstroms Jw zum Gesamtstrom J
bzw. der Wirkleistung Jw × U zur
Gesamtscheinleistung J × U an. Das Verhältnis der Blindleistung Jb × U zur Gesamtscheinleistung J × U stellt sich
durch den sin φ dar.
So notwendig der Blindstrom zur Erregung des Wechselfeldes ist, so sehr belastet er
die Anlagen zur Erzeugung und Fortleitung elektrischer Energie. Die Generatoren
müssen für die volle Scheinleistung dimensioniert werden, da die Blindströme ebenso
zur Erwärmung der Maschine beitragen, wie die Wirkströme. Je schlechter nun der
Leistungsfaktor, d.h. je kleiner cos φ wird, ein desto geringerer Anteil von
Wirkleistung wird innerhalb der gleichen Scheinleistung enthalten sein. Besonders
nachteilig wirkt die Verschlechterung des Leistungsfaktors dann, wenn trotz voller
Belastung der Generatoren die Kraftmaschinen, die ja nur Wirkleistung liefern, nicht
mehr voll ausgenutzt werden können, oder wenn gar bei wachsender Belastung des
Netzes neue Antriebsmaschinen beschafft werden müssen, während die vorhandenen
ungenügend belastet und daher mit schlechtem Wirkungsgrad arbeiten. Eine schädigende
Rolle spielt im Generator der Blindstrom noch dadurch, daß er die Pole
entmagnetisiert, so daß die Konstanz der erzeugten Spannung in Frage gestellt wird.
Unangenehmer noch als beim Generator fällt der Kostenpunkt ins Gewicht bei der
Bemessung der Leitung für volle Scheinleistung, wenn unnützer Blindstrom mitgeführt
werden muß. Da weiterhin der Blindstrom im Generator wie in der Leitung hohe
Spannungsabfälle (Gesamtabfall in Netzen oft über 20 %!) hervorruft, besteht Gefahr,
daß die am Netz hängenden Drehstrommotoren, deren Kippmoment dem Quadrat der
Spannung proportional ist, zum Ausgleich des herabgesetzten Kippmomentes größer als
notwendig gewählt werden müssen und so zu einer weiteren Verschlechterung des
Leistungsfaktors Veranlassung geben.
Zur Verbesserung des cos φ stehen zwei Möglichkeiten offen: einmal die Einschränkung
des Blindstromverbrauches. Geschickte Wahl der Motoren und Transformatoren, die
unter Ausnutzung der Ueberlastbarkeit gerade noch das geforderte Drehmoment
aufbringen, guter Motorbau mit kleinstem Luftspalt, Verwendung von
Kurzschlußläufern, hohe Umdrehungszahlen, Umschaltung der Motoren bei geringer Last
von Dreieck auf Stern (wodurch das Feld auf den &z2018; Teil und damit der
Blindverbrauch auf ⅓ sinkt) stellen wohl die wirksamsten Hilfsmittel dar, um
–sozusagen auf natürlichem Weg – den Leistungsfaktor günstiger zu gestalten.
Verhütet man noch bei parallel arbeitenden Kraftwerken durch richtige Erregung, daß
ein Generator auf Kosten eines anderen durch die Verbindungsleitung Blindstrom
ansaugt, so ist man ziemlich am Ende – ohne einen restlos befriedigenden Erfolg zu
erzielen, da diese Mittel eine Verbesserung nur um wenige Prozent bewirken
können.
Als beim Uebergang zur Ueberlandversorgung in großem Stil die schädlichen Wirkungen
des Blindstromes überhand nahmen, packte man die Frage von der andern Seite an: man
erzeugte Blindstrom in einer besonders dazu geeigneten Maschine in der Nähe des
Verbrauchers. Als erzeugende Maschinen kamen in Betracht:
1. solche mit Gleichstromerregung und
Synchron-Charakteristik;
2. solche mit Drehstromerregung und
Asynchron-Charakteristik.
1. Das Prinzip der ersten Art besteht darin, daß man Synchronmotoren, die so bemessen
sind, daß sie voll belastet einen cos φ = 1 haben würden, entlastet laufen läßt,
wobei diese Maschinen mit voreilendem Strom arbeiten und Blindleistung an das Netz
abgeben. Dabei hat man die Wahl, entweder eine reine Blindleistungsmaschine zu
verwenden, oder den Blindstrom in einem Synchronmotor zu erzeugen, der zugleich
mechanische Arbeit leistet. Die erstere Art ist natürlich wegen der hohen Verluste
sehr kostspielig, wurde jedoch mangels besserer Lösungen viel angewendet und trat
mit Maschinen bis zu einer Größe von 20000 KVA in Erscheinung.
Wesentlich günstiger gestalten sich die Umstände – technisch und wirtschaftlich – bei
Verwendung der kombinierten Wirk- und Blindleistungsmaschine, ebenfalls eines
Synchronmotores, der nur wenig überdimensioniert zu sein braucht, um schon eine
erhebliche Menge von Blindstrom abgeben zu können. – Die Tatsache, daß durch
Synchronmotoren Blindleistung erzeugt werden kann, war natürlich längst bekannt –
die praktische Verwendung aber konnte erst dann allgemeiner verbreitet werden, als
es gelang, der Nachteile des Synchronmotors: Geringes Anfahrmoment, Empfindlichkeit
gegen Ueberlastung, Synchronisierung und Anwurf, Herr zu werden. Es galt im
Wesentlichen, in einer Maschine die guten Seiten des Synchronmotors mit denen des
Asynchronmotors zu vereinigen. So entstand zunächst der Synchronmotor mit
Anlaufwicklung und entsprechend der synchronisierte Asynchronmotor.
Der Synchronmotor mit Anlaufwicklung besitzt Drehstromständer und ein
gleichstromgespeistes Polrad, dessen Polbogen eine Dreiphasenwicklung tragen. Der
Anlauf vollzieht sich in der Weise, daß man den Widerstand der in drei Schleifringen
mündenden asynchronen Läuferwicklung verkleinert. Nach der letzten Widerstandsstufe schaltet sich
selbsttätig die Gleichstromerregung ein, worauf die Synchronisierung von selbst
erfolgt. Infolge der doppelten Kupferwicklung des Läufers stellt sich der
Anschaffungspreis für einen solchen Motor, der zur Blindstromerzeugung ja
überdimensioniert sein muß, etwas teurer als der synchronisierte Asynchronmotor,
doch gibt ihm das synchrone Kippmoment von 170 % einen Vorsprung vor dem letzteren
Motor, der nur um ⅓ des Normalmomentes überlastet werden kann.
