Titel: | Ueber Hebel- und Kurbelhubverminderer für den Antrieb der Papiertrommel des Indikators. |
Autor: | W. Wilke |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 289 |
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Ueber Hebel- und Kurbelhubverminderer für den
Antrieb der Papiertrommel des IndikatorsBeitrag zu dem
soeben in siebenter Auflage erschienenen Werke von P. H. Rosenkranz, Der Indikator und seine Anwendung. Berlin. Weidmannsche
Buchhandlung..
Von Dipl.-Ing. W. Wilke, Dozent an der
Techn. Hochschule Hannover.
WILKE: Ueber Hebel- und Kurbelhubverminderer usw.
Inhaltsübersicht.
Der kinematische Zusammenhang der Hebel- und Kurbelhubverminderer
wird eingehend erläutert und dabei die Konstruktion verschiedener Hubverminderer
kritisch beschrieben. Auf gebräuchliche fehlerhafte Bauarten und die Größe ihrer
Fehler wird hingewiesen.
–––––
Zur Berechnung der Leistung der Maschine aus dem Diagramm muß die Aufzeichnung des
Druckes auf den Kolben in Abhängigkeit vom Kolbenwege erfolgen. Im allgemeinen wird
es erforderlich sein, für eine Verminderung des Kolbenhubes zu sorgen, da der Hub
der Maschine in der Regel ein vielfaches des Papiertrommelumfanges ist. Der Antrieb
der Papiertrommel kann von irgend einem Punkte aus erfolgen, der sich in gleichem
Sinne mit dem Kolben bewegt. Die Bedingung für die richtige Konstruktion der
Hubverminderer ist, daß die Bewegung der Papiertrommelschnur proportional der des
Kolbens erfolgt. Um dieses zu erreichen, sind die verschiedenartigsten Anordnungen
vorhanden, die man in der Hauptsache nach drei Gruppen ordnen kann. Die
Hubverminderung kann erfolgen entweder durch Einschalten von Rollen von
verschiedenen Durchmessern – Rollenhubverminderer – oder durch den Einbau von
Hebeln, die von dem Kreuzkopf, dem Kolben, der Kolbenstange oder einem anderen
Maschinenteile, der sich proportional dem Kolben bewegt, angetrieben werden –
Hebelhubverminderer. Unter Umständen kann auch ein Exzenter oder eine Kurbel zum
Antrieb benutzt werden – Kurbelhubverminderer. Bei den beiden letzten Verminderern
findet man jedoch sehr häufig Konstruktionen – auch in der Literatur angegeben –,
die unter Umständen große Fehler in das Diagramm bringen. Es dürfte daher zweckmäßig
sein, ausführlich die Bauart der verschiedenen Hebelhubverminderer in ihrem
kinematischen Zusammenhang zu beschreiben und auf gebräuchliche, fehlerhafte
Anordnungen besonders aufmerksam zu machen. Im sonstigen sind sie, richtig und
solide konstruiert, den Rollenhubverminderern stets vorzuziehen. In einfacher und
sicherer Weise läßt sich die Kupplung der Papiertrommelschnur mit dem Antrieb
vornehmen. Die Hebelhubverminderer lassen sich bei allen Umdrehzahlen gleichmäßig
gut verwenden. Nur bei großen Hüben werden sie leicht sperrig. Zu genaueren
Versuchen sollte man sie ausschließlich gebrauchen. Sie haben jedoch den Nachteil,
daß sie in der Regel für die zu indizierende Maschine besonders konstruiert werden
müssen und sich daher selten allgemein verwenden lassen. Jedoch hat es sich schon
immer mehr und mehr eingeführt, die Maschinen von vornherein bei ihrem Aufbau mit
Hebelhubverminderern auszurüsten, wobei für deren zweckmäßige Anordnung und
Unterbringung gleich Sorge getragen werden kann. Als Universalhubverminderer sind
dagegen die Rollenhubverminderer anzusprechen. Vielfach unmittelbar am Indikator
befestigt, sind sie überall für jeden Kolbenhub geeignet. Bei schnellaufenden
Maschinen ist ihre Handhabung jedoch nicht ungefährlich, und das Einhängen der
Schnur erfordert gewisse Geschicklichkeit. Leicht tritt beim Einhängen infolge der
plötzlichen Beschleunigung der Masse der Papiertrommel und des Hubverminderers ein
Reißen der Schnur ein. Auch gibt die Dehnung der langen Schnur zu Fehlern
Veranlassung.
Im folgenden sollen die Arten von Hebel- und Kurbelhubverminderern behandelt und
besonders die Bedingungen für richtige Uebertragung der Kreuzkopfbewegung angegeben
werden.
