Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 526 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Die G. M. A.-Rohölmotorenanlage als einzige Kraftzentrale
der „Iba“, Leipzig 1913. Die beiden großen Rohölmaschinen, die von
der Aktien-Gesellschaft Görlitzer Maschinenbau-Anstalt und
Eisengießerei, Görlitz, in der Iba ausgestellt sind, dienen als
Antriebsmaschinen für die mit ihnen direkt gekuppelten Generatoren und bilden die
einzige Kraftzentrale der Ausstellung; sie sind demgemäß ständig in Betrieb und
dienen einzig und allein zur Erzeugung des gesamten Bedarfes an elektrischem Strom
für die Ausstellung: Sie sind stehender Bauart und arbeiten im einfachwirkenden
Viertakt nach dem bekannten Diesel-Verfahren. Mit
Rücksicht auf guten Massenausgleich, ruhigen Gang und leichtes Anlassen sind sie in
Sechszylinderanordnung ausgeführt. Bei 167 Umläufen i. d. Min. entwickelt jede
Maschine eine Leistung von 1150 PSe. Als besonderes
Kennzeichen weisen die Maschinen ein kastenförmiges Gestell auf, mit dem die
Zylindermäntel zu einem einzigen Gußstück vereinigt sind. Je zwei Zylindermäntel
sind außerdem paarweise zusammengegossen. Diese Bauart gibt bei größter Stabilität,
Einfachheit und Uebersichtlichkeit gleichzeitig einen äußerst gedrängten und
gefälligen Zusammenbau. Durch das paarweise Zusammenfügen je zweier Zylinder
sind drei Kurbellager vermieden.
Die Steuerhebel für alle Zylinder sitzen auf einer unterteilten Welle, deren
Lagerstellen nicht an den Zylinderdeckeln, sondern am Support der
Steuerscheibenwelle befestigt sind. Beim Ausbau der Ventile ist es deshalb nicht
erforderlich, auch die Steuerhebelwelle zu demontieren, sondern die Hebel brauchen
auf der Welle nur zur Seite geschoben werden. Dadurch ist natürlich eine wesentliche
Vereinfachung und Zeitersparnis beim Ein- und Ausbau der Ventile erreicht, ein
Vorteil, der nicht zu unterschätzen ist.
Jeder Zylinder besitzt eine Brennstoffpumpe, jedoch sind je drei Pumpenkolben in
einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht, so daß für eine Maschine zwei Pumpengehäuse
vorhanden sind. Diese sind zusammenhängend an einer Seite der Maschine in
unmittelbarer Nähe des Regulators angeordnet und haben einen gemeinsamen Antrieb
durch ein einziges auf der Steuerscheibenwelle befindliches Exzenter. Infolge der
Anordnung dieser Brennstoffpumpen in unmittelbarer Nähe des Regulators sind
komplizierte Steuergestänge vermieden. Die Regelung selbst erfolgt durch Aenderung
der Brennstoffzufuhr, in der Weise, daß der Saugventilschluß der Pumpen geändert wird.
Die einfachwirkende zweistufige Luftpumpe ist seitlich am Motor stehend angebracht,
und zwar ist das Pumpengehäuse in den Kühlwasserraum des Motorenständers eingebaut.
Der Antrieb der Pumpe erfolgt durch Kurbeltrieb von der Hauptwelle aus. Durch diese
stehende Anordnung wird vermieden, daß vom Kurbelantrieb abgeschleudertes Oel in die
Pumpe gelangen, dort verbrennen und somit zu Betriebsstörungen Veranlassung geben
kann, wie sie bei liegenden Pumpen keineswegs ausgeschlossen sind.
Besonders bemerkenswert ist das Anlaß verfahren. Es werden zum Anlassen mittels
Druckluft nur zwei Zylinder benutzt. Zu diesem Zweck ist die Hebelwelle unterteilt,
und es befinden sich nur Anlaßhebel auf dem zu den beiden Anlaßzylindern gehörenden
Teil der Hebelwelle.
Textabbildung Bd. 328, S. 526
Für reichliche Wasserkühlung aller erforderlichen Teile, wie Zylinderdeckel,
Arbeitszylinder, Luftpumpenzylinder usw. ist gesorgt. Auch die Hauptwellenlager sind
mit Wasserkühlung versehen. Die Schmierung sämtlicher wichtigen Stellen erfolgt von
einem Zentralschmiergefäß aus.
