Titel: | Die Kraftmaschinen und Dampfkessel auf der Weltausstellung in Lüttich 1905. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 756 |
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Die Kraftmaschinen und Dampfkessel auf der
Weltausstellung in Lüttich 1905.
Von Fr. Freytag,
Chemnitz.
(Fortsetzung von S. 726 d. Bd.)
Die Kraftmaschinen und Dampfkessel auf der Weltausstellung in
Lüttich 1905.
10. Société anonyme des etablissements Fetu-Defize in
Lüttich.
Die Firma, welche den Bau von Otto-Motoren in der
Ausführung der Gasmotoren-Fabrik Deutz für Belgien in
Händen hat, brachte eine grössere Zahl Gas- und Erdölmotoren zur Ausstellung. Ueber
diese Motoren ist schonverschiedentlich berichtet worden (s. z.B. Mitteilungen des
Verfassers über: „Die Gaskraftmaschinen auf der II. Kraft- und
Arbeitsmaschinen-Ausstellung zu München 1898“ in D. p. J. 1899, Bd. 311, S. 37 u. ff). Seitdem haben diese Motoren zumeist
nur unwesentliche Verbesserungen erfahren.
Auch der Bau von Sauggasanlagen ist inzwischen von der Firma aufgenommen worden.
Fig. 59 zeigt eine derartige Anlage. Sie besteht aus
dem Generator A, dem Scrubber B und dem Reiniger P. Das Brennmaterial wird
zunächst in die mittels eines Deckels verschliesbare Büchse M geschüttet, um dann durch den geöffneten Hahn N und Trichter T in den zylindrischen
Ofenschacht zu fallen. Ueber dem letzteren befindet sich eine den Fülltrichter
umschliessende, mit Wasser gefüllte Verdampfungs-schale V, welche durch die strahlende Wärme der Brennstoffsäule und durch die
Hitze der abziehenden Verbrennungsgase geheizt wird.
Die Schale ist auf der einen durch den Stutzen F mit der
Atmosphäre verbunden, während sie auf der anderen durch eine Rohrleitung mit einem
Vorwärmer E in Verbindung steht.
Bei jedem Saughub des Motors tritt Luft von aussen in die Verdampfungsschale ein,
streicht über den heissen Wasserspiegel, reichert sich hier infolge Verdunstung
des Wassers mit Wasserdämpfen an und tritt samt diesen in den Vorwärmer, wo sie sich
in Berührung mit den heissen Wandungen des Gasabzugrohres G erwärmt, von da in einen den Feuerraum umgebenden Ueberhitzer C und schliesslich unter den Rost.
Textabbildung Bd. 320, S. 756
Fig. 59. Sauggasanlage der Société anonyme des etablissements Fetu-Deflze in
Lüttich.
Der Wasserspiegel in der Schale wird durch beständigen Wasserzufluss aus einer
Rohrleitung dauernd aufrecht erhalten; das überfliessende Wasser tritt durch ein
enges Rohr K in den Vorwärmer, von hier in den
Ueberhitzer und den Aschenkasten, wo ein Teil desselben verdampft und damit sowohl
zur weiteren Anreicherung der Luft mit Wasserdampf, als auch zur Kühlung des
Kessels beiträgt, während das nicht verdampfte Wasser durch ein in den Aschenkasten
einmündendes Rohr dem Sammelbehälter zufliesst. Das im oberen Teile des Generators
abgesaugte Gas strömt durch das inmitten des Vorwärmers angeordnete Rohr G und gibt an das dieses umspülende Gemisch von Luft
und Dampf bereits einen grossen Teil seiner Wärme ab, tritt sodann abgekühlt in den
unteren, mit Wasser angefüllten Teil des Scrubbers, um mitgeführten Kohlenstaub
abzulagern, und hierauf durch die nasse Kokssäule des Scrubbers, sowie – behufs
Entfernung teerhaltiger Beimengungen – durch einen Reiniger P in eine zweite Wasservorlage D,
schliesslich durch einen kleinen Gastopf R in die nach
dem Motor führende Leitung.
Der Reiniger besteht aus einem Gehäuse mit entsprechend angeordneten siebartigen
Scheiben, die von Wasser bespült werden.
Zum Ingangsetzen der Anlage dient ein Ventilator, der nach Oeffnen eines in die
Windleitung eingeschalteten Hahnes angelassen wird.
Behufs Reinigung der Gasrohre sind dieselben an den in betracht kommenden Stellen mit
durch Deckel verschlossenen Oeffnungen versehen.
11. Gasmotoren-Fabrik A.-G. Cöln-Ehrenfeld vorm. C. Schmitz
in Cöln-Ehrenfeld.
Es sind in der Maschinenhalle zwei Sauggasmotorenanlagen von 16 und 50 PS, ferner ein
3 PS-Motor, System Otto, für wahlfreien Leuchtgas- und
Benzinbetrieb mit anmontierter Wasserpumpe von 4 cbm Leistung zur Schau
gestellt.
Textabbildung Bd. 320, S. 757
Fig. 60. Gasmotor der A.-G. vorm. C. Schmitz in Cöln-Ehrenfeld.
Fig. 60 zeigt die äussere Ansicht der von der Firma
für Leistungen von 16 bis 300 PS gebauten Motoren. In den als Hohlrahmen
ausgebildeten, bis zum angesetzten Zylinderkopf vollständig auf dem Fundament
aufliegenden Lagerbock tritt die Luft an der Schwungradseite ein und wird durch
Zwischenschaltung eines Rohrkrümmers unmittelbar dem Mischventil des Zylinderkopfes
zugeführt.
