Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 325 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Von der schwedischen Oelschieferindustrie. Schweden
verfügt bekanntlich über riesige Lager von Alaunschiefer, die in den Provinzen
Närke, Västergötland, Jämtland, Västerbotten und Lappland eine besonders große
Ausdehnung haben. Die Versuche, den Schiefer als Brennstoff zu verwenden oder durch
Destillation Mineralöl daraus zu gewinnen, reichen schon recht weit zurück, ein
wirtschaftlicher Erfolg war diesen Bestrebungen aber vor dem Kriege nicht
beschieden. Als jedoch die Kohlennot immer größer wurde und die Preise für Mineralöl
mehr und mehr stiegen, begann man in Schweden neben der verstärkten Benutzung von
Holz und Torf als Brennstoff auch der Ausbeutung der heimischen Schieferlager
erhöhte Beachtung zu schenken. Hierbei können, wie Dr. Saller im Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt 1920, S. 211, näher
ausführt, zwei verschiedene Wege eingeschlagen werden. Da der Schiefer an den
meisten Fundorten Kalkstein eingelagert enthält, kann man daran denken, diesen
Kalkstein zu brennen und die dabei aus dem Schiefer entweichenden Oele, Schwefel-
und Stickstoffverbindungen als Nebenprodukte zu gewinnen. Bei dem bisher geübten
Brennen des Kalksteins in Feldöfen entweichen die Ammoniak- und Oeldämpfe ungenutzt
und belästigen zugleich die Nachbarschaft dieser Betriebe recht stark, so daß schon
aus diesem Grunde eine Aenderung des Brennprozesses erwünscht wäre. Als Wärmequelle
für das Kalkbrennen kommen in erster Linie der beim Verschwelen des Schiefers
zurückbleibende Koks sowie die dabei entweichenden brennbaren Gase in Betracht, die
zusammen etwa drei Viertel vom gesamten Wärmewert des Schiefers ausmachen.
Der zweite Weg zur Verwertung des Alaunschiefers beruht auf der Ausnutzung seiner
Verbrennungswärme. Die schwedischen Schieferlager bergen in ihrer Gesamtheit
zweifellos einen ungeheuren Wärmevorrat, doch bereitet die Verfeuerung dieses
Materials wegen seines hohen Aschegehaltes einige Schwierigkeiten und aus
demselben Grunde verträgt der Schiefer auch keinen weiten Transport. Man müßte ihn
daher an den Fundorten selbst verfeuern bzw. vergasen und die erzeugte Wärme in
elektrische Energie verwandeln; im letzteren Falle könnte als Nebenprodukt ebenfalls
Oel gewonnen werden. Nach diesem Verfahren wird bereits in größerem Maßstab
gearbeitet und es hat sich wirtschaftlich besser bewährt als das erstgenannte
Verfahren. Eine eigens gegründete Gesellschaft, die „Schwedischen
Schieferwerke“, benutzen das Schiefergas zum Betrieb von Motoren, zur
Heizung von Dampfkesseln sowie zur Heizung von Kalköfen. Es erscheint nicht
ausgeschlossen, daß auf diesem Wege eine Elektrifizierung der mittleren und
südlichen Teile Schwedens, die nur wenig Wasserkräfte besitzen, möglich ist.
Sander.
Beheizung von Martinöfen mit Holzgas. Infolge der
Kohlennot war man in den letzten Jahren an zahlreichen Stellen gezwungen, zur
Feuerung von Dampfkesseln sowie zur Herstellung von Leuchtgas Holz anstelle von
Kohlen zu verwenden. Aber auch zur Erzeugung von Generatorgas hat man mit Erfolg das
Holz herangezogen und hat damit selbst in Gas-erzeugern, die zur Vergasung von
Steinkohle und Koks konstruiert sind, recht günstige Ergebnisse erzielt.
Interessante Einzelheiten hierüber enthält ein Bericht des französischen Hüttenwerks
in Firminy, der in der englischen Zeitschrift „The Engineer“, veröffentlicht
ist. Das Generatorgas wurde in Hilger-Generatoren
hergestellt und zwar wurde anfangs eine Mischung von Holz mit Kohlen, später
ausschließlich Holz vergast Das Holz wurde in Scheiten von etwa 50 cm Länge und 12
cm Dicke in den Generator eingefüllt, der stets zunächst mit Kohlen in Betrieb
gesetzt wurde und dann ohne jede Störung mit Holz weiterverarbeitete. Außer
Scheitholz wurden auch Sägespäne und andere Holzabfälle vergast. Bei Vergasung von
Holz in Mischung mit Kohlen wurden auf 1 t Stahlblöcke 550 kg Holz sowie 148 kg
Kohle vergast, bei Verwendung von Holz allein stellte sich der Verbrauch auf durchschnittlich
700 kg Holz für die Erzeugung von 1 t Stahlblöcken. Auf diese Weise konnten die drei
Martinöfen des Werks, die eine Leistung von je 25 t haben, ohne Betriebsstörung und
ohne Verminderung der Erzeugung im Feuer gehalten werden. (Chem. Industrie 1921, S.
388).
Sander.
Bericht über den Vergaser-Bewerb. Am 10. Juli 1919 wurde
vom „Allgemeinen Deutschen Automobil-Klub“ beschlossen, einen Vergaserbewerb
auszuschreiben. Es haben sich hierzu 16 Firmen, die sich mit dem Vergaserbau
beschäftigen, gemeldet. Zuerst wurde mit den gemeldeten Vergasern auf einer Strecke
von etwa 300 km Fahrten ausgeführt, hierauf Bremsversuche im Institut für
Kraftfahrwesen an der technischen Hochschule Dresden. Als Brennstoff wurde bei den
Fahrversuchen Benzol-Treiböl und Benzol-Petroleum verwendet. Das Benzolöl enthielt
50 v. H. Benzol und 50 v. H. Marinetreiböl. Das Marinetreiböl ist eine Destillation
des Erdöls und siedet zwischen 200–370° C. Dasselbe enthält außerdem noch etwa 10–15
v. H. Schmieröl. Das spezifische Gewicht des Benzolöles war 0,848. Das
Benzol-Petroleum bestand bei der Fahrtprüfung aus 40 v. H. Benzol und 60 v. H.
Motorenpetroleum. Das Motorenpetroleum war aus dem Marinetreiböl durch Destillation
gewonnen und siedete zwischen den Grenzen zwischen 180–300° C. Für die Versuche am
Bremsstand wurde Benzol-Petroleum mit 30 v. H. Benzol-Zusatz verwendet.
