Titel: | Zur Theorie der Preßluftpumpe. |
Autor: | L. Darapsky |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 98 |
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Zur Theorie der Preßluftpumpe.
Von Dr. L. Darapsky in
Hamburg.
DARAPSKY: Zur Theorie der Preßluftpumpe.
Das Heben von Wasser durch Einblasen von Luft, die dann zusammen mit dem Wasser
am oberen Ende des Steigerohrs austritt, ist nicht alt. Das Verfahren, wohl zu
unterscheiden von dem Aufblasen gespannter Luft, stammt aus den Vereinigten Staaten,
in denen schon so manches Problem der Mechanik eine eigenartige Ausprägung erfahren
hat. Eines ist indessen das Erfassen, ein anderes das Vertiefen der Aufgabe. Ueber
das Geschichtliche der technischen Seite ist bereits ausführlich berichtet
worden.L. Darapsky, Die Verwendung von Preßluft zur
Wasserförderung (Berg- und hüttenmänn. Zeitung 1903, Nr. 11).
Auch eine brauchbare Berechnungsweise findet sich in einer früheren AbhandlungL. Darapsky und F.
Schubert, Die Wirkungsweise der
Preßluftpumpen (Zeitschr. des Vereins deutscher Ingenieure 1906, S.
2062).. Die ihr zugrunde liegende Vorstellung hat indessen von
anderer Seite so viele Verdunkelung, zum Teil Mißdeutung erfahren, daß eine
gründliche Klarstellung nottut; um so mehr, als trotz des Widerspruchs weder neues
Material noch der Ansatz zu einer neuen Lösung geboten wird.
Das Verständnis des Vorgangs beruht auf der Einsicht in das Verhalten von Luft und
Wasser im Zustand der Bewegung. Das Bild im großen gibt zu viel auf einmal. Erst an
Hand vereinfachter Versuchsbedingungen gewinnt man einen passenden Maßstab für die
wechselseitige Beeinflussung der beiden Elemente bei ihrem gemeinsamen Aufsteigen.
Es empfiehlt sich darum eine gesonderte Betrachtung der Bewegung der einzelnen
Luftblase im Wasser, speziell in einem mit Wasser erfüllten, senkrecht gestellten
Rohr, der Bildung von Blasen beim Ausströmen der Luft unter Wasser aus Düsen und an
Rohrkanten, und endlich der Verteilung von verschieden großen Luftblasen im
Wasserrohr. Nur eine solche stufenweise Orientierung macht die Bahn frei für den
ungehinderten Einblick in die Arbeitsweise der Preßluftpumpe selbst.
I. Die einzelne
Luftblase.
Nichts oder doch so wenig wie möglich vorauszusetzen bietet die beste Gewähr für
fortschreitende Erkenntnis. Es scheint, daß über die Geschwindigkeit im Wasser
aufsteigender Luftblasen wenig seither bekannt gegeben ist, das über die
Beobachtungen von G. BischofLehrbuch der physikalischen und chemischen
Geologie, dritte Auflage, 1863, Bd. I S. 683 bis 684.
hinausginge.
Mit dem Studium der natürlichen Quellsprudel beschäftigt, die sich durch ihren
Reichtum an Kohlensäure auszeichnen, berichtet dieser hervorragende Geologe, wie
folgt, über eigene Versuche, die er unternahm, um die auftreibende Gewalt der
Kohlensäure kennen zu lernen.
Um die Geschwindigkeit der Kohlensäureblasen, welche in Quellen oder Bohrlöchern
aufsteigen, zu ermitteln, dienten drei mit Wasser gefüllte Röhren von 68,3 (1,84 m),
171,6 (4,64 m), 223 (6,04 m) Pariser Zoll Höhe. Am unteren Ende war eine mit einem
Hahn versehene Tubulatretorte angebracht, worin Kohlensäure aus zweifach
kohlensaurem Natron durch Weinsäure entwickelt wurde. Durch momentanes Oeffnen des
Hahnes traten einige Blasen komprimierten Gases in die Röhre. Die Zeiten des
Aufsteigens konnten sehr genau gemessen werden. Bald zeigte sich jedoch, daß große
Blasen schneller aufstiegen als kleine. Je mehr nämlich das Gas in der Retorte
komprimiert war, desto mehr trat davon in die Röhre und desto größer wurden die
Blasen. Aber auch kleine Zeitdifferenzen zwischen dem Oeffnen und Schließen des
Hahnes bei oft wiederholten Versuchen hatten einen Einfluß auf die Größe der
Blasen.
