Titel: | Selbsttätige Raumtemperatur-Regler. |
Autor: | W. Mehl |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 698 |
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Selbsttätige Raumtemperatur-Regler.
Von Ingenieur W. Mehl,
Dresden, beratendem Sachverständigen für Heizungs- und Lüftungsanlagen.
Selbsttätige Raumtemperatur-Regler.
In hygienischer wie ökonomischer Hinsicht ist die Erhaltung der Temperaturen
innerhalb der Grenzen von 17 bis 20° C in von Menschen benutzten Aufenthaltsräumen
von grosser Bedeutung. Bei allen Zentralheizsystemen hat die Regelung der
Zimmerwärme mittels der an den Heizkörpern befindlichen Ventilen oder Hähnen, bei
Luftheizungen durch Stellung der Heizluftklappen von
Hand zu erfolgen. Aber gerade dadurch ergeben sich erfahrungsgemäss
insbesondere Ueberwärmungen der Räume über + 20° C, deren Schädigungen für die
Gesundheit sich unschwer nachweisen lassen. Und mit diesen gesundheitschädlichen
Temperaturüberschreitungen geht Hand in Hand die Unwirtschaftlichkeit des Betriebes,
was keines besonderen Nachweises bedarf.
Allein durch diese wenigen Auseinandersetzungen dürfte der Wert der Gleichhaltung der
Raumtemperaturen innerhalb der obigen Grenzen hinreichend gekennzeichnet sein und
damit auch der Wert der selbsttätigen Temperaturregler für die Praxis.
Nach alledem kann es nicht Wunder nehmen, dass zahlreiche Heiztechniker versucht
haben Temperaturregler zu konstruieren, die eine Unter- wie Ueberschreitung
genannter Wärmegrade selbsttätig verhindern sollten oder allgemein ausgedrückt, die
das Mass der Wärmeabgabe des Heizkörpers von dem Wärmebedarf des Raumes abhängig
machen.
Welche Schwierigkeiten einer einwandfreien Reglerkonstruktion sich jedoch
entgegenstellen, oder welche Anforderungen wirklich brauchbare Regler im
wesentlichen erfüllen müssen, geht aus folgendem hervor.
1. Der Temperaturregler muss unabhängig von der
Aussentemperatur arbeiten.
2. Der Einstellapparat (Temperaturaufnehmer) muss von dem
Regulierapparat (Ventil, Klappe) getrennt aufgebaut werden, da ersterer sonst
durch Wärmeausstrahlungen vom Heizkörper oder von Rohrleitungen her beeinflusst
wird.
3. Die Temperatur des zu beheizenden Raumes muss von einem
beliebigen Punkte aus, unabhängig vom Standorte des Heizkörpers auf einen
beliebigen Grad eingestellt und geregelt werden können.
4. Der Apparat muss so arbeiten, dass weder eine Ueberwärmung
noch Unterwärmung möglich ist.
5. Die Empfindlichkeit des Apparates muss so gross sein, dass
die Temperaturschwankungen nicht mehr als 1° C betragen.
6. Der Apparat muss nach aussen hin völlig geschützt
sein.
7. Bei Dampfheizungen muss dafür gesorgt werden, dass die
Heizkörperventile nicht undicht werden, die Hähne nicht festbrennen.
8. Geringe Anschaffungskosten.
9. Keine Betriebskosten.
10. Grösste Dauerhaftigkeit.
Bahnbrechend im Bau der in Rede stehenden Regler sind die amerikanischen
Heiztechniker gewesen, insbesondere Professor Johnson,
der überhaupt als Führer der Temperaturreglertechnik angesehen werden darf. Bei dem
gegenwärtig in Amerika verbreitetsten Temperaturregler von Johnson wird zur An- und Abstellung der Regulierorgane Druckluft von 1 at
verwendet, die sowohl den Regler als auch das Abstellventil am Heizkörper betätigt.
Die Druckluft drückt auf eine Gummimembrane, wodurch bei dem Ventil (Fig. 1) die Spindel sich nach unten bewegt und das
Ventil schliesst. Befindet sich keine Druckluft über der Membrane, so öffnet sich
das Ventil vermöge der im oberen Gehäuse befindlichen Feder.
Textabbildung Bd. 321, S. 699
Fig. 1.
Den Regler zeigt Fig. 2 im Schnitt. Ist das Zimmer
kalt, so befinden sich seine beweglichen Teile in der gezeichneten Stellung. Die
Druckluft strömt durch das Rohr C in den Raum A ein, – der Weg ist in Fig.
