Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 102 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Der billigste Rohrdurchmesser für
Kraftdampfleitungen.Vergl. S. 77. Vom Unterzeichneten wurden neue Formeln entwickelt,
die ermöglichen, den billigsten Rohrdurchmesser für Kraftdampfleitungen unmittelbar
zu berechnen, was mit den bekannten Berechnungsverfahren bisher nicht möglich war.
Die jetzigen Formeln berücksichtigen alle für die wirtschaftlichste Anlage und den
zu wählenden Betrieb einschlägigen Faktoren, wie Reibung, Einzel-Widerstände,
Arbeitszeit, Güte der Umfüllung, Anlagekapital, Dampf- und Gesamtbetriebskosten.
Bei Anwendung der Formeln ist zu beachten, daß der Aufbau derselben stetige
Dampfströmung in den Rohren voraussetzt. Sie gelten daher streng genommen nur für
Dampfturbinen, sind jedoch ohne Bedenken brauchbar für Kolbendampfmaschinen mit
langer Zuleitung, zumal wenn durch große Wasserabscheider vor der Maschine ein
Dampfspeicher geschaffen wird, der die Druckschwankungen in der Leitung
verringert.
Bemerkenswert ist, daß bei Verwendung billigster Rohrdurchmesser die
Dampfgeschwindigkeit kleiner ausfällt als gewöhnlich angenommen wird: da nach den
Ausführungen der durch Druckabfall bedingte Dampfmehrverbrauch der Maschine nur etwa
⅕ des Dampfniederschlags der Rohrleitung sein darf, wird der Druckabfall und
dementsprechend die Dampfgeschwindigkeit nur gering sein dürfen. Ferner ist die
absolute Länge der Rohrleitung nahezu ohne Einfluß auf die Größe der
Rohrdurchmesser. Maßgebend sind vielmehr die auf 1 m Rohrlänge entfallenden
Einzelwiderstände.
Die Anwendung der Formeln wird dann an einem größeren Zahlenbeispiel gezeigt;
Sattdampf-Turbine, stets voll belastet, mit 900 Nutzpferdestärken bei einer
Anfangsspannung von 10 at absolut. Die Hauptergebnisse sind folgende:
I. Der „Reibungsdurchmesser“, bei dem nur Rohrreibung als Widerstand
berücksichtigt wird, ergibt sich zu:
dR = 125 mm
die „Reibungsgeschwindigkeit“:
vR = 17,55 m/sek.
II. Bei einer Rohrlänge von 50 m und der Summe der Einzelwiderstände von 16 (2
normale Ventile mit je ξ = 7 und 4 Bogen zu je ξ = 0,5)
wird ferner der billigste Durchmesser, bzw. günstigste Dampfgeschwindigkeit
db = 157 mm u. vb = 16,45 m/sek.
Und zwar erhöhen die Einzelwiderstände den Durchmesser im
Verhältnis 1,235, während die Kapitalkosten eine Verringerung im Verhältnis 1,192
herbeiführen.
III. Wird die tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden auf 16 Stunden erhöht, vergrößert
sich der billigste Durchmesser auf
db = 172 mm (gegen 157.)
Je größer die Betriebszeit, um so kleiner ist der verringernde Einfluß der
Anlagekosten.
IV. Wird eine geringwertigere Umhüllung gewählt, derart,
daß die Niederschlagsmenge sich verdoppelt, so muß der Durchmesser verkleinert
werden auf
db = 147,5 mm (gegen 157).
Je schlechter die Umhüllung, um so kleiner muß der
Rohrdurchmesser werden. Der hierdurch bedingten Verringerung der Anlagekosten steht
jedoch eine wesentliche Vergrößerung der Dampfkosten gegenüber, sodaß die jährlichen
Betriebskosten sich erhöhen.
V. Der Einfluß der Einzelwiderstände, besonders der
Ventile, verdient ganz besondere Beachtung.
a) Einfluß der Ventilzahl.
