Titel: | Ueber das Messen der Ungleichförmigkeit von Drehbewegungen. |
Autor: | Johs. A. F. Engel |
Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 208 |
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Ueber das Messen der Ungleichförmigkeit von
Drehbewegungen.
Von Johs. A. F. Engel in Hamburg.
ENGEL: Ueber das Messen der Ungleichförmigkeit von
Drehbewegungen.
In Band 303 Heft 9 des Jahrganges 1897 dieser Zeitschrift findet sich die
Beschreibung eines mir 1895 unter Nr. 81572 patentierten Gerätes zur genaueren
Bestimmung der Unregelmäßigkeiten von Drehbewegungen durch Aufzeichnung der Kurve
des Pendelweges, den die ungleichförmig umlaufende Maschine gegen eine gleichmäßig
umlaufende Schwungmasse ausführt. Die Geschwindigkeitsänderung wird hierbei
dargestellt durch die Aenderung der Tangente an die erhaltene Kurve, also durch
deren Differentialkurve.
Die Neuerung hat damals wenig Anklang gefunden; indessen scheint sich die Richtigkeit
des Gedankens endlich durchzuringen, und mit Hilfe der Physikalisch Technischen
Reichsanstalt hat nun Dr.-Ing. Bonin einGerät nach
gleichen Grundsätzen ausgeführt, über das einige Versuche in der vom Verein
Deutscher Ingenieure herausgegebenen Forschungsarbeit Nr. 165 mitgeteilt sind, und
zwar Auslaufversuche an Schwungrädern und Versuche an Gasmaschinen. Weit
interessanter würden Versuche an Dampfmaschinen sein, besonders an fehlerhaften. Die
erste Ursache zum Bau meines Gerätes war die beabsichtigte Untersuchung von Stößen,
die man auf andere Weise nur schwer nach der Natur aufzeichnen kann.
Für die praktische Verwertung der Aufzeichnung ist es nicht gleichgültig, was man
unter Ungleichförmigkeit versteht. Bisher gab die Formel
\frac{1}{\delta}=\frac{V_{\mbox{max}}-V_{\mbox{min}}}{V_{\mbox{m}}},
d.h. die Differenz zwischen der größten und kleinsten, dividiert durch die
mittlere Geschwindigkeit, den Begriff wieder.
Nun habe ich aber bereits früher durch die Untersuchung von Dampfmaschinen
festgestellt, daß zwischen der durch den Pendelweg und der durch dessen Tangente
ausgedrückten Ungleichförmigkeit, also zwischen der Schwingungsweite der
Integralkurve und derjenigen der Differentialkurve, ein arges Mißverhältnis
entstehen kann. Kurze Stöße, die sich garnicht auf die Arbeitsmaschinen übertragen,
können den Wert der Tangente stark hinaufschnellen, ohne den Pendelweg der Maschine
wesentlich zu vergrößern.
Für die alte Ungleichförmigkeitsformel fand ich in bezug auf mein Gerät folgenden
Ausdruck:
\frac{1}{\delta}=\frac{V_{\mbox{max}}-V_{\mbox{min}}}{V_{\mbox{m}}}=\frac{w}{U}\,(\mbox{tg}\,\varphi_{\mbox{max}}-\mbox{tg}\,\varphi_{\mbox{min}})
. (1)
Hierin bezeichnen w den Weg der
Papierbahn während einer Umdrehung der zu prüfenden Maschine, also die Projektion
des Schreibstiftweges auf die Abszissenachse. U den
erzeugenden Kreis, also den Umfang des Kreises, an dem der Bogen des Pendelweges der
Maschine gemessen wird, φ den Winkel, den die Tangente
an die erhaltene Pendel wegkurve mit der Abszissenachse bildet, w war bei meinem Gerät 38 mm, U = 346 mm.
Nimmt man an, daß der Schreibstift sich im Verlaufe einer Umdrehung um 3,46 mm von
der geraden Linie entfernt, so kann dieser Weg des Schreibstiftes selber eine gerade
Linie sein. Die Maschine lief dann gleichförmig, aber 1 v. H. schneller oder
langsamer als vorher, und die Abweichung bedeutet nichts anderes, als daß eine
Drehung der Abszissenachse stattgefunden hat. Es möge hier darauf hingewiesen
werden, daß das vorliegende Gerät ein sehr einfaches Mittel bietet, die
Ungleichförmigkeiten innerhalb jeder einzelnen Umdrehung einer Maschine zu messen,
nicht aber die Aenderung der mittleren Umdrehungszahl. Hierzu bedürfte es einer
durch Wasserkraft oder Elektrizität dauernd gleichmäßig angetriebenen Schwungmasse,
und die Pendelungen der Maschine müßten auf einem fortlaufenden Papierbande
verzeichnet werden.