In nachstehender Tabelle sind die mittleren Werte von vielen Versuchen
zusammengestellt.
Um approximative Werte für die Aufsteigungshöhen, der größten und der kleinsten
Blasen zu ermitteln, wurde das Mittel von jenen und von diesen berechnet. Es wurden die in der Tabelle
angeführten Zahlen gefunden. Woraus sich ergibt, daß die Geschwindigkeit der größten
Blasen 1,2 mal so groß ist als die der kleinsten Blasen.
Höhe der Wassersäule,in welcher dieGasblasen
aufstiegen
Mittlere Aufsteighöhein 1 Sek.
1. Reihe 68,3 (1,84 m)
10,5 (0,285 m) Par. Zoll
2. Reihe 171,6 (4,64 m)
größte Blasenkleinste „
11,4 (0,309 m) 9,5 (0,257 m)
3. Reihe 223,0 (6,04 m)
9,9 (0,270 m)
Minimum 11,15 (0,302 m),
Maximum 9,1 (0,246 m).
Bei den Versuchen der dritten Reihe wurde Sorge getragen, daß die Zeiten des Oeffnens
und Schließens des Hahnes möglichst gleich waren, mithin nahe gleich große Blasen
aufstiegen.
Das Aufsteigen der Gasblasen erfolgt nicht mit einer, von der Höhe der Wassersäule an
sich abhängigen, Beschleunigung; denn die Geschwindigkeit in den drei Versuchsreihen
ist 10,5, 10,45 (Mittel aus den größten und kleinsten Blasen) und 9,99, mithin
beinahe gleich, obschon die Höhen der drei Röhren sich verhielten wie 1: 2,5 : 3,3.
Da aber große Blasen schneller aufsteigen als kleine, so muß die Geschwindigkeit
zweier Ursachen wegen etwas zunehmen. Erstens nimmt mit abnehmender Höhe der
hydrostatische Drück ab, folglich die Größe der Blasen und damit die Geschwindigkeit
zu; und zweitens werden die kleinen Blasen von den größeren eingeholt und vergrößern
sich dadurch.
Die wirkliche Größe der Blasen wird nicht angegeben. Offenbar kommt es aber zur
Erreichung einer bestimmten Geschwindigkeit auf diese sehr wesentlich an. Daß die
Geschwindigkeit selbst (abgesehen von der durch die Expansion des Gases nach oben
verursachten Volumenzunahme) konstant bleibt, erklärt sich aus dem Gleichgewicht, in
welches sich der Auftrieb mit den Bewegungshindernissen setzen muß.
HenrichTheorie der
kohlensäureführenden Quellen, begründet durch Versuche (Zeitschr. f. d.
Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preuß. Staat 1902, L. S. 542).
fand die Steiggeschwindigkeit nach Versuchen mit einer 2 m langen Röhre für
Kohlensäure, Wasserstoff und Luft nicht wesentlich verschieden, im Mittel 0,24 m bei
20° C.
ThereminRecherches sur
la figure et le mouvement d'une bulle d'air dans un liquide de densité
constante (Crelle's Journal V 1830 S. 378–379). stellt nur
theoretische Betrachtungen an, deren Resultate er in die Sätze zusammenfaßt: „Die
Quadrate der Geschwindigkeiten zweier Blasen, die die gleiche Strecke in
demselben Gefäß durchlaufen haben, verhalten sich zueinander, wie die
Rauminhalte dieser Blasen, und: die in gleicher Zeit durchlaufenen Räume
verhalten sich wie die Rauminhalte der Blasen, die Quadrate der für gleiche
Strecken aufgewandten Zeiten aber umgekehrt wie diese Rauminhalte“, Angaben,
die indessen durch die Erfahrung keine Bestätigung erhalten.