Bezeichnet S den Hub der Maschine und s die Länge des Indikatordiagramms, die sich nach dem
Durchmesser der
Papiertrommel richtet, so ergibt sich ein Uebersetzungsverhältnis
\frac{S}{s}=i,
das den weiteren Berechnungen für die Abmessungen der
Hubverminderer zugrunde zu legen ist. Für jede beliebige Stellung des Kolbens muß
nun die Beziehung gelten, daß das Verhältnis des zurückgelegten Weges des Kolbens
SX zu dem der
Papiertrommel sx, beide von der Totpunktlage aus gerechnet, stets
gleich i sei. Einen Hebelhubverminderer, dessen sehr
einfache Bauart den weiteren Konstruktionen zugrunde liegen soll, zeigt die
schematische Zeichnung Abb. 1. Der Hebel AB mit der Länge L
schwingt symmetrisch um eine zur Kolbenbewegung senkrechte Mittellinie, die durch
den festen Drehpunkt A geht. Am freien Ende B greift die mit dem Kreuzkopf, Kolben oder anderem
Maschinenteile verbundene Lenkstange λ an. Der Antrieb
der Papiertrommel erfolgt mittels Schnur von C aus. Die Länge A C sei mit l bezeichnet.
Die Abmessungen von l und L werden nun nach obigem aus dem Hub S der
Maschine und der Diagrammlänge s bestimmt gemäß der
Beziehung:
L : l = S : s = i.
Textabbildung Bd. 329, S. 290
Abb. 1.
Man erkennt ohne weiteres, daß die Proportionalität zwischen der Kolben- und der
Schnurbewegung nicht vorhanden ist. Infolge der endlichen Länge des Lenkers λ wird die Kreuzkopfbewegung verzerrt auf das Hebelwerk
übertragen. Der Fehler ist indessen nicht erheblich, wenn man darauf achtet, daß
sowohl die Richtungslinie des Punktes K als auch die
mittlere zur Kolbenbewegung parallele Schnurrichtung die Pfeilhöhen der
entsprechenden Schwingungsbögen halbieren. Ueber die Größe der Ungenauigkeit dieses
Hubverminderers gibt folgende Rechnung Aufschluß. Die Entfernung der beiden
Führungsrollen der Papiertrommel vom Punkte C, die
sich übrigens mit der Bewegung von C verändert, zur
Pfeilhöhe h1 ist als
sehr groß im Vergleich zum Verhältnis von λ zu h anzusehen, so daß praktisch anzunehmen ist, daß die
Verzerrungen des Kreuzkopfweges, durch den Lenker hervorgerufen, vollständig ins
Diagramm – natürlich im Verhältnis L zu l verkleinert –
übertragen werden. Jedenfalls fällt bei dieser Annahme der wirkliche Fehler kleiner
aus, als die Berechnung ergibt. Der Fehler erreicht in den Endstellungen und in der
Mittelstellung seinen Höchstbetrag, der mit f
bezeichnet werde.In der Abb. 1 ist der Fehler übertrieben groß
angegeben. Die Lenkstange λ schließe
in diesen Stellungen mit der Mittellinie der Kolbenbewegung den Winkel ß ein. Der Ausschlag des Hebels aus der Mittelstellung
sei a. Der Fehler f
berechnet sich dann zu
f=\lambda-\sqrt{\lambda^2-\left(\frac{h}{2}\right)^2},
wobei
h=L-\sqrt{L^2-\left(\frac{S}{2}\right)^2}.
Man erkennt aus der Abbildung, sowie aus der Formel, daß der Fehler klein wird, wenn
i und L im Verhältnis
zu 5 groß gewählt werden. Für derartige Lenkerkonstruktionen werden im Maschinenbau
allgemein folgende Abmessungen angegeben:
L > 3/2 S:
λ ≥ (0,5 bzw. 0,6) S.
Textabbildung Bd. 329, S. 290
Abb. 2.
Der Fehler wird bei
L = 3/2 S
und λ = 0,5 S, bzw. 0,6
S,
f = 0,0018 S, bzw. f = 0,0015 S,
d. i. 0,18 bzw. 0,15 v. H. der Diagrammlänge.
Bei einer Diagrammlänge von 100 mm wird also die Verzerrung im Höchstfalle 0,18 bzw.
0,15 mm betragen.
Das sind Fehlergrößen, wie sie bei den Diagrammen gegenüber andern auftretenden
Ungenauigkeiten unbedeutend sind. Ein Vielfaches dieser Verzerrung machen z.B. schon
die durch die wechselnden Dehnungen der Schnur eintretenden Fehler aus. Bezeichnet
man 0,5 v. H. als Grenze der zulässigen Ungenauigkeit, so wurde selbst eine Länge
L = S, bei A – 0,5 S noch zweckmäßig sein, da sich hierfür der Fehler zu
0,45 v. H. ergibt.Der Fehler ist in der
Mehrzahl der Anordnungen graphisch dargestellt. Es bedeuten dabei die unter
den Abbildungen angegebenen Weglängen T den
Papiertrommelweg, T den Kolbenweg.