Der synchronisierte Asynchronmotor sieht aus wie ein gewöhnlicher Asynchronmotor und
läuft auch wie ein solcher mit hohem Moment an, unter Verwendung eines
Schlupfwiderstandes. Nach erfolgtem Anlauf wird selbsttätig in die eine Läuferphase
Gleichstrom aus der Erregermaschine zugeführt, der die beiden anderen Läuferphasen
zur Rückleitung benützt. Auch hier erfolgt das Synchronisieren automatisch –, und
zwar nicht nur nach dem Anlauf, sondern, wie auch bei dem vorher beschriebenen
Motor, jeweils nach Ueberschreitung des synchronen Kippmomentes. Freilich soll diese
an sich außerordentlich günstige Eigenschaft wegen der dabei auftretenden
Pendelungen nicht betriebsmäßig zur Regelung der Last benutzt werden. Infolge ihres
einfachen Aufbaus eignet sich diese Maschine besonders zur Blindstromerzeugung.
Eine Abart dieses Motors ist der sogenannte Schüler-Motor der Firma Max Levi, wobei
Läufer und Ständer vertauscht sind. Der Drehstrom wird einer Läuferwicklung
zugeführt, während einer zweiten Läuferwicklung über einen Kommutator Gleichstrom
entnommen wird, der eine Ständerphase erregt. Nachteilig hierbei ist die
Schleifringspeisung.
2. Die drei bisher bezeichneten Methoden zur Blindstromerzeugung neben Abgabe von
mechanischer Arbeit lassen sich dort verwenden, wo die starre Synchroncharakteristik
für den Betrieb brauchbar ist. Hat man indeß einen Betrieb, der infolge stoßweis
auftretender Belastung oder Veränderlichkeit des Drehmomentes eine weichere
Charakteristik benötigt, so muß man Mittel und Wege finden, um asynchrone Motoren
zur Abgabe von Blindleistung zu zwingen; man kommt damit in das Gebiet der
Drehstrommotoren mit Drehstromerregung.
In der Ausführung dieses Gedankens geht man von der Grundlage aus, daß die zur
Aufrechterhaltung des magnetischen Feldes notwendige Blindleistung proportional der
Frequenz ist. Wenn nun, wie es beim Drehstrommotor der Fall ist, die Läuferfrequenz
f2 kleiner ist als die Ständerfrequenz f1 so hat man dem Läufer nur eine Blindleistung
zuzuführen, die im Verhältnis \frac{f_2}{f_1} kleiner ist als die
im Ständer erforderliche Blindleistung. Man erzeugt daher irgendwie Blindströme und
läßt sie mittels Schleifringen vom Läufer aus das Hauptfeld erregen. Geht man noch
weiter und führt dem Läufer mehr Blindstrom zu, als er selbst verbraucht, so kann er
über den Ständer den Ueberschuß an das Netz abgeben. Die bekanntesten dieser
Maschinen verwenden, um schlupffrequenten Blindstrom zu erzeugen, einen Kommutator,
der die Eigenschaft hat, Frequenzen zu wandeln, wenn die Bürsten. geeignet
verschoben werden.
Große Bedeutung hat der als Phasenschieber bekannte Drehstrommotor mit Eigenerregung
erhalten. Der Läufer der Erregermaschine, die entweder direkt mit dem Hauptmotor
gekuppelt oder von einem eigenen nur zur Deckung der Verluste bemessenen Motor
angetrieben wird, ist über einen Kommutator an die 3 Schleifringe des
Hauptmotors angeschlossen. Wenn er übersynchron angetrieben wird, erzeugt er in
seiner Gleichstromwicklung Blindstrom, der nach Frequenzwandlung im Kollektor in der
richtigen Frequenz dem Hauptläufer zufließt. Der Ständer der Erregermaschine ist
wicklungslos und dient nur als Eisenweg für den aus dem Läufer stammenden Kraftfluß.
Eine Phasenkompensierung auf cos φ = 1 ist möglich zwischen Halblast und 25 %
Ueberlastung. Das Kippmoment beträgt – außerordentlich günstig – 2 bis 2,5mal soviel
wie das normale Drehmoment.
Hat man Motoren, die zwischen Leerlauf und Höchstlast mit cos φ = 1 arbeiten sollen,
so verwendet man Drehstromfremderregung. Dem Läufer der Erregermaschine wird über
einen kleinen Transformator durch Schleifringe netzfrequenter Erregerstrom
zugeführt, wodurch im Läufer eine feste Phasenlage hervorgerufen wird, die in
Beziehung steht zu dem im Läufer des Hauptmotors induzierten Strom: rühren doch
beide von der gleichen Ursache, dem Netzstrom her! Führt man diese Ströme – den
Läuferstrom des Hauptmotors und den Läuferstrom der Erregermaschine über den
Kollektor der Erregermaschine zusammen, so hat man es durch Bürstenverstellung in
der Hand, Spannung beliebiger Richtung, also auch nacheilende Spannung, dem Läufer
des Hauptmotors zuzuschicken. Mit Motoren dieser Art läßt sich unabhängig von der
Belastung der cos φ = 1 einstellen. Das Kippmoment ist etwas geringer als bei dem
Motor mit Eigenerregung. Wirtschaftlich günstig ist eine Verwendung dieser Maschinen
bei Leistungen über 100 kW bis zu der oberen Grenzleistung von Drehstrommaschinen.
Ein besonders dankbares Gebiet zu ihrer Anwendung findet man in Walz- und
Hüttenwerken bei Antrieben für Leonardumformer.
Während die bisher behandelten Verfahren zur Verbesserung des Leistungsfaktors im
Wesentlichen auf Motoren großer Leistung beschränkt waren, stehen uns in dem
Heyland- und Osnos-Motor Maschinen mit asynchroner Charakteristik zur Verfügung, die
eine Phasenregelung auch bei kleinen Leistungen zulassen. Der Grundgedanke ist der
gleiche wie bei den drehstromerregten Maschinen – nur sind hierbei Haupt- und
Erregermotor vereinigt.
