Titel: | Verfahren zur Herstellung von Handgriffen aus Draht. |
Autor: | Rudolf Hundhausen |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 542 |
Download: | XML |
Verfahren zur Herstellung von Handgriffen aus
Draht.
Von Rudolf Hundhausen,
Berlin-Halensee.
(Schluss von S. 318 d. Bd.)
Verfahren zur Herstellung von Handgriffen aus Draht.
Will man eine solche Verschmälerung der Schmalseiten des Griffes vermeiden, so
müsste man sich der eingangs besprochenen Herstellungsweise, die verstärkten Stellen
durch Zusammenstauchen des Drahtes in der Längsrichtung zu erzeugen, bedienen; man
kann aber unter Umständen auch ein anderes neues Verfahren anwenden, welches eine
weitere Ausbildung der vorliegenden Erfindung darstellt und im Nachstehenden
beschrieben werden soll an Hand der Fig. 29 bis 34.
Textabbildung Bd. 321, S. 542
Fig. 28.
Textabbildung Bd. 321, S. 542
Fig. 29.
Textabbildung Bd. 321, S. 542
Fig. 30.
Textabbildung Bd. 321, S. 542
Fig. 31.
Textabbildung Bd. 321, S. 542
Fig. 32.
Textabbildung Bd. 321, S. 542
Fig. 33.
Textabbildung Bd. 321, S. 542
Fig. 34.
In Fig. 28 (vergl. Fig.
35 oben rechts) ist ein gegossener Griff dargestellt, welcher sich von dem
nach Fig. 1 (vergl. Fig.
35 oben links) dadurch unterscheidet, dass er von dem wesentlich linearen
Verlaufe abweicht durch zwei unten seitwärts angebrachte Knäufe, aus welchen das
mittlere Stück sowohl wie die beiden seitlichen Schenkel des Griffes gewissermassen
herauswachsen.
Das folgende Verfahren gestattet nun, auch eine derartig eigentümliche Form
gegossener Griffe, welche von dem Charakter der Erzeugung aus Draht grundsätzlich
abzuweichen scheint, trotzdem aus Draht herzustellen.
Der auf Länge abgeschnittene gerade Draht nach Fig.
29, welcher an beiden Enden schlank konisch angefräst sein kann, wird
zunächst durch seitliche Prägung in die Form nach Fig.
30 gebracht, wobei die Stellen a und b die in den Nebenfiguren dargestellten Querschnitte
erhalten, welche ausgezeichnet sind durch eine im wesentlichen geradlinige
Begrenzung der oberen Seite; der Querschnitt a nach
Fig. 30 zeigt ausserdem eine kleine Vertiefung,
welche vorwiegend den Zweck hat, die kleine Warze auf der gegenüberliegenden Seite
kräftiger hervorzupressen. Der Uebergang von der geradlinigen (bezw. ebenen) zur
rundlichen Begrenzung des in dieser Weise vorgeprägten Drahtes kann allmählich
verlaufen, ist aber von keiner grossen Bedeutung deswegen, weil auch hier wieder
nachträglich eine Prägung der Ansichtsseiten erfolgt, wodurch die Profilierung im
wesentlichen bewirkt wird. Der vorgeprägte Draht, Fig.
30, wird nun zunächst nach Fig. 31 an den
Stellen, wo sich die beiden Warzen befinden, zusammengeknickt bezw. umgebogen und in
einem weiteren Arbeitsgange nach Fig. 32 an den
beiden Knickstellen fest zusammengepresst, so dass die beiden halbrunden
Querschnitte b nach Fig.
30 sich zu einem vollen Kreise zusammenschliessen, wie es bei Fig. 32 dargestellt ist. Es werden dann noch die
beiden Enden halbkreisförmig umgebogen nach Fig. 33,
und zum Schluss erfolgt eine Prägung der Ansichtsseiten, vermöge deren die fertige
Form nach Fig. 34 erzielt wird. Hierbei hat sich der
runde Querschnitt von Fig. 32 in den ovalen
Querschnitt nach Fig. 34 verwandelt, dessen Stärke
in der Schmalseite ungefähr mit dem Durchmesser des ursprünglichen Drahtes
übereinstimmt, während die Breite in der Ansichtsseite etwa doppelt so gross
ist.