Die Maschinen sind sowohl für den Betrieb mit den verschiedensten Mineralölsorten als
auch mit dem in neuester Zeit bekannt gewordenen und besonders billigen
Steinkohlenteeröl eingerichtet. Die Teerölvorrichtung ist derart vervollkommnet, daß
es nicht mehr erforderlich ist, dem Teeröl zum Einleiten der Zündung dauernd einen
zweiten Brennstoff (zumeist Gasöl) mit Hilfe einer zweiten Brennstoffpumpe
vorzulagern. Der Motor braucht vielmehr nur noch beim Anlassen kurze Zeit mit reinem
Gasöl betrieben zu werden, dann kann zu reinem Teerölbetrieb übergegangen werden. Zu
diesem Zweck erhält die Brennstoffpumpe eine einfache Umschaltvorrichtung.
Die beiden Rohölmaschinen sind mit zwei Gleichstrom-Nebenschlußgeneratoren von je 800
KW Leistung gekuppelt. Die Spannung beträgt 2 × 230 Volt Dreileiter. Die
Hauptschaltanlage besteht aus sechs Feldern von insgesamt 7,5 m Länge. Die
Beleuchtungsanlage umfaßt 106 Bogenlampen zu je 10 Amp. Sie sind in neun Serien
geschaltet, jede Serie zu zwölf Stück. Die Illuminationsbeleuchtung für Konturen,
Beet- und Baumbeleuchtung besteht aus etwa 23000 Glühlampen von 5 und 10 NK bei 230
Volt Spannung.
Weiter wurden verlegt: etwa 26 km eisenbandarmiertes Einfachbleikabel im Querschnitt
von 25 bis 185 qmm, etwa 30 km blanke Kupferleitung für Nulleiter und
Bogenlichtbeleuchtung.
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Richtige Spannung und Stromdichte beim Galvanisieren. Die
Rezepte für Galvanisierbäder schreiben eine bestimmte vorteilhafteste Badspannung
V vor und eine bestimmte
kathodische Stromdichte i in Ampere für 1 qdm
Warenfläche. V gilt dabei gewöhnlich unter
Voraussetzung gleichgroßer Anoden- und Warenfläche. Nun
ist aber die eingehängte Warenfläche abwechselnd groß und niemals genau bekannt.
Diese Schwierigkeit, V und i zahlenmäßig innezuhalten, wird praktisch zur vollen Unmöglichkeit wegen
folgender Umstände.
Angenommen, bei zwei symmetrisch eingehängten vollbesetzten Warenstangen sei die
Maschinenspannung 5 Volt, die Badspannung 3 Volt und die Stromstärke 1 = 24 Amp. Hängt man statt dessen nur eine Warenstange ein und läßt bequemerweise Anodenfläche
und Maschinenspannung ungeändert, so ist dann die Badspannung V größer als 3 Volt und die Stromstärke 1 zwar kleiner als 24, aber nicht rezeptmäßig gleich 12
Amp. Um dieselbe Stromdichte i und mit ihr in einer
bestimmten Zeit dieselbe Niederschlagsstärke und -gute zu erhalten, muß man also
durch Vorschalten von Widerstand die Stromstärke auf 12 Amp. ermäßigen. Dabei aber
sinkt die Badspannung V auf beträchtlich viel weniger
als die vorgeschriebenen 3 Volt. Daß hier Stromdichte und Badspannung nicht mehr wie
zuerst rezeptmäßig passen, kommt daher, daß die vorher durch die Warenstange II beanspruchte und der Warenstange I abgewandte Seite der gemeinsamen mittleren Anoden
jetzt zur Stromzufuhr zur Warenstange I beiträgt. Um
wieviel hierdurch die Anodenfläche betreffs I größer
ist als zuerst betreffs (I + II), hängt ab von Länge und Querschnitt der Stromwege von der abgewandten
Seite her nach I; d.h. von der Stromlinienstreuung im
Elektrolyten. Bei Elektrolyten mit hohem spezifischen Widerstand ist diese geringer,
die Stromlinien kürzer, die Stromquerschnitte kleiner und insgesamt der Ohmsche Widerstand größer als bei gutleitenden
Elektrolyten. Diesen Verhältnissen zahlenmäßig in betreff der Stromdichte i Rechnung zu tragen, ist dem Galvaniseur ganz
unmöglich.
