Titel: | Arbeitsdiagramme der Flachform-Maschinen. |
Autor: | August König |
Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, S. 523 |
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Arbeitsdiagramme der
Flachform-Maschinen.
Von August König,
Würzburg.
(Schluss von S. 502 d. Bd.)
Arbeitsdiagramme der Flachform-Maschinen.
2. Massenwirkungen des
Zylinders.
Die Mitnahme des Zylinders erfolgt in der Regel durch zwei seitlich am Karren
befestigte Zahnstangen, welche in entsprechend grosse und mit dem Zylinder
verschraubte Zahnräder eingreifen.
Dadurch, dass die Teilkreisdurchmesser dieser Zahnräder gleich dem äusseren
Zylinderdurchmesser sind, ist erreicht, dass Zylinderumfang und Karren in jedem
Moment genau gleiche Geschwindigkeit haben, welche Bedingung bei allen Maschinen mit
Kurbelbewegung (gleichgültig welchen Typus) unbedingt zutreffen muss. Es muss daher
auch die Beschleunigung in beiden Fällen dieselbe sein. (Ueber Antrieb des Zylinders
beim Hingang des Karrens siehe später.)
Also:
Umfangsgeschwindigkeit des Zylinders = Geschwindigkeit des
Karrens
v2 =
u . sin α = v1
und
Beschleunigung des Zylinders = Beschleunigung des Karrens
b_2=\frac{u^2}{r}\,\cos=b_1.
Der Beschleunigungsdruck P_{b_2} hängt von dem auf den Zylindermantel reduzierten
Gewicht Go ab. Hierfür gilt wieder:
P_{b_2}=M_C\cdot b_2=\frac{G_C}{g}\cdot b_2=\frac{G_C}{g}\cdot \frac{u^2}{r}\cdot \cos\,\alpha
und:
T_{b_2}=P_{b_2}\cdot \sin\,\alpha.
3. Massenwirkungen von Karren und
Zylinder.
Beim Hingang des Karrens, also während der Druckperiode,
treten die Massenwirkungen des Karrens und Zylinders gleichzeitig auf. Es ist also
hierfür:
P_b=P_{b_1}+P_{b_2}
Pb =
MK . b1
+ MC . b2
und da:
b_1=\frac{u^2}{r}\cdot \cos\,\alpha=b_2
so folgt:
P_b=(M_K+M_C)\cdot \frac{u^2}{r}\cdot \cos\,\alpha.
Analog:
T_b=T_{b_1}+T_{b_2}
T=P_{b_1}\cdot \sin\,\alpha+P_{b_2}\cdot \sin\,\alpha
T=(P_{b_1}+P_{b_2})\cdot \sin\,\alpha.
Beim Ruckgang des Karrens gelten dagegen folgende
Beziehungen:
P_b=P_{b_1}=M_K\cdot b_1
b_1=\frac{u^2}{r}\cdot \cos\,\alpha
T_b=T_{b_1}=P_{b_1}\cdot \sin\,\alpha.
Die graphische Darstellung dieser Ausdrücke ergibt, dass die Aenderung der
Beschleunigung b, wie auch der Beschleunigungsdrücke
Pb nach einer
geraden Linie erfolgt. Die Massenwirkung ist im Hubwechsel (α = 0° und 180°) am grössten und zwar bei zunehmender
Karrengeschwindigkeit von positiver und bei abnehmender Geschwindigkeit von
negativer Grösse. Errichtet man in den Endpunkten der Wegstrecke s Ordinaten von der Grösse + und – Pb, so zeigt die
Verbindungslinie den Verlauf der Beschleunigungsdrücke Pb (vergl. Fig. 9b). Diese Gerade
schneidet die Grundlinie genau in der Mitte des Weges s, in welchem Punkt demnach keine Massenwirkung mehr vorhanden ist, was
sich auch ohne weiteres aus der Formel ergibt; denn für α = 90° wird b = 0, daher auch Pb = 0.
