Titel: | Die Wärmekraftmaschinen der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906. |
Autor: | H. Meuth |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 776 |
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Die Wärmekraftmaschinen der
Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg 1906.
Von Dr.-Ing. H. Meuth,
Karlsruhe.
(Fortsetzung von S. 757 d. Bd.)
Die Wärmekraftmaschinen der Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg
1906.
Kesselspeisung und Kondensation.
In einem Raum neben dem Kesselhaus sind die Pumpen zur Speisung der Kessel
aufgestellt.
1. Eine Drillings-Plungerpumpe in stehender Anordnung, die von einer stehenden
Dampfmaschine mit unten liegendem Zylinder angetrieben wird und bei 120 Umdrehungen
i. d. Minute 0,72 cbm/Min. Wasser fördert. Die Anlage ist von der Maschinenfabrik Balcke in Frankenthal gebaut.
Bei einem Durchmesser von 130 mm und Hub von 160 mm der Plunger und bei einem
Durchmesser von 280 mm und Hub von 240 mm des Dampfzylinders mit unverstellbarer
Kolbenschiebersteuerung überwindet die Pumpe einen Kesseldruck von 12 at.
Die Anordnung als Drillingspumpe sichert eine gleichförmige Förderung des
Speisewassers in den Kessel; bei geringer Fördermenge kann die Pumpe mit sehr
geringer Geschwindigkeit laufen, ohne stecken zu bleiben. Starke Schwankungen des
Saug- und Druckwasserspiegels, die verursachen, dass leicht Luft in den Kessel
mitgerissen wird, treten bei dem gleichförmigen Gang der Pumpe nicht auf.
Fig. 46 zeigt ein Bild der Pumpe. Die Saug- und
Druckventile sind in zylindrischen Kästen auf der Vorder- bezw. Rückseite der Pumpe
untergebracht. Die Lager der gekröpften Welle haben Ringschmierung. Die Pumpe
besitzt alle für einen sicheren Betrieb notwendige Armatur.
Textabbildung Bd. 321, S. 776
Fig. 46. Drillingskesselspeisepumpe von Balcke.
2. Die Maschinen- und Armaturfabrik vorm. Klein, Schanzlin
& Becker in Frankenthal hat eine Zwillingspumpmaschine stehender Bauart
mit 170 mm Plungerdurchmesser in Betrieb, welche von einer Verbunddampfmaschine mit
210 mm Hochdruck- und 330 mm Niederdruckzylinderdurchmesser und einem Hub von 300 m
angetrieben wird und bei 75 Umdrehungen i. d. Minute gegen einen Kesseldruck von 13
at 0,83 cbm/Min.
Wasser fördert. Fig. 47 zeigt eine Abbildung dieser
Pumpe. Die einfachwirkenden Pumpen sind zwischen Dampfzylinder und Kurbelwelle
eingebaut. Die Ventilkästen und Windkessel sind in den gusseisernen Ständern
untergebracht; vorn erfolgt die Stützung der Zylinder durch schmiedeeiserne Säulen.
Durch diese Bauart erhält die Maschine bei guter Zugänglichkeit der Welle und Lager
eine grosse Stabilität und erhöhte Sicherheit gegen Formänderungen. Bei grösseren
Pumpen ist die Traverse über dem Plunger, an welcher die Schubstange angreift, als
Kreuzkopf mit Gleitschuh ausgebildet, welcher im Gestell geführt wird. Der
Hochdruckzylinder hat von Hand verstellbare Doppelschiebersteuerung, während der
Niederdruckzylinder mit einfachem Schieber gesteuert wird. Die Kurbeln sind unter
180° versetzt; das ist nachteilig, wenn die Pumpe einmal mit geringer
Geschwindigkeit laufen soll.
2. Von derselben Firma stammt die stehende doppeltwirkende „Una-Pumpe“ mit 165
mm Plungerdurchmesser, welche bei etwa 60 Umdrehungen i. d. Minute ∾ 0,4 cbm/Min. Wasser
gegen einen Druck von 13 at fördert. Der darüber liegende Dampfzylinder hat einen
Durchmesser von 250 mm und einen Hub von 180 mm und wird durch einfachen Schieber
gesteuert. Fig. 48 zeigt eine Ansicht der Pumpe. Die
Uebertragung der Kolbenkraft auf den Plunger erfolgt durch das bekannte Kleinsche Maschinenelement. Ventilkasten und Windkessel
sind wie bei der vorigen Pumpe im Gestell untergebracht. Die Pumpe zeichnet sich
durch ausserordentlich geringen Raumbedarf aus; der Saugwindkessel kommt freilich
dabei etwas zu kurz. In besonders origineller Weise ist die Doppelwirkung der Pumpe
unter Anwendung nur einer einzigen Stopfbüchse erreicht. Fig. 49 zeigt die Einrichtung im Schnitt. Die Bronzebüchse e ist mit der Brille der Stopfbüchse b verbunden und bewegt sich mit derselben, wenn diese
angezogen wird; nach dem oberen Puipenraum wird die Büchse durch einen eingelegten
Gummiring abgedichtet.