Der Osnos-Motor besitzt einen Läufer mit 2 Wicklungen. Die eine davon, über
Schleifringen vom Netz gespeist, führt den normalen Drehstrom. In der andern
Wicklung wird eine Spannung induziert, die am Kommutator durch Bürstenverstellung
beliebig regelbar ist und die nach passender Einstellung den um 90° voreilenden
Blindstrom zur Kompensation der Phase in den Ständer schickt. Der Motor arbeitet mit
gutem Anfahr- und Kippmoment bei Vollast mit cos φ = 1. Bei Entlastung sendet er
voreilenden Strom ins Netz.
Dei Heyland-Motor gestattet für kleinste Leistung eine Phasenkompensation. Der zur
Erregung notwendige Blindstrom wird dem Kollektor entweder über einen
Erregertransformator vom Netz zugeführt oder einer besonderen Ständerwicklung
entnommen. Der Osnos- wie der Heyland-Motor sind des am Hauptläufer befindlichen
Kollektors halber nicht für hohe Leistungen, d.h. große Maschinen zu gebrauchen.
Außer diesen Motoren besitzen wir noch in sämtlichen Abarten von
Wechselstromkollektormotoren ein Mittel, das neben verlustloser Drehzahlregelung
auch gute Phasenkompensation ermöglicht. Durch Anordnung eines festen und eines
beweglichen Bürstensatzes lassen sich in weiten, in der jeweiligen Ausführung
bestimmten, Grenzen Drehzahl und Leistungsfaktor beliebig ändern.
Bei der großen Anzahl von Möglichkeiten, den cos φ zu beeinflussen, drängt sich
die Frage auf, nach welcher Richtung hin eine Entwicklung am erstrebenswertesten
ist. Zweifellos hat der Gedanke der Selbstkompensierung eines jeden Motors etwas
Bestrickendes für sich. Leider läßt sich aber diese Art aus kaufmännischen
Rücksichten nicht allgemein durchführen, bevor es nicht gelingt, den
phasenkompensierten Motor mit einfacher Wertung gleichteuer oder besser – noch
billiger als den Asynchronmotor auf den Markt zu bringen. Denn der einzelne
Verbraucher, der nur den am Zähler abgelesenen Strom bezahlt, hat keinerlei
Interesse daran, zugunsten des Elektrizitätswerkes seinerseits teuere Maschinen zu
verwenden. Die Gruppenverbesserung des Leistungsfaktors, wobei etwa ein großer
Antriebsmotor gleichzeitig die kleinen Maschinen mit Blindstrom versorgt, wird auch
erst dann weiter diskutabel, wenn durch Stromtarifverträge im Großverbrauch der
Nutzgedanke angeregt wird.
So sieht man nach dem heutigen technisch-wirtschaftlichen Stand wohl in der
Blindstromerzeugung durch das Elektrizitätswerk die gangbarste Lösung, wobei
natürlich die Blindleistungsmaschine erst hinter der
Hochspannungs-Uebertragungsleitung, also etwa in den Umformerwerken, Aufstellung
finden soll.
Franz.
Wärmespeicher in Verbindung mit Dampfkesseln. Bei Kraft-
und Heizwerken mit schwankendem Leistungsbedarf ist von ausschlaggebender Bedeutung
die Leistungselastizität der Dampfkessel. Man versteht darunter die
Anpassungsfähigkeit des Kessels an die Schwankungen des Dampfbedarfs ohne Aenderung
des Feuerungsbetriebes. Die Leistungselastizität ist dadurch erreichbar, daß in
Zeiten großen Dampfverbrauches die Speisung eingestellt wird, so daß der Wasserstand
sinkt; in den Betriebspausen wird dann wieder aufgespeist. Bei Großwasserraumkesseln
ist die Leistungselastizität naturgemäß groß, ungünstiger liegen die Verhältnisse
bei den Wasserrohrkesseln, da diese im Verhältnis zu den Schwankungsmöglichkeiten
des Wasserstandes eine sehr große Leistung haben. Bekanntlich sucht man Schwankungen
des Bedarfs an Leistung, also an Dampf durch Wärmespeicher auszugleichen. Für große
und plötzliche Schwankungen kommen Entnahmespeicher nach dem System Dr. Ruths in
Frage. Diese arbeiten mit Druckschwankungen, die Energieverluste darstellen, die
aber beim Ausgleich plötzlicher großer Schwankungen unvermeidbar sind. Als Ergänzung
der Entnahmespeicher schlägt H. E. Witz (Oberhausen) in der Zeitschrift „Die
Wärme“, 47. Jahrg., Heft 9, Heißwasserspeicher vor, die ohne
Druckschwankungen arbeiten. Der Speicher ist oberhalb des Kessels angeordnet und mit
diesem durch ein Rohr verbunden, das bis zum normalen Kesselwasserstand hinabreicht.
Taucht das Ende dieses Rohres unter Wasser, so ist der Speicher vom Dampfraum des
Kessels getrennt. Steigt der Kesseldruck über den Speicherdruck, bzw. sinkt
letzterer infolge der Abkühlung des Wasserinhaltes, so tritt das hocherhitzte Wasser
aus dem Kessel in den Speicher über. Größerer Wärmeüberschuß im Kessel kann durch
erhöhte Kaltspeisung aufgenommen werden. Steigt der Dampfverbrauch, so wird die
Kesselspeisung unterbrochen oder gedrosselt. Ist der Wasserspiegel soweit gesunken,
daß das untere Ende des Verbindungsrohres zum Speicher freigegeben ist, so tritt
Dampf in diesen ein, während das heiße Speicherwasser in den Kessel übertritt. Hier
braucht dann durch die Feuerung nur die Verdampfungswärme aufgebracht zu werden.
Voraussetzung für diese Art der Speicherung ist natürlich eine Kesselspeisung,
die Schwankungen des Wasserstandes in den zulässigen Grenzen gestattet. Bei
selbsttätigen Kesselspeisevorrichtungen ist das zu beachten. Die Unterbrechung der
Normalspeisung birgt in sich die Gefahr, daß das Wasser im Rauchgasvorwärmer bis zur
Dampfentwicklung erhitzt wird. Dem kann man begegnen, indem man durch eine
Umführungsleitung auch bei geschlossenem Ventil dauernd etwas Wasser aus dem
Vorwärmer in den Kessel übertreten läßt. Die dadurch etwas verringerte
Leistungselastizität des Kessels muß man in Kauf nehmen. Mail kann aber auch dem
Vorwärmer einen Lufterhitzer parallel schalten, durch den bei unterbrochener
Normalspeisung die Rauchgase hindurchgeleitet werden.