Im gleichen Diagramm sind auch die den Beschleunigungsdrücken entsprechenden
Tangentialkräfte Tb für
verschiedene Kurbelstellungen eingezeichnet. Man sieht, dass die Kurve Tb dreimal durch Null
geht und zwar bei den Kurbelstellungen 0°, 90° und 180°. Analog beim Rückgang, nqr
mit dem Unterschied, dass hier die auftretenden Kräfte entsprechend kleiner
sind.
Trägt man die so enthaltenen Tangentialkräfte Tb über den wirklichen Kurbelweg (= 2rπ) auf, so erhält man
das Arbeitsdiagramm, wie es lediglich durch die Massenwirkungen der leer laufenden
Presse, aber unter Vernachlässigung der Reibungswiderstände, bedingt ist (vgl. Fig. 10).
c) Diagramm der Schnellpresse bei
Berücksichtigung der Reibung und der Massenwirkungen (Leerlauf der Maschine).
Das eigentliche Diagramm lässt sich nun in einfacher Weise konstruieren. Der zur
Bewegung des Karrens erforderliche Druck P ergibt sich
nämlich durch Addition der Kräfte Pr und Pb, also:
+ P = + Pb + Pr
bezw.
– P = – Pb + Pr.
Da die Reibungsdrücke Pr
für Hingang bezw. Rückgang als konstant angenommen werden, so braucht man im
Diagramm nur eine Parallelverschiebung der Linie Pb um Pr vornehmen, um den tatsächlichen Verlauf der
Karrenbewegungskräfte zu erhalten. Wie man aus dem Diagramm (vergl. Fig. 9 und 10), welches die inneren Arbeitsvorgänge einer Presse
am deutlichsten vor Augen führt, erkennt, sind jetzt die + und – Kräfte (T und P) für zugehörige
Kurbelstellungen nicht mehr gleich, wie es bei Vernachlässigung der Reibungsdrücke
Pr der Fall war.
§. 4. Arbeitsdiagramm bei belasteter
Maschine.
Wird die Maschine unter Druck gesetzt, der Zylinder also
auf Pressung gestellt, so erhöht sich dadurch
lediglich die Reibung, während die Massenwirkungen ungeändert bleiben. Da ferner bei
den einfachen Maschinen im allgemeinen nur beim Hingang des Karrens gedruckt wird,
so gilt das für den Rückgang gezeichnete Leerlaufsdiagramm ohne weitere
Einschränkung. Bei belasteter Maschine müssen dagegen beim Hingang die infolge der
Zylinderpressung vermehrten Reibungsdrücke berücksichtigt werden. Der Einfluss im
Diagramm ist, wie an Hand von Versuchen noch nachgewiesen werden soll,
verhältnismässig gering, was damit zu begründen ist, dass die auftretenden
Beschleunigungsdrücke wesentlich höher sind wie die Reibungsdrücke. Der Charakter der
Kurven bleibt sonach erhalten. Das Diagramm der Tangentialkräfte würde beim Hingang
allerdings eine kleine Verschiebung erfahren, jedoch ist der Unterschied gegenüber
der leerlaufenden Presse so klein, dass für die weitere Betrachtung, namentlich für
die Berechnung des Schwungrades, keine Rücksicht darauf genommen zu werden braucht.
Dabei ist ferner zu beachten, dass der Druck nur auf einem Karrenweg gleich der
Länge der Satzform erfolgt (etwa ½ Weglänge des Karrens), worin auch zum Teil der
Grund liegt, weshalb die maximal auftretenden Tangentialkräfte nur unwesentlich
höher werden. Die Aufzeichnung des Diagramms fördert jedoch keine neuen
Gesichtspunkte zu Tage, so dass hierauf nicht weiter eingegangen werden soll. Wie
man aus den theoretisch ermittelten Arbeitsdiagrammen erkennt, ist der
Kraftverbrauch der Presse während einer Kurbelumdrehung ein sehr wechselnder. Die
Verwendung von Schwungrädern ist daher unerlässlich.
