Titel: | Die konstruktive Behandlung der Heissdampfrohrleitungen mit Berücksichtigung der Materialfrage. |
Autor: | A. Reichelt |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 676 |
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Die konstruktive Behandlung der
Heissdampfrohrleitungen mit Berücksichtigung der Materialfrage.
Von A. Reichelt, dipl.
Ing. in Halle a. Saale.
(Schluss von S. 662 d. Bd.)
Die konstruktive Behandlung der Heissdampfrohrleitungen mit
Berücksichtigung der Materialfrage.
b) Die gleitenden
Ausgleicher.
Die gleitenden Ausgleicher können nach der Art der Dichtung unterschieden werden
in Stopfbüchsenausgleicher mit Packungsdichtung und Dreh- und
Gelenkflanschenausgleicher mit eingeschliffenen Dichtungsflächen.
Die Stopfbüchsenausgleicher haben bei grosser Aufnahmefähigkeit geringen
Raumbedarf und gewähren den Vorteil, dass die Rohrachse nicht abgelenkt zu werden
braucht.
Es liegen jedoch ungünstige Betriebserfahrungen mit Stopfbüchsenausgleichern vor. Um
einen dampfdichten Abschluss zu erzielen, wird es notwendig, die Stopfbüchsenpackung
derart scharf anzuziehen, dass sie bremsend auf das Degenrohr wirkt, bei den hohen
Ueberhitzungstemperaturen brennt die Packung nun auch noch auf dem Degenrohr fest,
wodurch der Zweck der Einrichtung illusorisch wird, bis schliesslich unter grossen
achsialen Beanspruchungen der Rohre der gewaltsame Vorschub erfolgt, dann leidet
gewöhnlich die Dichtung Schaden und ein heftiges Blasen ist die Folge.
Um dem zu begegnen, muss man dazu greifen, die Packung weniger scharf anzuziehen und
dabei oft ein ständiges Blasen mit in Kauf nehmen. Die Stopfbüchse bedarf also einer
ständigen Wartung und häufigen Erneuerung der Packung.
Bessere Erfahrungen sind in der neuesten Zeit mit Drehflanschenkonstruktionen unter
Verwendung eingeschliffener Dichtungsflächen gemacht worden.
Die Dichtungsflächen können entweder eben sein (Drehflanschen) oder kugelförmig
(Gelenkflanschen). Im ersteren Falle ist nur eine Drehung um die Rohrachse möglich,
im zweiten Falle gestattet der Ausgleicher ausserdem beliebige Schrägstellungen der
Rohrachse innerhalb eines durch die Konstruktion der Kugelgelenke bedingten
Kegels.
Handelt es sich um höhere Ueberhitzungsgrade, so muss die sonst übliche
Bronzedichtung durch eine geeignete Nickellegierung ersetzt werden, da Bronze leicht
festbrennt. Das Einschleifen der Dichtungsflächen muss möglichst bei der
Betriebstemperatur erfolgen.
Textabbildung Bd. 321, S. 677
Fig. 11.
Fig. 11 zeigt einen Kugelgelenkausgleicher der
bekannten Rohrleitungsfirma Franz Seiffert & Co.,
Berlin. Mit einem Krümmer oder einem geraden Stutzen, dessen einer Schenkel
erweitert ist, ist ein hohlkugelartig ausgebildeter Stahlgussflansch starr
verbunden. In die Hohlkugel ist ein Nickelbronzesegment eingeschliffen und dieses
auf einem starkwandigen Rohr befestigt. Werden nun zwei solcher Kugelgelenkflanschen
durch das bereits erwähnte starkwandige Rohr, das sogenannte Zwischenrohr,
verbunden, so kann sich jeder Teil der Hauptleitung frei ausdehnen, wobei das
Zwischenrohr in den Kugelflächen gleitend verschiedene Schrägstellungen innerhalb
bestimmter, durch die Konstruktion bedingter Grenzlagen einnehmen wird. Die in Fig. 11 sichtbaren Federn haben den Zweck, ein
Absaugen des Kugelkörpers aus seinem Sitz infolge des durch das Abstellen der
Leitung eintretenden Vakuums zu verhindern.