Eine Reihe systematischer Versuche mit Luftblasen von 0,0004 bis zu mehreren 100
cmm Inhalt in Röhren von ¾ bis 2 m Länge führte auf die in Abb. 1 dargestellte Kurve. Die Geschwindigkeit bleibt sonach äußerst
gering für kleinste Blasen und wächst bis zu einem nicht genau feststellbaren
Maximum für die größeren. Da es sich schwierig erwies, sehr kleine Luftblasen
herzustellen, wurde neben atmosphärischer Luft der in Wasser ebenfalls fast so gut
wie unlösliche Wasserstoff zuhilfe genommen, der sich am Boden eines Glasrohrs
leicht aus einigen Stückchen Zink durch Ansäuern des Wassers gewinnen läßt. Die
allerfeinsten Bläschen dieses Gases bewegen sich so gut wie gar nicht aufwärts,
sondern wirbeln unter dem Einfluß der am Boden ausgelösten Strömungen unentschieden
hin und her.
Textabbildung Bd. 328, S. 98
Abb. 1.
Die Feststellung der Größe geschah durch einen auf Zelluloid geritzten, in das Rohr
eingehängten Maßstab. Der Durchmesser der größeren Bläschen war jedoch nicht mehr
scharf einstellbar, weil mit ihrem Volumen auch die linsenförmige Abplattung zunahm.
Auch zeigten sich die Wasserstoffbläschen viel stärker zusammengedrückt als
gleichgroße Luftbläschen. Dieser Umstand erklärt das Auseinandertreten der
entsprechenden Schaulinien.
Eigentliche Genauigkeit ist schon deshalb nicht zu erwarten, weil die Bläschen nicht
gerade, sondern in Spiralen aufsteigen und gleichzeitig um ihren Schwerpunkt
oszillieren. Der zurückgelegte Weg übertrifft also die in einer bestimmten Zeit
erreichte Höhe. Nur soviel läßt sich aus diesen Beobachtungen abnehmen, daß bereits
von rund 1 cmm ab die Blasen mit wachsender Größe, sehr allmählich nur an
Geschwindigkeit gewinnen.
Es hat für den vorliegenden Zweck kein Interesse, das Bild im einzelnen zu
vervollständigen, ein um so größeres dagegen, den Einfluß der Rohrweite auf die
Bewegung der einzelnen Blase kennen zu lernen. Denn nur um senkrecht stehende Rohre
handelt es sich zunächst.
Es liegt auf der Hand, daß die Nähe der Wandung das Aufsteigen behindert, auch ohne
daß die Blase unmittelbar daran streift, wie sie es von einer gewissen Größe ab tun muß. Obwohl
die Beobachtungen sich auf Rohre von 8 bis 96 mm Durchmesser verteilen, kann aus
diesem Grunde auf die Wiedergabe der einzelnen Zahlenwerte verzichtet werden. Dem
Zusammenhang zu Liebe seien in tabellarischer Uebersicht nur einige wenige
herausgegriffen, die das Maximum der Geschwindigkeit oder ihren Grenzwert für die
das betreffende Rohr anfüllenden Blasen erläutern.
Tabelle 1.
Rohrweite
14
18
21
37
mm
Luftblasen-größe
0,05 0,5 1 1,710
ccm„„„„
Geschwindig-keitdes Aufstiegs
0,170,0950,0950,0950,095
0,190,1500,1130,1130,113
0,200,1750,1540,1300,130
0,210,230,230,2150,21
m/Sek.„„„„
Die Geschwindigkeit erhebt sich sonach für jede Rohrweite zu einem Maximum, das um so
höher steigt, je weiter das Rohr selbst ist, praktisch indessen nicht über 0,34
m/Sek. hinausgeht (natürlich erst bei weiteren Rohren, als die vorstehende Tabelle
begreift.) Mit Zunahme der Blasengröße sinkt alsdann die Geschwindigkeit, um bei
einem für jede Rohrweite charakteristischen Maß stehen zu bleiben.
