Titel: | Neuere Meßwerkzeuge und Meßverfahren im Maschinenbau. |
Autor: | Meyer |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 709 |
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Neuere Meßwerkzeuge und Meßverfahren im
Maschinenbau.
Von Professor Dipl.-Ing. Meyer in
Magdeburg.
(Schluß von S. 695 d. Bd.)
MEYER: Neuere Meßwerkzeuge und Meßverfahren im
Maschinenbau.
Die Grenz- oder Toleranzlehren haben sich sehr schnell in die auf
Massenfabrikation eingerichteten Werkstätten eingeführt und werden in den
verschiedensten Ausführungen benutzt, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Textabbildung Bd. 328, S. 710
Abb. 24.Toleranz-Rachenlehre mit auswechselbaren Backen.
Textabbildung Bd. 328, S. 710
Abb. 25.Toleranz-Rachenlehre mit auswechselbaren Backen.
Abb. 24 zeigt eine Toleranz-Rachenlehre mit
auswechselbaren Meßbacken, bei der die aus Stahl hergestellten gehärteten
geschliffenen und polierten Meßbacken nach Abnutzung leicht durch neue ersetzt
werden können. Abb. 25 zeigt eine solche
Rachenlehre, bei der die Gut- und die Ausschußseite auf derselben Seite der Lehre
angebracht sind, so daß diese beim Messen nicht herumgedreht zu werden braucht. Bei
Bohrungen über 100 mm Durchmesser verwendet man statt der zylindrischen
Grenzkaliberdorne die handlicheren Toleranz-Flachkaliber (Abb. 26) oder sphärische Endmaße, die dann in dem in Abb. 27 dargestellten Halter befestigt werden. Es
sind dann beide Maße, das für die Gut- und das für die Ausschußseite in einem
Meßwerkzeuge vereinigt. Beim Messen tieferer Bohrungen ist dies nicht angängig, man
verwendet dann zwei getrennte Meßwerkzeuge von der in Abb.
28 dargestellten Form mit zwei auswechselbaren Meßbacken. Abb. 29 zeigt ein solches Kaliber mit vier
auswechselbaren Backen. Wie Abb. 30 zeigt, können
auch bei den Flachkalibern beide Maße auf einer Seite angebracht werden.
Textabbildung Bd. 328, S. 710
Abb. 26.Toleranz-Flachkaliber.
Textabbildung Bd. 328, S. 710
Abb. 27.Halter mit zwei spharischen Endmaßen.
Textabbildung Bd. 328, S. 710
Abb. 28.Toleranz-Flachkaliber mit zwei auswechselbaren Backen.
Die Vorteile der Grenzlehren lassen sich auch auf das Messen von
Schraubengewinden anwenden unter Benutzung der in Abb.
31 dargestellten Toleranz-Schraubenlehre, durch die nicht nur der
Bolzendurchmesser, sondern auch die Richtigkeit des Gewichts in einfacher Weise
einwandfrei geprüft werden kann.
Textabbildung Bd. 328, S. 711
Abb. 29.Toleranz-Flachkaliber mit vier auswechselbaren Backen.
Textabbildung Bd. 328, S. 711
Abb. 31.Toleranz-Schraubenlehre.
Bei a ist die Gutseite, bei c die Ausschußseite, alle Schrauben, die sich bei c einführen lassen, sind zu schwach; alle, die sich bei
a ohne Aufwendung von Gewalt einschrauben lassen,
sind dagegen brauchbar. Läßt sich ein Schraubenbolzen bei a nicht einschrauben, wohl aber in die glatte Oeffnung b einführen, so stimmt zwar sein äußerer Durchmesser,
aber sein Gewinde muß fehlerhaft sein. Ob nun der Fehler in der Form oder in
der Steigung des Gewindes liegt, kann man dann dadurch feststellen, daß man die
Schraube in die bei c angebrachten Zähne einlegt.
Das Prinzip der Grenzlehren läßt sich auch auf Schablonen zum Nachmessen von kleinen
Massenartikeln anwenden. Abb. 32 zeigt z.B. eine
Schablone für die Halbkugel eines Kugelgelenkes. Das Werkstück wird auf der
Revolverdrehbank aus einer Rundeisenstange hergestellt. Die Schablone hat zwei
Durchbrechungen, von denen die eine ein ganz geringes Maß größer, die andere kleiner
ist als den normalen Abmessungen des Werkstückes entspricht. Die eine Seite muß sich
leicht über das fertige Werkstück schieben lassen, während die andere nur
„anschnäbeln“ darf. Die Toleranz ist auch hier wieder so gewählt, daß
alle mit derselben Schablone gemessenen Werkstücke austauschbar sind.
Textabbildung Bd. 328, S. 711
Abb. 30.Toleranz-Flachkaliber.
Textabbildung Bd. 328, S. 711
Abb. 32.Schablone nach dem Grenzlehrsystem.
Alle Grenzlehren nutzen sich natürlich im Laufe der Zeit ab, es muß deshalb in
gewissen Zwischenräumen, etwa alle vier Wochen, mit genauen Meßmaschinen
kontrolliert werden, ob die Abnutzung nicht das durch Erfahrung festgelegte
zulässige Maß überschritten hat.