Die Gangbarkeit des Ausgleichers ist eine sehr leichte, weil die Längenausdehnung der
Leitung und somit die Bewegung in den Kugeln bereits beim Anwärmen eintritt und die
Endstellung bereits erreicht ist, wenn der volle Dampfdruck auf den gleitenden
Flächen lastet.
Diese Kugelgelenkausgleicher sind bereits in zahlreichen Ausführungen im Betriebe und
sollen sich gut bewährt haben. Der bayrische Kesselrevisionsverein in München
hat übrigens in diesem Jahre eingehende Versuche mit Kugelgelenkausgleichern
angestellt, deren Ergebnissen mit Spannung entgegengesehen wird.
Textabbildung Bd. 321, S. 677
Fig. 12.
a Hauptleitung; b zu entlastender
Turbinenstutzen; c Ausdehnung des Rohres in Pfeilrichtung 9 mm; d Bewegung der
Turbine in Pfeilrichtung 11 mm; e Bewegung der Hauptleitung in Pfeilrichtung 90
mm.
Besonders geeignet sind die leicht beweglichen Kugelgelenkausgleicher für den
Anschluss von Dampfleitungen an Dampfturbinen, weil von den Konstrukteuren der
Dampfturbinen die Forderung gestellt wird, dass die Anschlüsse der Turbinen selbst
in keiner Weise belastet werden dürfen, vielmehr die Möglichkeit der freien
Ausdehnung der Turbine gewahrt bleiben muss. Fig. 12
zeigt einen solchen Anschluss wie er von Seiffert &
Co. für das Elektrizitätswerk Köln-Bonntor zur Ausführung gebracht
wurde.
Es war hier einmal darauf zu achten, dass die Bewegung der Hauptsammelleitung, aus
welcher der Dampf entnommen wird, keinen schädlichen Einfluss auf den
Turbinenanschluss ausüben konnte, ferner, dass der Turbine selbst eine freie
Bewegung von 11 mm senkrecht zur Achse der Hauptleitung gestattet war. Erfüllt
werden diese beiden Forderungen durch den Einbau von drei Kugelgelenkausgleichern,
deren Anordnung aus Fig. 12 hervorgeht. Es war
ferner darauf zu achten, dass die Ausdehnung des unmittelbar an den Turbinenstutzen
anschliessenden senkrechten Rohres von beträchtlicher Länge frei nach unten erfolgen
konnte, damit keine schädliche Belastung des Stutzens in dieser Richtung stattfand,
was dadurch erreicht wird, dass das an das Rohr anschliessende Gelenk durch eine
Hebelkonstruktion mit Gewicht ausbalanciert wurde. Die Anordnung ist so gewählt,
dass diese Unterstützung die Verschiebung der gesamten Anschlussleitung in der
Richtung der Turbinenbewegung noch begünstigt.
Um endlich die, wenn auch geringe Reibung, welche durch die Bewegung der
Gelenke entsteht, bezw. die hierzu erforderliche Kraft unwirksam auf das senkrechte
Anschlussrohr zu machen, wurde für dieses die Anbringung einer Führung nötig. Eine
Führungsschelle läuft in einem an dem Fundament befestigten Schlitten, der so
konstruiert ist, dass das Rohr mit der Schelle weder in der Richtung der Wand
angezogen, noch gegen dieselbe gedrückt werden kann, dagegen hat der Fuss der
Schelle den für die Bewegung der Turbine nötigen Spielraum im Schlitten, wie die
Schelle auch der senkrechten Ausdehnung des Rohres ohne weiteres zu folgen
vermag.
