Titel: | Aus der Praxis. |
Autor: | Ky. |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 699 |
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Aus der Praxis.
Aus der Praxis.
Renold's Kettenantrieb.
Bei der Renold-Kette (s. D. p. J. 1903, Bd. 318, S. 441), welche sich bekanntlich seit Jahren beim
Antrieb von Dynamos, Ventilatoren, Regulatoren, Pumpen, Motorwagen, bei
Werkzeugmaschinen, Kranen und anderen Maschinen bewährt hat, sind einige
Verbesserungen in der Konstruktion angebracht, die im Folgenden dargestellt werden
sollen. Das Wesen der Kette besteht bekanntlich darin, daß die Form der
Kettenglieder und Zähne so gewählt ist, daß die Kette sich beim Verschleiß etwas
weiter vom Mittelpunkt entfernt an die Zähne anlegt, wodurch Unterschiede in der
Teilung des Rades und der Länge der Kettenglieder ausgeglichen werden. Die
Kettenglieder legen sich ohne Gleitwirkung an die Zähne und bleiben während der
Umdrehung mit dem Zahnrad ohne Drehung in der ursprünglich angenommenen Lage. Die
Renold-Kette kann normal mit einer Geschwindigkeit
von 375 m i. d. Minute, in besonderen Fällen noch schneller betrieben werden; sie
ist besonders da an ihrem Platz, wo der Abstand der treibenden und der getriebenen
Welle zu klein für Riemenbetrieb und zu groß für Zahnradübersetzung ist; bei
hoher Geschwindigkeit; in heißen oder feuchten Räumen, in denen die Riemen bald
verderben würden; da, wo man eine positive Uebersetzung braucht, d.h. wo das
Rutschen des Riemens nachteilig wäre. Die Spannung der Kette ist geringer als beim
Riemen. Der auf die Lager ausgeübte Zug ist also geringer, was weniger Reibung und
verminderten Arbeitsverbrauch im Gefolge hat.
Die neueste Form der Renold-Kette ist mit ihren
Einzelteilen in Fig. 1 dargestellt und umfaßt außer
den Kettengliedern selbst, deren Arbeitsflächen geschliffen sind, gehärtete
segmentförmige Büchsen, gehärtete Gelenkbolzen, die sich frei drehen können, und in
Kettenmitte angebrachte Führungsplatten (die letzteren sind aus Fig. 1 nicht zu ersehen). In der früheren
Ausführungsform stützten die Kettenglieder sich direkt auf den Bolzen, wogegen durch
Anwendung der Büchsen die Stützfläche etwa verdoppelt ist und sich nun über die
ganze Bolzenlänge ausdehnt Der Verschleiß nimmt damit nicht nur in gleichem
Verhältnis ab, sondern in viel höherem Maße, da die durchlaufende Büchse eine
Oelschicht zurückhält, während früher das Oel leicht zwischen den einzelnen Gliedern
ausgepreßt
wurde. Jedes Loch in den Kettengliedern ist durch einen kürzeren und einen längeren
Ausschnitt über einen Teil des Umfanges erweitert. Die kürzen Ausschnitte fassen die
segmentförmigen Büchsen x und y (Fig. 2) ohne Spiel, während die
längeren Aussparungen die Büchsen sowohl in tangentialer wie in radialer Richtung
frei lassen, so daß die Glieder sich um die Bolzen drehen können, zur Aenderung des
Abstandes zwischen den Anlegeflächen X und Y.
Textabbildung Bd. 322, S. 700
Fig. 1.Einzelteile der Renold-Kette.
Wie Fig. 1 zeigt, werden die
Kettenglieder in Paaren abwechselnd auf die Bolzen geschoben. Die Büchsen, welche
durch einen Satz gleichgerichteter Glieder festgehalten werden, finden in den
Aussparungen der anschließenden Gruppe genügend Spielraum um der Kette zu erlauben,
auch die Zahnräder von dem geringsten angewendeten Durchmesser zu umfassen. Für
besondere Fälle werden die Kettenglieder jeder zweiten Gruppe so gebogen, daß ein
Paar immer ein Paar der zwischenliegenden Gruppen gabelförmig umschließt.
Textabbildung Bd. 322, S. 700
Fig. 2.Kettenglieder.
Die mittleren Führungsplatten können nur da benutzt werden, wo die gegenseitige Lage
der Zahnräder genau festgelegt ist. Sie greifen dann in eingeschnittene Nuten, wie
beim kleinen Zahnrad in Fig. 3 ersichtlich. Muß man
dagegen darauf rechnen, daß die Zahnräder sich in achsialer Richtung etwas
gegeneinander verschieben können, so werden die mittleren Führungsplatten
fortgelassen und muß man dagegen eins der Zahnräder, nachdem die Zähne bearbeitet
sind, mit aufgeschrumpften Flanschen versehen, die Ausweichen der Kette nach der
Seite verhindern.
Die Zahnräder werden immer bearbeitet. Kleine Zahnräder bis 25 mm Durchm. werden
direkt aus Stahlstäben geschnitten und nachträglich gehärtet; größere werden aus
starkem Hämatiteisen gegossen, während Stahlguß oder Phosphorbronze für Zahnräder
leichter Konstruktion Verwendung findet. Die kleinste Anzahl Zähne, die angewandt
wird, beträgt 15.
Weil Rutschen beim Kettenantrieb ausgeschlossen ist, hat man zur Schonung des
treibenden Motors zur Zwischenschaltung eines elastischen Gliedes gegriffen, da wo
die Belastung sich oft stoßweise ändert. Dazu wird das getriebene Rad nach Fig. 3 als Federrad ausgebildet, indem Nabe und Kranz
des Rades gesondert ausgeführt werden (Fig. 4) und
die Kraft sich durch Zwischenschaltung kräftiger Spiralfedern überträgt. Der
ringförmige Deckel, der nach Einsetzen der Federn an den Kranz festgeschraubt wird,
stützt sich auch auf der Nabe und hilft mit, Kranz und Nabe zu verbinden.
Textabbildung Bd. 322, S. 700
Fig. 3.Renolds Kettenantrieb mit Feder.
Textabbildung Bd. 322, S. 700
Fig. 4.Auseinandergenommenes Federrad.
Die Federn, welche zu vier, sechs oder acht Stück f. d. Rad
angeordnet werden, stützen sich einerseits gegen einen Nocken des Kranzes,
andererseits gegen einen solchen der Nabe. Die halbe Anzahl der Federn überträgt die
Kraft, während die Zwischenliegenden nur den Gegendruck bei auftretenden Stößen
liefern. Die Steifheit der Federn wird je nach der Art des Antriebes zwei bis fünf
Mal so groß genommen, wie sie der Belastung der zu übertragenden Kraft entsprechen
würde. Zum Einsetzen der Federn legt man zuerst die Hälfte in abwechselnde Kammern
des zusammengesetzten Rades ein, drückt dann diese Federn zusammen, indem man die
Nocken von Kranz und Nabe mittels zweier Spanner verbindet, worauf man auch die
übrigen Federn frei einlegen und die Spanner schließlich lösen kann.
Ky.