§. 5. Schwungradberechnung.
Dem Schwungrad fällt die Aufgabe zu, den während einer Kurbelumdrehung erforderlichen
ungleichen Kraftbedarf der Presse auszugleichen und damit einen ruhigen Gang der
Maschine zu erzielen. Es ist dies namentlich bei elektrischem Einzelantrieb sehr wichtig, da infolge der Massenwirkungen
und den damit verbundenen Kraftänderungen derartig starke Stromschwankungen im Motor
auftreten, dass nicht selten dadurch die Sicherheit des ganzen Betriebes
beeinträchtigt wird.
a) Berechnung des
Schwungradgewichts aus dem Arbeitsdiagramm.
Für die Berechnung des Schwungrades ist es zunächst nötig, die mittlere
Tangentialkraft Tm
zu bestimmen (vergl. Fig. 11a–c). Zu
diesem Zweck verwandelt man das bereits ermittelte Arbeitsdiagramm in ein
inhaltgleiches Rechteck, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass die
unterhalb der Grundlinie 00 liegenden Flächen negative Arbeit vorstellen und
daher von der gesamten Arbeitsfläche subtrahiert werden müssen.
Aus dem so erhaltenen Diagramm folgt, dass von a bis
b sowie von c bis
d das Schwungrad Arbeit an die Maschine
abzugeben hat, während anderseits von b bis c und von d bis a wieder Arbeit vom Schwungrad aufgenommen wird.
Die über der Linie 0'0' liegenden Flächen bedeuten sonach eine Arbeitserhöhung
des Motors und die unter jener Linie liegenden Flächen dagegen eine
Arbeitsverminderung des Motors. In einem Fall würde sonach der Antriebmotor zu
hoch und im anderen Fall zu schwach beansprucht werden. Das Schwungrad hat daher
auch den Zweck, diese Ungleichheit in der Beanspruchung des Motors,
hervorgerufen durch die wechselnde Arbeitsweise der Presse, wieder
auszugleichen.
Werden nun die über und unter der Linie 0'0' liegenden Flächen mit F1, F2, F3 und F4 bezeichnet, so
muss nach Voraussetzung sein:
\Sigma\,F=0
bezw.
F1+ F3= F2+ F4.
Um einen möglichst vollkommenen Ausgleich der in der Maschine auftretenden
ungleichen Kräftewirkungen herbeizuführen, wird man vorteilhaft für die
Berechnung des Schwungrades die grösste Arbeitsfläche zugrunde legen.
Textabbildung Bd. 321, S. 524
Berechnung des Schwungradgewichtes aus dem Arbeitsdiagramm.
Bei Flachdruckmaschinen fällt nun immer die der Druckperiode entsprechende Fläche
F1 am grössten
aus. Der Inhalt dieser Fläche ergibt sich aus dem Diagramm. Ist z.B. der
Längenmasstab in der Zeichnung so gewählt, dass entspricht:
1 cm = x Meter
und der Kräftemasstab derart, dass entspricht:
1 cm = y kg,
so muss sein:
1 qcm = (x . y) mkg.
Da 1 qcm des Diagramms einer Arbeit von (x . y) mkg gleichkommt, so muss demnach
die fragl. Fläche von F1 qcm einer Gesamtarbeit entsprechen von:
A1= F1 . (x . y)
mkg.
Die vom Schwungrad während der Arbeitsperiode an die Maschine abzugebende Arbeit
muss nun der Voraussetzung entsprechend von gleicher Grösse sein wie die aus der
Fläche F1 sich
ergebende Arbeit. Der Zusammenhang zwischen beiden Arbeitsgrössen ist nun
folgender:
Da die Arbeitsabgabe vom Schwungrad an die Maschine (von a–b) nur unter entsprechender Geschwindigkeitsabnahme erfolgen kann,
so muss demnach die Geschwindigkeit von einem Maximum bei a' bis zu einem Minimum bei b' abnehmen. Von b–c wird dagegen Arbeit vom Motor an das Schwungrad
abgegeben, was mit einer Geschwindigkeitsvermehrung verbunden ist. Die
Geschwindigkeit nimmt daher von b'–c' wieder zu und erreicht in c' selbst wieder ein Maximum.