Als Material für die Rohrleitungen kommen beim Betriebe
mit gesättigtem Dampf: Schweisseisen, Flusseisen, Gusseisen, Stahlguss, Kupfer und
dessen Legierungen vor. Geht man zum Heissdampf über, so scheiden verschiedene
Materialien aus, weil sie den erhöhten Temperaturen nicht gewachsen sind.
In folgendem soll das Verhalten der in Frage kommenden Materialien bei der
Beanspruchung unter höheren Wärmegraden kurz besprochen werden.
Am meisten Verwendung findet Flusseisen, nachdem das Aufschweissen der Stutzen und
sonstige Schweissarbeiten erfahrenen Werken längst keine Schwierigkeiten mehr
verursacht. Die Zugfestigkeit des Flusseisens erleidet bis zu 300° keine Einbusse,
sie steigt sogar bis 300° etwas, um allerdings von da ab ziemlich rasch zu fallen,
beträgt aber bei 400° immer noch 80 v. H. von der Festigkeit bei gewöhnlicher
Temperatur. Anders verhält es sich mit der Zähigkeit, die in recht erheblichem Masse
von der Temperatur abhängig ist.
Bei der Verwendung von Schmiedeeisen bezw. Stahl für die Ausgleicher ist zu beachten,
dass wir bei einer Temperatur von 300° in den Bereich der sogenannten Blaubrüchigkeit eintrefen, das Material also unter
Verhältnissen verminderter Widerstandsfähigkeit beanspruchen. Es ist eine bekannte
Tatsache, die schon mancher Kesselschmied beim Umbördeln zu seinem Verdruss erfahren
hat, dass ihm das Blech einriss, wenn es zu weit abgekühlt war. Das Einreissen tritt
dann viel leichter ein, als wenn die Bearbeitung in kaltem Zustande vorgenommen
wird. Gleichsam als Warnung für den Arbeiter kann das Auftreten der blauen
Anlauffarbe gelten, die bei etwa 300° erscheint, vorausgesetzt natürlich, dass sie
nicht durch eine Glühspahnschicht verdeckt ist. In diesem Stadium hat dann
zweckmässiger Weise jede Bearbeitung zu unterbleiben.
Der Einfluss der Wärme auf die Festigkeitseigenschaften des Flusseisens ist von A. Martens (Mitteilungen aus den königlichen
technischen Versuchsanstalten zu Berlin, 1890) genauer erforscht worden. Die
Untersuchung erstreckte sich auf drei verschiedene Härtestufen, deren
Festigkeitseigenschaften bei gewöhnlicher Temperatur durch die folgende Tabelle
gekennzeichnet werden:
Zugfestigkeitin k/qcm
Dehnung in v. H.der Messlänge(Messlänge = 10 mm)
Querschnittsver-minderung in v. H.d. urspr.
Querschn.
Anlie-ferungs-zustand
geglüht
Anlie-ferungs-zustand
geglüht
Anlie-ferungs-zustand
geglüht
Härte-stufe
IIIIII
410048005280
384043704700
26,926,428,6
30,428,928,6
48,349,053,3
58,648,761,5
In Anwendung kamen folgende Wärmestufen;
– 20° + 20° 100° 200° 300° 400° 500° 600°.
Höhere Wärmegrade als 400° dürften in der Praxis für Konstruktionsteile, die Kräfte
aufzunehmen haben, kaum in Frage kommen.
Die Versuchsergebnisse sind in Fig. 13 zu
Schaulinien aufgetragen und zwar die Festigkeitseigenschaften als Funktion der
Wärmegrade.
Den am meisten charakteristischen Verlauf zeigt die Linie q der Querschnittsverminderungen.
Textabbildung Bd. 321, S. 678
Fig. 13.
Sofern der Grad der Einschnürung beim Bruch des Probestabes ein Mass für die
Zähigkeit darstellt, zeigt das Schaubild, dass die Zähigkeit mit zunehmender
Temperatur ausserordentlich rasch fällt, bis zu 300° um von da ab ebenso rasch
wieder anzusteigen. Wir stehen also bei 300° einem Zustande sehr verminderter
Zähigkeit gegenüber, den man eben in der Praxis als Blaubrüchigkeit bezeichnet.
