Titel: | Ueber Temperaturmessungen bei Verdampfungsversuchen. |
Autor: | M. R. Schulz |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 516 |
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Ueber Temperaturmessungen bei
Verdampfungsversuchen.
Von Ingenieur M. R. Schulz, öffentlich
bestelltem und beeidetem Sachverständigen.
SCHULZ: Ueber Temperaturmessungen bei
Verdampfungsversuchen
Schon früher machte ich darauf aufmerksam, daß eine große Anzahl von
Versuchsresultaten an Dampfkesseln Ergebnisse für Ueberhitzer und Ekonomiser
zeitigte, die mit der Wirklichkeit schlecht in Einklang zu bringen sind. Damals habe
ich nur angedeutet, daß die Fehler daher kommen können, daß man mit den
Meßinstrumenten nicht die richtigen Temperaturen feststellte, weil die Gase sehr
wahrscheinlich nicht richtig vom Gasstrom getroffen wurden.
Da mir vor kurzem Ergebnisse eines Ekonomisers vorgelegt wurden, nach denen wieder
der Ekonomiser mehr Wärme aufgenommen haben müßte, als ihm zur Verfügung stand, so
habe ich an dem betreffenden Apparat Messungen vorgenommen.
In Garantiebedingungen bei Ekonomiserlieferungen heißt es für gewöhnlich, „für die
zu leistende Garantie ist die Temperatur beim Eintritt in den Ekonomiser
maßgebend“; ich machte aber die Beobachtung, daß hier von dieser wichtigen
Voraussetzung abgewichen war.
Unter Eintritt in den Ekonomiser kann man doch nur die Stelle verstehen, wo die
Gase in den Ekonomiser eintreten, und unter Ekonomiser versteht man einen gemauerten
Block mit einer Vorkammer und einer Austrittskammer, und wenn jemand
Rauchgastemperaturen in der Vorkammer des Ekonomiser mißt, so werde ich nachstehend
beweisen, daß man mit solchen Messungen falsche Ergebnisse erzielen muß. Ich habe zu
diesem Zwecke vollkommen gleiche Thermometer von gleicher Eintauchlänge, und zwar
einmal je drei Stück im Hauptfuchs beim Eintritt der Rauchgase in den Ekonomiser an
den Meßstellen a, b, c und zweitens drei Thermometer in
der Vorkammer an den Meßstellen d, e, f untergebracht.
Die ersten drei Thermometer (siehe Abbildung) stehen senkrecht in den drei
Meßstellen, die drei weiteren Thermometer wagerecht, oder etwas schräg, und ein
siebentes Thermometer, das noch vorhanden war, wurde in dem Loch in der Decke des
Ekonomisergehäuses g, das seinerzeit von dem
Ekonomiserlieferanten in der Ausführungszeichnung angegeben, senkrecht hineingesteckt.
Zu gleicher Zeit wurden auch noch in den Rauchkanälen von vier verschiedenen in
Betrieb befindlichen Kesseln Messungen der Rauchgase vorgenommen, und zwar bei
vollkommen abgedichteten Rauchschiebern in etwa 1 m Entfernung von den Kesseln,
damit das Instrument selbst nicht unter der strahlenden Wärme des Kesselmauerwerks
zu leiden hatte.
Wie ich schon in früheren Aufsätzen sagte, ist es eine irrtümliche Auffassung, wenn
behauptet wird, daß sich die Rauchgase im Hauptfuchs auf einem Wege von 30 bis 50 m
bedenklich abkühlen. Im besagten Falle betrug die Abkühlung allerhöchstens 10°,
obschon der Fuchs über 50 m lang war. Wenn man wirklich Abkühlungen im Hauptfuchs
feststellt, so kommen sie nur daher, daß entweder die Rauchschieberführungen so
undicht sind, daß große Mengen Luft in den Hauptfuchs eintreten, oder daß bei
weiteren am Hauptfuchs angeschlossenen Kesseln, die vielleicht nicht in Betrieb sind
und zurzeit gereinigt werden, die Schieber etwas geöffnet sind.
Textabbildung Bd. 329, S. 517
Ich mache deshalb darauf aufmerksam, daß man bei Versuchen streng darauf halten muß,
daß nirgends kalte Luft in den Hauptfuchs eintreten kann, und daß man am besten die
Schieber der nicht im Betriebe befindlichen Kessel verschmiert. Temperaturabfälle im
Hauptfuchs habe ich bisher nur feststellen können:
1. wenn Wasser oder Feuchtigkeit im Fuchs war;
2. wenn der Hauptfuchs über Tage lag und, abgesehen davon, daß
er einige Risse zeigte, der Tagestemperatur ausgesetzt war;
3. wenn die Decke des Hauptfuchses zu schwach ausgeführt
war.