Wie aus der Arbeitsweise der Heißwasserspeicher in Verbindung mit Dampfkesseln
hervorgeht, ermöglichen sie die Uebertragung der guten Eigenschaften der
Großwasserraumkessel, nämlich die große Leistungselastizität, auf die
Wasserrohrkessel mit kleinerem Wasserinhalt. Darin liegt der Wert der
Heißwasserspeicher. Den Ausgleich großer, plötzlicher Belastungsschwankungen können
sie naturgemäß nicht in der Weise übernehmen, wie die Entnahmespeicher. Sie sind
infolgedessen nicht geeignet, die Entnahmespeicher zu ersetzen, dagegen können sie
diese wertvoll ergänzen.
Der Wert der Heißwasserspeicherung liegt einmal darin, daß durch Vergrößerung der
Leistungselastizität das dauernde Umstellen des Feuerungsbetriebes vermieden wird.
Letzteres bringt bekanntlich eine ganz beträchtliche Verschlechterung des
Kesselwirkungsgrades mit sich; jede vermiedene Feuerungsänderung bedeutet also einen
Gewinn. Ferner werden durch die Heißwasserspeicher Druckschwankungen vermieden oder
wenigstens auf ein Mindestmaß herabgedrückt. Dadurch werden die Verluste
ausgeschaltet, die durch die Abnahme des verwertbaren Wärmegefälles bei Druckabfall
bedingt sind. Beim Zusammenarbeiten eines Heißwasserspeichers mit einem
Ruths-Speicher ergeben sich noch weitere Vorteile. Es sei z.B. an eine Dampfturbine
ein Entnahmespeicher angeschlossen, der eine Heizanlage mit stark schwankendem
Dampfverbrauch beliefert. Wird der Entnahmespeicher aufgeladen, so steigt bei
gleichbleibender Maschinenleistung der Dampfverbrauch der Turbine infolge des
steigenden Gegendruckes. Der dadurch erforderliche Mehrdampf wird ohne Aenderung des
Feuerungsbetriebes von dem Heißwasserspeicher aufgebracht. Beim Entladen des
Entnahmespeichers sinkt der Gegendruck, also auch der Dampfverbrauch der Turbine.
Dann nimmt der Heißwasserspeicher den Wärmeüberschuß des Kessels auf. Der
Heißwasserspeicher ergänzt also den Entnahmespeicher dahin, daß dessen unangenehme
Eigenschaften, durch Druckschwankungen entweder die Maschinenleistung oder den
Feuerungswirkungsgrad zu beeinträchtigen, vermieden werden. Bei reinen Kraftanlagen
ohne Abdampfverwertung macht sich die Anwendung eines Heißwasserspeichers gemeinsam
mit einem Entnahmespeicher durch Verminderung der Anschaffungskosten geltend. Würde
z.B. bei einem Röhrenkessel von 400 m2 Heizfläche
und 10000 kg durchschnittlicher Dampferzeugung in der Stunde die maximal
erforderliche Dampfmenge 20000 kg/std. betragen, so müßte man bei Verwendung eines
Entnahmespeichers diesen für nahezu den ganzen Ueberschuß an Dampfbedarf bemessen.
Erhält jedoch der Kessel noch einen Heißwasserspeicher, der beispielsweise eine
Leistungselastizität von ± 25 % bewirke, so braucht der Entnahme-Speicher nur für die
restlichen 75 % des geforderten Dampfüberschusses bemessen zu werden. Der oben
genannte Verfasser berechnet, daß bei Verwendung eines Entnahmespeichers allein
dieser 300 m3 Inhalt haben müßte. Wird außerdem
ein Heißwasserspeicher verwendet, so muß dieser bei den genannten Verhältnissen zur
Erzielung einer Leistungselastizität von ± 25 % einen Inhalt von etwa 11 m3 erhalten; der Entnahmespeicher braucht jedoch in
diesem Falle nur 220 m3 Inhalt zu haben. Der mit
dem Kessel verbundene Heißwasserspeicher von 11 m3
Inhalt soll nur etwa ¼ bis ⅓ dessen kosten, was durch die Verkleinerung des
Ruths-Speichers um 80 m3 gespart wird.
In der chemischen Industrie ist es häufig erforderlich, mit hohen Temperaturen zu
kochen. Dann ist es zweckmäßig, einen Entnahmespeicher zum Vorwärmen und Ankochen zu
benutzen, während ein Heißwasserspeicher den zum Garkochen erforderlichen
Frischdampf liefert. Auf diese Weise läßt sich der höchste Wirkungsgrad einer Anlage
erzielen.
Für Dampflokomotiven hat bereits Druitt-Halpin die Verwendung von Heißwasserspeichern
vorgeschlagen, doch hat sich hier die Anordnung des Speichers über dem Kessel als
nicht sehr geschickt erwiesen. Die Speichermethode nach H. E. Witz ermöglicht es,
den Speicher an einer beliebig tiefen Stelle der Lokomotive oder des Tenders
anzuordnen. Die Rückführung des Wassers in den Kessel erfolgt dann durch Pumpen oder
vielleicht zweckmäßiger durch Erzeugung eines Ueberdruckes im Speicher. Bei dem
scharfen Wettkampf, der der Dampflokomotive mit der elektrischen und der
Diesellokomotive bevorsteht, kann die Erweiterung ihres Leistungsbereiches durch die
Wärmespeicher von ausschlaggebender Bedeutung sein.
Parey.