Die Linie δ der Dehnungen bestätigt den Verlauf der
Kurve q, wenn auch nicht in so ausgesprochener Weise,
immerhin ist eine Zone verminderter Dehnbarkeit von 100° bis 300° deutlich
erkennbar.
Die Kurve σ der Zugfestigkeiten zeigt den
entgegengesetzten Verlauf, mit abnehmender Zähigkeit und Dehnbarkeit nimmt die
Zugfestigkeit zu, woraus hervorgeht, dass bei der Beurteilung der Güte eines
Materiales nicht die Zugfestigkeit allein zugrunde gelegt werden darf.
Die Blaubrüchigkeit ist nicht bei allen Flusseisensorten gleich stark ausgeprägt.
Daher erscheint es geboten, Rohrmaterial für höhere Wärmegrade bei der Abnahme auch
auf Blaubrüchigkeit zu prüfen, um solches Material, welches in besonderem Masse zur
Blaubrüchigkeit neigt, von der Verwendung auszuschliessen. Die Prüfung hätte sich
vornehmlich auf Schlagbiegeproben zu erstrecken, die meines Erachtens viel
geeigneter sind, die Sprödigkeit erkennen zu lassen, als Zugversuche, (vergl. A. Reichelt, Beurteilung der Homogenität und Zähigkeit
von Metallen, Giessereizeitung 1905.)
Gusseisen kommt für Heissdampfleitungen kaum noch in Frage, auch nicht für
Ventilgehäuse und dergleichen, weshalb auf das Verhalten des Gusseisens bei höheren
Wärmegraden hier nicht weiter eingegangen zu werden braucht.
Eine ausgedehnte Verwendung findet dagegen Stahlguss für komplizierte Teile, die sich
nicht in Schmiedeeisen herstellen lassen, wie Gehäuse für Absperrorgane, Gusstücke für
Kompensatoren, auch wohl Fassonstücke für die Rohrleitung, wie Stücke,
Krümmer und dergleichen, obwohl man im allgemeinen bestrebt sein wird, den Einbau
solcher Stücke zu vermeiden und Abzweigungen mit Hilfe von aufgeschweissten Stutzen
herzustellen, wodurch die Zahl der Flanschen vermindert, die Betriebssicherheit also
erhöht wird.
Ueber das Verhalten des Stahlgusses bei höheren Wärmegraden hat Rudeloff bereits im Jahre 1900 Versuche angestellt.
(Siehe Mitteilungen aus den königlichen technischen Versuchsanstalten 1900, Heft 6.)
Von Bach liegen Versuche aus den Jahren 1903 und 1904
vor (siehe Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Jahrgang 1903, S. 1762 und
Jahrgang 1904, S. 385), deren Ergebnisse zum Teil im Schaubild Fig. 14 graphisch dargestellt sind.
Textabbildung Bd. 321, S. 679
Fig. 14.
Danach verhalten sich die Festigkeitseigenschaften des Stahlgusses ähnlich wie die
des Flusseisens bei höheren Wärmegraden, nur dass die Maxima bezw. Minima bereits
bei 200° C eintreten. Sehr lehrreich ist die Gegenüberstellung zweier verschiedener
Stahlgussorten, die im Anlieferungszustande beinahe die gleichen
Festigkeitseigenschaften zeigen, bei höherer Temperatur jedoch sehr bedeutend von
einander abweichen. Betrachtet man wieder wie oben die Querschnittsverminderung als
Mass für die Zähigkeit, so beträgt die Verminderung der Zähigkeit bei 200° C beim
Material I 28,8 v. H., während die Zähigkeit des Materials II um 68,5 v. H.
herabgeht. Das Material II dürfte den Betriebsanforderungen keineswegs genügen. Die
Ergebnisse zeigen recht deutlich, wie wenig Aufschluss die im Anlieferungszustande
ausgeführten Versuche über das Verhalten und die Zuverlässigkeit des Materials im
Betriebe geben, wie falsch es im vorliegenden Falle gewesen wäre, die Auswahl auf
Grund der Abnahmeversuche zu treffen, da ein unerfahrener Beurteiler womöglich
das Material II gewählt haben würde auf Grund der etwas höheren Zugfestigkeit.