Durch Erhöhung der Ventilzahl auf 4 gegen 2 vergrößert sich der Durchmesser auf
db = 169 mm (gegen 157).
b) Einfluß der Bauart der Ventile.
Gegenübergestellt sind normale Ventile mit großem Durchgangswiderstand (ξ = 7) und
neuzeitliche Ventile mit geringem Einzelwiderstand. Als Beispiel für letztere würde
das Koswa-Ventil der Firma Buschbeck & Hebenstreit in Dresden gewählt, da
hierfür einwandfreie Versuche der Techn. Hochschule Dresden veröffentlicht sind,
welche einen Einzelwiderstand ξ = 1 ergeben.
Für 4 Ventile und 8stündiger Arbeitszeit (bei 300 Arbeitstagen, also 8 . 300 = 2400
Arbeitsstunden) wurde berechnet:
für
normale Ventile
db = 169 mm,
„
Koswa-Ventile
db = 137 mm.
VI. Der Vergleich der Anlagekosten und der jährlichen
Betriebskosten für die berechneten Durchmesser ergeben erst ein klares Bild
der Wirtschaftlichkeit des. billigsten Durchmessers.
Unter Zugrundelegung der Preise des ersten Vierteljahres 1921 wurden folgende
Ergebnisse berechnet:
Vergleich der Kosten für Ventile mit großem
und kleinem Durchgangswiderstand.
1
2
3
4
5
6
7
8
Durchm.d.mm
Anlagekosten
Gesamt-anlage-kosten%
Kapital-kosten%
Dampf-kosten%
Jährl.Betriebs-kosten%
Druck-abfallkg/qcm
Rohre%
Ventile%
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Normale Ventile∑ξ = 30
169
100%
100%
100%
100%
100%
100%
0,177
Koswa-Ventile∑ξ = 6
137
77,2%
106,6%
86,7%
86,7%
80%
83,1%
0,138
Ersparnis durchKoswa-Ventile
+ 22,8%
– 6,6%
+ 13,3%–––––––(4182 M.)
+ 13,3%
+ 20%
+ 16,9%–––––––(2775 M)
Obwohl also die Koswa-Ventile um 6,6% (Spalte 3) teurer in der Anschaffung sind als
Normalventile, werden die Mehrkosten durch Verringerung des Rohrdurchmessers
(Spalte 2) soviel geringer, daß die Gesamtanlagekosten (Spalte 4) noch um 13,3%
niedriger ausfallen. Durch den geringeren Druckabfall (Spalte 8) ermäßigen sich
ferner die Dampfkosten (Spalte 6) um 20%, sodaß die jährlichen Betriebskosten
(Spalte 7) noch eine Ersparnis von 16,9% aufweisen.
VII. Vergleich einer überlasteten Leitung mit einer richtig
berechneten Rohrleitung bei normalen Ventilen.
1
2
3
4
5
6
7
8
Durchm.d.mm
Anlagekosten
Gesamt-anlage-kosten%
Kapital-kosten%
Dampf-kosten%
Jährl.Betriebs-kosten%
Druck-abfallkg/cm2
Rohre%
Ventile%
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Enger
Durchm.(Rohrleitungüberlastet)
131
100%
100%
100%
100%
100%
100%
0,515
Billigster Durch-messer
169
137,9%
169,3%
146,6%
146,6%
59%
82,3%
0,177
Ersparnis beim bil-ligsten
Durchm.db = 169
– 37,9%
– 69,3%
– 46,6%–––––––(9936 M.)
– 46,6%
+ 41%
+ 17,7%–––––––(3556 M)
Naturgemäß werden bei dem größeren Durchmesser die Rohrkosten und Ventilkosten und
demnach die Gesamtanlagekosten (Spalte 4) erheblich größer. Durch Verringerung des
Druckabfalls (Spalte 8) ermäßigen sich aber die Dampfkosten (Spalte 6) derart, daß
an jährlichen Betriebskosten 17,7% erspart wurden.
