Titel: | Dampferzeugung mit flüssigen Brennstoffen. |
Autor: | F. Mbg. |
Fundstelle: | Band 322, Jahrgang 1907, S. 105 |
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Dampferzeugung mit flüssigen
Brennstoffen.
Dampferzeugung mit flüssigen Brennstoffen.
Welch außerordentlichem Interesse dieser Gegenstand überall begegnet, dafür legt
unter anderem die Patentliteratur aller Kulturvölker Zeugnis ab. Unzählbar sind alle
jene Zerstäubungseinrichtungen und Brennerkonstruktionen, die man darin
vorgeschlagen findet. Zweifellos kann man hier von einer ganz außerordentlichen
Ueberproduktion sprechen. So bedeutungsvoll ist dieser Gegenstand gewiß nicht. Trotz
der unleugbar großen Vorzüge flüssiger Brennstoffe vor den festen, wie Leichtigkeit
der Aufbewahrung und des Transportes, einfache Regelung und große Reinlichkeit der
Verbrennung, ist doch ihre Bedeutung mit derjenigen der Kohlen nicht annähernd zu
vergleichen und wird nach menschlichem Ermessen auch dieser niemals auch nur
gleichkommen. Dafür legen z.B. die folgenden einer amerikanischen Zusammenstellung
entnommenen Zahlen Zeugnis ab: Während in einem Jahre in der ganzen Welt etwa
853000000 t Kohle gefördert wurden, betrug die Gewinnung von Petroleum rund
327000000 hl. Selbst wenn man den mittleren Heizwert von 1 kg Kohle nur zu etwa 55
v. H. desjenigen von 1 l Petroleum annimmt, was als eine niedrige Schätzung
betrachtet werden muß, so ergibt sich der Wärmeinhalt dieser Petroleummenge nur zu
reichlich 7 v. H. desjenigen der geförderten Kohle. Und dabei wird doch das
Petroleum mindestens zur Hälfte zu Schmier- und Beleuchtungszwecken gebraucht.
Trotzdem läßt es sich nicht leugnen, daß es Fälle gibt, wo die Vorzüge des flüssigen
Brennstoffes so bedeutend sind, daß man von der Verwendung von Kohle Abstand zu
nehmen hat. Solche sind namentlich aus dem Schiffbau bekannt: eine ganze Reihe
Kessel auf Handelsschiffen werden seit Jahren mit Petroleum gefeuert. Dagegen war
bis jetzt im Kriegsschiffbau keine Regierung der Frage ernstlich näher getreten.
Erst in allerneuester Zeit hat ein in den Vereinigten Staaten eingesetzter Ausschuß
langdauernde und eingehende Versuche gemacht, über die wir im folgenden nach dem
„Engineering“ einiges berichten wollen.
Die Versuche zerfielen in zwei Teile, von denen der erste, etwa 9 Monate dauernde
sich auf die Beobachtung der Verdampfung bezog, wenn der betr. Kessel mit Kohlen
geheizt wurde. Der zweite, welcher rund 17 Monate in Anspruch nahm, beschäftigte
sich dagegen mit der Verbrennung flüssigen Brennstoffs-Während der ganzen Zeit
wurde ein und derselbe Kessel benutzt, der nach Beendigung der Kohlenversuche
geöffnet, gereinigt und sorgfältig nachgesehen wurde, worauf dann der erforderliche
Umbau der Feuerungseinrichtung stattfand. Es handelte sich um einen
Wasserröhrenkessel von rund 200 qm Heiz- und etwa 4,7 qm Rostfläche, der
garantiegemäß bei künstlichem Zug von rund 1'' Wassersäule 5450 kg Wasser unter
einem Drucke von 19,5 kg/qcm zu verdampfen imstande sein sollte, aber bei den
Versuchen verschiedentlich diese Leistungsfähigkeit überschritt.
Es versteht sich fast von selbst, daß die Anlage mit besten Meßinstrumenten,
Thermometern und Zugmessern versehen war. Die verbrauchten Wasser- und Oelmengen
konnten genau bestimmt werden, natürlicher Zug wie künstlicher von verschiedener
Stärke ließ sich herstellen. Zwei verschiedene Sorten Petroleum wurden gebraucht und
zwar solches aus Texas und aus Californien, für welche die folgenden Zahlen
galten:
Textabbildung Bd. 322, S. 105
Fig. 1.