Die Geschwindigkeit schwankt sonach zwischen umax und umin, wobei unter u wie früher die Umfangsgeschwindigkeit der Kurbel
verstanden sein soll. Die Differenz zwischen umax und umin gibt zugleich ein Mass für die
Ungleichmässigkeit des Ganges der Maschine. Je grösser diese Differenz ist,
desto grösser ist auch die Ungleichförmigkeit der Bewegung. Bezeichnet man mit
M die auf den Kurbelradius reduzierte Masse des
Schwungrades, so ist die von demselben geleistete Arbeit gegeben durch:
A_1=M\cdot \frac{{u^2}_{\mbox{max}}-{u^2}_{\mbox{min}}}{2}
Für die mittlere Umfangsgeschwindigkeit u der Kurbel
kann nun mit grösser Annäherung gesetzt werden:
u=\frac{u_{\mbox{max}}+u_{\mbox{min}}}{2}
Die Differenz (Δu) von umax und umin wird in der Regel vorgeschrieben
und liegt je nach den Betriebsverhältnissen in bestimmten Grenzen. Das
Verhältnis von Δu zu u
bezeichnet man ferner als den Ungleichförmigkeitsgrad δ. Es ist also:
\delta=\frac{\Delta\,u}{u}=\frac{u_{\mbox{max}}-u_{\mbox{min}}}{u}
Durch Multiplikation beider Beziehungen (für u und
δ) erhält man nun:
u^2=\frac{{u^2}_{\mbox{max}}-{u^2}_{\mbox{min}}}{2\,\delta}
oder
u^2\cdot \delta=\frac{{u^2}_{\mbox{max}}-{u^2}_{\mbox{min}}}{2}
Die vom Schwungrad geleistete Arbeit ist demnach:
A1= M . u2 . δ,
welche mit der aus der Fläche F1 berechneten Arbeit identisch sein
muss. Für die Berechnung des Schwungrades gilt sonach folgende wichtige
Formel:
A1= M . u2 . δ = F1 . (x . y).
Die Grösse der erforderlichen Schwungmasse M ergibt
sich damit zu:
M=\frac{A_1}{u^2\cdot \delta}=\frac{F_1\cdot x\cdot y}{u^2\cdot \delta}
und das Schwungradgewicht Gr am Kurbelradius r:
G
r
= M . g.
Würde man die Masse M am Kurbelradius r selbst anbringen, so erhielte man praktisch
unausführbare Verhältnisse. Man legt daher die so berechnete Schwungradmasse
weiter hinaus und erhält damit wesentlich kleinere Gewichte.
Bedeutet M0 die
Masse und u0 die
Geschwindigkeit am Radius R0, so besteht nun
folgende Beziehung zwischen diesen und den bereits berechneten Grössen M und u:
M0
: M = u2 : u02
= r2 : R02,
somit:
M_0=M\cdot \frac{u^2}{{u_0}^2}=M\cdot \frac{r^2}{{R_0}^2}
bezw.
G_0=G_r\cdot \frac{u^2}{{u_0}^2}=G_r\cdot \frac{r^2}{{R_0}^2}.
Von dem Gewicht G0
braucht jedoch wegen der Vermehrung des Trägheitsmomentes des Schwungrades durch
dessen Arme nur etwa das 0,9fache berücksichtigt werden, so dass sich als
auszuführendes Gewicht G1 des Schwungringes ergibt:
G1= 0,9G0.