Für die Fahrversuche wurden 4½-t-Daimler-Lastwagen mit 45-PS-Vierzylindermotor von
120 mm Bohrung und 160 mm Hub verwendet. Die Dauer der Fahrtprüfung betrug 5 Tage.
Am 1. und 2. Tage wurde mit Benzol-Treiböl gefahren, am 3. und. 4. Tage mit
Benzol-Petroleum und am letzen Tage zum Vergleich mit Benzol.
Mit den Bremsstandprüfungen wurde am 30. März 1920 begonnen, am 12. Juli 1920 waren
dieselben beendet. Das Einregulieren der Vergaser war ausschließlich den Vertretern
der Wettbewerber überlassen. Als Versuchsmotoren standen zwei neue Lastwagenmotoren
der Daimler-Motoren-Gesellschaft in Marienfelde und zwei neue Personenwagenmotoren
der Audi-Werke A.-G., Zwickau, zur Verfügung. Die vierzylindrigen Lastwagenmotoren
hatten 108 mm Bohrung und 150 mm Hub, ihre Bremsleistung beträgt bei 1000
Umdrehungen in der Min. 35 PS. Die Ventile werden von unten gesteuert. Der Regulator
und die Kühlwasserpumpe war bei den Versuchen abgeschaltet. Der
Vierzylinder-Audimotor ist als Blockmotor mit eingegossener Ansauge- und
Auspuffleitung ausgeführt. Bei den Versuchen mit dem Lastwagenmotor wurde eine Liebelsche Wasserbremse verwendet. Die Versuche mit dem
Audimotor erfolgten auf einem Pendelrahmenbremsstand mit einer verstellbaren
Windflügelbremse, deren Reaktions-Moment durch eine Laufgewichtswage gemessen
wurde.
Vor Beginn jeder neuen Vergaserprüfung wurden die Zylinder der Motoren abgenommen,
der Motor untersucht und gereinigt und abgenutzte Teile durch neue ersetzt. Als
Kraftstoff diente bei sämtlichen Versuchen eine Mischung von 70 v. H. Rohpetroleum
und 30 v. H. Benzol, und wurde im gemischten Zustande von der Firma Max Elb, Dresden geliefert.
Die Versuche wurden folgendermaßen ausgeführt: Das Andrehen des Motors erfolgte am
kalten Motor. Die Drosselklappe durfte während des Andrehens nicht verstellt werden.
Es wurde die Zeit bis zum Anspringen des Motors und die Zahl der dazu erforderlichen
Umdrehungen festgestellt. Bei den Leistungsversuchen wurde festgestellt, daß die
Motoren nach 15 Minuten Volleistungsbetrieb ihren normalen Wärmezustand
erreicht hatten. Die Versuche wurden bei vollständig geöffneter Drosselklappe
und der vorgeschriebenen höchsten Drehzahl ausgeführt. (Umlaufzahl i. d. Min. für
Audimotor 2000, für Daimlermotor 1000). Dabei wurde die Bremse solange einreguliert,
daß ein größtes Drehmoment erreicht wurde. Gemessen wurde dabei: Drehmoment,
Drehzahl, Kraftstoffverbrauch, Kühlwassermenge, Kühlwassertemperatur. Hieraus konnte
die Bremsleistung in PS, der Kraftstoffverbrauch in kg/PSe u. Std. berechnet werden.
Weiterhin wurden Beschleunigungsversuche ausgeführt. Die mit dem Motor gekuppelte
Bremse wurde vollständig entlastet. Sie wirkte lediglich als Schwungmasse. Die
Drosselklappe des Vergasers wurde dann soweit geschlossen, daß der Motor mit der
niedrigsten Drehzahl lief. Die Drosselklappe, wurde dann rasch geöffnet und mittels
Stoppuhr die Zeit festgestellt, die zur Erreichung der vorgeschriebenen
Höchstdrehzahl notwendig war. Um Drosselkurven zu erhalten, wurden bei
gleichbleibenden Umlaufzahlen (1800 und 1900 beim Audimotor, 850 und 750 beim
Daimlermotor) das mit den Bremsen erzielbare geringste Drehmoment und dann
diejenigen eingestellt, die etwa ¼, ⅓, ½, ⅔, ¾ der Belastung und der Volleistung
selbst entsprachen. Die gleichbleibende Drehzahl wurde dabei durch entsprechende
Einstellung der Drosselklappe erreicht. Bei den Leerlaufversuchen wurden die Bremsen
vollständig entlastet und die Drosselklappe soweit geschlossen, daß die niedrigste
Drehzahl erreicht wurde. Gemessen wurde dabei die mittlere Drehzahl und der
Kraftstoffverbrauch.
Für die Gesamtwertung wurden zusammen 1000 Punkte mit folgender Verteilung
vorgesehen:
1. Fahrtprüfung 300 Punkte.
2. Bremsstand-Prüfung 600 Punkte, und zwar Audimotor 350 Punkte
und Daimlermotor 250 Punkte.
3. Technische Prüfung 100 Punkte.
Die Ergebnisse am Bremsstand wurden also doppelt so hoch als die Ergebnisse der
Fahrtprüfung gewertet, und zwar mit der Begründung, daß die Ergebnisse am Audimotor
etwas höher zählen, da bei der Fahrtprüfung bereits der Daimlermotor verwendet
wurde.
Die Gesamtwertung setzt sich zahlenmäßig folgendermaßen zusammen:
Vergaser
Homa
Einborn
Pallas
Zenith
Grätzin
Schlee
Füllbeck
Harras
Lyma
FahrtprüfungBremsstandprüfungTechnische
Prüfung
293543 83
257500 83
287434 79
281356 67
228349 94
216296 78
201207 68
196107 70
202 0 66
Gesamtwertung
919
900
800
704
671
590
536
373
268
Auf Grund der Gesamtwertung wurde ein erster Preis dem Einborn-Vergaser und dem
Homa-Vergaser, ein zweiter Preis dem Pallas-Vergaser und ein dritter Preis dem
Grätzin-Vergaser und dem Zenith-Vergaser zuerkannt. (Zeitschrift Automobiltechnik
1921, Heft 18 und 19.)
W.