Durch dieses Verfahren ist also gegenüber dem alten Verfahren nach Fig. 9–13 und 14, wie auch gegenüber
den neuen Verfahren nach Fig. 20–23 und 24–27 der
wesentliche Fortschritt erzielt worden, dass eine Verbreiterung des Drahtgriffes in
der Ansichtsseite nicht eine entsprechende Verschmälerung desselben in der
Schmalseite bedingt.
Ausserdem ist durch das zuletzt beschriebene Verfahren aber noch die Möglichkeit
geboten, ganz neuartige Muster aus Draht herzustellen, wie sie früher überhaupt nur
gegossen werden konnten (vgl. Fig. 28 = Fig. 35 oben rechts).
Diese Erfindung umfasst also zwei neue Verfahren zur Herstellung von Möbelgriffen und
dergleichen aus Draht, deren gemeinsames Kennzeichen darin besteht, dass die Prägung der Schmalseiten hier nicht dem Zwecke dient,
die Umrisskanten des Drahtgriffes in der Ansichtsseite zu erzeugen, sondern nur
dem Zwecke, den in altbekannter Weise (vgl. Fig. 9–14) zu prägenden Draht derart vorzubereiten, dass einzelne
Stellen des Griffes vor der zweiten Prägung schmäler sind als der ursprüngliche
Durchmesser des runden Drahtes und dass sie also auch nach der zweiten
Prägung noch schmäler ausfallen, als wenn sie die erste Prägung vorher nicht
erhalten hätten.
Während also nach dem Gegenstande der Patentschrift 144811 die in derselben zum
ersten Male bekannt gegebene Prägung in Richtung der Schmalseiten des Griffes dazu dienen sollte,
die Umrisskanten der Ansichtsseite fertig zu erzeugen, so dass die folgende, zu ihr
senkrechte Prägung nur eine oberflächliche Profilierung der Ansichtsseiten bewirken
sollte, trifft für das neue Verfahren ein wesentlich anderes Verhältnis zu, dass
nämlich jene Prägung in Richtung der Schmalseiten des Griffes hier durchaus nicht
dem angegebenen Zwecke dient, dem Drahte die endgültige
Form mit den gewünschten Umrisskanten der
Ansichtsseiten zu geben, sondern dass sie vielmehr nur
vorbereitend auf den Draht einwirkt, um ihn an einzelnen Stellen seitwärts
zusammenzupressen, d.h. ihn in der Ansichtsseite an
einzelnen Stellen zu verschmälern, ihn dagegen an keiner Stelle breiter zu machen. Letzterer Zweck einer
Verbreiterung und einer Bildung der endgültigen Umrisskanten des Drahtgriffes in der Ansichtsseite
soll dagegen nach wie vor durch die altbekannte Prägung nach Fig. 13 und 14 (vergl.
Fig. 35 unten) erzielt werden.
Textabbildung Bd. 321, S. 543
Fig. 35.
Gegenüber diesem an sich vorzüglich bewährten Verfahren bewirkt das neue Verfahren
zunächst, dass einzelne Stellen des Drahtgriffes in der Ansichtsseite schwächer gemacht und schärfer
eingekerbt werden können (vgl. Fig. 23 und 27 = Fig. 36 und 37), und
dass ausserdem durch Verdoppelung einzelne Stellen stärker gemacht werden können, ohne dass sie in der Schmalseite entsprechend
schwächer werden müssten (vgl. Fig. 34).
Es sei schliesslich nochmals darauf hingewiesen, dass durch die nacheinander
erfolgende Anwendung der beiden Prägungen nämlich infolge der Materialverdrängung,
welche die zweite Prägung verursacht, eigentümliche Wirkungen erzielt werden, und
dass z.B. bei dem Uebergange von Fig. 22 zu Fig. 23 die
einspringenden Winkel noch scharfkantiger werden, als sie bei der vorbereitenden
Prägung der Schmalseiten bereits gemacht wurden. Es ist dies zum Teil auf das
Fliessen des Metalls zurückzuführen, vermöge dessen beispielsweise bei dem
Uebergange von Fig. 12 zu Fig. 13 die
Krümmungsradien R bezw. r
der inneren Biegungen rechts und links unten bedeutend verkleinert werden. Während
aber dort noch die rundliche Form vorhanden blieb, verlor sich bei Fig. 22 und 23 die
kleine Rundung r' sogar vollständig zu einem spitzen
Winkel in r°, Hier findet sich also die bei dem Griffe
nach Fig.