Für gegebene Betriebsverhältnisse einer Maschine lässt sich sonach das
erforderliche Gewicht des Schwungrades an Hand des vorher ermittelten
Arbeitsdiagrammes ohne Schwierigkeiten berechnen.
b. Einfluss des
Uebersetzungsverhältnisses auf das Gewicht des Schwungrades.
Bei Schnellpressen muss wegen der geringen Umdrehungszahl der Kurbelwelle ein
Vorgelege angebracht werden. Erst dadurch ist die Möglichkeit gegeben, die
Maschine von einer Transmission aus oder mittels eines Elektromotors antreiben
zu können. Man wird ausserdem das Schwungrad nicht auf die Kurbelwelle selbst,
sondern gleich auf die Vorgelegewelle setzen, wodurch eine weitere Reduktion des
Schwungradgewichtes erzielt wird.
Es soll nun eine einfache Beziehung abgeleitet werden, nach welcher für ein
beliebig gewähltes Uebersetzungsverhältnis η das
zugehörige Schwungradgewicht berechnet werden kann.
Ist G0 das Gewicht
des Schwungrades auf der Kurbelwelle und Gx jenes auf der Vorgelegewelle, so ist:
G_x=G_0\cdot \frac{{u_0}^2}{{u_x}^2}
Wenn die Tourenzahl der Kurbelwelle gleich n0 ist, so muss bei einem Uebersetzungsverhältnis
von:
η = 1 : x
die Tourenzahl der Antriebwelle sein:
nx = x . n0.
Ferner ist die Geschwindigkeit u0 des Schwerpunktes des Kranzquerschnittes des
Schwungrades (vom Radius R0) auf der Kurbelwelle:
u_0=\frac{2\,R_0\cdot \pi\cdot n_0}{60}=c_0\cdot n_0,
somit jene bei Verwendung eines Vorgeleges
entsprechend:
ux
= c0 . nx
= c0 . x . n0.
Damit geht die Formel für Gx über in:
G_x=G_0\cdot \frac{{n_0}^2}{x^2\cdot {n_0}^2}=G_0\,\left(\frac{1}{x}\right)^2
oder
Gx
= η2 . G0.
Kennt man sonach das Gewicht des Schwungrades auf der Kurbelwelle, so kann man
nach dieser einfachen Formel ohne weiteres das Gewicht bei Zugrundelegung irgend
eines Uebersetzungsverhältnisses berechnen.
Wie ändert sich ferner das Gewicht G1 eines Schwungrades, wenn von einem gegebenen
Uebersetzungsverhältnis η1 auf ein beliebig anderes (η2) übergegangen werden soll?
Hierfür gilt folgende Formel, welche sich in analoger Weise ableiten lässt:
G_2=G_1\cdot \frac{{\eta_2}^2}{{\eta_1}^2}
c) Einfluss der Tourenzahl der
Presse auf die lebendige Kraft des Schwungrades.
Da Schnellpressen bei eintretenden Betriebsstörungen sehr rasch angehalten werden
müssen, so ist auf die Berechnung der Schwungradbremsen ganz besondere Sorgfalt zu
verwenden. Um zu erkennen, wie sich die durch Anziehen der Bremsklötze in
Reibungsarbeit umgesetzte Energie eines Schwungrades mit der Produktion der
Presse bezw. mit der Tourenzahl der Antriebwelle ändert, sei auch hierauf kurz
eingegangen.
Bekanntlich ist die Energie eines Schwungrades gegeben durch:
E = ½M0u02,
wobei M0 und u0 die bereits angegebene Bedeutung haben.
Ferner kann, wie unter b abgeleitet wurde, gesetzt werden:
u0
= c0 . n0,
sowie
u02 = c02
. n02 = c1 . n02.
Damit geht der Ausdruck für E über in:
E = ½M0 . c1 . n02.
Da ferner M0 als
konstante Grösse zu betrachten ist, so erhält man schliesslich:
E = C0 . n02,
d.h. die Energie des Schwungrades ändert sich mit dem
Quadrate der Tourenzahl.