Verstopfung von Dampfwegen durch Oelrückstände. Bei einer
ca. 75pferdigen Heißdampflokomobile, die zwecks Neuaufstellung einer genauen
Durchsicht unterzogen wurde, stellte sich das überraschende Ergebnis heraus, daß die
Dampfkanäle vom Kolbenschiebergehäuse zum Hochdruckzylinder mit einer schwarzen,
pechartigen, harten Masse versetzt waren. Der eine Kanal derartig, daß von einem
freien Durchgang keine Rede mehr war.
Auch das Verbindungsrohr vom Hochdruckzylinder zum Niederdruckzylinder war stark
durch diese Masse verengt.
Wie mag diese Maschine in der letzten Zeit gearbeitet haben?
Die eine Kolbenseite hat offenbar überhaupt keinen Dampf mehr bekommen und
infolgedessen keine Arbeit mehr geleistet, man kann sich ein Bild von der
Dampfausnutzung und der Gleichmäßigkeit des Ganges machen. Die Ursache dieser
Verengung sind Rückstände und Abscheidungen aus dem Schmieröl. In der zweiten Hälfte
des Krieges und in der Nachkriegszeit waren die meisten Betriebe leider gezwungen,
Oele von fragwürdiger Beschaffenheit zu verwenden. Die schlechte Schmierfähigkeit
wurde durch reichlichen Verbrauch auszugleichen versucht. Deswegen war es möglich,
daß Schmierstoffe, die sowieso zu Rückständen neigten, diese in ganz besonders
reichlichem Maße in den Dampfwegen absetzten und deren schließliche Verstopfung
herbeiführten. Mir sind eine ganze Anzahl von Fällen aus eigener Anschauung bekannt,
wo die Auspuffrohre bis auf einen geringen Bruchteil ihres ursprünglichen
Querschnittes verengt waren. Es handelte sich in diesem Falle um fahrbare
Lokomobilen, die landwirtschaftlichen Zwecken dienten. Gewöhnlich wurde dem Uebel
erst dann nachgespürt, wenn die Maschine ihren Auspuffdampf überhaupt nicht mehr
loswerden konnte und nicht mehr anlief.
Daß eine solche Maschine infolge des hohen Gegendruckes entsprechend an Leistung
einbüßt bzw. für Aufrechterhaltung derselben Leistung einen soviel höheren
Dampfverbrauch aufweisen muß, ist einleuchtend, es wird sich daher empfehlen, bei
auffallender Leistungsverminderung trotz dichter Kolben- und Schieberabschlüsse die
Dampfwege auf etwa vorhandene Verstopfungen zu prüfen, was sich auch dann empfiehlt,
wenn der Speisewasserverbrauch (also Dampfverbrauch) auffallend gestiegen ist.
Wie wichtig der Grundsatz ist, die besten, wenn auch teuersten
Schmierstoffe zu benutzen bei sparsamster Verwendung geht, auch aus dieser
Beobachtung wieder hervor.
Dipl.-Ing. Reichelt.
Felddrahtseilbahnen. In der Versammlung der Deutschen
Maschinentechnischen Gesellschaft vom 18. Oktober 1921 hielt Regierungsbaumeister a.
D. Wilhelm Wurl einen Vortrag über „Anwendungsgebiet,
Konstruktion und Leistungen der Felddrahtseilbahnen während des
Weltkrieges“. Der Vortragende, der als Hauptmann d. L. die Entwicklung des
Drahtseilbahnbaues an leitender Stelle bei der Inspektion der Eisenbahntruppen
mitgemacht hatte, erläuterte in zahlreichen Lichtbildern die Vor- und Nachteile der
verschiedenen Drahtseilbahn-Konstruktionen und kam dann besonders auf die leichten
Felddrahtseilbahnen der deutschen Heeresverwaltung zu sprechen.
Es waren dies Einzeldrahtseilbahnen, die für Einzellasten von 100 bis 150 kg und eine
Länge von 2½ km eingerichtet waren. Die Drahtseilbahnen waren mit einer Anzahl von
Stützen, Gehängen usw. für die verschiedensten Gegenstände des Bedarfes in der
vordersten Linie so eingerichtet, das vermittels eines 30- bzw. 45-PS Antriebmotors
Lasten auf Höhen von 100 bis 600 m transportiert werden konnten. Bei einem mittleren
Höhenunterschied von 300 m zwischen Anfangs- und Endstation betrug die
Stundenleistung etwa 10 Tonnen.
An den Lieferungen für diese Bahnen waren die deutschen Spezialfirmen auf dem Gebiete
des Drahtseilbahnbaues Bleichert & Co. in Leipzig, Pohlig in Köln
und Heckel in Saarbrücken beteiligt.
Insgesamt sind während des Krieges im Bereich der deutschen Heeresverwaltung
etwa 500 km dieser leichten Felddrahtseilbahnen eingebaut worden und zwar in den Vogesen, in Tirol, in den Karpathen, in Bulgarien und in
der Türkei.
Annähernd die gleiche Anzahl von Drahtseilbahnen ist während des Krieges von Seiten
der österreichischen Herresverwaltung bei den deutschen Firmen bestellt und im
Bereich der österreichischen Heeresverwaltung eingebaut worden.
Reicher Beifall lohnte die interessanten Ausführungen des Vortragenden.
Im Anschluß an den Vortrag entspann sich eine interessante Diskussion über den Wert
der Einseil- und Zweiseilbahnen, sowie über Drahtseilbahnen, die bei den Gegnern,
insbesondere bei den Franzosen und Italienern Verwendung gefunden haben. Während bei
der deutschen Heeresverwaltung im Frieden Drahtseilbahnen nicht vorgesehen waren,
sind von der italienischen Heeresverwaltung bereits im Frieden Truppenübungen mit
Drahtseilbahnen angestellt worden, und es waren für Kriegszwecke reichliche
Materialien für Drahtseilbahnen vorgesehen.
Der Vorsitzende, Baurat Dipl.-Ing. de Grahl, beabsichtigt,
die Angelegenheit bezüglich des Baues von Drahtseilbahnen und die während des
Krieges gesammelten Erfahrungen weiter dahingehend zu verfolgen, ob bzw. in welchen
Fällen der Bau von Drahtseilbahnen im Anschluß an vorhandene Vollbahnen oder
Kleinbahnen allgemein von wirtschaftlicher Bedeutung sein kann.