Bestandteile
Petroleum
aus Texas
aus Californien
C
83,26
81,52
H
12,40
11,01
S
0,50
0,51
O
N
3,83–
6,92
Heizwert:
10800 WE
10350 WE.
Unter den 69 einzelnen Versuchen mit flüssigen Brennstoffen waren 33, in denen die in
den Fig. 1 und 2
dargestellte Brennerkonstruktion der Oil City Boiler
Works in Philadelphia Anwendung fand. Fig.
1 zeigt die Konstruktion bei Benutzung von Druckluft zur Zerstäubung des
Petroleums, Fig. 2 bei Verwendung von Dampf zum
gleichen Zwecke. Sechs Stück von diesen Brennern waren am Kessel angebracht und zwar
so, daß je zwei einander benachbarte die Flammen in einem gewissen Winkel zu
einander ins Innere des Feuerraumes bliesen, wo sie sich in einem Punkte trafen.
Dadurch soll die Möglichkeit gegeben sein, bei zeitweise geringerer Belastung der
Anlage oder zwecks Reinigung den einen der beiden Brenner auslöschen zu können, ohne
daß eine wesentliche Veränderung in der Verteilung der Hitze im Feuerungsraume
einträte.
Textabbildung Bd. 322, S. 106
Fig. 2.
Eine zweite Brennerkonstruktion, bekannt unter dem Namen „W. N. Best“-Brenner, wurde bei acht
Versuchen benutzt. Sie ist in den Fig. 3, 4 und 5
wiedergegeben. Wie ersichtlich, befindet sich bei diesem Brenner das Oel in einem
Raume, welcher nach oben eine schmale schlitzförmige Oeffnung zeigt. Das
Zerstäubungsmittel, Dampf oder Luft, wird über diesen Schlitz fortgeblasen und reißt
dadurch das Oel mit. Durch Verschiebung des Querstücks A kann die Verbrennung geregelt werden. Von diesen Brennern wurden nur
vier eingebaut, was als ein Fehler zu bezeichnen ist, da auf diese Weise nicht die
wünschenswerte gleichmäßige Verteilung über die Heizfläche erzielt werden konnte,
die man bei Verwendung von sechs kleineren Brennern hätte erreichen können. Die
ganze Konstruktion soll insbesondere den Vorteil besitzen, daß sich bei ihr keine
durch Verkokung des Oels hervorgerufenen festen Bestandteile in der Brenneröffnung
festsetzen.
Bei den übrigen 28 Versuchen wurde noch eine große Anzahl anderer
Brennerkonstruktionen benutzt, die sich aber nicht in wesentlichen Punkten von den
geschilderten unterschieden.
Die folgende Zahlentafel gibt einigen Aufschluß über die bei den Versuchen erhaltenen
Ergebnisse:
Luftdruckim Heiz-raum inmm
Was-sersäule
Petroleumaus
Brenner-kon-struktion
Verdampfung\frac{\mbox{kg Wasser}}{\mbox{qm Rostfl.}}
Verdampfung\frac{\mbox{kg Wasser}}{\mbox{kg Petrol.}}
Gesamtwir-kungsgrad\frac{\mbox{WE i. Dampf}}{\mbox{WE i. Petrol.}}
1
2
3
4
5
6
000
TexasCalifornien„
Oil City„Best
132011801535
13,8012,7313,52
0,6860,6600,702
28,2025,4025,40
TexasCalifornien„
Oil City„Best
208017752045
12,1711,9512,35
0,6050,6200,640
53,0050,8050,80
TexasCalifornien„
Oil City„Best
260023152290
11,0511,4711,76
0,5480,5950,610
94,2076,2076,20
TexasCalifornien„
Oil City„Best
325527102700
11,3011,2011,54
0,5620,5810,598
Wie ersichtlich, war es nicht vollkommen möglich, für diejenigen Versuche,
welche miteinander verglichen werden sollen, genau gleiche Vorbedingungen zu
schaffen. Sowohl bei dem in Spalte 1 angegebenen Luftdruck im Heizraum, wie bei der
in Spalte 4 gekennzeichneten Belastung des Kessels sind Abweichungen in den drei zu
einander gehörigen Versuchen, welche notwendigerweise die Ergebnisse irgendwie
beeinflussen müssen und daher die aus ihnen gezogenen Schlußfolgerungen in gewisser
Beziehung unsicher machen. Die Spalte 6 ist aus Spalte 5 unter Benutzung der oben
angegebenen Zahlen für den Heizwert der beiden Arten Petroleum berechnet worden,
wobei vorausgesetzt ist, daß die Angaben der Spalte 5 sämtlich auf Verdampfung von
Wasser von 100° C zu Dampf von gleicher Temperatur umgerechnet sind. Allerdings geht
das aus unserer Quelle nicht mit voller Klarheit hervor. Von den Schlußfolgerungen,
die sich alsdann aus den Angaben der letzten Spalte machen lassen, mögen hier nur
zwei erwähnt sein: einmal daß der „Best“-Brenner
demjenigen der Oil-City-Works überlegen war, trotzdem
bei ersterem, wie bereits erwähnt, statt der an sich richtigeren Benutzung mehrerer
kleinerer Brenner wenigere größere verwendet waren, und sodann, daß das
Californische Petroleum bei künstlichem Zug, dasjenige aus Texas bei natürlichem den
Vorzug verdiente.