Ueber Verbesserungsmöglichkeiten im Druckluftbetriebe hat
A. Hinz dem Sachverständigenausschuß für Kohlenbergbau
beim Reichskohlenrat einen ausführlichen Bericht erstattet. Dieser Bericht bildete
ebenfalls die Grundlage eines Vortrages des Verfassers vor einem Fachausschuß des
niederrhein.- westfäl. Steinkohlenbergbaues, und erschien daraufhin gedruckt in der
Zeitschrift „Glückauf“ Nr. 15 und Nr. 16 vom 12./4. 1924 und 19./4. 1924
zugleich mit der daran angeknüpften Diskussion. – Einleitend bemerkte der
Berichterstatter A. Hinz, daß der Wirkungsgrad beim Druckluftbetriebe, also das
Verhältnis zwischen Leistung des Motors und Leistungsaufwand am Kompressor, dem bei
Verwendung anderer Energieträger erzielten, ganz wesentlich nachsteht. Da aber der
Druckluftbetrieb auf anderen Gebieten ganz ausschlaggebende Vorzüge aufzuweisen hat,
so müssen bei seiner großen Bedeutung alle Möglichkeiten zur Steigerung des
Wirkungsgrades ausgenutzt werden. Hinz bespricht nunmehr zunächst das Ergebnis der
Untersuchungen von Goetze auf dem Gebiete der Druckluftwirtschaft im Kohlenbergbau
(veröffentlicht in „Glückauf“ 1922 S. 346), nach dessen Angaben von der
aufgewandten Arbeit etwa 88 % nutzlos verloren gehen, da nämlich ein Wirkungsgrad
des Druckluftbetriebes allein von 12 % konstatiert werden kann; wobei sogar die
Rohrleitungsverluste nicht einmal berücksichtigt sind. Diese ungünstigen Zahlen
legten somit die Frage nahe, ob sich der, Kompressor und Motoren umfassende,
Druckluftbetrieb nicht wirtschaftlicher gestalten lasse. Hinz führt nun etwa
folgendes aus: Der Kompressor ist in den letzten drei Jahrzehnten hauptsächlich von
den Dampfmaschinen bauenden Firmen so vervollkommnet worden, daß hier kaum noch
Fortschritte zu erwarten sind. Auch der Turbokompressor, der in den letzten
zehn Jahren für ganz große Einheiten den Kolbenkompressor verdrängt hat, ist bei dem
hohen Stande seiner Entwicklung nur noch wenig verbesserungsfähig. Die seit Jahren
bekannte Höchstleistung von 10 cbm je PS/Std. bei 6 Atm Luftdruck wird auch in
Zukunft kaum überschritten werden. Das angegebene Verhältnis bedeutet einen
isothermischen Wirkungsgrad von 72 %. Hier stecken also schon die ersten 28 % der
Verluste des Druckluftbetriebes, die aber nach dem heutigen Stande der Technik
scheinbar unvermeidlich sind. – Der weitaus größere Teil der Verluste muß demnach in
den Motoren liegen. Da für Druckluft – Kraftmaschinen große Einheiten nicht in Frage
kommen und es sich daher in erster Linie um Kolbenmaschinen handelt, so liegt es,
nach Hinz, nahe, die im Kolbendampfmaschinenbau bewährten Maßnahmen auf den
Luftmotorenbau zu übertragen.
In teilweise sehr ausführlichen Auslassungen berichtet Hinz nun über die technisch
wichtigsten Momente, welche als Verlustfaktoren in Betracht kommen. So bespricht er
zunächst kurz die Undichtheitsverluste und ausführlicher dann die
Abkühlungsverluste, wobei er auch auf die Druckluftvorwärmung eingeht und auf die im
Grubenbetriebe vorkommende Abart hiervon, nämlich die Zwischenerwärmung. Erstere
eignet sich für den Kohlenbergbau bei den oft zahlreichen Verästelungen der
Druckluftleitungen und deren häufiger, oft täglicher Verlegung an andere Abbauörter
absolut nicht. Auch die Zwischenerwärmung eignet sich nach Hinz nicht für den
Bergbau, weshalb man auch bisher bei Niederdruck-Luftmotoren auf die Verbindwirkung
und die Zwischenerwärmung meistens verzichtet. Des weiteren untersucht Hinz den
Einfluß der Höhe des Luftdruckes, wobei eine interessante Zahlentafel über
„Theoretische Wirkungsgrade des Druckluftbetriebes in verlustlosen Motoren
bei verschiedenen Drücken“ Platz findet und erörtert im engen Anschluß daran
den Einfluß der Expansion, das wichtig erscheint. Als nächste Faktoren gelangen dann
kurz zur Besprechung der Feuchtigkeitsgehalt der angesaugten Luft und ebenso der
Feuchtigkeitsgehalt der Druckluft sowie die Wasserabscheidung in der Druckluft.
Zahlentafeln sind diesen einzelnen Kapiteln beigegeben. Als Ergebnis erfährt man,
daß ohne künstliche Mittel die Abkühlung sich nur bis auf die Grubentemperatur von
etwa 30 Grad durchführen läßt, so daß nur etwa zwei Drittel des in der Druckluft
enthaltenen Wassers abgeschieden werden. Im weiteren Verlauf seiner Abhandlung
erörterte A. Hinz dann noch ausführlich die natürliche Kühlung der Druckluft, und
schließlich auch die künstliche Kühlung derselben. Zusammenfassend läßt sich sagen,
daß mit höherem Luftdruck Vorteile nicht zu erzielen sind, da die Arbeit mit
niedrigeren Drücken wirtschaftlicher ist. Erhebliche Vorteile aber ergeben sich
durch Ausnutzung der Luftexpansion, die zwar wegen der Vereisungsgefahr nur bei
geringstem Wassergehalt der Druckluft möglich ist. Rechnerische Ausführungen
hinsichtlich des Feuchtigkeitsgehaltes ergeben, daß es gut ist, die Druckluft so
weit wie möglich auf natürlichem und auch auf künstlichem Wege zu kühlen und zu
trocknen. Allerdings ist die Wasserabscheidung immer nur Mittel zum Zweck.
Wirtschaftliche Vorteile lassen sich nur durch zweckentsprechend gebaute Motoren
erreichen, deren Verwendung dann aber auch, wie der Vortragende dies an
Rechnungsbeispielen zeigt, eine beträchtliche Einschränkung des Luftverbrauchs mit
sich bringt. – An den Vortrag schloß sich eine recht lebhafte Diskussion an.
(„Glückauf“ 1924 Nr. 15 und 16.)
Si.
Vorwärmung der Verbrennungsluft bei Dampfkesseln.