Obwohl guter zäher Stahlguss als durchaus zuverlässig im Betriebe bezeichnet werden
muss, so sollte doch bei der Auswahl sehr sorgfältig vorgegangen und möglichst auf
Grund einwandfreier Warmversuche entschieden werden.
Kupfer wurde früher vielfach für Rohrschleifen
verwendet, wobei man die hervorragende Fähigkeit des Kupfers bleibende
Formänderungen zu ertragen im Auge hatte. Konstruktiv richtiger ist es, den
Ausgleicher nicht bis zu bleibenden Formänderungen zu belasten, sondern ihn so zu
bemessen, dass die Bewegungen innerhalb des Bereiches der elastischen Federung vor
sich gehen, was allerdings zu grösseren Abmessungen führt. Der Betrag der
elastischen Federung ist für eine Rohrschleife von gegebenen Abmessungen für Kupfer
viel geringer als für Stahl, denn die Proportionalitätsgrenze liegt beim Kupfer viel
tiefer als bei Flusseisen. Nach den Ausführungen auf Seite 661 ist die
Zusammenbiegung der Schleife (die gesamte Leistungsfähigkeit)
2\,\delta=\frac{4\,\sigma_P\,T\,\alpha}{d\cdot l},
wobei σP diejenige
Höchstspannung bedeutet, die noch keine praktisch bedeutsamen bleibenden
Formänderungen hervorruft.
Material
Dehnungszahlα
Spannung an derProp.-Grenze σP
a . σ
Flusstahl
\frac{1}{2200000}
∞ 2500
\frac{1}{880}
Kupfer(ausgeglüht)
\frac{1}{1200000}
∞ 400
\frac{1}{3300}
Danach würde bei der kupfernen Schleife nur etwa ⅓ der grössten elastischen Federung
einer gleich bemessenen Stahlschleife als elastisch zu betrachten sein, während die
übrigen zwei Drittel bleibende Formänderungen zur Folge haben müssen.
Hs fragt sich nun inwieweit diese frühzeitig eintretenden (oft wiederholten)
bleibenden Formänderungen in der Lage sind, das an und für sich grosse
Arbeitsvermögen des Kupfers allmählich zu erschöpfen, und das ursprünglich weiche
und schmiegsame Material allmählich hart und spröde zu machen, so dass öfteres
Ausglühen des Kompensators erforderlich würde, wenn nicht Betriebsunfälle gezeitigt
werden sollen. Es bleibt allerdings dahingestellt, in welchem Masse dem Hartwerden
durch die schwache Glühwirkung vorgebeugt wird, die bereits zwischen 200 und 300°
eintritt.
Jedenfalls wird die Stahlschleife wegen ihrer rein elastischen Formänderungsarbeit
den Vorzug verdienen. Die Kupferschleife hat höchstens den Vorteil einer schwächeren
achsialen Belastung des Rohrstranges wegen des kleineren Wertes der Kraft P.
Nach Versuchen von Rudeloff verminderte sich die
Festigkeit bei 300° um 30 v. H. und bei 400° um 52 v. H. Das Franklin-Institut ermittelt eine Abnahme der Festigkeit um 34,3 v. H. bei
367° C.
Eine wesentliche Herabsetzung der Betriebssicherheit tritt ferner durch die Lötnaht
ein. Die Unzuverlässigkeit des Kupfers bei höheren Temperaturen hat leider vielfach
durch Unglücksfälle die Bestätigung der Praxis erfahren. Es sei an die
verhängnisvollen Rohrbrüche auf der „Brandenburg“ und der „Elbe“
erinnert, die den Tod vieler Menschen durch Verbrühung zur Folge hatten. Die
Kaiserliche Marine hat sich infolgedessen veranlasst gesehen, besondere
Sicherheitsmassregeln zu ergreifen, die in folgenden Bestimmungen zum Ausdruck
gelangten.