VIII. Der hohe Dampfverbrauch der engen Leitung ist im Wesentlichen bedingt durch den
starken Druckabfall infolge der großen Widerstände der normalen Ventile. Welche Ersparnis durch Ersatz der normalen Ventile durch Ventile
geringen Widerstandes, z.B. Koswa-Ventile, erzielt werden kann, zeigt
folgende Zusammenstellung:
Ersparnis durch Auswechslung normaler Ventile gegen Koswa-Ventile
in überlasteter Rohrleitung
1
2
3
4
5
6
7
8
Einzel-wider-stand∑ξ
Anlagekosten
Gesamt-anlage-kosten%
Kapital-kosten%
Dampf-kosten%
Jährl.Betriebs-kosten%
Druck-abfallkg/cm2
Rohre%
Ventile%
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Normale Ventiled = 131 mm
30
100%
100%
100%
100%
100%
100%
0,515
NeueingebauteKoswa-Ventiled =
131 mm
6
100%
170%
119,5%
119,5%
50%
54%
0,169
Ersparnis durchEinbau d.
Koswa-Ventile
–
– 70%
– 19,5%–––––––(4160 M.)
– 19,5%
+ 50%
+ 46%–––––––(6300 M)
Der Einbau der Koswa-Ventile verteuert zwar die Anlagekosten um 19,5% (4160 M.),
durch Verringerung der Ventilwiderstände und dadurch des Druckabfalls (Spalte 8)
werden aber 50% der Dampfkosten gespart, sodaß die jährliche Ersparnis an
Betriebskosten 46% (6300 M.) beträgt, also der Mehrpreis für die Ventile bereits in
8 Monaten bezahlt ist.
Das Gesamtergebnis der ganzen Arbeit läßt sich kurz folgendermaßen
zusammenfassen:
1. Bei Neuanlagen wird es zweckmäßig sein, stets auf den „billigsten“
Durchmesser nach Maßgabe der entwickelten Formeln zurückzugehen. Dringend zu
empfehlen ist, die Einzelwiderstände auf das äußerste zu beschränken, vor allem nur
neuzeitliche Absperrorgane mit geringem Durchgangswiderstand zu nehmen.
2. Bestehende Anlagen sind nachzuprüfen, ob nicht durch einfache bauliche
Veränderungen, Auswechslung von T-Stücken, Einbau großer Bogen statt Krümmer, vor
allem durch Auswechslung normaler Ventile durch neuzeitliche mit geringem Widerstand
die Einzelwiderstände auf ein Mindestmaß herabgesetzt werden können.
(Zeitschrift für Dampfkessel u. Maschinenbetrieb Nr. 49 XXXXIV. Jahrgang vom 9.
Dezember 1921.Vergl. S. 77.
Professor O. Denecke, Braunschweig.
Der Ruthssche Dampfspeicher. Bei schwankenderf
Dampfentnahme ist es kaum möglich, den Brennstoft gleichmäßig gut auszunutzen. Es
muß daher angestrebt werden, vom Betrieb jede Unregelmäßigkeit tunlichst
fernzuhalten.
Textabbildung Bd. 337, S. 104
Wie wichtig dies ist, wird verständlich, wenn man hört, daß
durch Versuche eine Abnahme der mittleren Kesselleistung von 22 v. H. bei
wechselnder Belastung festgestellt wurde. Ferner ergaben sich Unterschiede der
Wärmeausnutzung bis 23 v. H. bei ungleichmäßigem beziehungsweise stetigem Betrieb.