Ferner: Wenn zwei verschiedene Metalle sich in Lösungen ihrer Salze befinden, so
bilden sie bei Berührung ihrer Lösungen eine Art Daniellsche Kette. Das kommt auch in Galvanisierbädern beim Einhängen von
Metallwaren vor und zwar tatsächlich sogar schon dann, wenn die Salzlösung des
eingehängten Warenmetalls so schwach ist, daß sie chemisch noch nicht nachgewiesen
werden kann. Soll hierdurch die Stromdichte i nicht
erniedrigt werden, so muß man die Badspannung zu Anfang mitunter ganz beträchtlich
viel größer als auf V einstellen. Sehr bald aber sinkt
dann der Lösungsdruck der Ware, d.h. ihr Bestreben, sich im Bade zu lösen; weil ja
die Ware mehr und mehr mit Badmetall bedeckt wird. Infolge dieser Verringerung der
elektromotorischen Gegenkraft des Lösungsdruckes würde im Falle gleichbleibender
Badspannung die Stromdichte i steigen. Jetzt aber wird
durch die starke Metallabscheidung die Elektrolytschicht an der Kathode metallärmer,
während die Elektrolytschicht an der löslichen Anode metallreicher wird. Da sich
diese verschieden konzentrierten Flüssigkeitsschichten mittelbar berühren, so
ergeben sie eine elektromotorische Gegenkraft von der schwächer zur stärker
konzentrierten Schicht, also von der Kathode zur Anode. Außerdem jedoch kann sich
entwickelnder Wasserstoff die Kathode, sich entwickelnder Sauerstoff die Anode
überziehen, und diese kann als Gaskette oder Oxydations- und Reduktionskette
ebenfalls eine elektromotorische Gegenkraft liefern. Alle diese verschiedenen
Polarisationsspannungen hängen ab von der Stromdichte i
und ergeben einen Gesamtvorgang derart, daß die hohe Polarisationsspannung beim
Andecken bald stark sinkt und allmählich wieder bis zu einem Grenzwert steigt.
Wegen dieser vielen Beeinflussungen der Badspannungen, der meistens nicht möglichen
Berechnung der Warenfläche und der von ihr abhängigen Stromdichte i, wozu obendrein noch Veränderlichkeit der
Badzusammensetzung und -temperatur, Abnahme der Elektrolytkonzentration infolge
unzureichender oder sich mit Metallverbindungen bedeckender Anodenfläche und
Verbrauch der Leitsalze, Aufnahme von Fremdstoffen usw. hinzukommen, galvanisiert
man meist ohne Volt- und Amperemeter lediglich auf Grund des Aussehens der Ware: Ist
die Stromdichte zu groß, so wird der Ueberzug vorzeitig mattfarbig (die Ecken
brennen an), an der Kathode tritt zu starke Gasentwicklung auf, Stromstreifen werden
sichtbar usw. und so merkt man sich nach einigem Lehrgeld bald, auf welchen Knopf
man den Widerstandshebel bei ganz-, halb- oder viertelbesetztem Bad einzustellen
hat. Wiewohl also die Innehaltung der rezeptmäßig vorteilhaftesten Ampere- und
Voltzahl auch nicht annähernd Möglich ist, sind doch Strommesser oder Coulombmesser
in gewissen Fällen zwecks Berechnung der Stromkosten und der niedergeschlagenen
Metallmenge trotzdem unentbehrlich. [E. Trurnit,
Elektrochemische Zeitschr., Bd. 19., 1912, Teil: Galvanoplastik und
Metallbearbeitung, S. 23 bis 26.]
Erich Schneckenberg.
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Der am 2. Juni 1911 revidierte Pariser Unionsvertrag für den
Schutz des gewerblichen Eigentums. Bereits 1883 ist unter einer Reihe von
Staaten ein Vertrag zustande gekommen, der bezweckt, den Angehörigen der
Verbandstaaten Vorteile auf dem Gebiete des gewerblichen Eigentums zu sichern. Der
Staatenbund führt kurz die Bezeichnung „Internationale Union“, der Vertrag
die Bezeichnung „Unionsvertrag“. Die grundlegenden Bestimmungen sind in dem
Pariser Unionsvertrag vom 20. März 1883 enthalten. Sie wurden ergänzt in Brüssel am
14. Dezember 1900. Die wichtigsten Bestimmungen des Unionsvertrages in der
revidierten Brüsseler Fassung sind kurz folgende:
Die Angehörigen der Verbandstaaten genießen in allen übrigen Staaten des Verbandes in
betreff der Erfindungspatente, der gewerblichen Muster oder Modelle, der Fabrik- und
Handelsmarken die Vorteile, welche die betreffenden Gesetze den Staatsangehörigen
gegenwärtig gewähren oder in Zukunft gewähren werden. Sie haben denselben Schutz wie
diese und dieselbe Rechtshilfe gegen jeden Eingriff in ihre Rechte. Den Angehörigen
der Vertragstaaten sind gleichgestellt die Angehörigen der dem Verbände nicht
beigetretenen Staaten, sofern sie auf dem Gebiete eines Verbandstaates ihren
Wohnsitz oder tatsächliche und wirkliche gewerbliche oder Handelsniederlassung
haben.