Gebr. Körting Aktiengesellschaft, Hannover-Linden. Die
Firma Gebr. Körting Aktiengesellschaft in Hannover-Linden feiert in diesen Tagen den
50. Jahrestag ihres Bestehens. Am 1. November 1871 gründete der Ingenieur Ernst
Körting mit seinem Bruder, dem Kaufmann Berthold Körting, die Firma Gebr. Körting in
Hannover. Die Firma verdankt, wie viele andere Unternehmungen, ihr Dasein der
Reichsgründung, welche nicht nur einen großen Inlandsmarkt eröffnete, sondern auch
bei dem großen Aufschwung des wissenschaftlichen und technischen Unterrichts
vorwärtsdrängenden Persönlichkeiten die Grundlage zu Unternehmungen auf dem Gebiet
des Maschinenbaus bot. Dazu kam, daß nun auch Finanzkreise für die Industrie Geld
und Kredit übrig hatten. So entschlossen sich die beiden Brüder zur gemeinsamen
Ausbeutung der Konstruktionen und Erfindungen des einen von ihnen, des Ingenieurs
Ernst Körting.
Das Geschäft der Gebr. Körting basierte vornehmlich auf dem von Ernst Körting zu
einer gebrauchsfähigen billigen Speisewasserpumpe für Dampfkessel umgestalteten
Injektor.
Im Jahre 76 konnten die beiden Brüder eine Fabrik an der Cellerstraße nebst Gießerei
errichten. Es wurden noch weitere Strahlapparate jeder
Art aufgenommen, wie Kondensatoren, Elevatoren, Unterwindgebläse, Oelbrenner usw.,
daneben auch Streudüsen, Pulsometer (kolbenlose Dampfpumpen), Ventile und Armaturen
jeder Art. In den verflossenen 50 Jahren hat sie über eine Million Strahlapparate
abgeliefert, darunter allein über 200000 Dampfkesselinjektoren, eine große Anzahl
Oelfeuerungon aller Art, Luftbefeuchtungen für Textilfabriken, Kondensatoren
usw.
Um die Gießerei voll zu beschäftigen, wandte sich die Firma einem Fabrikationszweig
zu, der mit Strahlapparaten nichts mehr zu tun hatte, nämlich der Lieferung und
Installation von Zentralheizungen mit eigener Herstellung der Kessel und Heizkörper. Im
Jahre 1913 betrug ihr Umsatz in Heizungen 26000000 Goldmark.
Im Jahre 1881 befaßte sich sodann Ernst Körting, um die Gießerei weiter ausdehnen zu
können, mit der Vervollkomnung des Leuchtgasmotors. Der Körtingsche Gasmotorenbau
und Oelmaschinenbau erzielte bahnbrechende Fortschritte.
Der Gasmotorenerfolg machte die Räume in der Cellerstraße bald schon wieder zu eng,
so daß 1890 in die neue Fabrik in Körtingsdorf übergesiedelt werden mußte. Die
Aktiengesellschaft hat dieses Fabrikgelände wesentlich erweitert; es beträgt heute
200 Morgen, wovon 70 Morgen bebaut sind. Im Jahre 1891 wurde sodann ein vierter
Fabrikationszweig aufgenommen, nämlich der Bau von Dynamos, da diese vielfach von
Gasmotoren angetrieben, und mit diesen zusammen verkauft wurden. So entstand ein
völlig neuer Maschinentyp, die Gasdynamo. – Dazu trat dann noch die Herstellung von
Zentrifugalpumpen und Kolbenpumpen und der Bau von Bewässerungs- und
Kanalisationsanlagen.
Im Jahre 1898 schuf Ernst Körting den Zweitaktgasmotor, den die Aktiengesellschaft
sodann zu einem Großgasmotor ausbaute. Dieser Motor konnte die seither nutzlos in
die Luft entweichenden Abgase der Hochöfen und Kokereien für die Erzeugung von Kraft
oder Licht ausnutzen, verbilligte daher den Betrieb der Hüttenwerke.
Das Tempo der Entwicklung der Firma stand in einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr im
rechten Verhältnis zu den Mitteln der Inhaber; besonders die Abteilung Elektrizität
beanspruchte große Kapitalien. Es war daher den beiden Herren, die doch mittlerweile
schon Sechziger geworden waren, nur willkommen, daß eine Berliner Gruppe 1903 ihnen
anbot, die Firma in eine Aktiengesellschaft mit zunächst 16000000 Mk. Kapital
umzuwandeln. Berthold Körting wurde Vorsitzender des Aufsichtsrats. Ernst Körting
blieb ebenfalls im Aufsichtsrat.
Bei Gründung der Aktiengesellschaft wurde die Abteilung Elektrizität aufgelöst.
In die Zeit der Errichtung der Aktiengesellschaft fällt das Aufkommen einer
neuartigen Antriebsmaschine, nämlich des Dieselmotors oder, wie man heute sagt, der
Oelmaschine. Diese Maschine führte sich damals rasch ein und wurde immer mehr der
Dampfmaschine ebenbürtig. Für eine Motorenfirma wie Körting war es ein Gebot der
Selbsterhaltung, ebenfalls Dieselmotoren liefern zu können. Versuche der Firma
führten zur Schaffung der Körting-Oelmaschine liegender
Bauart; bis dahin waren allgemein nur stehende konstruiert worden. Natürlich wurde
auch der Bau stehender Dieselmaschinen, sowohl von ortfesten wie Schiffsmaschinen,
eifrig gepflegt. Im Bau von Tauchbootsmotoren war Körting von Anfang an führend
gewesen und wurde im Kriege inbezug auf Zahl und Größe der abgelieferten
U-Boots-Motoren wohl nur von einem oder zwei anderen Werken übertroffen.
In einer Zeit der Brennstoffnot, wo die Abwärmeverwertung und überhaupt die
Wärmewirtschaft von so großer Bedeutung geworden ist, konnte sich die
Körting-Gesellschaft auf Grund ihrer Erfahrung diesem Feld, das sie von jeher
beackert hatte, um so eifriger zuwenden. Sie hat in jüngster Zeit mehrere große
Fernheizwerke ausgeführt, darunter eines für die Stadt Neukölln, das wohl das größte
Pumpenheizwerk Europas ist. In solchen Heizwerken wird von einem einzigen Punkt aus
eine ausgedehnte Gebäudegruppe, ja ganze Stadtviertel mit Wärme, Warmwasser
usw. versorgt.