2 nicht ersichtlich – und tritt von hier aus durch das Regulierventil R unter die Membrane M.
Die Oeffnung O ist durch die Feder S, die aus Messing und Stahl zusammengelötet ist und
sich infolgedessen bei Temperaturänderungen krümmt, verschlossen. Unter der Membrane
M herrscht jetzt Luftüberdruck, wodurch dieselbe
den mit Spiralfedern versehenen Hebel F nach links
schiebt und dadurch das Hauptventil H abschliesst. Das
Rohr B, welches vom Regler zum Motor und zum Heizkörper
ventil führt, befindet sich nicht unter Druck, weil sein Inneres bei der
gekennzeichneten Stellung des Hauptventils H durch den
Spielraum, welcher durch die Spindel D und der
erweiterten Bohrung gebildet wird, mit der Atmosphäre in offener Verbindung steht.
So lange also das Zimmer kalt ist, steht das Rohr C,
der Raum A, die Membrane M, die Bohrung O unter Ueberdruck. In dem
Rohr B dagegen herrscht der Druck der Atmosphäre. Das
Hauptventil H und die Feder S verschliessen die entsprechenden Oeffnungen.
Ist nun das Zimmer warm genug geworden, so bewegt sich die Feder S nach links, die Bohrung O wird frei, der Luftüberdruck entweicht, die Feder N zieht durch die Hebelübersetzung F das Hauptventil H nach
links und lässt die Druckluft in das Rohr B eintreten.
Die Druckluft wirkt nun auf die Membrane des Heizkörperventiles (Fig. 1) ein und schliesst dasselbe.
Textabbildung Bd. 321, S. 699
Fig. 2.
Wird das Zimmer wieder kalt, so bewegt sich die Feder S
nach rechts, verschliesst die Oeffnung O. Die
Drucksteigerung unter der Membrane M beginnt, das
Hauptventil H wird durch die Membrane resp. den Hebel
F nach rechts gedrückt und dadurch schliesslich der
Schluss des Hauptventils H herbeigeführt. Die Leitung
B, das Heizkörperventil werden entlastet. Letzteres
öffnet sich durch die Federkraft. In diese Weise wiederholt sich das Spiel nach
Massgabe der Raumtemperatur. –
Der Regler soll so genau arbeiten, dass die gewünschte Temperatur um nicht mehr als
½° C überschritten und nur eben so viel unter diese sinkt.
Es sei noch bemerkt, dass der Kompressor gewöhnlich im Keller aufgestellt wird. Vom
Kompressor führen die Luftleitungen zu den Temperaturreglern und von diesen zu den
Membranventilen an den Heizkörpern. Der Kompressor braucht nur sehr geringe
Betriebskraft, für einen Regler kaum 1/500 PS. Für die Erzeugung des Luftdruckes verwendet
man bei kleineren Anlagen hydraulische Kompressoren, bei grösseren elektrische oder
Dampfkompressoren. Die Temperaturregler erhöhen die Kosten der Heizungs- und
Ventilationsanlage um durchschnittlich 8 v. H. derselben. Genauere Angaben über die
Kosten der Kompression der Luft sind nicht bekannt. Eine jährliche Revision der
Regler ist nötig, allerdings mehr zum Einstellen der Regler als zur Instandhaltung.
Im grossen und ganzen dürfte der Johnson-Regler den
oben angeführten Anforderungen entsprechen. Hiervon zeugt auch, dass dieser Regler
wie bereits erwähnt, in Amerika eine ganz bedeutende Verbreitung erfahren hat. Trotz
alledem konnte er sich in Deutschland keinen Eingang verschaffen. In der Schweiz ist
der Johnson-Regler einmal für das schweizerische
Bundeshaus in Bern durch Gebrüder Sulzer in Winterthur
in Anwendung gebracht worden.
Bei den älteren deutschen Reglern wird das Regulierventil durch die Ausdehnung einer
mit Membranen überspannten Kapsel geöffnet oder geschlossen. Die Kapsel enthält eine
Flüssigkeit, die unter atmosphärischem Druck bereits bei + 12° C siedet. Mittels
einer stellbaren Feder kann der Druck auf den Membranen so gesteigert werden, dass
der Siedepunkt z.B. bei + 17° C, der unteren Raumtemperaturgrenze, liegt. Bei 17°
ist das Ventil dann ganz offen, die Heizung geht mit vollnr Stärke vor sich. Bei
Wärmesteigerung schliesst das Ventil allmählich ab und bei 20° ist die Heizung
abgestellt.
