Titel: Zur Theorie der Riementriebe.
Autor: G. Duffing
Fundstelle: Band 333, Jahrgang 1918, S. 242
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Zur Theorie der Riementriebe. Von Oberingenieur G. Duffing, Berlin. (Schluß von S. 236 d. Bd.) DUFFING: Zur Theorie der Riementriebe. Es bleibt noch nachzutragen, wie sich die Verhältnisse bei der treibenden Scheibe gestalten, wo an allen Punkten der Berührungsfläche u – a1 ≦ 0 ist, wenn die Scheibengeschwindigkeit mit a1 bezeichnet wird. Rechnet man den Winkel φ positiv im Sinne der Scheibengeschwindigkeit a1, so ergibt sich, daß die Formeln (17) bis (20) gültig bleiben, wenn man nur die Vorzeichen von μ und ν0 ändert. Demgemäß hat man hierfür S[1mc2EqbγβcμEq]mc2(1+ε0)+brμ[v0+β(a1c)βε0c]=konst. eμ1φ wo μ1=μbrβcEqmc2 . . . . . (17a) und bei Vernachlässigung der Massen Wirkung mit m = 0 S[1brβcμEq]+brμ[v0+β(a1c)βε0c]=konst. eμ1φ μ1=μbrβcEq . . . . . (18a) k[1βrδcμE]+1μrδ[v0+β(a1c)βε0c]=konst. eμ1φ μ1=μβrδcE . . . . . (19a) Der Schlupf, welcher dem Ablaufpunkt, entsprechend der Materialanstrengung k2 (schlaffes Trum), zugehört, ist W2'  = a1u2 = a1 – c – cf (k2), also a1c=w2+c(ε0+k2E) β(a1c)βε0c=β(w2+ck2E). Damit wird k[1βrδcμE]+1μrδ[v0+β(w2+ck2E)]=konst. eμ1φ μ1=μβrδcE . . . . . (20a) Die Formeln (17) bis (20) ergeben, wie schon erwähnt, mit ν0 = 0, ß = 0, εÖ = 0 die Formeln der älteren Reibungstheorie zum Beispiel1) S[1mc2Eq]mc2=konst. eμφ . . . . . (24) Sie enthalten auch den Fall der reinen Flüssigkeitsreibung mit μ = 0, ν0 = 0, ß = 0. In diesem Falle folgt aus (18) durch Multiplikation mit μ. und den Uebergang zu μ = 0 das Spannungsgesetz S+Eq[1ac+ε0]=konst. eμ1φ . . . . . (25) μ1=brβcEq. Aus (25) erhält man zunächst S1+Eq[cac+ε0]S2+Eq[cac+ε0]=eμ1φ und weiter mit S1 – S2 = Sn SnS2+Eq[cac+ε0]=eμ1φ1 Nun ist aber cac=w1cε0S1Eq, also SnSn+Eqw1c=eμ1φ1. Bei großem E, also kleinem μ1 folgt daraus Sn=brβφ.w11+brβcEq.φ . . . . . (26) Die aufgestellten Formeln sollen nun keineswegs die Diagramme, wie sie in der Stielschen Arbeit in so ungemein anschaulicher Weise zusammengestellt sind, entbehrlich machen, im Gegenteil, sie sollen helfen, daß der Weg zu ihnen weniger beschwerlich wird. Sie sollen einen einfachen Rahmen abgeben, in den das ungefähre Bild der Vorgänge hineinpaßt. Bei der Formel (24) war dies nicht der Fall, wie schon die wechselnde Größe des Koeffizienten μ bei einem und demselben Riementrieb und einem und demselben Experimentator beweist. Sollten diese Erwartungen nicht erfüllt werden, so verdienen diese Formeln kein besseres Schicksal wie die anderen, sie müssen der Vergessenheit anheim fallen. Die Entscheidung hierüber muß jedoch gründlichen einwandfreien Versuchen vorbehalten bleiben. Zu der Abb. 54 (Stiel S. 88) (vgl. Abb. 4) ist noch zu bemerken, daß die kn-Kurve für wg = 0 falsch ist, sie fällt nicht mit der Abszissenachse zusammen, im Widerspruch mit der Bemerkung S. 85. Die Gl. (10) gibt auch über diesen Punkt leicht Aufklärung. Der Integrand wird daselbst für w = 0 unendlich groß, das bestimmte Integral behält aber trotzdem einen endlichen Wert. Wäre letzteres nicht der Fall, so hätte Herr Stiel recht.
[Textabbildung Bd. 333, S. 243]
Abb. 4.