Textabbildung Bd. 322, S. 106
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 322, S. 106
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 322, S. 106
Fig. 5.
Der erwähnte Ausschuß stellt auf Grund seiner bei den langdauernden Versuchen
gesammelten Erfahrungen unter anderem die folgenden allgemeinen Behauptungen
auf:
Wenn auch an sich hochgespannter Dampf als Zerstäubungsmittel der Preßluft
vorzuziehen ist, so sollte doch für Schiffe die letztere benutzt werden, da mit
ihrer Hilfe der Oelverbrauch für den Brenner und somit die Leistungsfähigkeit der
ganzen Anlage erheblich stärker gesteigert werden kann.
Vorteilhaft ist es sowohl die Verbrennungsluft als das Petroleum vorzuwärmen,
letzteres selbstverständlich nur bis zu einem Punkte, der die Möglichkeit einer
Zersetzung vollkommen ausschließt.
Als Nachteil ist zu bezeichnen, daß der Feuchtigkeitszustand der Atmosphäre von nicht
unwesentlichem Einfluß auf die Leistungsfähigkeit der Anlage ist.
Eine Filterung des Petroleums vor dem Gebrauch ist sehr zu empfehlen, namentlich bei
Benutzung van Rohpetroleum, dessen Heizkraft an sich derjenigen von raffiniertem
nichts nachgibt. Unangenehm macht sich bei ersterem bemerkbar, daß gewisse
Bestandteile die Behälter und sonstigen Teile angreifen, mit denen! das Petroleum in
Berührung kommt.
Der Feuerraum soll so einfach als möglich gehalten sein; gemauerte Wände, welche den
Gasen einen verschlungenen Weg anweisen sollen, verengen häufig nur den Heizraum und
beeinträchtigen damit die Leistungsfähigkeit der Anlage.
Diese letztere hängt weniger von der besonderen Durchbildung des eigentlichen
Brenners ab, auf die die meisten Konstrukteure soviel Wert legen, so lange hierbei
nicht grade grundlegende Fehler begangen werden, als von der richtigen Anordnung des Ganzen, wie sie
nur auf Grund langer Praxis getroffen werden kann. Die Zahl der Brenner wähle man
lieber etwas zu hoch als zu niedrig, damit stets einige unbenutzt in Reserve bleiben
können, die bei Reinigung und Reparatur der anderen zum Arbeiten kommen. Dabei soll
die Konstruktion so sein, daß die Um- und Auswechselung der Brenner ohne
Betriebsunterbrechung möglich ist.
Wenn auch alle technischen Fragen für die Verwendung flüssiger Brennstoffe als gelöst
zu betrachten sind, so scheint es doch zweckmäßig, die ganze Einrichtung so zu
halten, daß sie binnen 24 Stunden durch eine gewöhnliche Kohlenfeuerung ersetzt
werden kann, falls sich das als notwendig herausstellt. (Eine nähere Begründung ist
dieser eigenartigen Forderung nicht beigegeben; es ist wohl mit Recht zu
vermuten, daß sie durch besondere Verhältnisse der amerikanischen Kriegsmarine
bedingt, und nicht ohne weiteres zu verallgemeinern ist.)
Nur erprobte und sachverständige Leute sind zur Bedienung der Anlagen
heranzuziehen.
Sprechen bei der Handelsflotte meistens wirtschaftliche Gründe gegen die Verwendung
flüssigen Brennstoffs, so tritt für Kriegsschiffe neben allen sonstigen
Schwierigkeiten insbesondere noch die Frage auf, in welcher Weise es möglich ist,
den erforderlichen Vorrat an Petroleum so zu lagern, daß er gegen die Geschosse des
Feindes möglichst gesichert ist. Und die Lösung dieser Aufgabe gestaltet sich so
schwierig, daß dadurch in den meisten Fällen die Benutzung von Petroleum in der
Kriegsmarine ausgeschlossen ist.
F.
Mbg.