Es empfiehlt sich deshalb immer, auf die Decke eines Hauptfuchses erst eine
Sandschicht aufzubringen und sie dann noch abzupflastern bzw. über Tage liegende
Rauchkanäle durch eine weitere Schutzmauer zu isolieren.
Die Messungen im Hauptfuchs beim Eintritt in den Ekonomiser wurden mit den drei
gleich langen Pyrometern so vorgenommen, daß sämtliche Pyrometer gleich tief im
Mauerwerk steckten, und zwar in einer Entfernung von etwa 400 mm voneinander. Die
Thermometer wurden mehrfach umgesteckt, das Resultat blieb aber dasselbe. Die beiden
Außenthermometer zeigten immer etwas weniger als das mittlere an. Ich schließe
hieraus, daß die beiden seitlichen Thermometer schon etwas von der Temperatur des
Mauerwerks der Seitenwangen beeinträchtigt wurden.
Ganz auffallend war aber der Unterschied in der Temperatur zwischen den drei
Meßstellen a, b, c und d, e,
f. Das Thermometer an der Meßstelle d zeigte
immer dieselbe Temperatur an, wenn man es niedriger setzte, im übrigen aber in
derselben Breitenzone blieb.
Die beiden anderen Thermometer zeigten geringere Temperaturen an, so daß man schon
bei einem Ekonomiser von 3 m lichter Weite zwischen den Meßinstrumenten an den
Stellen a, b, c und den Meßinstrumenten an den Stellen
d, e,f eine Temperaturdifferenz von 30° feststellen
konnte, also auf einem Wege von im Mittel 1 ½ m. Das Vertikalthermometer zeigte noch
weniger an, und zwar nur 250°. Ich bemerke, daß das Vertikalthermometer an der
Meßstelle g nicht genau senkrecht über den drei anderen
Löchern lag, sondern mehr dem Ekonomiser selbst zugewandt war. Obschon diese
Feststellungen für mich genügten, den Beweis dafür zu erbringen, daß man nicht
richtig in der Vorkammer mißt, habe ich ungefähr dieselbe Beobachtung in der
hinteren Kammer des Ekonomisers gemacht. Hier ist der Temperaturunterschied nicht so
groß wie beim Eintritt, was für mich seine Erklärung darin hat, daß mittlerweile
durch die vielen Kratzeröffnungen sehr viel kalte Luft eingetreten ist, die die
Gasemenge bedeutend im Volumen vergrößert hat. Nach dieser ersten Temperaturmessung
habe ich weitere vorgenommen, und zwar habe ich die drei Thermometer von den
Meßstellen d, e, f in genau derselben Höhenlage in das
Ekonornisermauerwerk hineingesetzt und habe ich hierbei festgestellt, daß sich in
den Punkten d1, e1 und f1 ganz verschiedene Resultate ergaben, und
zwar 260, 270 und 250°. Diese Messungen wurden in einer Entfernung von etwa 300 mm
vor den Sammelrohren festgestellt und ergaben somit im Mittel 260°. Es sind also
wieder 10° von der letzten Meßstelle verloren gegangen oder im Verhältnis zum
Eintritt in den Ekonomiser 20 v. H. Zum Schluß habe ich das Meßinstrument von d nach d2, also ganz dicht an die erste Rohrreihe
um das unterste Sammelrohr herangezogen und bin hierbei auf eine Rauchgastemperatur
von 240° gekommen. Dieselbe Manipulation machte ich mit dem oberen Thermometer,
konnte dort aber nur eine Differenz von höchstens 5 bis 10° feststellen.
Weitere Messungen im Ekonomisergehäuse an den verschiedensten Stellen, aber immer in derselben
senkrechten Linie vorgenommen, ergaben, daß im unteren Drittel des Ekonomisers die
Rauchgastemperaturen ganz auffallend niedrig waren.
Der untersuchte Apparat war ein Ekonomiser nach der Gleichstromschaltung.
Die vorgenommenen Messungen kann jeder Unbefangene ohne weiteres auch am besten an
einem Gleichstrom-Ekonomiser nachprüfen, denn ich bin der Ansicht, daß bei einem
Zirkulations-Ekonomiser die Messungen wieder ein wenig anders ausfallen.
Wenn auch diese Versuchszahlen ohne weiteres genügen, den Beweis dafür zu erbringen,
daß man auf keinen Fall in einer Vor- oder Nachkammer des Ekonomisers Messungen
vornehmen darf, so will ich noch zu erklären suchen, weshalb man so große
Differenzen in den Messungen findet.
Voraussetzung ist, daß zur Feststellung von Temperaturen unter gleichen Verhältnissen
nicht nur ein richtig zeigendes Pyrometer erforderlich ist, sondern daß die
Messungen auch sonst unter vollkommen gleichen Verhältnissen gemacht werden müssen.
