Titel: | Graphodynamische Untersuchung einer Heusinger-Joy-Steuerung. |
Autor: | Eduard Dafinger |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 232 |
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Graphodynamische Untersuchung einer
Heusinger-Joy-Steuerung.
Ein Beitrag zur Erkenntnis der
Bewegungsverhältnisse der Steuerungsgetriebe.
Von Dipl.-Ing. Eduard Dafinger,
München.
(Fortsetzung von S. 217 d. Bd.)
Graphodynamische Untersuchung einer
Heusinger-Joy-Steuerung.
Textabbildung Bd. 322, S. 232
Fig. 33.
Textabbildung Bd. 322, S. 232
Fig. 34.
Fig. 33. K0 ist die Trägheitskraft der Stange IK. Es soll die Verteilung dieser Kraft auf die
Gelenkpunkte K, I, H, L, M, N und O bestimmt werden. Die Richtungen der Kräfte Hk, Lk, Mk, Nk und Ok sind die gleichen
und werden nach denselben Gesichtspunkten bestimmt wie in der vorigen Figur. Die
Richtung von Ik ist
noch zu bestimmen. Ik
greift mit den Kräften Hk und Lk an
der Schubstange IL an. Damit diese im Gleichgewicht ist
müssen sich die Richtungen der drei Kräfte Ik, Hk und Lk in einem Punkte schneiden. Der Schnittpunkt der
beiden bekannten Richtungen von Hk und Lk ist U. Somit ist UI die Richtung von Ik. Ik und K0
sind Kräfte der Stange KI, die sich im Punkte Q schneiden. Da die Stange im Gleichgewicht ist, muß
die dritte an IK angreifende Kraft Kk durch diesen
Schnittpunkt Q gehen. Man versetzt deshalb K0 nach Q und zerlegt es in die beiden Komponenten K'k und I'k. K'k wird nach K verlegt die gesuchte Kraft Kk sein. I'k im Punkte I angreifend ist die Kraft Ik und wird nach H und
L weitergeleitet. Man verlegt deshalb Ik nach U und zerlegt es in die Komponenten H'k und L'k. H'k wird nach versetzt
und gibt die von der Kulisse aufgenommene Kraft Hk. Lk nach L verlegt ist
die Gelenkkraft Lk, die
jedoch nach M und N
weitergeleitet wird. Man zerlegt Lk als L''k im Punkte Z in die
beiden Komponenten M'k
und N'k. Erstere nach
M versetzt ist die gesuchte Kraft Mk, und letztere
verlegt man nach N und O.
Das gibt die beiden Kräfte Nk und Ok. Ok wird vom Kreuzkopf
aufgenommen. Die gesuchten Kräfte an den Gelenken sind somit Kk, Ik, Hk, Lk, Mk, Nk und Ok.
Gemäß den Konstruktionen in den Fig. 29–32 wird an jedem Gelenkpunkte eine an ihm angreifende
materielle Kraft gefunden. Werden diese Einzelkräfte an jedem Punkt geometrisch
addiert, so erhält man resultierende Kräfte, die die Massenwirkungen der Stangen IK, IL, MN und NO
ersetzen. Die Resultierende im Punkte O wird vom
Kreuzkopf aufgenommen und wird da Arbeit spendend oder aufzehrend wirken. Die
Resultierende im Punkte H, die mit Hk bezeichnet sei, wird
durch das übrige Getriebe nach der Kurbel hin weitergeleitet. In welcher Weise dies
bis zu dem auf der Triebstange liegenden Punkte B
geschieht, soll in der folgenden Figur gezeigt werden.
Fig. 34. Die Kraft Hk ist gegeben und wird durch das Getriebe GFEDB nach B übertragen.
Die dabei in den einzelnen Gelenkpunkten auftretenden Kräfte sollen bestimmt werden.
Hk greift im Punkte
H an dem um G
drehbaren System des Hebels FG und der Kulisse GH an, und wird im Punkte F durch die Stange FE weitergeleitet. Diese
Stange kann nach E
hin nur eine Kraft
in ihrer Richtung FE übertragen. Damit das System FGH im Gleichgewicht ist, müssen die Richtungen von Fk, Gk und Hk sich in einem Punkte
schneiden. Man bringt deshalb die beiden bekannten Richtungen von Fk und Hk zum Schnitt und
verbindet diesen Schnittpunkt U mit G. UG ist die Richtung von Gk. Man verlegt die Kraft Hk nach U und zerlegt sie hier in die beiden Richtungen UG und UF, Die erhaltenen
Komponenten werden nach G und F versetzt, in welchen Punkten sie die gesuchten Kräfte Gk und Fk sind.