Die Abhängigkeit des Schwungradgewichtes vom Uebersetzungsverhältnis:
G =f(η),
sowie die Abhängigkeit der Energie des Schwungrades von
der Tourenzahl der Presse:
E = f(n0),
lässt sich in sehr übersichtlicher Weise auf graphischem
Wege verfolgen und sei an dieser Stelle auf die späteren Fig. 17 und 18
hingewiesen, wobei für die Aufstellung der Diagramme ein praktisches Beispiel
zugrunde gelegt wurde.
§ 6. Abhängigkeit der
Beschleunigungsdrücke und Tangentialkräfte von der Geschwindigkeit der
Presse.
Dass die Massenwirkungen mit zunehmender Geschwindigkeit der Presse immer grösser
werden, erkennt man ohne weiteres aus den bereits abgeleiteten Formeln für b, Pb und Tb. Es dürfte jedoch
zweckmässig sein, diese Ausdrücke insofern zu vereinfachen, als die unveränderlichen
Grössen als Konstanten eingeführt werden sollen.
Es war:
b_1=b_2=\frac{u^2}{r}\cdot \cos\,\alpha,
wobei b1 bezw. b2
die Beschleunigung des Karrens bezw. Zylinders, u die
Umfangsgeschwindigkeit der Kurbel und r deren Radius
bedeutet. Nun ist aber:
\frac{u^2}{r}=c\cdot n^2
somit:
b1 =
b2 = c . n2 . cos α,
d.h. die Beschleunigungen b1 und b2 sind nur von der Tourenzahl der Presse abhängig,
und zwar nimmt die Beschleunigung im Quadrate mit der Tourenzahl zu.
Für den Hingang des Karrens ist ferner:
Pb= M1 . b1 + M2 . b2.
Da M1 und M2
konstante Grössen vorstellen, so kann man auch setzen:
M1 .
c= C1
und
M2 .
c = C2,
somit:
Pb =
(C1 + C2)n2 . cos α.
Für den Ruckgang des Karrens:
Pb =
C1 . n2 . cos α.
Die Tangentialkräfte Tb
ergeben sich durch Multiplikation mit Sinus α und
werden am einfachsten graphisch ermittelt.
In Fig. 19 und 20
sind die Beschleunigungsdrücke sowie die Tangentialkräfte (Kräfte- und
Arbeitsdiagramm) für verschiedene Geschwindigkeiten der Presse an Hand eines
praktischen Beispiels angegeben. Die beiden Diagramme lassen deutlich erkennen, wie
sich die Massenwirkungen von Karren und Zylinder während einer Kurbelumdrehung bei
verschiedener Beanspruchung (Produktion) der Presse ändern.
§. 7. Beeinflussung des Kräfte- und
Arbeitsdiagramms bei endlicher Länge der Schubstange.
Bisher wurde angenommen, dass die Schubstange unendlich lang sei. Dadurch
vereinfachte sich die Ableitung der Formeln wesentlich. Um nun zu erkennen, ob für
die theoretische Untersuchung von Schnellpressen die endliche Länge der Schubstange
Berücksichtigung finden muss, oder ob mit unendlicher Länge derselben gerechnet
werden kann, soll im Folgenden der Einfluss der Stangenlänge näher untersucht
werden.
Wie bereits erwähnt, ändert sich die Geschwindigkeit des Karrens bei unendlicher Stangenlänge dem Sinusgesetz
entsprechend.
Also:
v1= u . sin α.
Ferner war:
b_1=\frac{u^2}{r}\cdot \cos\,\alpha
Bei den Kreisbewegungsmaschinen gelten diese Beziehungen auch für endliche
Länge der Karrenstange, weshalb die angestellten theoretischen Betrachtungen
für diese Maschinenart ohne weiteres Anwendung finden können.