Die Tangenten an die μ- und ν-Kurve im Anfangspunkt fallen mit der Ordinatenachse zusammen, daher können diese Kurven in der Nachbarschaft des Koordinatenanfangs durch Funktionen wn(A + Bw + ...) angenähert werden, wo jedenfalls 0 < n < 1 (n = 1 ausdrücklich ausgeschlossen). Das Integral konvergiert daher gegen einen endlichen Grenzwert (vgl. Serret-Scheffers III. Aufl. Bd. II Nr. 471). Wir wollen, um die Zahlenrechnung durchzuführen, die Annäherungsfunktionen für die Kurven λ, μ, ν in der Nachbarschaft des Anfangspunktes bestimmen, so gut es sich auf Grund der Abb. 53 (Stiel) machen läßt. Bei Ersatz der λ-Kurve nehmen wir nicht λ als Funktion von k an, sondern setzen k = 1360 λ  +  70000 λ2 . . . . . (27) ferner μ=0,4w6, v=0,064w3 . . . . . (28) Auf Grund genauerer Daten, als sie Abb. 53 bietet, können diese Ersatzfunktionen w noch verbessert werden, ohne daß das Endergebnis dadurch wesentlich beeinflußt würde. Wir haben dann, nach früheren Ausführungen weiter w = na = ca + cλ . . . . .  (29) wo λ = f (k) durch Umkehrung von (27) erhalten wird und w in Abhängigkeit von k darzustellen gestattet. Zur Ausrechnung von (10) brauchen wir ferner λ=f(k)=wc+ac . . . . . (30) 1+f=w+ac . . . . . (31) Durch Differentiation nach k folgt aus (27) l = [1360 + 140000 λ] ∙ f' oder f=11360+140000λ . . . . . (32) Weiter folgt mit k=Sq aus (27) und (30) 1qdS=[1360+140000λ]dwc . . . . . (33) Wenn wir diese Resultate in (10) einführen und w als Integrationsvariable wählen, so erscheint das dortige Differential, wenn wir noch x=w6 substituieren, in der Form 1360+140000λmc2q0,4{1360λ+70000λ2mc2qx6+ac}+0,064brq.x6x4cdx wo m=γ0g λ=wc+ac=x6c+ac . . . . . (34 In unserem Falle, wo m vernachlässigt wird, folgt dann aus (10) φ1φ2=x2x11360+140000λ0,4{1360λ+70000λ2}+0,064brqx6x4cdx . . . . . (35 Der Integrand ist eine rationale Funktion von x, das unbestimmte Integral setzt sich daher aus elementaren Funktionen zusammen, die Ausführung der Rechnung erfordert jedoch die Kenntnis der Nullstellen des Nenners. Wir ermitteln daher hier den Wert der rechten Seite von (36) durch näherungsweise Quadratur: Vierteilung des Intervalls x2 < x < x1 und Anwendung der Simpsonschen Regel. Zuvor müssen wir noch die Werte der auftretenden Konstanten feststellen. Wir setzen voraus k2 = 4 kg/cm2, w2 = 0 (wg = 0 bei Stiel) und wollen den Wert von φ = φ1 – φ2 ermitteln für kn – 30 also k1 = 34 kg/cm2. Durch Auflösung von (27) erhält man die zugehörigen Werte λ2 = 0,0026, λ1 = 0,0144. Wir nehmen wie früher an c = 977 cm/sec. und finden demgemäß α = c (1 + λ2) – w2 = c ∙ 1,0026 = 979,54 cm/sec, alsdann wird w1 = c (1 + λ1) – α = 11,53 cm/sec. Die Integrationsgrenzen ergeben sich hieraus zu x1 = √1153 = 1,503, x2 = √0 = 0. Zur Ausführung der Zahlenrechnung stellen wir die folgende Tabelle auf:
x x4 x6 λ Zähler Nenner Quotienty des Integranden 0 0 0 0 0 0 0,3758 0,0199   0,0028 0,00260        206,2   2743,4 0,0655 0,7515 0,3190   0,1801 0,00278       3348,5   4041,3 0,8286 1,1273 1,6147   2,0517 0,00470     19550,3   6626,4 2,9504 1,5030 5,1035 11,5030 0,01437 103254 17986,6 5,7408
Hieraus ergibt sich
16(y0+4y1+y2)=0,1817 0,1817 ∙ 0,7515 = 0,1366 16(y2+4y3+y4)=3,0618 3,0618 ∙ 0,7515 = 2,3010 ––––––––– φ = 2,4376