Um von der Vielseitigkeit der Körtingschen Fabrikate einen Begriff zu geben, erwähnen
wir nur kurz, daß die Heizungsabteilung Dampfheizungen
aller Art, Warmwasserheizungen, Abdampfheizungen, Fernheizwerke, Halbgasfeuerungen,
Warm-wasserbereitungs- und Badeanlagen, Wasservorwärmer, Großwasserraumkessel,
Lüftungsanlagen, Trocknungs- und Entstaubungsanlagen liefert.
Die Motoren-Abteilung stellt
her: Oelmaschinen für Land- und Schiffszwecke in liegender und stehender Bauart,
Motoren für leichtflüchtige Brennstoffe, Gasmaschinen, Sauggasanlagen für die
Verfeuerung von Anthrazit, Koks, Braunkohlenbriketts, Torf, Braunkohle, Holzabfällen
usw., Generatorgasanlagen für die Gaserzeugung aus diesen Brennstoffen,
Motorlokomobilen und Motorpflüge sowie vollständige Wasserversorgungs-,
Entwässerungs- und Kanalisationsanlagen mit Kolbenpumpen.
Die Abteilung Strahlapparate liefert neben Strahlpumpen
aller Art wie Injektoren, Wasserstrahlkondensatoren, Spülversatzmonitoren namentlich
Pulsometer, Vorwärmer, Streudüsen aller Art, Druckluftbremsen für Kleinbahnen,
Luftbefeuchtungen, diverse Systeme von Oelfeuerung, Desinfektionsapparate,
Wasserstrahlkondensatoren, Kesselwasserreiniger, Armaturen, Hähne, Ventile,
Zentrifugalpumpen für Hochdruck und Niederdruck usw. usw.
Im Augenblick der höchsten Blüte der Firma brach der Krieg aus. Von den 4000
Angestellten und Arbeitern wurden nach und. nach 2000 eingezogen und mußten durch
ungelerntes und weibliches Personal ersetzt werden, ja die Zahl der Arbeitskräfte
stieg damals auf über 6000. Die Körtingwerke waren eine der ersten Firmen, welche
Heeresaufträge sowohl auf ihre Friedenserzeugnisse als auch auf Munition
hereinnahmen. Unterseebootsmotoren, Flugmotoren, Oelfeuerungen für große und
kleinere Kriegsschiffe, usw. wurden in großem Maßstab und natürlich in
beschleunigtem Tempo trotz aller Hindernisse hergestellt und abgeliefert. Der
Zünderbau der Körtingwerke hatte große Dimensionen angenommen. Es war nicht leicht,
sich wieder auf Friedensarbeit umzustellen, weil der Bau von Tauchbootsmoren und
Flugmotoren aufgegeben werden mußte und damit die Gasmotorenabteilung einen Teil
ihrer Beschäftigung verlor. Es wurde jedoch Ersatz gefunden in dem Bau der normalen,
liegenden und stehenden Verbrennungsmotoren wie auch eines Kleinmotorpflugs.
Die Aktiengesellschaft hat Tochtergesellschaften in Spanien, Mexiko, und Argentinien
und unterhält eigene Filialen in Berlin NW 40, Leipzig, Breslau, Danzig, Düsseldorf
und Stuttgart, und eigene Ingenieur-Bureaus in Magdeburg, Erfurt, Dresden, Görlitz,
Frankfurt, Hamburg, Dortmund, Köln, Saarbrücken, München, Nürnberg, Gleiwitz,
Königsberg.
Die in den Feindländern bestehenden Filialfabriken und ein Teil der
Zweiggesellschaften wurden liquidiert oder abgestoßen und durch Vertretungen
ersetzt.
Das Personal der Firma beträgt heute bereis wieder 3000 Köpfe und ist in der Zunahme
begriffen; die Beschäftigung ist außergewöhnlich stark. Das Aktienkapital wurde
neuerdings auf 37000000 Mark erhöht
Patentrecht und Legierung. Auf dem letzten Vortragsabend
der Deutschen Gesellschaft für Metallkunde hielt Reg.-Rat Dr. Lach einen Vortrag über die patentrechtliche Stellung der Legierungen. Die
Grundlage bildete die Frage, ob die Legierungen chemische Verbindungen,
also als Stoffe nicht patentierbar sind, sondern nur ihre Herstellungsverfahren,
oder ob ihre Zusammensetzung in irgend einer Form patentiert werden kann. Der
Vortragende gab zuerst einen Ueberblick über die geschichtliche Entwicklung dieser
Streitfrage seit dem Entstehen des jetzt gültigen Patentgesetzes im Jahre 1891. Die
älteren bedeutenden Gelehrten des Patentrechtes betrachteten in der Hauptsache die
Legierungen nicht als chemische Verbindungen und traten daher für ihre Patentierung
als mechanische Stoffmischungen ein. Die Anschauungen dieser Männer – durchweg
Juristen – waren aber nicht durch naturwissenschaftliche Begründungen gestützt und
wohl zum größten Teil aus der Ueberlieferung beibehalten worden. Erst die neueren
Arbeiten der Chemiker und Hüttenleute behandelten die Frage fachwissenschaftlich.
Leider war auch hier die Kennzeichnung der Unterscheidungsmerkmale zwischen
mechanischen (d.h. physikalischen) und chemischen Vorgängen noch anfechtbar, und
selbst so bedeutende Gelehrte, wie Nernst und Planck, mußten zugeben, daß sich eine scharfe Grenze
zwischen physikalischen und chemischen Vorgängen nicht ziehen lasse. Dr. Samt er
brachte 1910 die wissenschaftliche Erörterung in Fluß. Er unterschied zwischen
eigentlichen chemischen Vorgängen und solchen der physikalischen Chemie, wobei er zu
letzteren die Legierungsbildung rechnete. Einen ähnlichen Standpunkt nahm auch der
Vortragende aus den weiter unter näher gekennzeichneten Zweckmäßigkeitsgründen
ein.