27 in noch ausgiebiger Weise verwertete Wirkung der scharfen Einkerbungen,
welche den Griffen ihr typisches Aussehen verleihen, technisch klar erkennbar zum
ersten Male praktisch angewandt, und zwar verursacht durch die vorgängige Prägung
der Schmalseiten des Griffes nach Fig. 22 und 25.
Diese wirken nicht allein formändernd, sondern
gleichzeitig noch härtend auf das Metall, so dass
an den besonders stark zusammengepressten Stellen die dort gebildeten Einkerbungen
auch bei der zweiten Prägung (vgl. Fig. 23 und 27) nicht
mehr verschwinden, sondern sogar noch schärfer hervortreten. Das Gleiche trifft
natürlich auch zu für das weiter ausgebildete Verfahren nach Fig. 29–34, wo
ausserdem die Verdoppelung jene neuartige Wirkung noch deutlicher in die Erscheinung
treten lässt.
Ein wesentlicher Unterschied gegossener Griffe gegenüber den aus Draht gepressten
„gussformähnlichen“ Griffen wird aber immer bestehen bleiben; er dürfte
nämlich darin vorwiegend zu erblicken sein, dass erstere erhebliche Verstärkungen in
der Ansichtsseite aufweisen, ohne an diesen Stellen in der Schmalseite schwächer zu
sein; vgl. beispielsweise den in seinem mittleren wulstigen Teil rund zu denkenden
Griff nach Fig. 1 wie auch den nach Fig. 28. Derartige Wirkungen lassen sich aber bei der
Herstellung der Griffe aus Draht nicht durch seitliche Pressung allein erzielen; sie würden vielmehr
ohne die an Hand der Fig. 4–8 besprochene Stauchung des Drahtes in seiner Längsrichtung schwerlich überhaupt herzustellen sein. Da ein solches
Verfahren aber zu umständlich und kostspielig ausfallen würde, so wird die
Herstellung der Griffe aus Draht stets an gewisse, durch diese Technik bedingte
Formen gebunden bleiben, so dass die Bezeichnung „gussformähnlich“ nur in beschränktem Sinne Geltung haben
kann.
Schliesslich sei noch an Hand der Fig. 36 und 37, welche ebenfalls photographische Aufnahmen von
Naturmustern darstellen, die wesentliche Eigentümlichkeit des Verfahrens zur
Herstellung der Griffe nach Fig. 20–23 und der
Griffe nach Fig.
24–27, sowie die technische oder technologische Gleichwertigkeit dieses Verfahrens im
einen und im andern Falle deutlich vor Augen geführt. Dass nämlich in jenem geradlinige, und in diesem geschweifte Formen erzeugt werden, kommt nur für die ästhetische Beurteilung der Muster in Betracht, ist
also technisch gleichgültig.
Das nach der Patentschrift 144811 etwa wichtig erscheinende Merkmal der „Gussformähnlichkeit“ gibt keinen Anhalt für die technologische Beurteilung des Verfahrens. Zum Vergleiche sei auf die in
Fig. 35 abgebildeten vier Möbelgriffe
hingewiesen, deren beide oberen gegossen wurden und den
Fig. 1 und 28
entsprechen, während die beiden unteren, welche den Fig. 13 und 14
entsprechen, in der altbekannten Weise aus Draht
hergestellt und geprägt wurden.
Man kann gewiss auch diesen beiden Griffen eine gewisse „Gussformähnlichkeit“ nicht absprechen. – Worin eine solche im
Sinne jener Patentschrift zu erblicken sei, wurde indess oben an Hand der Nebenfigur
14c hervorgehoben: es sind die scharfen Einkerbungen, welche nur durch die Prägung
in Richtung der Schmalseiten hervorgebracht werden können und welche nach jenem
älteren, bloss auf die Ansichtsseiten wirkenden Präge verfahren ein nachträgliches
Ausschneiden der Umrisskanten erforderten. Letzteres ist bei der rechten Hälfte des
Griffes unten rechts in Fig. 35 vorgenommen worden
an den durch Pfeile bezeichneten Stellen, entsprechend der Fig. 14c. Zum
Vergleiche sei aber verwiesen auf die beiden ebenfalls durch Pfeile bezeichneten
Stellen bei dem Griffe links unten in Fig. 35, wobei
hervorgehoben werde, dass die dort sichtbaren scharfen Einkerbungen nicht durch Ausschneiden
entstanden, sondern durch das zum Zwecke des Biegens angewandte Prägen nach Fig. 10.