Textabbildung Bd. 322, S. 233
Fig. 35.
Textabbildung Bd. 322, S. 233
Fig. 36.
Fk wird ihrer ganzen Größe nach durch die Stange FE nach E übertragen und ist in diesem Punkte
die Kraft Ek. Von E wird die Kraft weitergeleitet nach C und B. Die Richtung der
Kraft Ck kann nur die
Stange CD selbst sein, da CD um D frei drehbar ist. Somit muß die
Richtung der dritten an CB angreifenden Kraft Bk durch den
Schnittpunkt Z der Richtungen der beiden anderen gehen, Man verlegt die Kraft
Ek nach Z und zerlegt sie in die beiden Komponenten B'k und C'k. Erstere nach B verlegt ist die Kraft Bk, und letztere nach C und D versetzt gibt die
Kräfte Ck und Dk. Danach sind die
Kräfte in den Gelenkpunkten, die durch Weiterleiten der Kraft Hk nach B auftreten: Gk, Fk, Ek, Ck, Dk und Bk.
Fig. 35. K0 ist die Trägheitskraft des um G rotierenden Systems des Hebels FG mit der Kulisse GH.
Diese Trägheitskraft setzt sich abweichend von der Fig.
29b aus drei Komponenten zusammen, die einzeln nach Fig. 28 bestimmt werden; nämlich aus der
Trägheitskraft des Hebels FG und aus den beiden
Trägheitskräften der zwei Kulissenhälften. K0 ist die Resultierende dieser drei Komponenten und
damit die Trägheitskraft des ganzen Systems von Hebel und Kulisse. Man begeht dabei
keinen merklichen Fehler, wenn man die Kulissenkrümmung vernachlässigt und sich den
Kulissenbogen durch eine Gerade ersetzt denkt, auf der die Masse der Kulisse
gleichmäßig verteilt ist. In der vorliegenden Figur ist K0 gegeben, und es soll die Verteilung
dieser Kraft auf die Gelenkpunkte des Getriebes GFECDB
untersucht werden. Von E nach F kann nur durch die Stange FE eine Kraft
übertragen werden, weshalb EF die Richtung von Fk sein muß. Man
verlegt deshalb K0 nach
dem Schnitt U von K0 mit der Richtung von Fk. Durch diesen Schnittpunkt U muß die Richtung der Kraft von Gk gehen, damit das
System FGH im Gleichgewicht ist. Im Punkte U wird K'0 = K0 in die beiden Komponenten F'k und G'k zerlegt, die in ihren Richtungen nach F und G versetzt die
gesuchten Kräfte Fk und
Gk geben. Fk wird durch die
Stange FE nach E
übertragen, weshalb Ek
= Fk ist. Die Kraft Ek wird nach B und C weitergeleitet.
Wie in Fig. 35 kann auch hier C nur eine Kraft aufnehmen von der Richtung CD, weshalb man Ek bis zum Schnitt Z mit
dieser Richtung verlegt und da in die Komponenten C'k und B'k zerlegt. C'k nach C und D versetzt gibt die gesuchten Kräfte Ck und Dk. B'k, dessen Richtung
durch ZB bestimmt ist, wird nach B versetzt und ist hier die Kraft Bk. Es sind dann Gk, Fk, Ek, Ck, Dk und Bk die gesuchten
Kräfte, die von der dynamischen Wirkung des bewegten Systems FGH herrühren.
Fig. 36. Gegeben ist die Trägheitskraft K0 der Stange EF. Es soll die Verteilung derselben auf die
Gelenkpunkte G, F, E, C, D und B bestimmt werden. Damit die Stange EF im
Gleichgewicht bleibt, müssen die drei Kräfte Ek, K0 und Fk sich in einem Punkte schneiden. Die Richtung der
Kraft Fk kann nur der
Hebel FG sein, denn FG ist
um G frei drehbar und deshalb kann F nur eine Kraft in Richtung FG aufnehmen und nach G weiterleiten. Man
verlegt K0 nach dem
Schnittpunkt N mit der Richtung von Fk, und zerlegt es in die Komponenten F'k und E'k. Erstere wird nach
F und G versetzt und
gibt die Kräfte Fk und
Gk. Letztere wird
in ihrer Richtung nach E verlegt, an welchem Punkte sie
die Kraft Ek darstellt.