Anläßlich der Tagung der „Institution of Engineers and Shipsbuilders in
Scotland“ wurde am 11. 2. 1924 über Versuchsergebnisse an einem
Schiffskessel mit und ohne Vorwärmung der Verbrennungsluft berichtet. Es ist bereits
bekannt, daß sich durch Verwendung vorgewärmter Luft bei Kesselfeuerungen
wesentliche Ersparnisse erzielen lassen. Die Vorwärmung der Verbrennungsluft durch
die Rauchgase vermindert nicht nur die Wärmeverluste, sondern sie begünstigt auch
die Verbrennung, weil mit geringerem Luftüberschuß geheizt werden kann. Dadurch wird
ein besserer Wirkungsgrad der Kesselanlage erzielt. Eine allerdings nicht erwünschte
Nebenerscheinung ist die Steigerung der Verbrennungstemperatur, die gegebenenfalls
ungünstig auf den Rost einwirkt. Versuche mit vorgewärmter Luft haben bis jetzt aber
ergeben, daß im Dauerbetriebe diese Schwierigkeiten ausgeschaltet werden können, da
die Verbrennungstemperatur viel weniger ansteigt als allgemein angenommen wurde.
Der Versuchskessel war ein Einflammrohrkessel von 2900 mm Durchmesser und 3350 mm
Länge und war mit 2 Feuerungen und einem Luftvorwärmer ausgerüstet. Die
Hauptergebnisse dieser Versuche sind in folgender Tabelle zusammengestellt.
W.
Versuchs-Nr
1
2
3
4
5
Versuchsdauer std
4
4
3
5
4
Luftzustand
vorge-wärmt
vorge-wärmt
vorge-wärmt
kalt, natür-licher Zug
vorge-wärmt
Brennstoff
Oel
Oel
Oel
Kohle
Kohle
Dampfspannung at
12,95
13,0
12,98
12,55
12,88
Heizwert des Brennstoffes WE/kg
4365
4390
4390
3500
3320
Verdampfung =\frac{\mbox{kg Dampf}}{\mbox{kg
Brennstoff}}
14,74
14,41
14,55
8,89
11,0
Spezifische Verdampfung \frac{\mbox{kg
Dampf}}{\mbox{m}^2\mbox{ Heizfläche}}
31,2
38,0
30,0
21
37,4
Zugstärke über Rost mm W. S.
4,56
15,2
25,4
–
8,37
Verbrennungstemp. °C
224
240
255
–
224
Abgastemperatur im Schornstein °C
98,5
95,5
100
280
111
CO2 Gehalt v. H
13,63
14,1
11,7
10,0
13,0
Wirkungsgrad v. H
89,7
87,0
88,2
66,17
88,1
Duraluminium. Dasselbe ist eine Aluminiumlegierung und
wird bereits in ausgedehntem Mäße im Leichtmotorenbau und im Flugzeugbau verwendet.
Der Hauptbestandteil ist Aluminium, etwa 92 v. H. Die Zugfestigkeit des Aluminiums
ist gering (10 bis 12 kg/mm 2 im gegossenem und
15–18 kg/mm3 im gewalztem Zustande). Der
Elastizitätsmodul des gegossenen Aluminiums ist etwa 7000, des gewalzten 2600, das
spezifische Gewicht ist 2,7. Aus Aluminium werden bereits Flugzeugarmaturen,
Verkleidungsbleche, Kolben, Motorengehäuse usw. hergestellt. Als Aluminiumerze
kommen in Betracht: Bauxit, Kreolit und Kaolin. Bauxiterze haben den reichsten
Gehalt an Aluminiumoxyd (38–80 v. H.) und finden sich besonders in Frankreich und
Amerika. Weniger verbreitet sind die Kreoliterze (35 v. H. Aluminiumgehalt). Kreolit
wird besonders in Südamerika (Colorado) gefunden. Kaolin ist ebenfalls eine
Aluminiumverbindung und enthält 33 v. H. Aluminium. Früher wurde Aluminium
hauptsächlich aus Bauxiterzen gewonnen. Erst während des Krieges wurde in
Deutschland die Gewinnung des Aluminiums aus Kaolin ausgebildet. Die Gewinnung
zerfällt dabei in zwei Teile: Die Herstellung von Al2 O3 und hieraus die Gewinnung des
Aluminiums selbst auf elektrolytischem Wege.
Wie bereits erwähnt, sind die Festigkeitseigenschaften des Aluminiums im Vergleich
zum Stahl sehr niedrig. Die Zugfestigkeit des Stahles ist 40–60 kg/mm2 der Elastizitätsmodul 2200000, d.h. beinahe
viermal größer als für Aluminium. Die Verwendung von reinem Aluminium ist deshalb
sehr beschränkt. Durch Verwendung verschiedener Legierungen des Aluminiums kann man
die Festigkeitseigenschaften bedeutend erhöhen, so daß diese Erzeugnisse mit Stahl
in Wettbewerb treten können. Das von dem deutschen Ingenieur Alfred Wilm erfundene Duralumin ist nach dieser Richtung eine
besonders gute Legierung. Nach dieser Erfindung stellt das Dürener Metallwerk A. G.
das Duralumin her. Die Zusammensetzung der Legierung ist folgende:
Messing
3,5–5,5 v. H.
Magnesium
0,2–0,6 v. H.
Mangan
0,4–0,8 v. H.
Aluminium
der Rest.
Wie die folgende Zusammenstellung zeigt, hat das Duralumin ein niedriges spezifisches
Gewicht, bei gleichem Querschnitt ist es dreimal leichter als Stahl. Dieser Umstand
sichert dem Duralumin eine große Verwendungsmöglichkeit in der Technik.
Spez. Gew
Schmelz-Temp.
Zug-festigkeit
Dehnungv. H.