Hierbei fand – wenn auch vielleicht „unbeabsichtigterweise“, so doch
tatsächlich – damals schon ein Prägen in Richtung der Schmalseiten des Griffes statt
mit der hier deutlich sichtbaren Wirkung, scharfe Einkerbungen zu bilden, welche dem
Drahtgriffe mit seinen rundlichen Umrisskanten das eigentümliche, seine Herstellung
aus Draht verratende Aussehen nehmen und ihn „gussformähnlich“ erscheinen
lassen sollen. – Genau diese nämliche Wirkung aber, die man bei dem alten Verfahren
durch das Biegen nach Fig. 10 bis 12 bereits
unbeabsichtigt in geringem Masse erzielte, wurde
zum ersten Male bei dem Verfahren zur Herstellung des Griffes nach Fig. 36 in zielbewusster
Weise durch die Prägung des Drahtgriffes in Richtung seiner Schmalseiten
hervorgebracht.
Textabbildung Bd. 321, S. 544
Fig. 36.
Textabbildung Bd. 321, S. 544
Fig. 37.
Aus einem Vergleiche der Fig. 36 und 37 geht nun deutlich hervor, dass das
Herstellungsverfahren in beiden Fällen technisch
durchaus gleichwertig ist, wenn die Erzeugnisse auch
ästhetisch weit von einander verschieden sein mögen. Wesentlich ist nämlich nur die Formung der
Querschnitte, welche durch die beiden senkrecht zu einander
auf das Werkstück ausgeübten Prägungen bedingt
wird.
Die wichtigsten Querschnitte a und b, welche bereits in den Fig. 22, 26 und 27a und
b
zeichnerisch dargestellt wurden, sind hier unmittelbar an Naturmustern sichtbar
gemacht worden, welche an den bezeichneten Stellen mit der Laubsäge quer
durchschnitten wurden.
Die Figuren links zeigen die Teile nach der ersten Prägung, welche in
Richtung der Schmalseiten erfolgt, wobei eine beträchtliche
Querschnittsveränderung des ursprünglich runden Drahtes hervorgerufen wird. Die
Figuren rechts zeigen die in dieser Weise vorgeprägten
Teile, nachdem sie durch die zweite Prägung, welche
senkrecht zur ersteren in Richtung auf die
Ansichtsflächen erfolgt, fertig geprägt wurden.
Sowohl die oberen Seitenansichten der vorgeprägten und der fertigen Griffe, als
namentlich auch die Querschnitte unten bei a und b zeigen deutlich den Arbeitsvorgang:
Das Material wird förmlich geknetet kreuz und quer, um die gewünschte Gestalt zu
erhalten. Die erste Prägung soll aber hier nicht, wie bei dem Verfahren gemäss der Patentschrift
144811, dazu dienen, die in den Figuren links oben durch weisse Linien in dem
schwarzen Hintergrunde kenntlich gemachten Umrisskante des
fertigen Griffes zu erzeugen, so dass die zweite
Prägung nur noch eine oberflächliche
Profilierung zu bewirken hätte. Diese zweite Prägung nimmt vielmehr recht
wesentlich an der Bildung der Umrisskanten teil, genau wie bei dem älteren
Verfahren, wonach die beiden „gussformähnlichen“ Griffe unten in Fig. 35 hergestellt wurden. Die erste Prägung ergänzt hier die zweite nur und bereitet Ihre Wirkung vor In
der Weise, dass trotz des kräftig hervortretenden Musters beispielsweise an der
Stelle a in Fig. 36 rechts ein beinahe
kreisrunder Querschnitt wieder zum Vorschein kommt, während ohne die
Zwischenstufe nach Fig. 36 links eine bedeutend
grössere Breite entstehen würde, wie sie etwa der Griff in Fig. 35 links unten zeigt.