Bei endlicher Stangenlänge lautet dagegen die durch
Differentiation des Karrenweges
s'=r\cdot \left[1-\cos\,\alpha\,\pm\,1/2\cdot \frac{r}{l}\cdot \sin^2\,\alpha\right]
sich ergebende Geschwindigkeit des Karrens:
v'_1=\frac{d\,s'}{d\,t}
somit:
v'_1=u\cdot \left[\sin\,\alpha+1/2\,\frac{r}{l}\cdot \sin\,2\,\alpha\right]
Damit ist auch die Beschleunigung bekannt, denn es ist:
b'_1=\frac{d\,v'_1}{d\,t}
oder
b'_1=\frac{u^2}{r}\,\left[\cos\,\alpha+\frac{r}{l}\cdot \cos\,2\,\alpha\right],
wobei r : l das Verhältnis des Kurbelradius zur Stangenlänge bedeutet (bei
Schnellpressen in der Regel 1 : 3, seltener 1 : 4).
Für α = 0° (Karrentotlage) wird sonach:
{b'^0}_1=\frac{u^2}{r}\cdot \left[l+\frac{r}{l}\right],
bezw.
{b'_1}^0=\frac{u^2}{r}+\frac{u^2}{r}\,\left[\frac{r}{l}\right],
oder
{b'_1}^0={b_1}^0+{b_1}^0\cdot \left[\frac{r}{l}\right].
Bezeichnet man das sog. Korrektionsglied mit k,
also:
{b_1}^0\cdot \frac{r}{l}=k=\left[\frac{1}{3}\mbox{ bezw. }\frac{1}{4}\right]\cdot {b_1}^0,
so erhält man für folgende Kurbelstellungen die angegebenen
Beschleunigungen:
α = 0°
{b'_1}^0={b_1}^0+k
α = 30°
{b'_1}^{30}={b_1}^{30}+\frac{k}{2}
α = 60°
{b'_1}^{60}={b_1}^{60}-\frac{k}{2}
α = 90°
{b'_1}^{90}={b_1}^{90}-k
α = 120°
{b'_1}^{120}={b_1}^{120}-\frac{k}{2}
α = 150°
{b'_1}^{150}={b_1}^{150}+\frac{k}{2}
α = 180°
{b'_1}^{180}={b_1}^{180}+k
Die Beschleunigung bezw. die dadurch bedingten Drücke sind sonach bei endlicher
Stangenlänge nicht unwesentlich verschieden gegenüber jenen bei unendlicher Länge
der Schubstange,
Das Korrektionsglied k hängt vom Verhältnis r : l ab. In der einen Totlage (α = 0°) ist z.B. der Beschleunigungsdruck um ⅓ bezw. ¼ des Druckes grösser
als bei unendlicher Stangenlänge, in der anderen Totlage dagegen um denselben Betrag
kleiner. Man erkennt hieraus, dass sich bei Berücksichtigung der endlichen
Schubstangenlänge das Kräftediagramm ziemlich ändern wird. Konstruiert man die
Kurve, nach welcher nun die Beschleunigungsdrücke verlaufen, so erhält man eine
Parabel statt der geraden Linie wie bei l = ∞, wobei
die Abweichungen nicht unbedeutend sind.
Ermittelt man ferner das Tangentialdruckdiagramm, so zeigt sich jedoch, dass die
maximal auftretenden Kräfte in beiden Fällen nur wenig verschieden sind und der
durch die endliche Stangenlänge bedingte Unterschied vielmehr in einer seitlichen
Verschiebung der Diagramme zu suchen ist. Das Diagramm selbst lässt sich analoger
Weise wie vorher aufzeichnen, bietet aber durchaus nichts Neues, um näher darauf
eingehen zu müssen. Auch für die Berechnung des Schwungrades kommt die Beeinflussung
des Diagramms nicht in Betracht, da die zum vollen Ausgleich der Maschine verwendete
Schwungmasse ohnedies viel grösser ausfällt (wie an Hand eines Beispiels
nachgewiesen werden soll), als sie in Wirklichkeit ausgeführt werden kann.