Der neue Speicher von Dr. Ruths macht es möglich, die Dampfentnahme während einer
Reihe von Stunden und Tagen unverändert zu halten. Die genannte Vorrichtung ist ein
Walzenkessel mit 2 gewölbten Böden, der zu etwa 90 v. H. mit Wasser gefüllt ist. Wie
die Abbildung zeigt, tritt der Dampf durch die Ventile X1 und Y1 in die Verteilungsleitung Z und
strömt durch die Düsen P aus. Letztere wirken wie Strahlpumpen und sorgen für eine
innige Vermischung zwischen Dampf und Wasser. Der Austritt des ersteren aus dem
Kessel erfolgt durch die Düse F, die nach Art einer Laval-Düse ausgebildet ist. Die
Dampfmenge, welche durch dieselbe strömt, ist bekanntlich in gewissem Sinne
unabhängig vom Gegendruck. Infolgedessen wirkt die Düse bei Störungen ähnlich wie
ein Rohrbruch Ventil. Der Speicher ist gut isoliert. Es kommen demnach
Abkühlungsverluste kaum in Frage. Der Behälter ist um so aufnahmefähiger, je mehr
der Arbeitsbereich im Niederdruckgebiete liegt. Bei einem
Dampfkraft-Elektrizitätswerke kann folgende Schaltung Verwendung finden. Die
Dampfturbine ist in 2 Stufen geteilt. Der Speicher wird zwischen der Hoch- und
Niederdruckstufe angeschaltet. Erstere dient zur Aufnahme der Grundbelastung,
letztere zur Bewältigung der Spitzenbelastung. Der Frischdampf durchströmt die
Hochdruckturbine. Von dort kann er entweder unmittelbar in die Niederdruckstufe oder
in den Speicher treten. Nie öffnet sich ein Sicherheitsventil, sondern der Behälter
nimmt den überflüssigen Dampf auf. Sinkt die Kesselbelastung, so geht weniger Dampf
durch den Hochdruckteil. Fällt hierbei die Umdrehungszahl, so gibt der Speicher
Dampf ab. Der Niederdruckteil wird somit stärker belastet. Nur das Speichermanometer
muß beobachtet werden. Die Rauchgasschieber verstellt der Heizer aber erst, wenn der
Behälterdruck zu hoch oder niedrig wird. Infolge einer derartigen Anwendung kommt
man mit einer bedeutend kleineren Kesselheizfläche aus. Auch fällt das Warmhalten
von Reservekesseln fort. Als Vorteil ist es überdies zu betrachten, daß der Speicher
außerhalb des Kesselhauses an irgend einem verlorenen Platze aufgestellt werden
kann. Gegenüber diesen Vorzügen und der Möglichkeit, 15–20% Ersparnisse im
Betriebe zu machen, verschwinden die Anschaffungskosten des Behälters.
Auch im Hochofenbetriebe läßt sich der Ruthssche Dampfspeicher mit Nutzen verwenden.
Er kann hier einen Ausgleich schaffen zwischen der schwankenden Gichtgaslieferung
seitens der Oefen und dem Energiebedarf der Zentralen. Die Grundbelastung des
Kraftwerkes übernehmen Gasmaschinen, während die Spitzenbelastung von Dampfturbinen
getragen wird. Deren Kessel werden durch Gasüberschüsse geheizt. Im Verlaufe solcher
Ueberschußperioden füllen sich die Speicher mit Dampf. Sie geben denselben an den
Niederdruckteil der Turbinen ab, sobald Gasmangel eintritt. (G. Schulz in Stahl und
Eisen, 1922, Nr. 5.)
Schmolke.
Bemerkenswerte Abdampfverwertung an einer
Heißdampf-Lokomobile. Ein interessantes Beispiel dafür, in welchem Maße
eine verbundene Kraft- und Wärmewirtschäft der getrennten überlegen ist, zeigt
nachfolgende Abhandlung über eine kürzlich von der Firma Gebrüder Weißbach,
Chemnitz, ausgeführte Abdampfverwertungsanlage. Diese Anlage gewinnt dadurch noch
besonders an Interesse, da es sich um die Verwertung des Abdampfes der größten
bisher von R. Wolf gebauten Heißdampf-Lokomobile von 750 PSe handelt, die sich im
Werk Siegmar der Firma Hermann & Alfred Escher A.-G. befindet.
