Titel: | Ueber das Messen des Ungleichförmigkeitsgrades. |
Autor: | Julius von Rohonyi |
Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 441 |
Download: | XML |
Ueber das Messen des
Ungleichförmigkeitsgrades.
Von Prof. Ing. Julius von
Rohonyi.
ROHONYI: Ueber das Messen des
Ungleichförmigkeitsgrades.
Die Bedeutung des Ungleichförmigkeitsgrades von Kraftmaschinen ist in der
neueren Zeit immer mehr hervorgetreten, zu seiner genauen Bestimmung hat man viele
Mittel und Wege versucht. Die erste Anregung hierzu gab Radinger in seinem Werke „Ueber Dampfmaschinen mit hoher
Kolbengeschwindigkeit“ (3. Auflage 1892 S. 338) gelegentlich seiner
Beobachtungen über Schwingungen von Transmissionsseilen. Seitdem wurden weitere
Untersuchungen veröffentlicht, unter denen die von Johs.
A. F. Engel (D. p. J. 1897, Bd. 303 und 1915, Bd. 330, S.
208) und aus neuerer Zeit die von Dr. Bonin besonders zu
nennen sind.
Verfasser dieser Zeilen hat derartige Versuche seit 1911 ganz selbständig
durchgeführt.
Textabbildung Bd. 330, S. 441
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 330, S. 441
Abb. 2.
Eine Scheibe a (Abb. 1)
mit großem Trägheitsmoment ist durch eine elastische Kupplung c mit der Scheibe b
verbunden, die mit der Maschinenachse in starrer Verbindung steht. Bei einer
Drehbewegung mit veränderlichen Geschwindigkeiten werden sich die
relativenStellungen der beiden Scheiben gegeneinander verändern. Und zwar wird,
wenn die Achse der Maschine mit der Scheibe b eine
Beschleunigung erfährt, die Scheibe a wegen ihrer
Trägheit zurückbleiben, während bei Verzögerung der Scheibe b die Scheibe a voreilt.
Die relativen Verschiebungen der Scheiben a und b, hier als Pendelungen bezeichnet, können mit einer
Hebelvorrichtung oder einem Schnurzug (Abb. 2) auf
ein Schreibzeug bzw. einen Spiegel zur Wirkung gebracht werden, wodurch man sie in
Form eines Diagramms festlegen und aus diesem die Geschwindigkeits-Schwankungen
folgern kann.
Wird angenommen, daß die auf die Kurbel der Maschine wirkenden Kräfte sich nach einer
Sinusfunktion ändern (Abb. 3), so wird das
Geschwindigkeitsdiagramm eine ähnliche Kurve, die jedoch um
\frac{\pi}{2} nacheilt, also eine Cosinuslinie vorstellt. Die
Tangentialkräfte könnte man hier als „Pendelkräfte“ bezeichnen, weil sie die
relativen Verschiebungen der beiden Scheiben, also das „Pendeln“ der
Scheiben, verursachen, wenn man als Abszissenachse nicht die 0-0-Linie, sondern die
Symmetrale der Kurve betrachtet.
Textabbildung Bd. 330, S. 442
Abb. 3.
Die Wege, die bei den infolge der Pendelungen (Relativ-Verdrehungen) sich
ergebenden Ausschlägen der Scheiben a und b zurückgelegt werden, lassen sich auch als Ordinaten
einer Sinuskurve, jedoch nochmals um \frac{\pi}{2} verschoben,
darstellen. Die Wendepunkte des Pendeldiagramms nenne ich „Begegnungspunkte“
(mit B. P. bezeichnet), da sich in der Ruhe gleichwertige Punkte der Scheiben a und b an diesen Stellen
während der Pendelung treffen, und in dem betreffenden Zeitmoment weder eine Vor-
noch eine Nachteilung stattfindet.
Dadurch kann nun mit einer für den praktischen Gebrauch genügenden Genauigkeit der
Ungleichförmigkeitsgrad in der Weise bestimmt werden, daß man im Wendepunkt die
Tangente zieht, wonach der mit der Wagerechten gebildete Winkel (Abb. 3)
tg α = vΔ
nichts anderes vorstellt als die positiven oder negativen
Geschwindigkeits-Schwankungen gegenüber der mittleren Geschwindigkeit. Da aber aus
dem Geschwindigkeitsdiagramm folgt:
vmax –
vmin = 2 vΔ,
so ist der Ungleichförmigkeitsgrad:
\delta=\frac{v_{\mbox{max}}-v_{\mbox{min}}}{v}=\frac{2\,v_{\Delta}}{v}=\frac{2\,.\,\mbox{tg}\,\alpha}{v}.
Die mittlere Geschwindigkeit v läßt sich mit einem
Tachometer oder Hubzähler genau bestimmen.
Textabbildung Bd. 330, S. 442
Abb. 4.
Im Pendeldiagramm steckt jedoch ein Fehler. Die Bewegung der Scheibe a ist durch Reibung und Luftwiderstand gedämpft, und da
ihr Antrieb durch die elastische Kupplung ein ungleichförmiger ist, so wird die
Scheibe sich auch mit einer kleineren Ungleichförmigkeit drehen. Der genannte Fehler
ist jedoch nur in den Spitzen des Pendeldiagramms bemerkbar, und da beim praktischen
Gebrauch dieser
Teil der Kurve nicht in Betracht kommt, so spielt dieser Uebelstand hier keine
Rolle. Ich halte es auch für zweckmäßiger, die Aufnahmen in solcher Art zu machen,
daß die Ausschläge genügend vergrößert werden, um die Spitzenpunkte der Kurve aus
dem Schaufeld fallen zu lassen.
Die Diagramme (Abb. 4) wurden mit einer
Wechselstrom-Bogenlampe aufgenommen, womit ein bequemes Mittel zur Zeitmessung
gegeben ist, da die Punktierung nach der Periodenzahl erfolgt.
Bei der neuesten-Type meines Apparates (Abb. 5) wurden
die Hebel ganz weggelassen, und die Pendelungen mit Hilfe eines durch Feder c gespannten Fadens (Abb.
2) auf einen Spiegel übertragen. Die Feder c
spielt dabei gleichzeitig die Rolle der elastischen Kupplung. Bei dieser Anordnung
entstehen immer nur einseitige Zugkräfte, wodurch Bewegungen durch Totgang vermieden
werden.
Die Erfahrung zeigt, daß die vom Minimum zum Maximum ablaufende Zeit immer kleiner
ist als umgekehrt. Infolgedessen halte ich den Begriff
„Ungleichförmigkeitsgrad“nicht für ein Maß des ruhigen Ganges der
Maschine. Maschinen können zwischen demselben Maximum und Minimum pendeln, also
denselben Un-gleichförmigkeitsgrad haben, jedoch die Pendelungen verschiedenartig
ausführen. Besser wäre die Zeit anzugeben, in der die Maxima bzw. Minima oder
umgekehrt erreicht werden sollen, bzw. die größten und kleinsten Beschleunigungen
der Maschine.
Textabbildung Bd. 330, S. 443
Abb. 5.