Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 317 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die deutschen Sparkassen und die kommende
Kriegsanleihe. In der Bewegung der Einlagen bei den deutschen Sparkassen
spiegeln sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der breiten Schichten der
Bevölkerung. Ueber diese Bewegung werden wir fortlaufend unterrichtet durch die
Monatsstatistiken, welche in dem Amtsblatt des deutschen Sparkassenverbandes, der
„Sparkasse“, erscheinen.
In diesen Monatsstatistiken zeigt sich nun, welche gewaltigen Beträge den Sparkassen,
besonders seit Kriegsbeginn, Monat für Monat zufließen. Im Anfang des Krieges war
man wohl versucht, an eine vorübergehende Erscheinung zu glauben. Man erblickte in
ihnen im wesentlichen die Wirkung des Liquidationsprozesses unserer Volkswirtschaft,
der naturgemäß auch auf die kleinen und kleinsten Betriebe übergegriffen hat.
Allmählich zeigte es sich aber, daß diese Erklärung doch nur eine beschränkte
Berechtigung hatte. Der Kapitalzufluß zu den Sparkassen nahm nämlich nicht ab,
sondern bewegte sich in aufsteigender Linie, während die
Vorräte an Rohstoffen und Waren fast durchweg längst erschöpft sind. Man hat auch
festgestellt, daß der steigende Zuwachs an Kapitalien seinen Ursprung nicht nur im
vermehrten Zufluß von Einlagen, sondern in der Abnahme der Rückzahlungen hat. Dazu kommt, daß die Zahl
der Sparbücher während des Krieges eine ganz gewaltige Vermehrung erfahren hat, und
daß diese Vermehrung besonders den geringeren Guthaben zugute gekommen ist. Neben
dem steigenden Erwerb in den breitesten Schichten der Bevölkerung geht also eine
weise Einschränkung in den Ausgaben nebenher. Wenn man aus diesen Gesichtspunkten
heraus die gewaltigen Monatsziffern betrachtet, gewinnt man ein besonders
erfreuliches und beruhigendes Bild. Es mögen hier die Zahlen folgen, welche die
„Sparkasse“ für die verflossenen Monate dieses Jahres mitgeteilt hat in
Gegenüberstellung zu den entsprechenden Ergebnissen der gleichen Monate des
Vorjahres. Es sei dazu bemerkt, daß hierbei die Abschreibung der zur Zeichnung auf
die Kriegsanleihen verwendeten Spareinlagen natürlich nicht in Abzug gebracht sind.
Auch sind die Riesenbeträge der am Jahresschluß den Sparern gutgeschriebenen Zinsen,
die alljährlich etwa 700 Mill. M ausmachen, nicht berücksichtigt.
Es betrug der Zuwachs der deutschen Sparkassen:
1917Mill. M
1916Mill. M
Januar
600
500
Februar
300
300
März
160
140
April
300
275
Mai
300
250
Juni
200
110
Juli
300
255
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zusammen
2160
1830
In diesem Jahr haben also die Zuflüsse zu den deutschen Sparkassen die zweite Milliarde bereits erheblich überschritten und die
entsprechenden Ergebnisse des Vorjahres weit überholt.
Es eröffnet dies für die kommende Kriegsanleihe die besten
Aussichten. Schon vor der letzten Kriegsanleihe konnte die
„Sparkasse“ auf Grund der Monatsergebnisse einen besonders guten Erfolg
der Anleihe in Aussicht stellen. Diesmal liegen die
Verhältnisse aber noch erheblich günstiger. Noch niemals waren die
Sparkassen vor einer Kriegsanleihe so gekräftigt, wie jetzt; noch niemals waren vor
einer Kriegsanleihe die Gelder in den breitesten Schichten der Bevölkerung so
flüssig wie diesmal. Das berechtigt zu der Erwartung, daß die
siebente Kriegsanleihe innoch stärkerem Maße als die früheren eine wahre
„Volksanleihe“ werden wird.
–––––
Lokomotiven mit Dampfturbinen. Das Bestreben, die Leistung
der Lokomotiven noch wesentlich zu erhöhen, begegnet großen, durch die Begrenztheit
des verfügbaren Raumes bedingten Schwierigkeiten. Die jetzigen Lokomotiven haben
ihre Höchstleistung bei Kolbengeschwindigkeiten von 2 bis 300 m in der Minute. Die
Zahl der Triebachsen ist begrenzt durch die Größe der Radbasis, und der Achsdruck
durch die Widerstandsfähigkeit der Schienen. Die Unterbringung höherer Leistungen
auf Lokomotiven des jetzigen Typs ist also sehr erschwert. Diese Tatsache hat schon
vor mehreren Jahren dazu geführt, daß Versuche mit dem Ersatz der Kolbenmaschine
durch die Dampfturbine gemacht wurden. Die Zahl der Triebräder könnte dann vermehrt werden, weil
viel höhere Umlaufzahlen zur Anwendung kämen, und folglich würde auch die Zugkraft
der Lokomotiven wesentlich vergrößert werden können.