Vor Umstellung der Wärme Wirtschaft bestand dort folgende getrennte Kraft- und
Wärmeerzeugung:
A. Dampfkraftanlage:
a) 1 Heißdampf-Lokomobile 16 at abs., 320°C. Ueberhitzung, 750
PS,
b) 1 Heißdampf-Lokomobile 13 at abs., 320° C. Ueberhitzung, 260
PS.
Beide Maschinen treiben mittels Riementrieb
Drehstrom-Generatoren, jedoch diente die kleine Lokomobile lediglich als
Reserve-Maschine, während die große Lokomobile durchschnittlich mit etwa 650 PS
belastet war.
B. Die Heizungsanlage war als Dampfheizung mit 3 at abs.
Betriebsdruck gebaut. Dampferzeuger war ein Flammrohrkessel von 80 qm Heizfläche mit
einer Dampflieferung von rd. 2000 kg/Std. (= 1000000 WE.) unter größter Anstrengung.
Der Wärmebedarf des gesamten Werkes beträgt durchschnittlich etwa 1100000
WE./Std.
Diese Betriebsart war naturgemäß wenig wirtschaftlich. Zudem zeigte sich noch der
Uebelstand, daß der knapp bemessene Heizkessel den durchschnittlichen normalen
Wärmebedarf kaum, den Wärmebedarf an kältesten Tagen von – 20° C. jedoch überhaupt
nicht zu decken vermochte, so daß die Erwärmung der Räume unzulänglich war.
Wesentlich anders hat sich dies alles gestaltet, nachdem die Verbindung der Kraft-
und Wärme Wirtschaft durchgeführt worden ist. Nunmehr wird die große Lokomobile mit
etwa 1,1 at abs. Gegendruck gefahren, wobei die erzielbare Höchstleistung 480 PS
beträgt. Um die
erforderliche Abdampfmenge mit der Belastung der Lokomobile in Einklang zu bringen
und nicht mehr Abdampf zu erzeugen, als in der Heizung jeweils verbraucht werden
kann, machte sich eine entsprechende Anpassung durch Verminderung in der Belastung
der großen Lokomobile nötig; den Rest der erforderlichen Leistung bringt die mit
Kondensation fahrende kleine Lokomobile auf.
Die Betriebsverhältnisse vor und nach dem Umbau zeigt folgende Uebersicht:
vor dem Umbau:
nach dem Umbau:
1) Die gr. Lokomobile wurde bei einer durchschn.
Belastg. v. rd. 650 PSe m. Konden- sation gefahren.
Dampf- verbrauch 3000 kg/Std.2) D.
Heizkessel lief. unter gr. Anstrengung 2100 „ „
1) Die gr. Lokomobile wird mit 1,1 at abs. Gegendr.
gefahren, Durchschn. Belastg. 390 PSe, Dampfverbrauch 2650
kg/Std.2) D. kl. Lokomobile f. m.
Kondensation durchschn. Belastg 260 Pse,
Dampf- verbrauch 1200 „ „
––––––––––––––
–––––––––––
d. ges. Frisch- dampferzeu- gung betrug: 5100
kg/Std.
d. ges.
Frisch- dampferzeugung beträgt 3850
kg/Std
Es zeigt sich damit zunächst einmal als wesentlichster
Vorteil, daß die Frischdampferzeugung um 5100 – 3850 = 1250 kg/Std. vermindert
worden ist. Umgerechnet auf 170 Heiztage bedeutet dies unter Zugrundelegung einer
guten Kohle mit 6facher Verdampfung eine jährliche Ersparnis von rd. 300 t
Kohle.
Außerdem kommt noch hinzu, daß nunmehr eine vollständige und ausreichende Erwärmung
auch an kältesten Wintertagen zu verzeichnen ist, ohne daß irgend eine Vergrößerung
der Kesselanlage nötig geworden wäre. Im Gegenteil ist der bisher ständig im Winter
gefeuerte Heizkessel vollständig außer Betrieb gesetzt worden.