Gelötete Röhren sind für höhere Dampfspannungen
auszuschliessen (die Haltbarkeit solcher Röhren hängt vollständig von der Güte der
Lötung, also in hohem Masse von der Zuverlässigkeit der Kupferschmiede ab: Bei
ungeschickter Behandlung der zu lötenden Röhren im Feuer wird das neben der Naht
liegende Blech zu hoch erhitzt und dann die Widerstandsfähigkeit bedeutend
vermindert, namentlich nimmt die Dehnbarkeit des Materials ausserordentlich ab). Zu
den Leitungen für hochgespannte Dämpfe sind entweder auf die gewöhnliche Weise
gezogene oder aus Kupferblech hergestellte, mit Doppellaschen zusammengenietete
Röhren zur Verwendung zu bringen.
Sobald die gezogenen Rohre eine Lichtweite von 120 mm
und darüber erhalten sowie Dampf von 7 kg/qcm Ueberdruck und mehr Spannung zu leiten haben,
sind dieselben mit Stahldrahttauwerk von folgenden Abmessungen zu umwickeln:
Lichtweite des Rohres in mm
120/150
155/200
205/250
255/303
305/350
355/400
Umfang des Stahldrahtseilesin mm
7,5
10
12,5
15
17,5
20
Die Materialbeanspruchung des Kupferrohres soll in keinem Falle 200 kg/qcm
überschreiten. Bei den umwickelten Rohren ist die Festigkeit der Umwicklung ausser
Rechnung zu lassen. Die Stärke solcher Rohre muss demnach mindestens sein in cm:
\frac{p\cdot D}{400}
wo D die Lichtweite und p die Fressung bedeutet, doch soll sie nicht unter 4 mm
betragen, damit eine sichere Befestigung der Flanschen möglich wird. Nicht
umwickelte Kupferröhren sollen eine Wandstärke von wenigstens
\frac{p\cdot D}{400}+0,15\mbox{ cm}
erhalten.
Alle kupfernen Dampfzuleitungsröhren von 120 mm innerem Durchmesser und darüber,
welche Dampf von 7 kg/qcm Ueberdruck und mehr Spannung zu führen haben, sind mit aufgenieteten,
nicht aufgelöteten Flanschen zu versehen.
Für Wärmegrade über 200° kann Kupfer nicht mehr in Frage kommen. Dagegen haben sich
einige Legierungen des Kupfers z.B. Duranabronze gut bewährt, worüber auf die
Arbeiten Stribecks in der Zeitschrift des V. D. I.
verwiesen sei.
Nach den bisher vorliegenden Versuchswerten und Beobachtungen aus der Praxis gelangt
man zu dem Schlusse, dass das am meisten geeignete Material für
Heissdampfrohrleitungen, einschliesslich Krümmern und Federrohren, das Flusseisen
ist. Bei der Leistungsfähigkeit der modernen Schweissverfahren kann die Forderung
gestellt werden, dass auch die komplizierteren Teile, wie Sammelrohre mit vielen
Stutzen und dergleichen, soweit wie irgend möglich, in Flusseisen hergestellt
werden.
Für alle notwendigen Gusstücke ist Stahlguss zu verwenden, dessen Qualität nach
obigen Gesichtspunkten zu beurteilen ist. Die Dichtungsteile der Armaturen,
Kompensatoren und dergleichen sind in neuester Zeit mit gutem Erfolge in
Nickelbronze ausgeführt worden.
Was den Punkt 3 Dichtungsschwierigkeiten anbelangt, so wird derselbe Gegenstand einer
späteren Erörterung an dieser Stelle sein.