Will man also mit dem gegenwärtigen Gerät die mittlere Ungleichförmigkeit
innerhalb jeder einzelnen Umdrehung bestimmen, so muß man Anfang und Ende der Kurve
jeder Umdrehung durch eine gerade Linie verbinden, die einzelnen Diagramme trennen
und so aneinander legen, daß die Verbindungslinien in eine Gerade fallen.
Soll nun zunächst ein passender Ersatz für die alte Ungleichförmigkeitsformel
gefunden werden unter Zugrundelegung der Schwingungsweite der vom Gerät
verzeichneten Kurve, so könnte man über der erwähnten Verbindungslinie ein Dreieck
verzeichnen mit der Spitze im höchsten Punkt der Kurve.
Das Maß der Winkel ß und γ
an der Grundlinie gibt dann auch ein Maß für die Ungleichförmigkeit, ohne daß kurze
Stöße diesen Wert beeinflussen, nämlich
\frac{1}{\delta}=\frac{w}{U}\,(\mbox{tg}\,\beta-\mbox{tg}\,\gamma)
Textabbildung Bd. 330, S. 209
Apparat zur Verzeichnung der
Unregelmässigkelten von Drehbewegungen, D. R. P. No. 81572 von Jons A. F. Engel,
Hamburg. Diagramm einer Gaskraftmaschine, aufgenommen in der
Physikalisch-Technischen Reichsanstalt In Charlottenburg am 3. März 1897, 1h. 55m.; 12
pferd. Viertakt-Doppelmotor.
Textabbildung Bd. 330, S. 209
Apparat zur Verzeichnung der
Unregelmassigkeiten von Drehbewegungen, D. R. P. No. 81572 von Johs A. F. Engel,
Hamburg. Diagramm einer Gaskraftmaschine, aufgenommen in der
Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Charlottenburg am 3. März 1897, 2h. 4m., 12
pferd. Viertakt-Doppelmotor.
oder, wenn S die Schwingungsweite
der Kurve, also die Höhe des Dreiecks, und a und w – a die durch die Höhe getrennten Teile der
Grundlinie bedeuten,
\frac{1}{\delta}=\frac{w}{U}\,\left(\frac{S}{a}+\frac{S}{w-a}\right)
\frac{1}{\delta}=\frac{w^2\,S}{U\,a\,(w-a)} . .
. . (2)
Hat die Kurve mehrere Kulminationspunkte oder schneidet sie die Linie w, so kann man die Bezeichnung des
Ungleichförmigkeitsgrades dadurch der alten Formel am nächsten bringen, daß
man auf der Linie w ein gleichschenkliges Dreieck mit
der Höhe S errichtet. Die Formel (2) geht dann über
in
\frac{1}{\delta}=\frac{4\,S}{U} . . . (3)
Will man endlich nicht den Motor an sich, weder in bezug auf die Sanftheit des Ganges nach Formel (1), noch in bezug auf
den Pendelweg nach Formel (2) bzw. (3), beurteilen,
sondern lediglich, etwa für eine Ausschreibung, nach seiner Brauchbarkeit für eine angehängte Arbeitsmaschine, so würde die bereits
früher von mir entwickelte Formel
\frac{1}{\delta}=\frac{60\,S}{n\,.\,U} . . . .
(4)
die sekundliche Wegdifferenz in
Betracht kommen. Nicht mehr empfehlen möchte ich die Formel für die Sinuslinie
gleicher Schwingungsweite
\frac{1}{\delta}=\frac{2\,\pi\,S}{U},
weil diese Formel Werte ergibt, die sich nicht mehr der alten
Ungleichförmigkeitsformel anpassen.
Wie bereits 1897 erwähnt, hat mein Gerät damals der Physikalisch Technischen
Reichsanstalt zur Prüfung vorgelegen. Diese Versuche beschränkten sich aber auf zwei
Diagramme (vgl. Abb.), die von einer zweizylindrigen Gasmaschine mit zwei
Schwungrädern genommen wurden, und zwar im Beharrungszustande
bei Leerlauf.
Eine geringe Abweichung der Kurve von der geraden Linie ist in den Diagrammen
bemerkbar. Da aber vier Ursachen hierfür fast in gleicher Stärke in Betracht kommen,
die schwachen Explosionen, die Beschleunigungsdrücke, die Kompressionen und die
Torsionsschwingungen zwischen den Schwungrädern, so sind diese Diagramme fast
wertlos. Richtiger wären die von mir vorgeschlagenen Versuche gewesen an einem
Schwungrade mit Kurbelgetriebe und angehängtem, mehr oder weniger belasteten Wagen.
Die damals von der Physikalisch Technischen Reichsanstalt eingehend bearbeiteten
Stimmgabelversuche, die vielversprechend waren, haben doch zu keinem in der Praxis
ohne weiteres brauchbaren Ergebnis geführt.