§. 8. Kompensierung der
Beschleunigungsdrücke durch Luftpuffer.
Es liegt nahe, die Massen Wirkungen statt durch Schwungräder durch Anwendung von Luftpuffern zu kompensieren. Es dürfte daher noch von
Interesse sein, die theoretischen Untersuchungen auch auf diesen Fall zu
erstrecken.
Bei Voraussetzung unendlich langer Stange und reibungslosem Zustand der Presse würden
die Beschleunigungsdrücke nach der Geraden + Pb, – Pb verlaufen (vergl. Fig.
12). Um diese Drücke zu kompensieren, müssen daher Luftpuffer vorgesehen
werden, welche durch Kompression bezw. Expansion der Luft die erforderlichen
Gegendrücke liefern. Um die Drücke Pb zu kompensieren, ist der Luftzylinder so zu
dimensionieren, dass z.B. der Beginn der Kompression in der Mitte des Weges (α = 90°) eintritt und am Ende des Hubes der auftretende
Höchstdruck + Pb
erreicht wird. Bei Voraussetzung isothermischer Kompression würde die
Kompressionslinie den gezeichneten Verlauf nehmen, wobei jedoch ganz beliebige
Verhältnisse in bezug auf Zylinderdimensionen angenommen worden sind. Bei Annahme
eines gewissen Höchstdruckes (etwa 3 Atm.) im Luftzylinder liessen sich jedoch die
Dimensionen desselben genau berechnen. Auf diese Verhältnisse soll aber hier nicht
weiter eingegangen werden, zumal im 2. Abschnitt bei den Zweitourenmaschinen
ausführliche theoretische Untersuchungen in dieser Hinsicht angestellt werden müssen
und sei an dieser Stelle bereits darauf verwiesen.
Textabbildung Bd. 321, S. 527
Fig. 12. Kompensierung der Beschleunigungsdrücke durch Luftpuffer.
Durch Subtraktion der Beschleunigungsdrücke und der Kompressionsdrücke ergeben sich
die restierenden Karrenbewegungsdrücke (P). Es ist also
in jedem Moment:
P = P
b
– J.
Ermittelt man nun die Tangentialdrücke T nach der
Formel:
T = P .
sin α
und trägt dieselben auf der Grundlinie r . π (= halber Kurbelumfang, da das Diagramm nur für den Rückgang
gezeichnet wurde) auf, so erhält man das Arbeitsdiagramm (Fig. 13). Die punktierte Linie stellt die Kurve der Tangentialkräfte Tb vor, wie sie ohne
Verwendung von Luftpuffern und ohne Schwungrad auftreten würden. Man erkennt
hieraus, dass mit Anbringung von Puffern eine unvollkommene Kompensation der Drücke
erreicht wird, bedingt durch die Geschwindigkeitsverhältnisse der Presse.
Textabbildung Bd. 321, S. 527
Fig. 13. Arbeitsdiagramm bei Verwendung von Luftpuffern.
Die Puffer müssten ausserdem sehr lang ausfallen, was für die
Unterbringung an der Maschine mit Schwierigkeiten verbunden sein würde.
Ferner lassen sich die Luftzylinder bei Eisenbahn- und Kreisbewegungsmaschinen
ohnedies sehr schlecht einbauen, so dass für diese Maschinengattung den Luftpuffern
nur eine sehr geringe Bedeutung beigemessen werden kann. Man wird daher am
einfachsten und zweckmässigsten ein Schwungrad verwenden, welchem man durch
entsprechende Wahl des Gewichtes und des Uebersetzungsverhältnisses (von Kurbelwelle
zur Vorgelegewelle) die Aufgabe überträgt, den infolge der starken Massenwirkungen
bedingten ungleichen Kraftbedarf zu regeln.
(Fortsetzung folgt.)