Die Grenzwerte zeigt Abb. 2. Der Verlauf der Kurve
entspricht für Rohrdurchmesser bis zu 6 cm mit hinreichender Annäherung der
Formel
\frac{0,065\,.\,d^2}{d+\frac{d^2}{100}} (d in mm).
Textabbildung Bd. 328, S. 99
Abb. 2.
Die Versuche wurden in der Weise vorgenommen, daß möglichst nur eine Luftblase von
bestimmter Größe in dem ruhenden Wasser aufstieg. Zur Erzeugung kleiner Bläschen
diente eine am Boden eingesetzte feine Glasspitze, durch welche aus einem als
Luftbehälter dienenden Gummischlauchstück mittels Fingerdruck, ähnlich wie bei einem
Bürettenverschluß, die Luft eintrat. Gemessen wurde sie durch Auffangen in einem
kalibrierten Röhrchen, bei besonders fein verteilten Blasen gruppenweise. Solche von
½ ccm und darüber waren dagegen abgemessen so zwischen zwei Quetschhähnen
eingeschlossen, daß sie aus entsprechend weiter Mündung in das Standrohr gelangten.
Für mehr als 50 ccm genügte auch dieses Verfahren nicht mehr, weil eine
langgestreckte Blase an der Mündung leicht in mehrere zerreißt. Es war darum
Vorsorge getroffen, solche Mengen in einem recht kurzen und dicken Glasstutzen
aufzufangen, der, mit dem Standrohr durch einen ebenso weiten Gummischlauch
verbunden, zunächst mit dem freien Ende nach oben stand, dann mit Wasser bis auf den
gewünschten Luftinhalt aufgefüllt und mit einem Kautschukpfropfen verschlossen durch
Abwärtsschlagen um 180° seine Luft auf einmal freigab.
Es stellte sich bald heraus, daß die aufschwebenden Blasen nur bei allerkleinsten
Maßen einigermaßen kugelig ausfallen, von wenigen cmm Größe ab hingegen deutlich
linsenförmig sich verbreitern, und zwar mit immer mehr verflachender, unterer
Krümmung, die von etwa 1 ccm Rauminhalt an sich in wellige Lappen zu verfasern
beginnt. Je flacher, um so schwankender bewegen sich diese quallenförmigen Gebilde
aufwärts, unter beständiger Gefahr, daß durch die ruckweise Verschiebung kleinere
oder größere Stücke von ihrem Rande abgeschlagen werden. Eine Spaltung in mehrere
Blasen erfolgt nur auf diesem Wege und aus der genannten Ursache. Man kann deshalb
eine obere Grenze für die Größe frei aufsteigender Luftblasen so wenig als für ihre
Geschwindigkeit festlegen, es sei denn, daß diese die Wandung des Gefäßes berühren
und dadurch soviel Festigkeit erlangen, daß höchstens von ihrem Unterteil kleinere
Stücke sich loslösen. Da solche Rohrblasen gegenüber den frei sich bewegenden an
Geschwindigkeit merklich einbüßen, so verschmelzen losgelöste Trümmer zum größten
Teil wieder mit ihnen, ebenso wie mit sonst ihnen nacheilenden. Die Verzögerung der
Bewegung, wie sie auch in der oben wiedergegebenen Tabelle zum Ausdruck kommt,
beginnt nicht erst in dem Moment, in dem die Blase die Wandung berührt. Sie setzt
bereits ein, wenn der Blasendurchmesser etwa die Hälfte des Rohrdurchmessers
erreicht hat und findet ihr endgültiges Maximum bei der Anlehnung an die Wand. Es
ist dabei ohne Belang, ob diese Berührung nur in einer schmalen Ringzone erfolgt
oder auf die ganze Höhe der Blase sich erstreckt, d.h. die Geschwindigkeit bleibt
nunmehr dieselbe, gleichgültig, wie lang die Blase sich auszieht. Daß eine weitere
Volumenzunahme keine Steigerung der Aufwärtsbewegung mit sich bringt, erklärt sich
daraus, daß die Widerstände an der Rohrwand im selben Maße wachsen wie der Auftrieb.
Aus demselben Grunde nimmt auch die Geschwindigkeit einer frei aufsteigenden Blase
nicht zu, abgesehen von dem durch die Expansion in höheren Schichten verursachten
Größenzuwachs.