Das Patentamt, so führte Dr. Lach weiter aus, hat in
seiner Praxis zuerst wahllos Patentschutz auf Zusätze von Metallen zu andern
Metallen zur Verbesserung ihrer Eigenschaften erteilt. Auch auf Verfahren wurden
Patente erteilt, die aber zum größten Teil „verschleierte Stoffpatente“
darstellen. Bis zum Jahre 1913 wurde der Standpunkt wenig verändert beibehalten. In
diesem Jahr erschien eine Arbeit von Prof. Guertler, die
das Patentamt unbeabsichtigt dahin beeinflußte, daß von jener Zeit an
„verschleierte Stoffpatente“ nicht mehr erteilt wurden, sondern nur noch
Patente auf neue Herstellungsverfahren und ausgesprochene Stoffpatente. Aus der
letzteren Tatsache geht die Ansicht des Patentamtes hervor, daß die Legierungen
nicht als chemische Verbindungen zu betrachten seien. Dies steht aber anscheinend im
Gegensatz zu den neueren, metallographischen Forschungen, wonach eine Anzahl von
Legierungen unbedingt als chemische Verbindungen angesehen werden müssen. Bisher
konnte jedoch das Wesen der chemischen Verbindung einwandfrei nur für gewisse
Legierungen und nicht einmal für die Mehrheit festgestellt werden, für andre ist
aber ebenso unzweifelhaft das Wesen der Lösungsmischung in allen Verhältnissen
erwiesen. Die auf metallographischem Wege festgestellten Verbindungen in den
Legierungen lassen sich auch nicht ohne weiteres mit den Verbindungen der reinen
Chemie gleichstellen. Sie unterscheiden sich auf mancherlei Weise und sollen daher,
wie Prof. Bauer empfiehlt, zum mindesten eine
Sonderstellung einnehmen. Die Berechtigung dieser Auffassung läßt sich an der Hand
analytischer und synthetischer Untersuchungen nachweisen.
Das Patentamt kann nun aber unmöglich, so fuhr der Vortragende fort, in jedem
einzelnen Fall der Frage der Patentierbarkeit eine metallographische Untersuchung
zugrunde legen, um das Wesen der Legierung festzustellen, sondern es muß alle
Legierungen einheitlich behandeln. Eine Ablehnung der Patentierung (weil chemische
Stoffe) würde nicht im Sinne der Industrie liegen, da dies bei der Schwierigkeit,
grundsätzliche neue Verfahren zu finden, einer Schutzloserklärung der
Legierungen gleichkäme. Laufen die Ergebnisse der Wissenschaft mit den
Erfordernissen der Industrie nicht gleich, so kann das Patentrecht der Wissenschaft
nicht folgen; denn wie Werner von Siemens schon sagte,
ist das Patentrecht eine wesentlich technische Frage. Die Rechtsprechung des
Patentamtes beruht natürlich auf den Forschungsergebnissen der Wissenschaft; das
Patentamt darf aber nicht vergessen, daß es bei seinen Entscheidungen die
Zweckmäßigkeit und den Nutzen für die Industrie im Auge behalten muß. Ein starker
Erfindungsschutz hat nach den Erfahrungen aller Industriestaaten immer ein Aufblühen
ihrer Industrie zur Folge gehabt. Der Vortragende empfahl daher, die Legierungen
ausdrücklich als patentierbar anzusehen und dem über kurz oder lang erforderlich
werdenden neuen Patentgesetz diese Auffassung zugrunde zu legen.
In dem anschließenden Meinungsaustausch, an dem sich Vertreter der Wissenschaft und
Industrie beteiligten, kam eine grundsätzliche Uebereinstimmung mit den Ausführungen
und Forderungen des Vortragenden zum Ausdruck.
Geschichtliche Entwicklung, derzeitiger Stand und
beabsichtigter Ausbau der Arbeiten zur Hebung der Wirtschaftlichkeit in Gewerbe
und Industrie. Nach einem Vortrag, gehalten in der Gründungsversammlung des
„Reichskuratoriums für Wirtschaftlichkeit in Industrie und Handwerk“ beim
„Deutschen Verband technisch-wissenschaftlicher Vereine“ von Professor
Schilling, Berlin.
Die Bestrebungen zur Hebung der Wirtschaftlichkeit in Gewerbe und Industrie, deren
Verfolgung sich das Reichskuratorium zum Ziel gesetzt hat, sind nicht durchaus neu,
sondern können schon auf eine längere Entwicklung zurückblicken.
Die Hauptträger der Facharbeiten auf diesen Gebieten sind:
1. Der Normenausschuß der deutschen Industrie.
2. Der Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung.
3. Die Betriebstechnische Abteilung beim
Reichskuratorium.
4. Die Hauptstelle für Wärme Wirtschaft.
1. Beim „Normenausschuß der deutschen Industrie“ waren der Ausgangspunkt
sämtlicher Arbeiten die Normungsbestrebungen im Maschinenbau, die sich unter dem
Druck der Kriegsverhältnisse im Jahre 1916 bemerkbar machten. Der gewaltige Bedarf
an Kriegsgerät, die Vergebung großer Aufträge zu massenweiser Fertigung von
Einzelteilen an Privatfirmen bedingten eine gewisse Einheitlichkeit in der
Durchbildung der Konstruktionsteile und in den Grundsätzen der Fertigung, die bisher
fehlte. Das Fabrikationsbureau in Spandau wurde geschaffen mit der Aufgabe, die
Konstruktionszeichnungen auf die Möglichkeit einer fabrikationstechnisch richtigen
Fertigung durchzuprüfen. Das war der Beginn der Normalisierung des Heeresgerätes.
Mit noch größerer Berechtigung wurde der Gedanke dieser Normalisierung dann auf die
Friedensfabrikation übertragen. Im Mai 1917 wurde unter Beteiligung aller
angesehenen Firmen, Verbände und Behörden der später als „Normenausschuß der
deutschen Industrie“ bezeichnete Ausschuß begründet, dessen
Veröffentlichungsorgan die Zeitschrift „Der Betrieb“ wurde.
Die Schwierigkeiten, die der Ausschuß zu überwinden hatte, waren erheblich, denn
zunächst mußten die Grundnormen, d.h. die Normungen für Zahlenreihen, Durchmesser,
Abstufungen, Passungen geschaffen werden. Die erstell Ausarbeitungen waren daher
auch nicht durchaus
befriedigend und mußten zum Teil später abgeändert werden. Jetzt aber finden sie
immer mehr Anerkennung im In- und Auslande und auch Nachahmung.