Hätte ich die drei Pyrometer im Hauptfuchs so hineingesteckt, daß sie radial mit
ihren Eintauchenden genau in der Mitte des Fuchses sich begegnet wären, so würde ich
sehr wahrscheinlich gar keine Differenzen in den Rauchgastemperaturen festgestellt
haben. Daß der Unterschied zwischen Hauptfuchs und Vorkammer des Ekonomisers so groß
ist, liegt nach meiner Ansicht daran, daß vor allen Dingen die Messungen nicht mehr
bei gleicher Rauchgasgeschwindigkeit vorgenommen werden konnten. Diese
Ausdrucksweise deckt sich ungefähr mit dem, wenn man in der Praxis sagt „die Gase
haben nicht mehr richtig den Gasstrom getroffen“.
Der von mir untersuchte Ekonomiser hatte nur eine lichte Höhe von 3 m. Hätte ich aber
einen modernen Ekonomiser von 4 m Rohrlänge untersucht, so wäre die Differenz
zwischen den Meßstellen a, b, c und d, e, f eine viel größere geworden. Ich schließe dies
ohne weiteres aus Versuchszahlen, wie sie mir hier und da zugänglich gemacht werden.
Jeder Wärmetechniker spricht von berührender und strahlender Wärme. Ich habe in
früheren Aufsätzen bereits darauf aufmerksam gemacht, daß die strahlende Wärme einen
viel geringeren Einfluß auf die Wärmeaufnahme als die berührende ausübt. Auch dies
führe ich darauf zurück, daß bei strahlender Wärme die Gasgeschwindigkeit bis auf
Null herabsinken kann. Man sagt in der Praxis dann, die Gase haben garnicht die
ganze Fläche des Ekonomisers berührt.
Interessant sind auch die Zahlen für d1, c1, f1 im Vergleich zu d, e, f. Daß natürlich auf einem Wege von nicht einmal 1 m in wagerechter
Richtung die Gase an Wärme 10° verloren haben können, ist vollständig
ausgeschlossen. Die drei Pyrometer sind einfach von der Temperatur, die in den
aufgehenden Wasserrohren herrschte, beeinträchtigt. Um dies mit Sicherheit
feststellen zu können, rückte ich die Thermometer g und
d so dicht als möglich an die erste Rohrreihe des
Ekonomisers heran. Bei dem oberen Thermometer g war
dies nicht recht möglich, dagegen konnte ich das untere Thermometer d nach d2 so verlegen, daß es ziemlich dicht an die
erste Rohrreihe herankam. Der Unterschied von 60° ist geradezu enorm groß und findet
seine Erklärung darin, daß in den untersten Rohren das Wasser höchstens erst eine
Temperatur von 30 bis 40° hatte und die Temperatur der Rohre von 30 bis 40° auf der
einen Seite des Pyrometers so ungünstig beeinflußte, daß die von der anderen Seite
kommende Wärme eine Differenz von 50° ergab.
Die Messungen im Ekonomiser selbst zwischen den einzelnen Rohrreihen ergaben stets,
was wohl nicht weiter wundernehmen dürfte, daß die höchste Temperatur in der Mitte
des Ekonomisers festgestellt wurde, während nach oben hin die Temperatur etwas
geringer war und nach unten hin auffallend gering. Dies erklärt sich schon dadurch,
daß von oben her die kalte Luft die Temperatur herabminderte, und im unteren Teil,
wo an und für sich schon sehr wenig Gas war, der Ekonomiser sehr viel Wärme aufnahm,
weil das Temperaturgefälle zwischen Rauchgas und Wasser sehr groß war. Am
Ekonomiseraustritt habe ich keine weiteren Messungen vorgenommen, weil sie für die
Allgemeinheit weniger Interesse haben und auch nicht so scharf in Erscheinung
getreten wären wie beim Ekonomisereintritt.
Ich bin aber heute der Ansicht, daß man nur Temperaturmessungen beim Ein- und
Austritt des Ekonomisers, dort, wo die Gase aus dem Hauptfuchs in das
Ekonomisergehäuse übergehen, vornehmen darf, und wenn man in dem von mir angeregten
Sinne in Zukunft Temperaturen mißt, werden auch die des öfteren vorkommenden
mangelhaften Versuchsergebnisse, denen man ohne weiteres ansehen muß, daß Fehler
vorgekommen sind, verschwinden.
Bei Ekonomisern, die nach dem Gleichstromprinzip arbeiten, ist es auch unbedingt
erforderlich, das Thermometer, das die Temperatur des Speisewassers beim Austritt
aus dem Ekonomiser anzeigt, mindestens 5 bis 10 m vom Ekonomiser entfernt in die
Speiseleitung einzubauen, denn erst dort hat sich die Temperatur des Wassers aus den
einzelnen Systemen ausgeglichen.