Textabbildung Bd. 328, S. 99
Abb. 3.
Textabbildung Bd. 328, S. 99
Abb. 4.
Textabbildung Bd. 328, S. 99
Abb. 5.
Textabbildung Bd. 328, S. 99
Abb. 6.
Textabbildung Bd. 328, S. 99
Abb. 7.
Textabbildung Bd. 328, S. 99
Abb. 8.
Textabbildung Bd. 328, S. 99
Abb. 9.
Die Formänderung, welche die anfangs kugelrund gedachte Luftblase auf ihrem Wege
erleidet, wird durch Abb. 3 bis 9 veranschaulicht.
Die flache, unten lappige Ausbreitung nach Abb. 5
(Quallenform) wird bei entsprechender Rohrweite sogleich abgelöst durch Abb. 6 (Mitraform), die, so lange sie die Rohrwand nur zonal berührt,
unten konvex, dann flacher (Abb. 7) und endlich
konkav sich gestaltet, während die Seiten mit Rillen oder Wellen, gewöhnlich am
oberen Ende (Abb. 8), oft auch bei sehr lebhaften
Schwingungen nahe dem unteren Ende (Abb. 9)
gebändert erscheinen.Ueber die
Schwankungen einer Luftblase im Wasser vergl. H. Lamb, Hydrodynamics, 3rd. ed. 1906, S. 453. Bei
geringen Rohrweiten legen sich große Blasen natürlich ohne Durchgang durch die
Quallenform an die Wandung an.
Aber auch bei den längsten Luftpfropfen fließt das Wasser beständig an der
Rohrwandung herab. Sonst könnte sich ja eine solche Zelle durch eine an sich ruhende
Wassersäule nicht vorwärts bewegen. Wenn Bischofa. a. O. I, S. 706. meint:
„stellenweise erfüllt das Gas (die Kohlensäure) die ganze Weite des
Bohrloches, und diese Gassäulen, welche den darüber stehenden Wassersäulen nicht
mehr ausweichen können, heben diese ungeteilt in die Höhe“, so muß die
Vorstellung von einem Heben oder Tragen im physikalischen Sinne als irrig bezeichnet
werden. Nur in kapillaren Rohren, also von etwa 8 mm lichter Weite und weniger
können die Luftzellen durch den an ihren beiden Enden ausgespannten Meniskus völlig
zur Ruhe kommen und perlschnurartig in der Flüssigkeit aufgehangen bleiben; ein
Umstand, der oft störend beim Gebrauch von Pipetten und anderen Meßgeräten sich
geltend macht.
Die durch die Abwärtsströmung des Wassers vom unteren Ende der Luftzelle
abgebrochenen Stücke können dann im „Kielwasser“ eine Zeitlang umwirbeln, ehe
sie sich untereinander oder mit anderen Blasen wieder vereinigen. Diese Beobachtung
führt uns mitten in das Spiel der Kräfte bei gleichzeitiger Gegenwart mehrerer
Luftblasen im Rohr. Bemerkt sei noch, daß der Kopf der Luftzelle stets ungeteilt in
paraboloider Wölbung voranschreitet.
II. Das Verhältnis mehrerer Luftblasen
zueinander.
Man kann hier statt Luftblasen immer Luftzellen setzen. Denn die einzelnen Blasen
müssen, falls sie überhaupt in genügender Anzahl vorhanden sind, sich schließlich zu
Zellen zusammenschließen. Das ergibt sich aus der mit der Größe zunehmenden
Geschwindigkeit und deren Verzögerung in der Nähe der Rohrwand. Die größeren Blasen
holen demgemäß die kleineren allmählich ein, um nach Ueberwindung der durch ihre
Abweichung von der Kugelgestalt ohnehin gelockerten Oberflächenspannung zu immer
größeren Zellen zu verschmelzen. Eine Aufspaltung findet dagegen, wie bereits
bemerkt, nur im beschränkten Sinne am unteren Saum der Zellen statt und führt auch
hier schließlich wieder zu einer neuen Aufsaugung durch nachkommende größere und
darum geschwindere Blasen. Mit anderen Worten: Die Wirbelungszone hinter einer Zelle
bedingt durch das Abspalten einzelner, ziellos umhertreibender Reste nur eine
scheinbare Ausnahme von dem allgemeinen Gesetz, nach welchem aus kleinen Blasen sich
größere und immer größere Komplexe bilden. Es braucht nur die eine Bedingung erfüllt
zu sein, daß überhaupt Blasen von verschiedener Größe vorkommen.