Gründlich geklärt wurde zunächst die Frage der Passungen, Einheitswelle und
Einheitsbohrung wurden parallel zueinander genormt. Die zahlreichen Gewinde sind auf
zwei Systeme, das Whitworth-System und bei Schrauben unter ½'' das metrische Maß
zurückgeführt. Ebenso ist die Schlüsselweitenfrage geklärt und es können demnächst
eine große Anzahl von Normenblättern für Schrauben der Oeffentlichkeit übergeben
werden. Dies ist von ausschlaggebender Bedeutung für die ganze Industrie. Ebenso ist
die Normung von Werkzeugen zum Teil durchgeführt. Der Ausschuß für Werkstoffe
beschäftigt sich zur Zeit mit den vorbereitenden Arbeiten für die Zusammensetzung
der Eisen- und Stahlsorten, bzw. Metallegierungen. Der Normenausschuß zählt zur Zeit
98 Unterausschüsse. Er befaßt sich jetzt auch mit Elektrotechnik, Bauingenieurwesen,
den technischen Betrieben der Landwirtschaft und der Feinmechanik. Die Arbeiten
dieser Ausschüsse sind selbständig und werden vom Gesamtausschuß lediglich
genehmigt.
2. Der „Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung“ wurde im März 1918 von der
deutschen Industrie, dem „Verein deutscher Ingenieure“ und dem damaligen
Reichswirtschaftsamt gegründet zum Zweck der Spezialisierung und Typisierung.
Bezüglich der letzteren kam man aber bald zu dem Ergebnis, daß es sich dabei nur um
die Aufstellung von Reihen von Leistungen, Umdrehungszahlen, Hauptabmessungen usw.,
also im wesentlichen um Normung handele, so daß diese Arbeit an den Normungsausschuß
abgegeben wurde. Die Frage der Spezialisierung wurde dagegen sorgfältig
durchgearbeitet, namentlich wurden auch die einzelnen Möglichkeiten und Normen der
Zusammenarbeit der Einzelbetriebe (Meistbegünstigungs-Verträge, Herstellungs- und
Vertriebsorganisation) untersucht. Auch diese Arbeit ist als abgeschlossen zu
betrachten. Die Selbstkostenberechnung ergab sich dabei als der einzig einwandfreie
Maßstab für die Beurteilung wirtschaftlicher Maßnahmen, der Ausschuß hat daher
versucht, im Einvernehmen mit den Verbänden, besonders dem „Verein deutscher
Maschinenbauanstalten“, einheitliche Grundlagen für die
Selbstkostenberechnung zu schaffen, gegliedert nach Klein- und Mittelbetrieben,
Handwerk, Massenfabrikation usw. Zur Zeit wird geprüft, welche Sonderarbeiten der
Ausschuß etwa anzugreifen hat.
3. Die Betriebstechnische Abteilung beim „Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit
in Industrie und Handwerk“ ist Anfang 1918 geschaffen worden, nachdem sich
ein plötzliches Erwachen des Interesses der Praxis für technisch-wirtschaftliche
Fragen des Einzelbetriebes gezeigt und der Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung
das Material zunächst gesammelt hatte. Der zu bearbeitende Stoff gliedert sich in
folgende Hauptgruppen: Werkstoffe und Abfallverwertung, Hand- und Maschinenarbeit
und deren sachliche und persönliche Mittel (Werkzeuge, Maschinen, Arbeiterfragen),
Transportwesen und Betriebsanlagen, Energieerzeugung und -verteilung, Technik der
Selbstkostenberechnung und der inneren Organisation, technische Leistungs- und
Lieferungsbedingungen und fachpolizeiliche Vorschriften.
Die Kostenfrage spielt dabei die Hauptrolle, also die Aufstellung einer
wirtschaftlichen Bilanz. Die Frage ist zunächst am Beispiel der Energieverteilung im
Betrieb untersucht worden, über die zwar viele technische Einzelheiten vorliegen,
aus denen aber bisher nie die letzten Schlußfolgerungen gezogen worden sind. Die
Arbeiten des Ausschusses auf diesem Gebiete fanden das Interesse der Industrie,
und Großfirmen der mechanischen und elektrischen Kraftübertragung lieferten
bedeutende Mittel zur Durchführung der erforderlichen Versuche.
Aehnlich liegt es im Gebiete des Transportwesens. Auch hier sind mit Unterstützung
der Industrie Versuche zur Beschaffung der nötigen Unterlagen eingeleitet. Bei den
Werkstoffen und ihrer Verarbeitung (Hand- und Maschinenarbeit) spielt neben dem
Kostenfaktor noch der Gütefaktor eine besondere Rolle. Um die Untersuchungen zu
vereinfachen, hat man zunächst bei den Gruppen, die im wesentlichen nur von den
Kosten abhängen, wie die Arbeiten mit Spaten, Hämmern, Hacken usw., oder bei
Arbeiten, die einen bestimmten Stoff benutzen, sich lediglich auf die Untersuchung
der Kostenfrage beschränkt. Es ist mit Werkzeug- und Werkzeugmaschinenfabriken und
Forschungsanstalten zur Untersuchung der menschlichen Arbeit in Verbindung getreten
worden. Dann soll die Untersuchung der Gütefrage folgen und schließlich soll ein
Vergleich bezüglich Kosten und Güte angestellt werden.
Die Betriebstechnische Abteilung hat auch die Frage der Selbstkostenberechnung vom
Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung zur weiteren Förderung übernommen.
4. Die „Hauptstelle für Wärmewirtschaft“ ist am 1. Januar 1919 gegründet
worden und hat ihre Aufgaben in völliger Selbständigkeit durchgeführt. Ihr sind
beträchtliche Mittel von der preußischen Landeskohlenstelle überwiesen worden. Die
Kohlenforderungen der Entente, die zur Brennstoffersparnis in allen Betrieben
zwangen, die Einsetzung des Reichskohlenrates im Jahre 1920 haben auf eine rasche
Bearbeitung dieses Gebietes hingedrängt. Unsere Hochschulen, Forscher und nicht zum
mindesten die Industrie haben die technischen Mittel einer rationellen
Wärmewirtschaft in den letzten Jahrzehnten schon wesentlich ergründet, so daß es
hauptsächlich auf ihre sachgemäße Uebertragung in die Praxis ankam. Die Hauptstelle
für Wärme Wirtschaft konnte daher in verhältnismäßig kurzer Zeit gute Erfolge
zeitigen.
Es fragt sich nun, wie die Ergebnisse dieser Arbeiten in die Praxis umzusetzen sind.