Die Tilgung der Anlagekosten erfolgt in etwa 1½ Jahren. Der größte Teil der
Umbaukosten erstreckte sich auf die Vergrößerung der Heizflächen, da die Heizung
jetzt nur noch mit einem Betriebsdruck von rd. 1,0 at abs. arbeitet. Um im Sommer
ohne weiteres den Betrieb der großen Lokomobile wieder auf Kondensation umstellen zu
können, machte sich noch anstatt des bisherigen Kolbenschiebers der Einbau eines
anderen nötig derart, daß durch Drehen an einem Handrad eine steuernde Kante des
Schiebers verstellt wird, wodurch die Kompression dem jeweiligen Gegendruck
(Kondensation- bzw. Auspuffbetrieb) angepaßt wird.
Mitteldeutsche Ausstellung Magdeburg 1922. Einen großen
Anteil an der umfangreichen Beschickung der Ausstellung hat vor Behörden,
Verwaltungskörpern, Verbänden, Handel und Gewerbe naturgemäß die deutsche Industrie. Einige bemerkenswerte Ausstellungsobjekte sollen
nachstehend kurz bezeichnet werden:
Zeitgemäß sind Anlagen zur Verwendung und rauchlosen Verbrennung geringwertiger oder
minderwertiger Brennstoffe, modernste Sparfeuerungsanlagen, neuartige
Müllverwertungsverfahren, Ascheaufbereitungsanlagen, Magnetscheide-Anlagen,
Sparbau-Materialien, neuzeitliche Bearbeitungsmethoden und die Psycho-Technik.
Komplette Transport-Einrichtungen, Kollergänge, Verbrennungsmotoren und
kompressorlose Treiböl-Motoren zum Betriebe mit Braunkohlen-Teeröl, Benzol, Rohöl
werden in erster Linie den Fachmann interessieren. Die elektrische
Groß-Stromversorgung einzelner Provinzen und ausgedehnter Gebiete durch
Ueberland-Zentralen wird in gemeinverständlicher Weise demonstriert, in Verbindung
hiermit gelangen zur Ausstellung elektrische Spezialmaschinen, sowie Elektromotoren
allerneuster Konstruktion. Die Gastechnik wird durch Modelle von
Gaserzeugungsöfen und Gaswerken vertreten sein. Auf Neueinrichtungen im Gaswerk
(Kammeröfen aus Vertikalöfen, Zentral-Generator-Anlagen mit Koksheizung bezw.
Braunkohlen-Brikettheizung und Tieftemperaturteer-Gewinnung) wird hingewiesen, wobei
gleichzeitig die Mengenverhältnisse der Ausbeute aus Kohle in Vergleich gebracht
werden. Besondere Beachtung verdienen die verschiedenen Anwendungsarten des Gases zu
Beleuchtung, Heizung, Koch- und Gewerbezwecken in Verbindung mit den dazugehörigen
Apparaten. Nachweis der Wirtschaftlichkeit, Kostenberechnung für Anlage als auch für
Betrieb dienen als Ergänzung. Oelmühlen im Betriebe, Ziegelei-Maschinen, Modelle von
Ring- und Kalköfen, ferner Schiffsdampfmaschinen, Schiffsmotoren, Kessel und
Ueberhitzer, Treppenrostfeuerungen, Eismaschinen, Wärme- und
Kälteschutz-Isolierungen sind Ausstellungsobjekte, die starkem Interesse begegnen
werden. Die Schwachstrom-Elektrotechnik stellt u.a. komplette automatische
Fernsprechzentralen für Selbstanschluß, elektrische Alarm-Anlagen, elektrische
Uhren, Signal-Apparate, Wächter- und Arbeitszeit-Kontroll-Einrichtungen, sowie
modernste Akkordzeitkontroller aus. In vorbildlicher Weise eingerichtete Röntgen-
und elektromedizinische Laboratorien unterrichten sowohl den Arzt wie auch den
Techniker über bemerkenswerte Neuerungen auf diesem Gebiet.