Elastizitäts-modul
Elastizi-tätsgrenze
2,8
650°
35–60
20–22
700000–730000
15–40
Das Duralumin kann man walzen, schmieden, stanzen, schweißen und löten. Es hält
besonders gut Stöße aus. Deshalb werden daraus Pleuelstangen für Leichtmotoren
hergestellt. Die große Eigentümlichkeit des Duralumins besteht in seinem Verhalten
bei der Härtung, also bei dem sogenannten Veredelungsprozeß. Die endgültigen
Eigenschaften treten dabei nicht sofort, sondern erst in vier Tagen ein. Im Laufe
dieser Zeit erhöht sich die Dehnung und die Festigkeit. Der Härtungsprozeß besteht
darin, daß die Teile aus Duralumin in ein auf etwa 500 Grad erhitztes Salzbad
gebracht werden. Dünne Teile werden dabei fünf Minuten, Teile von 50 mm Dicke und
mehr einige Stunden geglüht. Hierauf werden die Teile in Wasser oder in Oel
getaucht. Nach dieser Behandlung wird das Metall sehr nachgiebig und plastisch. Man
kann es dann preisen, schmieden und biegen. Dann beginnt die Festigkeit zuzunehmen.
Nach vier Tagen erreicht die Festigkeit 42 kg/mm3
bei einer Dehnung von 15–18 v. H. Bei der Herstellung von Blechen wird das Duralumin
auf 400–500 Grad vorgewärmt und dann ausgewalzt. Das Herstellungsverfahren gründet
sich auf das DRP Nr. 244554.
Duralumin, das durch Kaltbearbeitung, durch Ziehen oder Walzen hart geworden ist, muß
vor dem Weiterverarbeiten ausgeglüht werden. Das Ausglühen kann im Muffelofen
erfolgen, das Ausglühen im Salzbad ist jeder andern Art vorzuziehen. Das Ausglühen
im offenen Feuer oder mittels Lötlampe ist zu vermeiden, weil dadurch keine
gleichmäßige Glühtemperatur erzielt werden kann, die unbedingt notwendig ist. Die
Legierungen des Duralumins verhalten sich unter dem Einfluß der Wärme ganz anders,
als alle bisher bekannten Metalle, oder deren Legierungen. Temperaturen bis 170° C
üben keinen schädlichen Einfluß auf die Festigkeitseigenschaften des Duralumins aus.
Erst bei einer Temperatur von etwa 180° C beginnen Festigkeit und Härte abzunehmen.
Bei 350° erreicht es seine größte Weichheit. Bis 400° tritt dann keine nennenswerte
Aenderung ein. Steigert man die Temperatur über 400°, so beginnt allmählich eine
starke Zunahme der Festigkeit und der Höchstwert derselben wird bei 500° erreicht.
Gleichzeitig nimmt, wie bereits erwähnt, mit der Festigkeit die Härte zu. Um das
Duralumin zu glühen, damit es weich wird, sind Temperaturen nicht über 350°
notwendig. Die dazu notwendigen Salzbäder stellt man am zweckmäßigsten aus 4 Teilen
Natron und einem Teil Kalisalpeter, die Temperatur des Bades bestimmt man am
zweckmäßigsten durch Pyrometer.
Das Veredeln des Duralumins kann in demselben Salzbad erfolgen, das zum Ausglühen
benutzt wird, nur ist die Temperatur eine andere. Die Veredelungstemperatur beträgt
490–520°. Die Warmbehandlung bei etwa 500° genügt, um eine starke Steigerung nicht
nur der Härte und Festigkeit, sondern auch der Dehnung des Werkstoffes
hervorzurufen. Auch hier verhält sich das Duralumin anders, als andere bekannte
Legierungen. Man kann durch das Erwärmen auf rund 500° dem Werkstoff neben einer
sehr hohen Dehnung eine viel höhere Festigkeit und Härte verleihen, als es durch die
stärkste Kaltverdichtung ohne Veredlung möglich ist. Soll höchste Festigkeit und
Dehnung erreicht werden, so wird der Werkstoff sofort nach dem Glühen in kaltem
Wasser abgeschreckt. Das Veredeln ohne Abschrecken wendet man nur an bei
Gegenständen, die sich durch das Abschrecken im Wasser verziehen würden.
Weitere Versuche mit andern Leichtmetallen haben aber auch schon günstige Ergebnisse
erzielt, z.B. mit Elektron, Silumin, wie die Tabelle zeigt.
Spez.Gewicht
Dehnungv. H.
Festigkeit
Bemischung
Silumin
2,5–2,6
5–10
59
11–14 v. H. Silicium
Elektron
1,14–1,83
5–6
–
–
W.
Warmpressen von Massenteilen. Außer Teilen aus Kupfer und
Messing durch Warmpressen herzustellen, hat man in neuerer Zeit auch bereits mit
wirtschaftlichem Erfolg, besonders mit großer Werkstoffersparnis, versucht, Eisen
und Stahl auf Spindel- und ähnlichen Pressen herzustellen. Wie die Zeitschrift
„Maschinery“ vom Februar 1924 berichtet, werden dabei die Rohblöcke in
keinerlei Weise vorbearbeitet. Der Werkstoff wird auf 980 Grad C erhitzt und in
einem Arbeitsgange ausgepreßt, wobei der Werkstoffverbrauch vorher genau zu
bestimmen ist. Die hierzu notwendigen Gesenke müssen, um nicht frühzeitig zerstört
zu werden, mit Arbeitsflächen aus Wolframstahl hergestellt werden und wegen des
Schwindens der Arbeitsstücke entsprechend größer bemessen sein. Auf einer
Spindelpresse für 400 t Höchstdruck können z.B. Getrieberäder für Kraftwagen von
etwa 100 mm Außendurchmesser und 20 mm Zahnbreite aus Rundstahl von 60 mm
Durchmesser und 48 mm Länge hergestellt werden. Mit einfachen Gesenken lassen sich
10 Stck. in der Minute herstellen. Das Verfahren ist bekanntlich auch für Kegelräder
anwendbar. Die so erhaltenen Arbeitsstücke brauchen vor dem Vergüten und Schleifen
nur leicht nachgeschnitten zu werden, wobei auch der Grat entfernt wird. Gegenüber
den aus dem Vollen herausgearbeiteten Rädern ist auch die durch den Preßvorgang
erzielte Verdichtung und Verbesserung des Werkstoffes von Bedeutung.
Dieses Verfahren kann auch zum Aufpressen von gußeisernen Ventilstellen auf die
vorher in die Form gesteckten und mit Gewinde am Tellerende versehenen Stahlspindeln
verwendet werden. Die Teller aus feinkörnigem Eisen werden auf die Spindel
aufgepreßt, dabei fließt das Gußeisen in die Gewindegänge der Spindel, so daß
sich der Teller nicht mehr lockern kann. Einteilige Stahlventile kann man aus
Rundstäben, z.B. von 12 mm Durchmesser, herstellen, indem man sie zunächst am Ende
auf 38 mm aufstaucht und dann auf 64 mm Durchmesser auspreßt.