Wie in Fig. 34 und 35 wird Ek
nach C und B
weitergeleitet. Die Richtung von Ck ist wieder durch die Linie CD vorgeschrieben, weshalb man Ek nach dem Schnittpunkt Z der Richtung von Ek und der Richtung von Ck verlegt. Die Richtung der Kraft Bk muß dann ZB sein. Man zerlegt E'k
= Ek in die beiden
Komponenten C'k und B'k, die nach C, D bezw. B verlegt die
gesuchten Kräfte Ck,
Dk und Bk geben.
Textabbildung Bd. 322, S. 234
Fig. 37.
Textabbildung Bd. 322, S. 234
Fig. 38.
Fig. 37. K0 ist die Trägheitskraft des Hebels CD. Es soll die Uebertragung derselben nach dem Punkte
B bestimmt werden. Die im Gelenk C auftretende Kraft muß durch die Stange BC nach B weitergeleitet
werden. Es kann also C nur eine Kraft in der Richtung
BC aufnehmen. Damit die Stange CD im Gleichgewicht ist, muß die Richtung der dritten
Kraft Dk durch den
Schnittpunkt U der beiden andern Kraftrichtungen
gehen. Man zerlegt K'0
= K0 im Punkt U in die beiden Komponenten C'k und D'k nach den Richtungen UC und UD. C'k und D'k
nach C und D verlegt geben
die gesuchten Kräfte Ck
und Dk. Ck wird durch die
Stange BC nach B
weitergeleitet und greift an diesem Punkte als die gesuchte Kraft Bk an.
Fig. 38. Gegeben ist die Trägheitskraft K0 der Stange BC. Es soll die Uebertragung dieser Kraft nahe dem
Punkte B bestimmt werden. Der Hebel CD kann nur eine Kraft in der Richtung CD aufnehmen, da er um D
frei drehbar ist. Die Richtungen von K0 und Ck schneiden sich im Punkte U, durch den auch die Richtung von Bk gehen muß wenn CD im
Gleichgewicht sein soll. Man verlegt K0 nach U und zerlegt es
in die beiden Komponenten C'k und B'k, die in ihren Richtungen nach C und B verlegt die gesuchten Kräfte Ck und Bk sind. Ck wird durch die
Stange CD nach D
weitergeleitet und von diesem festen Punkte als die Kraft Dk aufgenommen.
Textabbildung Bd. 322, S. 234
Fig. 39a.
In den vorstehenden Fig. 30–38 wurden die an den Gelenken, Drehpunkten und der Kulisse angreifenden
Kräfte bestimmt, welche die dynamische Wirkung einer Stange eines Hebels oder wie in
Fig. 34 eines Teils des Steuerungsgetriebes
ersetzen. Es ergaben sich an jedem Punkte eine Reihe von Einzelkräften, die nicht
immer die gleiche Richtung haben. Durch geometrische Addition der Einzelkräfte wird
an jedem der betreffenden Punkte eine resultierende Kraft gefunden, die von der
Massenwirkung des ganzen bewegten Steuerungsgetriebes, ausschliesslich der
Schieberstange und des Schiebers herrührt. Diese letztere soll in einer späteren
Figur für jeden Gelenkpunkt eigens bestimmt werden, da sie als die grösste
vorkommende Massenkraft ein besonderes Interesse beanspruchen kann. – Obwohl Kurbel
und Kreuzkopf nicht mehr zum Steuerungsmechanismus gerechnet werden können, liegt
doch die Beantwortung der Frage nahe, wie sich die Gelenkkraft in B auf Kurbel und Kreuzkopf verteilt. An beiden sind
bereits Kräfte vorhanden, und zwar am Kreuzkopfzapfen die Kolbenkraft, die in O angreifende Massenkraft Ok, die Massenkraft des Kolbens und
andere. Die Resultierende P all dieser Kräfte, die mit
dem Namen Kreuzkopfkraft bezeichnet sei, wird von der in B angreifenden Kraft Bk unabhängig sein. An der Kurbel wirkt die durch die
Schubstange vom Kreuzkopf her übertragene Stangenkraft S. Es ist deshalb zu untersuchen in welcher Weise diese Kräfte P und S durch die
dynamische Wirkung der Steuerung eine Aenderung erleiden.
Es sei in Fig. 39a
P die Kreuzkopfkraft und S
= S0 die Stangenkraft,
die sich am Kurbelzapfen in den Zapfendruck Z und die
Drehkraft T zerlegt. Der Kreuzkopf ist nur dann im
Gleichgewicht, wenn die Summe P' der Reaktionen am
Kreuzkopf gleich der Kraft P ist. Diese Kraft P ist von einer an der Triebstange angreifenden Kraft
unabhängig und da P' stets = P sein muß, wird auch P' durch Bk nicht beeinflußt.