Theoretisch genügt die geringste Abweichung in der Dimension einer einzigen
Blase unter Tausenden, um zu Zellen oder Kolben im Rohr zu führen. Daß in
Wirklichkeit völlige Gleichheit nicht herzustellen ist, bedarf keines Beweises. Aber
gesetzt selbst, es gelänge eine solche zu gewährleisten, so gäbe allein schon der
ungleiche Abstand der Blasen unter sich und von der Rohrwandung Anlaß zu
verschiedenem Vorrücken und damit zu den auch in diesem Fall unvermeidlichen
Verschmelzungen.
Handelt es sich doch bei der Einführung gespannter Luft unter Wasser für Pumpzwecke
niemals um einzelne, in gemessenen Abständen aufeinander folgende Bläschen, wie sie
etwa aus einem Glase abgestandenen Champagners sich zögernd loslösen, sondern um ein
rasches Durchleiten von im Verhältnis zum Wasser sehr bedeutenden Luftmengen. Die
Höhe der Spiegelerhebung gibt dafür ein Maß; sie entspricht nämlich genau dem
Volumen der dem Wasser beigemischten Luft. Die Aufbietung einer dreifachen Menge
Luft bildet z.B. keineswegs eine Ausnahme; bei starker Wasserförderung muß man unter
Umständen zu noch viel erheblicherer Luftzufuhr schreiten. Das bedeutet dann, daß
ein Viertel des Rohrinhalts aus Wasser, drei Viertel aus Luft bestehen. Bei genau
gleichmäßiger Verteilung der letzteren müßten die Blasen einerlei ob kugelig oder
ellipsoidisch oder wie fein oder wie grob man sie sich denken mag, schon mit den
Rändern zusammenstoßen, bei ungleichmäßiger Verteilung aber erst recht
verschmelzen.Vergl. damit die lose
und dichte Packung von Sandkörnern in meiner Abhandlung: Filtergeometrie
(Zeitschrift für Mathematik und Physik 1912 S. 170). Aus
zwingenden Gründen der Raumgeometrie ist somit das Auftreten von Luftkolben
unbedingt geboten.
Jede andere Auffassung steht mit der Logik der Tatsachen im Widerspruch. Das Bemühen
mancher Techniker, die Luft in feinsten Bläschen einzuführen, fußt auf unklaren,
abstrakten Zurechtlegungen, denen die nüchterne Beobachtung rasch ein Ende macht.
Die Erkenntnis hingegen, daß das Auftreten der Luftkolben weder als zufällig noch
als nebensächlich zu behandeln ist, sondern die eigentliche Grundlage der
Wasserhebung ausmacht, bildet ein hervorragendes Verdienst des Deutschamerikaners
Dr. Julius G. Pohle„I
have discovered that when air is allowed to enter in a constant stream
and in suitable quantity, it will arrange itself in alternate layers
with the water“. Amer. Patent 487689 (1892).. Wenn
deutsche Gelehrsamkeit noch heute nach mehr als zwanzig Jahren sich dagegen wehrt
und andererseits eine unserer hervorragendsten industriellen Firmen die von dem
genannten Erfinder gesammelten Erfahrungen für ihre eigenen ausgibt, so wird es zur
Pflicht ehrlicher Forschung, hier volle Klarheit zu schaffen.
In dem vorstehenden sind bereits die Grundlagen für die Theorie der Preßluftpumpe
angedeutet. Da aber dem Verhalten der Luftblasen darin der Hauptanteil zukommt, wäre
ihre Begründung unvollständig ohne eine genauere Untersuchung über die Entstehung
dieser Blasen.
(Fortsetzung folgt.)