W.
Die Kokserzeugung der Welt. Die Kokserzeugung hat ebenso
wie die Kohlenförderung in allen Ländern infolge des Weltkrieges und der durch ihn
bedingten Störung der wirtschaftlichen Verhältnisse einen Rückgang erfahren, der bei
einigen Ländern, wie die folgende Zahlentafel zeigt, recht beträchtlich ist.
Kokserzeugung der Zechen und Hütten.
Land
1913
1921
1922
Deutschland
1000 Tonnen
Jeweiliges Gebiet
34630
27913
29663Mit
Oberschlesien bis einschl. Mai.
Gegenwärtiges Gebiet (ohne
Saar)
31668
26726
29113
Saargebiet
1777
177
254
Ostoberschlesien
985
1188
1320
Elsaß-Lothringen
200
?
19Bei
Frankreich mitgerechnet.
Großbritannien
13004
4149
8197
Frankreich
(heutiges Gebiet)
4227
?
2366
Belgien
3523
1403
2707
Ver. Staaten von
Amerika
42002
23114
31296
Uebrige Länder rd.
10000
?
?
Die Kokserzeugung der Gaswerke ist in vorstehenden Zahlen nicht inbegriffen. Die
Gaskokserzeugung betrug in Deutschland im Jahre 1922 5,04 Mill. t, in Großbritannien
dagegen 9,85 Mill. t, in den Vereinigten Staaten von Amerika aber nur 2,85 Mill. t
(1920).
Die Kokserzeugung der deutschen Zechen und Hütten hat durch den Verlust von
Lothringen und Ost-Oberschlesien sowie durch den allgemeinen Rückgang der Leistung
eine Verminderung um 16 v. H. gegenüber dem Jahre 1913 erfahren; legt man für dieses
Jahr das heutige Gebiet zugrunde, so ergibt sich immer noch eine Abnahme von 8,1 v.
H. Die deutsche Koksausfuhr stieg von 1913 bis 1922 zwar von 6,43 auf 6,96 Mill. t,
doch ist diese Zunahme lediglich auf die Reparationslieferungen zurückzuführen,
während vor dem Weltkriege die Ausfuhr von deutschem Koks nach Oesterreich-Ungarn,
Belgien, Holland, Rußland, der Schweiz, Skandinavien und selbst Südamerika recht
beträchtlich war.
Die Koksgewinnung der Vereinigten Staaten von Amerika erreichte im Jahre 1922 trotz
der Erholung gegenüber dem vorhergehenden Jahre nur 74,5 v. H. der Erzeugung des
Jahres 1913, doch ist seit November 1922 die Erzeugung stark gestiegen. Im Verlaufe
des Krieges wurden in Amerika großzügige Anlagen zur Gewinnung der
Destillationprodukte bei der Verkokung der Kohle geschaffen, während eine große
Anzahl älterer Koksöfen abgebrochen wurde. Von der gesamten Kokserzeugung entfielen
auf Koksöfen mit Nebenproduktengewinnung im Jahre
1900
5,2 v. H.
1910
17,1 v. H.
1913
27,5 v. H.
1917
40,4 v. H.
1920
60,0 v. H.In Deutschland waren 1920 bereits 99 v.
H. aller in Betrieb befindlichen Koksöten mit
Nebenproduktengewinnung versehen.
1921
78,1 v. H.
1922
78,0 v. H.
Die Kokereien sind in Amerika nicht wie bei uns den Zechen, sondern meist den
Hochofenwerken angegliedert, die dann in erster Linie ihren eigenen Bedarf decken.
Infolgedessen kommt in Amerika nur etwa die Hälfte des erzeugten Kokses zum
Verkauf.
Großbritanniens Kokserzeugung dient zum größten Teile zur Deckung des inländischen
Bedarfes, die Ausfuhr ist nur gering, im Jahre 1922 betrug sie 2,55 Mill. t einschl.
fast 1 Mill. t Gaskoks, der vorwiegend nach Dänemark und Norwegen ging. Auch in
Großbritannien hat die Gewinnung der Nebenprodukte große Fortschritte gemacht; im
Jahre 1922 waren 71 v. H. aller Koksöfen mit Nebenproduktengewinnung ausgerüstet, im
Jahre 1909 waren es dagegen erst 16 v. H.
Frankreich mußte bereits im Jahre 1913 41 v. H. seines Koksbedarfes durch Einfuhr
decken, unter Hinzurechnung des Bedarfs von Lothringen erhöht sich diese Zahl auf 63
v. H. Aus diesem Grunde wurden im Vertrag von Versailles wachsende Koksmengen von
Deutschland angefordert. Die deutschen Koksversendungen nach Frankreich betrugen in
den Jahren 1920 und 1921 je 3,9 Mill. t, im Jahre 1922 dagegen 5,5 Mill. t. Im Jahre
1913 waren in Frankreich erst 55 v. H. der in Betrieb befindlichen Koksöfen mit
Nebenproduktengewinnung versehen, Angaben darüber, wie sich dieses Verhältnis in den
letzten Jahren verschoben hat, liegen bisher nicht vor. (Stahl und Eisen, 43.
Jahrg., S. 1575.)
Sander.
Kriegsmarine. Die Zeitschrift „The Naval and Military
Record“, März 1924, veröffentlicht eine Zusammenstellung der englischen
Admiralität über die Stärke der Kriegsflotten der einzelnen Seemächte.
Schiffsart
England
Ver. Staaten
Japan
Frankreich
Italien
Rußland
Deutschland
Linienschiffe
18
18
6
9
7
6
8
Schlachtkreuzer
4
–
4
–
–
–
–
Kreuzer
2
10
–
6
3
2
–
Leichte Kreuzer
48
15
17
5
10
1
2
Flugzeugschiffe
4
2
1
–
–
–
–
Zerstörer
186
309
78
48
51
20
16
Torpedoboote
–
–
–
–
65
–
16
Unterseeboote
61
116
44
48
43
23
–
Kanonenboote
36
–
–
8
–
1
–
Flußkanonenboote
16
2
8
4
4
4
–
W.