Textabbildung Bd. 321, S. 777
Fig. 47. Zwillingspumpmaschine von Klein, Schanzlin & Becker.
Textabbildung Bd. 321, S. 777
Fig. 48. Kleins Unapumpe.
4. Schliesslich hat die Firma Klein, Schanzlin &
Becker noch eine kleine schwungradlose Dampfpumpe (sogen. Simplexpumpe) mit
180 mm Dampfzylinderdurchmesser und 120 mm Plungerdurchmesser und einem Hub von 220
mm ausgestellt, welche bei 60 Doppelhuben i. d. Min. 0,25 cbm gegen 13 at fördert.
Der Kolben wird im Hubende dadurch umgesteuert, dass ein von der Kolbenstange
bewegter Hebel mit einem Knacken zu geeigneter Zeit nach Art einer
Schleppschiebersteuerung auf einen Anschlag an der Schieberstange auftrift, den
Schieber um ein kleines Stück verschiebt, wodurch Dampf hinter den Kolben tritt und
der vor dem Kolben befindliche Dampf durch die gleichzeitig freigewordene Oeffnung
auf der anderen Seite ausströmt. Die Pumpe läuft, sobald Dampf aufgegeben wird,
selbsttätig an und lässt sich innerhalb ihrer Leistungsgrenze auf jede beliebige
Hubzahl einstellen.
Kondensation.
Die Kondensation des Abdampfes der Betriebsmaschinen
geschieht nicht in einer zentralen Anlage; dazu ist die Art und der Betrieb der
Maschinen zu verschieden. Wo dieselben nicht mit Auspuff arbeiten, besitzen sie
eigene Kondensatoren, die bei den einzelnen Maschinen schon besprochen sind. Nur das
Abwasser der Kondensatoren läuft in einen gemeinsamen Behälter, von wo aus dasselbe
auf den Kühlturm gepumpt und nach seiner Rückkühlung von den Pumpen der
Einzelkondensationsanlagen wieder angesaugt wird.
Textabbildung Bd. 321, S. 777
Fig. 49. Kleins Unapumpe.
Die Förderung des warmej Kondenswassers auf den Kühlturm (etwa 6 m Druckhöhe) erfolgt
durch zwei Zentrifugalpumpen und einer Drillingsplungerpumpe, welche je nach Bedarf
einzeln oder zusammen die Wasserförderung übernehmen. Die zwei elektrischen
getriebenen Zentrifugalpumpen der Firma Klein, Schanzlin
& Becker in Frankenthal sind für eine Leistung von 6,7 bezw. 10 cbm i.
d. Minute und für eine Förderhöhe von 9 m bestimmt. Die Saug- und Druckstutzen
beider als sogen. Niederdruckzentrifugalpumpen ohne Leitapparat mit zweiseitigem
Einlauf ausgebildeten Pumpen haben eine lichte Weite von 250 mm. Die Motorleistung
der grösseren Pumpe mit 780 Umdrehungen beträgt 36 PS, die der kleineren mit 840
Umdrehungen 26 PS. Ein für später in Aussicht genommener Sonderbericht über neuere
Wasserpumpen wird auf diese Anlage noch etwas näher eingehen.
Die Drillingsplungerpumpe der Maschinenbau A.-G. Balcke
in Frankenthal, die ebenfalls zur Wasserförderung dient, erhält ihren Antrieb durch
einen Elektromotor mittels eines Zahnradvorgeleges, welches die Tourenzahl für
die Pumpe auf 70–80 i. d. Minute herabsetzt. Der Gang der Pumpe ist bei der hohen
Uebersetzung der Stirnräder ein ausserordentlich ruhiger. Auf den mit den Saug- und
Druckwindkesseln zusammengegossenen Pumpenkörper sind die durch Schraubenbolzen
gegeneinander versteiften Lagerböcke für die Kurbelachse aufgesetzt. Das Innere der
Pumpe ist erst nach Lösen eines schweren Deckels und einer grossen Menge von
Schrauben zugänglich. Interessant ist der Vergleich dieser Pumpe hinsichtlich ihrer
Grösse und ihres Raumbedarfs mit der in der Leistung etwa gleich grossen
Zentrifugalpumpe von 6,7 cbm/Min. Aber auch hinsichtlich der Einfachheit und der
geringen Zahl beweglicher Teile erscheinen die Vorzüge der Zentrifugalpumpe
gerade in der vorliegenden Gegenüberstellung mit der Drillingspumpe in
besonders hellem Licht. Der geringere volumetrische Wirkungsgrad wird durch diese
Vorzüge reichlich aufgewogen.
Die Rückkühlung des Wassers aus den Kondensatoren
erfolgt in einem von der Firma Louis Schwarz & Co.
in Dortmund erbauten Kaminkühler mit einer stündlichen Leistung von 800 cbm Wasser.
Seine Höhe beträgt 31 m. Das Wasser wird durchschnittlich auf 25° heruntergekühlt;
nur wenn zum Ersatz der verdunstenden Menge frisches Leitungswasser zugesetzt wird,
erhalten die Kondensatoren Kühlwasser von etwas niedrigerer Temperatur.
(Fortsetzung folgt.)