Ausführungen dieser einfachen und vielfach angewandten Hubverminderer zeigen die
Abb. 2, 3 und
4.Die Abb. 2, 13,
14 und 34 (s. später) stellen Ausführungen von Hubverminderern im
Ingenieurlaboratorium der Techn. Hochschule in Hannover nach dem Entwurf von
Geh. Reg-Rat Prof. Frese dar. Die Abb. 3, 17,
18 und 27 sind dem Werke von Staus, „Der
Indikator und seine Hilfseinrichtungen“, entnommen.
Textabbildung Bd. 329, S. 291
Abb. 3.
Textabbildung Bd. 329, S. 291
Abb. 4.
Textabbildung Bd. 329, S. 291
Abb. 5.
Davon zeigt die Abb. 4 eine Indiziervorrichtung für
eine Schiffsmaschine mit großem Hub. Die Schnur greift hierbei nicht an dem Punkte
C an, sondern es ist, um geringere Schnurlängen zu
erhalten, bei C mit dem Hebel L die Stange Z verbunden, die nochmals bei
v geführt wird. An deren oberen Ende wird die
Schnur befestigt. Im übrigen hat die recht einfache Konstruktion, die auch noch
insofern empfehlenswert ist, als sie größere Schnurlängen vermeidet, wegen der
geringen Länge des Lenkers λ erhebliche Fehler, die im
Höchstfalle 1,33 v. H. betragen. Diese Fehler hätten vermieden werden können,
wenn die Ausführung wie in Abb. 12 mit Kulisse am
Kreuzkopf und Stein am Hebel erfolgt wäre, die an Einfachheit der Konstruktion in
Abb. 4 nicht nachsteht.
Textabbildung Bd. 329, S. 291
Abb. 6.
Bei dem vorliegenden Beispiel war der recht einfache Fall angenommen, daß die
Indikatorschnur parallel der Kolbenbewegung zur Papiertrommel geführt werden konnte.
Im allgemeinen wird man sich jedoch den vorhandenen Verhältnissen anpassen
müssen, bei denen der Drehpunkt A sowohl durch die
Bauart der Maschine als auch durch die Lage des Indikatorstutzens schon gegeben ist.
Man kann in diesem Falle, wenn die besprochene Konstruktion beibehalten werden soll,
durch Einschalten von Führungsrollen (Abb. 5),
wodurch die Indikatorschnur zunächst parallel der Kolbenbewegung, hernach beliebig
geführt wird, eine richtige Lösung herbeiführen. Führungsrollen sind jedoch unbequem
und sollten, da sie auch zu Ungenauigkeiten Veranlassung geben, möglichst vermieden
werden. In Abb. 6 ist die Konstruktion eines
Hubverminderers unter Fortfall von Leitrollen angegeben. Es wird der Punkt C, der Angriffspunkt der Schnur, gefunden, indem in der
Mittelstellung des Kolbens vom Ablaufpunkt der Papiertrommel eine Tangente an den
mit dem errechneten Radius l um A beschriebenen Kreis gezogen wird. In dieser Mittelstellung schließt die
Schnurrichtung mit dem Hebel einen rechten Winkel ein. Genauer ist es, die Tangente,
wie in Abb. 7 angegeben, an den Kreis zu
ziehen, der mit dem Radius (l- ½ h1), wobei h1 die Pfeilhöhe
bedeutet, geschlagen ist. In diesem Falle schlägt die Schnur nach beiden Richtungen
um das gleiche Maß von der Senkrechten zum Hebel aus. Die Ungenauigkeit des ersten
Verfahrens ist jedoch sehr unbedeutend. Da man nun von einem Punkte aus zwei
Tangenten an einen Kreis ziehen kann, so erhält man auch zwei Angriffpunkte C und C', von denen aus
die Diagramme l und ll
(Abb. 6) genommen werden können. Man wird, wenn
nicht besondere Verhältnisse vorliegen, allgemein denjenigen Angriffpunkt wählen,
der ein Diagramm ergibt, das gleichlaufend mit dem Kolben geschrieben ist. In diesem
Falle also l, welches vom Punkte C aus genommen ist. Ein Beispiel dieser Anordnung gibt
die Abb. 8.
(Fortsetzung folgt.)
Textabbildung Bd. 329, S. 292
Abb. 7.
Textabbildung Bd. 329, S. 292
Abb. 8.