Tragen wir die zusammengehörigen Werte kn = 30, φ = 2,4376 in das Diagramm (Abb. 54) ein, so finden wir, daß die Kurve für wg = 0 dicht neben der Kurve wg = 0,1 verläuft und nicht auf die Abszissenachse herabfällt. Nach diesem Ergebnis kann ein Riementrieb wohl mit dem Wert wg = 0 arbeiten, und Herr Stiel wird den Satz S. 76 Zeile 13 von oben einer Berichtigung unterziehen müssen. Ein zweiter Punkt der Kurve wg = 0 ergibt sich aus den zusammengehörigen Werten λ = 0,00278, φ = 0,1366, kn = 4,31 – 4 = 0,31. Hätten wir, naiver Weise, unsere Formel (20) verwendet, um die vorgeschilderten Verhältnisse zu studieren, d.h. hätten wir die Gültigkeit dieser Formel auf Wertgebiete ausgedehnt, die schon bei der Herleitung ausgeschlossen wurden, so hätte sich ergeben mit k2 = 4, w2 = 0: 0,6386 φ = log [1,0733 k + 6,430] – 2,1659
und mit k = 34 wäre φ = 2,495 gegen 2,4376 vorher k = 4,31  „ φ = 0,371
Daß der letzte Wert von φ fehlerhaft ausfallen mußte, war zu erwarten, tut aber der praktischen Verwendung von Formel (20) keinen Abtrag. Im Anschluß an die vorangegangene Untersuchung drängt sich noch die Frage auf, ob man nicht eine bessere Formel als (17) gewinnen könnte, wenn man die Gesetze (12) und (13) unverändert beibehält, dagegen (11) durch die engere Annäherungsfunktion k = E λ + F λ2 . . . . .  (36) ersetzt. Die Ergebnisse der leichten Rechnung, kurz zusammengefaßt, sind: f=1E+2Fλ, dS=qdk=q(E+2Fλ)dλ, Wir nehmen in (10) λ als Integrationsvariable und finden φ = φ1 – φ2 = φ=φ1φ2=1μλ2λ1EF+2λmc2F2qλ2+[EFmc2F.q+brβcμFq]λmc2Fq+brμFq[v0+β(ca)]dλ . . . . . (37) Sind λ = h1 und λ = h2 die Nullstellen des Nenners, so läßt sich der Integrand ersetzen durch 1h1h2{2h1+EFmc2Fqλh12h2+EFmc2Fqλh2}. Es ist ferner h1=12[EFmc2Fq+brβcμFq]+Δh2=12[EFmc2Fq+brβcμFq]Δ} . . (38) wo Δ=14[EFmc2Fq+brβcμFq]2+mc2FqbrμFq[v0+β(cq)] . . . . . (39) Man hat weiter h1 – h2 = 2 Δ. Setzt man e=12ΔbrβcμFq . . . . . (40) so ergibt sich leicht das Schlußresultat μφ=(1e)lnλ1h1λ2h1+(1+e)lnλ1h2λ2h2 . . . . . (41) Es sei zum Beispiel E = 1360, F = 70000, μ = 0,595, ν = 0,08, ß = 0,005, b = 10, δ = 0,5, q = 5, c = 2000, r = 100, w2 = 6. Gewicht für 1 m Länge 0,45 kg, m c2 = 18,3 (3,66 kg/cm2) λ2 = 0,004, k2 = 6,56, c – a = w2 – c λ2 = – 2 cm/sec. EF=0,0194, mc2Fq=0,000052, brβcμFq=0,048, Δ = 0,02916, h1 = 0,0045, h2 = – 0,0629, e = 0,823. Es sei dann ferner angenommen λ1 = 0,02, k1 = 55,2. Dann wird μ φ = 0,5782, φ=0,57820,595=0,9720. Wir wollen noch zusehen, was diesem Resultat gegenüber unsere Formel (17) leistet, wenn wir das Gesetz (36) durch ein lineares Gesetz, das sich innerhalb der Grenzen k2 = 6,56, k1 = 55,2 möglichst eng anpaßt, ersetzen. Es findet sich als gute Annäherung: λ=ε0+kE=0,0026+k3033. Mit mc2Eq=0,00121, brβcμEq=1,108, ca=w2cλ2=3,52, v0+β(ca)+βε0c=0,0884, brμ=148,8, brβcEqmc2=0,6602, μ1=1,255, 1mc2Eq+brβcμEq=2,107 mc2(1+ε0)+brμ[v0+β(ca)+βε0c]=130,5 und S1 = 5 ∙ 55,2 = 276,0, S2 = 5 ∙ 6,56 = 32,8 wird μ1φ=ln2,107S1+130,52,107S2+130,5=1,2711 φ=1,27111,255=1,013 (gegen 0,9720 vorher). Auch dieser Vergleich gibt keine Veranlassung, die Formel (17) durch das genauere Resultat (41) zu verdrängen. Diese kleine Rechnung auf „Vorrat“ war insofern von Nutzen, als man nur dann den bequemsten Weg zur Erreichung des vorgesteckten Zieles auszusuchen imstande ist, wenn man die verschiedenen Wege, ihre Vorzüge und Nachteile kennt. Wir können damit die Untersuchung vorläufig abschließen und dem wissenschaftlichen Versuch das Weitere überlassen.