Dies ist nur der Fall, wenn die von Bk herrührende an R
angreifende Kraft ein Normaldruck ist, also senkrecht zur Gleitbahn steht.
Textabbildung Bd. 322, S. 235
Fig. 39b.
Fig. 39b. Gegeben ist die an B angreifende Kraft Bk. Es soll die Verteilung von Bk nach A und R untersucht werden,
Damit die Triebstange im Gleichgewicht ist, müssen die drei Kräfte Ak, Bk und Rk sich in einem Punkte
schneiden. Die Richtung von Rk ist nach Fig. 39a gegeben, und ist ein
Lot im Punkte R zur Kreuzkopfgleitbahn. Man verlängert
deshalb Bk bis zum
Schnitte U mit der Richtung von Rk und zerlegt in U die Kraft B'k in die beiden Komponenten A'k und R'k, die nach A und R verlegt, dort die
gesuchten Kräfte Ak und
Rk geben.
Textabbildung Bd. 322, S. 235
Fig. 40.
Fig. 40. Es erübrigt nun noch die dynamische Wirkung
der auf einer geraden Bahn bewegten Massen des Schiebers und der Schieberstange auf
die Gelenkpunkte der Steuerung zu bestimmen. Wie schon erwähnt, soll diese Aufgabe
eigens behandelt und die hierbei gefundenen Werte gesondert angegeben werden um den
Einfluss dieser größten vorkommenden Trägheitskraft erkennen zu können.
Gegeben ist K0
= M . Mj, wobei M die Masse von Schieber und Schieberstange und Mj die Beschleunigung
dieser Masse ist. Es wird zuerst die Richtung von Lk bestimmt, die derart sein muß, daß sie durch den
Schnittpunkt U der aus den Erläuterungen in Fig. 30 bekannten Richtungen der Kräfte Ik und Hk gehen muß; denn nur
dann läßt sich in U die Kraft L'k nach diesen Richtungen zerlegen. Die
Richtung der Kraft Nk
kann nur die Linie NO sein, da der Hebel NO um O frei drehbar ist.
Die Richtungen NO und UL
schneiden sich im Punkte W, der mit dem Punkt M verbunden die Richtung der Kraft K'0 gibt, die nach L und N ohne Störung des
Gleichgewichtes weitergeleitet werden kann. K0 wird in die beiden Komponenten K'0 und K''0 zerlegt. Die
letztere wird von der Schieberstangenführung aufgenommen. Die erstere K'0 wäre nach dem
Schnittpunkte W zu verlegen und da in zwei Komponenten
von den Richtungen WL und WN zu zerlegen, die ihrerseits wieder nach L
und N versetzt die Kräfte Lk und Nk geben würden. Der Schnittpunkt W liegt aber im allgemeinen sehr weit entfernt und die
Zerlegung von K'0 in
W würde ein ungenaues Resultat liefern, da die
Richtungen der Komponenten sich sehr flach schneiden. Aus diesem Grunde ist hier die
rechnerische Behandlung der Konstruktion von Lk und Nk vorzuziehen. Um Lk zu bestimmen, fällt man von N das Lot Nm auf die
Richtung von Lk und das
Lot Nn auf die Richtung von K'0. Dann muß sein:
L_k=K'_0\cdot \frac{N\,n}{N\,m}
Um Nk zu bestimmen,
fällt man von L das Lot Lq
auf die Richtung von Nk
und das Lot Lr auf die Richtung von K'0. Dann muß sein:
L_k=K'_0\cdot \frac{L\,r}{L\,q}.
Nk wird durch die
Mitnehmerstange NO nach O
weitergeleitet und ist im Punkte O angreifend die Kraft
Ok. Lk wird nach H und I übertragen. Man
verlegt deshalb Lk nach
U und zerlegt es in die beiden Komponenten H'k und Ik. Letztere wird nach
I versetzt die Kraft Ik geben, die durch die Hängestange KI nach K weitergeleitet
wird und in K angreifend die Kraft Kk ist. Die am Stein
H wirkende Kraft Hk wird von der Kulisse aufgenommen und durch das
Getriebe GFECDB nach B
übertragen. In welcher Weise dies geschieht, ist in Fig.
34 gezeigt. Die weitere Verteilung der im Punkt B angreifenden Kraft auf Kurbelzapfen und Kreuzkopf wird nach Fig. 39b durchgeführt.
(Fortsetzung folgt.)