Die Angehörigen der Verbandstaaten, welche in einem dieser Staaten vorschriftmäßig
ein Gesuch um ein Erfindungspatent, gewerbliches Muster oder Modell, eine Fabrik-
oder Handelsmarke hinterlegen, genießen während bestimmter Fristen und vorbehaltlich
der Rechte Dritter ein Prioritätsrecht. Die Prioritätsfrist beträgt für
Erfindungspatente zwölf Monate, für gewerbliche Muster oder Modelle sowie für
Fabrik- und Handelsmarken vier Monate. Die vor Ablauf dieser Fristen in einem der
übrigen Verbandstaaten bewirkte Hinterlegung wird durch inzwischen eingetretene
Tatsachen, wie namentlich durch eine andere Hinterlegung, durch Veröffentlichung der
Erfindung oder deren Ausübung, durch das Feilbieten von Exemplaren des Musters oder
Modells, durch die Anwendung der Marke, nicht unwirksam. Die in einem Verbandstaate
erteilten Patente sind unabhängig von den für dieselbe Erfindung in andern zum
Verbände gehörigen oder nicht gehörigen Staaten erteilten Patenten. Die durch den
Patentinhaber bewirkte Einfuhr von Gegenständen, welche in dem einen oder andern
Verbandstaate hergestellt sind, in das Land, in welchem das Patent erteilt ist, soll
den Verfall des letzteren nicht zur Folge haben. Gleichwohl ist der Patentinhaber
verpflichtet, sein Patent nach Maßgabe der Gesetze des Landes, in welches er die
patentierten Gegenstande einführt, auszuüben.
Jede im Ursprungslande vorschriftsmäßig hinterlegte Fabrik- oder Handelsmarke soll so
wie sie ist (teile quelle) in allen andern Verbandstaaten zur Hinterlegung
zugelassen und geschützt werden. Der Handelsname ist in allen Verbandstaaten, ohne
Verpflichtung zur Hinterlegung, geschützt, gleichviel ob er den Teil einer Fabrik-
oder Handelsmarke bildet oder nicht. Jedes widerrechtlich mit einer Fabrik- oder
Handelsmarke oder mit einem Handelsnamen versehene Erzeugnis darf bei der Einführung
in diejenigen Verbandstaaten, in welchen diese Marke oder dieser Handelsname Recht
auf gesetzlichen Schutz hat, beschlagnahmt werden. In den Staaten, deren
Gesetzgebung die Beschlagnahme bei der Einführung nicht zuläßt, kann diese
Beschlagnahme durch das Verbot der Einführung ersetzt werden.
Die Unionsangehörigen genießen in allen Verbandstaaten den den Staatsangehörigen
gegen den unlauteren Wettbewerb gesicherten Schutz.
Die Verbandstaaten gewähren den patentfähigen Erfindungen, den gewerblichen Mustern
und Modellen, sowie den Fabrik- und Handelsmarken für Erzeugnisse, welche auf einer
amtlichen oder amtlich anerkannten internationalen Ausstellung zur Schau gestellt
werden, in Gemäßheit der Gesetzgebung jedes Landes einen zeitweiligen Schutz.
Nach einer weiteren Bestimmung des in Brüssel revidierten Vertrages soll die
Uebereinkunft periodischen Revisionen unterzogen werden, um Verbesserungen
herbeizuführen, welche geeignet sind, das System des Verbandes zu
vervollkommnen.
Zwecks erneuter Revision des Unionsvertrages fand im Monat Mai 1911 in Washington
eine Konferenz statt, auf der folgende Staaten vertreten waren: Deutschland,
Oesterreich-Ungarn, Belgien, Dänemark, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Italien,
Norwegen, Niederlande, Portugal, Schweden, die Schweiz, Brasilien, Kuba,
Dominikanische Republik, Vereinigte Staaten von Amerika, Mexiko, Tunis und Japan.
Die Verhandlungen fanden ihren Abschluß mit der am 2. Juni 1911 erfolgten
Unterzeichnung des neuen Vertrages.
Nicht alle Hoffnungen, die auf die Konferenz gesetzt worden waren, konnten
verwirklicht werden. Immerhin aber bedeutet das Ergebnis einen nicht zu
unterschätzenden Fortschritt. Durch die neue Vertragsakte haben die vorstehend
genannten Unionsbestimmungen wesentliche Ergänzungen erfahren. Ueber diese wird
weiterhin berichtet werden.
P. C. R.