Die landwirtschaftliche Großmaschinen-Industrie, Firmen landwirtschaftlicher
Kleinmaschinen und Geräte, Karosserie- und Fahrzeugfabriken, Fabrikanten von
landwirtschaftlichen Gebrauchsgegenständen sind durch erhebliche Platzbelegung auf
der Miama vertreten. Die Luftfahrzeug-Industrie beteiligt sich durch Modelle von
Luftschiffen, Flugzeuge und sonstige geeignete Ausstellungsobjekte. Ebenfalls in die
Erscheinung tritt die Automobil-Branche mit Kleinautos, Einspurautos,
Ueberland-Geschäftswagen und Spezial-Fahrzeugen.
In sehr anschaulicher und ausführlicher Weise wird das Verkehrswesen mit seinen
Betriebsmitteln und Industrien berücksichtigt.
Eine Ausstellung, die zeigen soll, wie und in welchem Umfange sich einheimische
Rohstoffe restlos auswerten lassen, in welcher Weise für ausländisches Material
vollwertiger Ersatz geschaffen werden kann und welche Ausblicke für die Zukunft sich
eröffnen, darf an den Ergebnissen der modernen chemischen Forschung und Industrie
nicht vorübergehen. Diesem Gedanken Rechnung tragend, wird die chemische Industrie
in dem Rahmen des Ausstellungsprogramms der Mitteldeutschen Ausstellung Magdeburg
unter der Rohstoffwirtschaft in die Erscheinung treten. Sowohl in den
geschichtlichen, als auch in den statistischen und technisch-industriellen Teilen
knüpft die Unterabteilung „Rohstoffe“, ihre Gewinnung, Verarbeitung und
Verwertung an die Rohstoff-Gebiete des mittleren Deutschland an. Die
Luftstickstoffindustrie, die Deutschlands Unabhängigkeit von den chilenischen
Salpeterlagern bewirkt hat, ist in Mitteldeutschland zu besonderer Blüte gelangt.
Große Werke der Schwefelsäure-, Sprengstoff- und Düngemittel"#x2010;Industrie mit
ihren Ergänzungsprodukten schließen sich der Ausstellung an. Farbstoffe,
pharmazeutische Produkte, Glyzerin, Sacharin, die Industrie der ätherischen Oele
haben in Deutschland eine dauernde Produktionsstätte gefunden. Durch die in großer
Zahl eingelaufenen Anmeldungen bedeutender chemischindustrieller Großfirmen aus
allen Teilen Deutschlands geht offensichtlich hervor, in welchem Maße an dem
Wiederaufbau des deutschen Wirtschaftslebens werktätiger Anteil genommen wird. Von
mitteldeutschen Werken beteiligen sich in sehr reichlichem Umfange: die
Sacharin-Fabrik Akt.-Ges., Magdeburg-Südost, die Firma Seite & Co.,
Magdeburg, Pflöger & Hentig, Magdeburg, aus der weiteren Umgebung: das Deutsche
Kali-Syndikat, Berlin, die Olex-Petroleum-Gesellschaft, Berlin, die Firma Pfeiffer
und Dr. Schwandner, Ludwigshafen, die Akt.-Ges. Lignose, Berlin, die Merkschen
Guano- und Phosphat-Werke, Hamburg u.a. Mit Erfolg wird durch die Ausstellung die
Tatsache belegt werden, daß der Aufschwung der chemischen Industrie innerhalb
der letzten Jahre mit fast jedem Gewerbezweige des Deutschen Wirtschaftslebens eng
verknüpft ist und das unter den Druck der heutigen Verhältnisse der Wiederaufbau des
Wirtschaftslebens nur in engster Anlehnung an die Errungenschaften der chemischen
Forschung erfolgen kann.