Im Jahre 1911 wurde in Mailand auf einer Lokomotive aus dem Jahre 1876 versuchsweise
eine Dampfturbine von 100 PS eingebaut.International Railway Congress Bull. 25 S. 265, 1911. Die
Lokomotive hatte eine Heizfläche von 65 m2, der
Dampfdruck betrug etwa 9 at und der Dampfverbrauch für die Pferdestärke und Stunde
soll sich auf 17 kg für beide Fahrtrichtungen belaufen haben. Das auf zwei Achsen
verteilte Gewicht der Lokomotive betrug 26 t. Das Anfahren unter Last ließ weder in
Kurven noch bei Steigungen zu wünschen übrig.
Textabbildung Bd. 332, S. 318
Abb. 1.
a = Schaufeln für Vorwärtsgang, b =
Schaufeln für Rückwärtsgang, c = Frischdampf für Vorwärtsgang, d = Frischdampf
für Rückwärtsgang, e = Abdampf bei Vorwärtsgang, f = Abdampf bei Rückwärtsgang,
g = Schnecke, h = Schneckenrad, i = Ritzel
Nach Ansicht des Berichterstatters wäre der Dampfverbrauch ganz erheblich niedriger
ausgefallen, wenn das Lokomotivengewicht doppelt so groß, die Turbinenleistung sechs
bis zehn mal so groß und der Kesseldruck 50 v. H. höher gewesen wäre.
Nach der amerikanischen Zeitschrift Power hat Victor W.
Zilen neuerdings eine Lokomotive mit
Dampfturbinenantrieb entworfen. Die hierfür vorgeschlagene einstufige Druckturbine
ohne Kondensation soll vor allem zwei Forderungen gerecht werden, sie soll nämlich
umsteuerbar sein und bei verschiedenen Geschwindigkeiten wirtschaftlich
arbeiten.
Textabbildung Bd. 332, S. 318
Abb. 2.
Die Umsteuerbarkeit ist durch eine bemerkenswerte Durchbildung der Schaufeln erreicht
(Abb. 1). Es sollen immer je zwei radial
aneinanderstoßende Schaufeln entgegengesetzter Krümmung aus einem Stück hergestellt
werden, der außenliegende Teil a einer solchen
Doppelschaufel ist für Vorwärtsgang, der innere b für
Rückwärtsgang bestimmt. Gegenüber dem äußeren Schaufelkranz sind die Düsen für
Vorwärtsgang, gegenüber dem inneren die für Rückwärtsgang angeordnet gedacht. Der
Läufer der Dampfturbine soll vier solcher Laufräder erhalten. Damit der Dampf,
wenn seine Geschwindigkeit geringer geworden ist als die der Laufschaufeln, durch
die Fliehkraft radial entfernt werden kann, sind die Schaufeln am Umfang des letzten
Laufrades offen. Der absolute Dampfdruck ist zu 15 kg/cm2, die Ueberhitzung zu 93° C angenommen.
Jede Triebachse soll durch eine besondere Turbine angetrieben werden. Zwei Schnecken
g auf der Turbinenwelle greifen in die beiden
Zahnkränze eines geteilten Schneckenrades h ein;
zwischen diesen beiden Zahnkränzen sitzt auf der Schneckenradwelle ein Ritzel l, das ein Stirnrad auf der Triebachse in Bewegung
setzt.Power vom 1. Mai
1917.
Nicholas M. Trapnell ist der
Ansicht, daß die von Zilen vorgeschlagene Anordnung der
Turbinen auf große praktische Schwierigkeiten stoßen wird. Im allgemeinen sind die
Lokomotivachsen mit Spiel in der senkrechten Richtung gelagert, damit Stöße bei der
Fahrt federnd aufgenommen werden können. Ist mit jeder Triebachse eine Turbine
verbunden, so müßte diese die Auf- und Abbewegung der Achse mitmachen, was
umständliche und leicht zu Undichtigkeiten führende, bewegliche
Dampfleitungsanschlüsse bedingt.
Daß die große Zahl der für eine Lokomotive erforderlichen Dampfturbinen auch kein
Vorzug ist, liegt auf der Hand; zumal das Streben dahingeht, durch Vermehrung der
Triebachsenzahl das Lokomotivengewicht zu verringern.
Schließlich müßten die Turbinen und Getriebe in dem sehr beschränkten Raum zwischen
den Rädern und unter dem Kessel untergebracht werden, was ihre betriebssichere
Durchbildung erschwert und die Zugänglichkeit in gefährlichem Maße
beeinträchtigt.
TrapnellPower vom
26. Juni 1917. will diese Uebelstände vermeiden und schlägt daher
vor, eine einzige Dampfturbine von der erforderlichen Leistung vorn vor dem Kessel
auf einem besonderen niedrigen Rahmenvorbau mit zwei Achsen aufzustellen (Abb. 2). Die Turbine hat ihre Achse in der Richtung
der Schienen, sie treibt mittels Schnecke f (Abb. 3) und Schneckenrad eine in der Richtung der
Radachsen liegende, auf dem Vorbau gelagerte Hilfswelle an, die an jedem Ende eine
Kurbel trägt. Von hier aus wird durch Kuppelstangen das Drehmoment der Turbine auf
die Triebräder übertragen. Der Achsendruck der Turbine wird durch ein Drucklager g aufgenommen.