Sobald das Gebiet in der Praxis Beachtung gefunden hat und der einzuschlagende Weg
klar vor Augen lag, ist bisher ein namhafter Fachmann aus der Praxis als Führer
gewonnen worden. Diesem liegt die Weiterentwicklung des Gebietes und die Fühlung mit
den Fachverbänden und deren Ortsgruppen ob, mit denen sie an die Betriebe
herantreten sollen. Auch Wanderausstellungen und Vortragskurse sollen diesem Zweck
dienstbar gemacht werden. Ebenso ist der technische Nachwuchs zu beeinflussen durch
die technischen Schulen aller Art, wobei gemeinsam mit dem „Deutschen Ausschuß
für technisches Schulwesen“ gearbeitet wird. Wichtig für die Verbreitung ist
ferner die Art der Veröffentlichung der Ergebnisse, die in kurzer prägnanter Form
erfolgen muß. Dazu dienen die „Betriebsblätter“, die sich vor allem an
Arbeiter, Vorarbeiter und Bureauangestellte wenden. Auch die Fachpresse ist
heranzuziehen, namentlich solange die Fragen noch nicht ganz geklärt sind.
Durch die Arbeiten sollen allmählich alle Industriezweige erfaßt werden, deshalb ist
auch die Betriebstechnische Abteilung dem Reichskuratorium beim „Deutschen
Verband technisch-wissenschaftlicher Vereine“ angegliedert worden. Davon und
von der Bildung des Reichskuratoriums wird ein Anwachsen des Interesses und die
Beteiligung weiterer Kreise erhofft.
Der Gefahr, daß die ganze Bewegung in ein bureaukratisches Fahrwasser geleitet
werden könne, dürfte durch Schaffung des Reichskuratoriums vermieden sein, das alle
diese Bestrebungen zusammenfassen soll mit der ausgesprochenen Tendenz der Führung
der Arbeiten durch die Industrie selbst. Im Auslande ist es nicht überall geglückt,
diese Klippe der behördlichen Organisation zu umschiffen. Nur in Amerika ist die
Entwicklung eine ähnliche wie bei uns gewesen. Das „National Research
Council“ nimmt dort eine ähnliche Stelle ein wie unsere Betriebstechnische
Abteilung und verfügt über sehr bedeutende Mittel. Daneben besteht das „Bureau of
Standards“, das mit unserem Normenausschuß verglichen werden kann.
Um den Bestrebungen zu glücklichem Erfolge zu verhelfen, müssen allerdings alle
parteipolitischen Strömungen ausgeschaltet werden, wofür der Deutsche Verband ja
eine Garantie bietet. Das wird ebenso vom Reichskuratorium gelten, trotzdem sich
dieses an die Industrie anlehnt, denn diese hat selbst das größte Interesse an
objektiver, neutraler Durcharbeitung des Stoffes, wie sie andrerseits auch
bureaukratische Beeinflussung ablehnt. Wird an diesen Grundsätzen festgehalten, so
kann aus der eingeleiteten Gemeinschaftsarbeit das Ziel erreicht werden, vor dem
Auslande auch in der Wirtschaftlichkeit der Betriebe einen Vorsprung zu bekommen,
den wir bei unserer wirtschaftlichen Lage dringend brauchen.
Hauptversammlung des Reichsverbandes der Elektrizitäts-Abnehmer
(Rea). Der Reichsverband, der die wirtschaftlichen Interessen aller
Stromabnehmergruppen vertritt, hielt am 23./24. Oktober in Leipzig seine diesjährige
zahlreich besuchte ordentliche Mitgliederversammlung ab. Nach der
Begrüßungsansprache durch den stellvertretenden Vorsitzenden, Geh. Regierungsrat Dr.
jur. Seidel, legte der Vorsitzende der Provinzialgruppe
Schlesien, Stadtbaurat Fischer, die Ziele und Aufgaben
des Rea dar. Ueber den Abschluß von neuen Stromlieferungsvertragen berichtete
Beratender Ingenieur V. B. I. Plümecke, der den Abbau
aller behördlichen Zwangsmaßnahmen forderte. Angebot und Nachfrage würde hoffentlich
auf die Preispolitik der Stromlieferer bald wieder einen Einfluß gewinnen. Die
Elektrizitätserzeugung müsse mit der Abwärmeverwertung verbunden werden, da wir es
uns nicht mehr leisten können, die Wärme in die Luft zu blasen. Die Forderung
der Stromlieferer auf Verewigung der Strompreisverordnung müssen die Stromabnehmer
ablehnen, ebenso die Sonderberechnung des Leistungsfaktors, zumal dessen
einwandfreie Messung überhaupt noch nicht möglich sei. Der Stromlieferungsvertrag
würde sonst eine Quelle ständiger Streitigkeiten bilden, was für die weitere
Entwicklung der öffentlichen Elektrizitätsversorgung verhängnisvolle Folgen zeitigen
könne. Der Geschäftsführer der Landesgruppe Thüringen, Bürgermeister Dr. jur. Weichelt, sprach über die Beseitigung der
Installations- und Materialmonopole, Beratender V. B. I. Laaser über den Einfluß sparsamer Wärmewirtschaft auf die
Stromerzeugungskosten der Elektrizitätswerke und Rechtsanwalt Dr. jur. Riccius über Erfahrungen mit der
Strompreisverordnung vom 1. Februbar 1919.
Die Versammlung beschloß, an die Reichsregierung die Bitte zu richten, für eine
unverzüglichedBeseitigung der in verschiedenen Ueberlandzentralengebieten
bestehenden offenen oder versteckten Monopole auf Ausführung von Installationen und
Lieferung von Materialien im gesetzgeberischen Wege besorgt zu sein, sowie für eine
alsbaldige Abänderung der Strompreisverordnung vom 1. 2. 1919 und ihren
Ausführungsbestimmungen, besonders der Leitsätze, auf der Grundlage der Eingaben des
Rea sich einzusetzen und baldigst eine entsprechende Vorlage an den Reichstag
gelangen zu lassen.
Nachmittags wurde über innere Angelegenheiten verhandelt.
Neubauten für die Leipziger Frühjahrsmesse.
Wie wir erfahren, beabsichtigt die im Zentralverband der deutschen elektrotechnischen
Industrie zusammengeschlossene Elektriezitäts-Industrie auf dem Gelände der
Technischen Messe in Leipzig eine neue große Halle zu errichten. Der Verein
Deutscher Werkzeugmaschinenfabrikanten hat bereits für die Frühjahrsmesse 1922 einen
erheblich größeren Raumbedarf angemeldet; es wird deshalb mit Hilfe eines vom Verein
zur Verfügung gestellten Baudarlehns das System der Betonhalle durch einen Neubau
ergänzt. Außerdem wird versucht werden, dem Verein eine weitere bereits vorhandene
Halle zur Verfügung zu stellen.