Textabbildung Bd. 321, S. 699
Fig. 3.
Ein Vorzug des Apparats ist seine grosse Einfachheit. Die Genauigkeit der Wirkung
schwankt aber wie sich im Laufe des Betriebes herausstellte, mit dem schwankenden
Druck der Atmosphäre und als weiterer Mangel ist das Undichtwerden der Membranen zu
nennen. Eine weitere deutsche Bauart ist der Regler von Fritz
Kaeferle, Hannover.
Textabbildung Bd. 321, S. 700
Fig. 4.
Die Einrichtung besteht aus zwei Teilen: dem Elektrothermometer und dem
Elektroregulierventil. Ersteres ist ein Metallthermometer und besteht nach Fig. 3 im wesentlichen aus der Feder F, die auf dem Halter P
aufgeschraubt ist. Die Feder F ist aus zwei Metallen
mit möglichst rerschiedenen Ausdehnungswerten hergestellt und so befestigt, dass bei
wachsender Temperatur die Feder sich gegen den Kontakt C bewegt, bei sinkender Temperatur sich von dem Kontakt entfernt. Sobald
nun die Feder den Kontakt berührt, findet Stromschluss und hierdurch Abschluss des
Regulierventiles statt. Der Temperaturunterschied, bei welchem sich die Feder mit
genügendem Druck auf den Kontakt auflegt bezw. hinreichend von demselben entfernt,
um sicheren Stromschluss wie sichere Stromunterbrechung zu bewirken, beträgt kaum 1°
C, so dass die eingestellte Temperatur um nicht mehr als ½° C über- oder
unterschritten wird. Mittels der Stellschraube R, die
durch die Feder S1 mit
der Kontaktschraube C verbunden ist, kann der
Zwischenraum zwischen der Kontaktspitze und der Feder F verändert, d.h. die Temperatur eingestellt werden, bei welcher
Stromschluss und -Unterbrechung stattfinden oder das Heizkörperventil geöffnet oder
geschlossen werden soll. Der Halter P samt der Feder
F und der Kontaktschraube C ist in dem Gehäuse durch die Spiralfedern S,
S1, S2 schwingend befestigt, wodurch erreicht wird, dass
Erschütterungen den Stromschluss oder die Stromunterbrechung nicht beeinflussen.
Das unmittelbar an dem Heizkörper anzuschliessende Elektroregulierventil besteht
nicht, wie die gewöhnlichen Absperrventile aus einem Ventilkegel mit Regulierspindel
und Handgriff oder Handrad, sondern nach Fig. 4 aus
dem Doppelsitzventil a mit zwei Ventiltellern tt. Sobald sie sich auf die Durchgangsöffnungen
auflegen, vermag der in der Dampfleitung Dl befindliche
Dampf nicht in den Heizkörper zu strömen. Das Heben der Ventilteller wird an dem
Anker K durch den Elektromagneten M bewirkt, welcher mit dem beschriebenen
Elektrothermometer durch eine elektrische Leitung in Verbindung steht und dessen
Magnet erregt wird, so lange der Strom im Elektrothermometer geschlossen, d.h. so
lange, bis die eingestellte höchste Raumtemperatur erreicht ist. Dann entfernt sich
die Feder F (Fig. 3)
von dem Kontakt C, der Strom ist unterbrochen, der
Magnet M wird unmagnetisch und das Doppelventil fällt
auf die Ventilsitze zurück. Der Dampfzufluss zum Heizkörper hört wieder auf.
Soll der eine oder andere Heizkörper überhaupt nicht betrieben, d.h. der Raum nich0
geheizt werden, so zieht man den Stecker t des
Elektrothermometers aus der Oeffnung heraus, wodurch der Strom unterbrochen wird.
Der Standort des Elektrothermometers im Raume ist für sein gutes Wirken ziemlich
gleichgültig. Am besten wird es in Kopfhöhe und nicht zu nahe an dem Heizkörper und
bequem zugänglich angebracht.
Die Elektromagnete der Regulierventile sind für Wechsel- und Gleichstrom
eingerichtet. Der Stromverbrauch ist ganz gering. Er beträgt für die Heizperiode und
für den Heizkörper im Durchschnitt 0,75 M. Die Apparate dürfen an jedes öffentliche
Stromnetz angeschlossen werden.