Textabbildung Bd. 332, S. 318
Abb. 3.
a – Rotor der Vorwärtsturbine, b =
Rotor der Rückwärtsturbine, c = Umsteuerventil, d = Dampfzuleitung, e – Abdampf,
f = Schneckenvorgelege, g = Drucklager
Die Gesamtlänge der Lokomotive wird bei dieser Bauweise zwar etwas größer, die
Radbasis bleibt aber unverändert.
Als für diesen Zweck geeignetste Turbine wird eine Druckturbine bezeichnet mit je
einem Läufer für Vorwärts- und Rückwärtsfahrt, die bei Güterzug- und
Rangierlokomotiven für die gleiche Leistung bemessen sind, während bei Personen- und
Schnellzuglokomotiven der Läufer für Rückwärtsfahrt kleiner ist.
Die Umsteuerung erfolgt durch ein Ventil c, das vom
Führerstand aus durch Dampf gesteuert wird.
Wenn die Lokomotive ohne Dampf auslaufen soll, so entsteht die Schwierigkeit, daß das
Schneckenrad die Turbine nicht drehen kann, besonders bei Güterzuglokomotiven mit
flachgängigem Getriebe. In dem Falle muß der Turbine so viel Dampf zugeführt werden,
wie zu ihrer Drehung mit einer dem Auslauf entsprechenden Geschwindigkeit
erforderlich ist.
Htzg.
–––––
Fahrbare Werkstätten im amerikanischen Heer. Die
gesteigerte Anwendung von artilleristischen, Bau- und Transportmaschinen im heutigen
Kriege bringt das Bedürfnis mit sich, die zur Instandhaltung und für
Ausbesserungsarbeiten im Felde nötigen Hilfsmittel möglichst schnell zur Hand zu
haben. Das amerikanische Heer hat für diesen Zweck fahrbare Werkstätten eingeführt,
die sich im mexikanischen Feldzuge bereits bewährt haben sollen.
Auf dem 3 t-Fahrgestell eines Ford-Lastwagens ist ein 9 PS-Gasmotor untergebracht,
welcher einen Gleichstromgenerator antreibt. Diese von dem Fahrmotor ganz
unabhängige Stromerzeugungsanlage liefert sowohl das Licht für nächtliche Arbeiten,
als auch die Kraft für die auf dem Wagen befindlichen Werkzeugmaschinen, zum
Beispiel für einen 5 PS-Elektromotor, der eine Drehbank antreibt, je einen 1
PS-Motor für eine Tischbohrmaschine, eine Schleifmaschine und eine Handbohrmaschine.
Bei der Anordnung der Maschinen wurde auf Raumersparnis großer Wert gelegt, und es
ist gelungen, die Anordnung so zu treffen, daß das Fahrzeug bei hochgeklappten
Wänden nicht mehr Platz beansprucht als ein normaler Lastkraftwagen. Werden die
beiden Seitenwände und die Rückwand an Ketten heruntergelassen, so wird dadurch so
viel Platz gewonnen, daß sechs Arbeiter bequem die Maschinen betätigen können. Die
Bohrmaschine reicht aus für Werkstücke bis zu 40 cm Höhe. Die Drehbank hat einen
größten Drehdurchmesser von 33 cm und eine Spitzenentfernung von 1,5 m. Sie ist mit
Kreuzsupport, Planscheiben von geeigneter Größe, Spannfuttern und Führungsstücken
ausgestattet. Am Hinterende des Wagens ist eine kräftige Werkbank aufgestellt, die
eine elektrische Schleifmaschine, sowie je einen Schlosser- und Rohrschraubstock
trägt. Die Schübe in der Werkbank sind zur Aufnahme aller erforderlichen kleinen
Werkzeuge eingerichtet. Unter der Plattform ist eine Schweißeinrichtung, sowie
Azetylen- und Sauerstoffbehälter aufgehängt; außerdem sind dort Seile und Ketten von
der erforderlichen Länge, sowie Schmiede- und Zimmermannswerkzeuge verstaut. Im
ganzen führt der Wagen mehr als 1000 kleine und große Werkzeuge mit sich. Außerdem
ist noch Platz für den Transport einer Feldschmiede mit Gebläse vorhanden, die im
Gebrauchsfalle neben dem Wagen aufgestellt werden kann.
Jeder Quadratzentimeter Raum ist auf das sorgfältigste ausgenutzt. Die Kosten einer
solchen fahrbaren Werkstatt betragen etwa 45000 M. Bemerkenswert ist noch, daß beide
Achsen des Wagens Triebachsen sind.
Nach American Machinist (London, 30. Juni 1917) sind bis jetzt 20 derartiger
Einrichtungen beim amerikanischen Heer in Gebrauch.
–tz–