Der aus Hartguss hergestellte Arbeitszylinder ist in den Lagerbock derart eingesetzt,
dass er sich bei eintretenden Erwärmungen frei ausdehnen kann.
Die aus Stahl gefertigte Kurbelwelle ruht in drei Lagern – den beiden
Rahmenlagern und einem Aussenlager. Sämtliche Lager haben Schalen aus Phosphorbronze
und Ringschmierung mit sichtbarem Oelstand.
Textabbildung Bd. 320, S. 757
Fig. 61. Steuerung zum Gasmotor der A.-G. vorm. C. Schmitz in
Cöln-Ehrenfeld.
Der Federregulator, Patent Hartung, verstellt, wie Fig. 61 erkennen lässt, je nach der Geschwindigkeit
der Maschine, mittels Winkelhebels usw., die in einer Stange gelagerte Regulierwelle
2 derart, dass der fest gelagerte, mittels
Rollenhebels von der Nockenscheibe S der Steuerwelle
betätigte Einströmhebel 1 mit einer grösseren oder
geringeren Hebellänge auf den ebenfalls fest gelagerten Druckhebel 3 wirkt, somit die auf gemeinschaftlicher Spindel
sitzenden Kegel des Gas- und Mischventils c bezw. c1 entsprechende
Hubbewegungen ausführen.
Dadurch wird erreicht, dass ein in der Zusammensetzung stets gleichbleibendes
Ladungsgemisch in grösserer oder geringerer Menge in den Zylinder eintritt.
Nach Lösen der Befestigungsschrauben a, a1 lässt sich das vereinigte Gas- und Mischventil
ohne weiteres aus dem Zylinderkopf herausnehmen.
Die Umdrehungszahlen des ausgellten 16 und 50 PS-Motors betragen normal 190 bezw. 200
i. d. Minute. Durch Einwirkung auf die Regulatorfeder kann die normale
Umdrehungszahl während des Betriebes um ± 5 v. H. verstellt werden.
Die Sauggasanlage besteht aus dem mit feuerfesten Steinen ausgekleideten Generator,
einem behufs Erwärmung der eingesaugten Luft und Mischung derselben mit Wasserdampf
dienenden Verdampfer und einem Reiniger, aus dem das von staubigen Bestandteilen
befreite und auf seine Verbrauchstemperatur abgekühlte Gas in ein Sammelgefäss,
hierauf in die anschliessende, zum Motor führende Leitung gelangt.
Textabbildung Bd. 320, S. 758
Fig. 62. Sauggasmotoren-Anlage der A.-G. vorm. Moritz Hille in Dresden.
12. Dresdner Gasmotoren-Fabrik, A.-G., vormals Moritz
Hille in Dresden.
Der liegend angeordnete Motor von 30 PS Nennleistung – bei 190 minutlichen
Umdrehungen – hat 358 mm Zylinderdurchmesser und 450 mm Hub; er ist mitsamt der zur
Erzeugung des Betriebsmittels dienenden Sauggasanlage in Fig. 62 dargestellt.
In den mit dem Wassermantel aus einem Stück gegossenen, in seiner ganzen Länge auf
dem Fundament aufruhenden Maschinenrahmen ist die aus Spezialguss hergestellte
Laufbüchse auswechselbar eingesetzt und, wie auch gleichzeitig der Ventilkopf,
mittels Schraubenbolzen am Rahmen befestigt.
Die Steuerung der übereinander liegenden Ventile für das Ladungsgemisch bezw. den
Austritt der Verbrennungsgase geschieht zwangläufig mittels Nocken einer durch
Schraubenräder von der Kurbelwelle aus angetriebenen Steuerwelle.
Zur Regelung der Geschwindigkeit dient ein Federregulator, der je eine Drosselklappe
im Gas- und Luftzuführungsrohr der Belastung des Motors entsprechend einstellt,
derart, dass beim Anwachsen der letzteren ein immer gasreicheres Gemisch in den
Zylinder tritt und umgekehrt. Bei plötzlicher Entlastung des Motors sperrt der
Regulator die Gaszufuhr ab und öffnet den Luftkanal vollständig, so dass der Motor
nicht durchgehen kann. Das Einstellen der Gas- und Luftventile geschieht mittels
Handräder und Spindeln.
Die Zündung erfolgt durch einen Magnet-Induktor mit verstärkten Magneten; die
Abreissvorrichtung ist zur Erzielung von Spätzündungen – beim Anlassen des Motors –
und von Frühzündungen – beim normalen Gange desselben – mittels Exzenters
verstellbar gemacht. Der Zündflansch, dessen Zündstift mittels Glimmer isoliert ist,
wird durch eine eigene Zweigleitung gekühlt, um ein Festbrennen des Abschlägers
sowie ein etwaiges Erglühen des letzteren und damit Selbstzündungen der Ladung
auszuschliessen. Ebenso ist auch das Auslassventil gekühlt und zu dem Zwecke dessen
Spindel durchbohrt, sowie der eigentliche Ventilkegel hohl gedreht, um das mittels
Rohr durch die Ventilspindel geleitete Kühlwasser durchströmen zu lassen.
Zur Verminderung des Kompressionsdruckes – beim Anlassen des Motors – ist die Rolle
des Auspuffhebels verschiebbar angeordnet, so dass sie in diesem Falle noch von
einem kleinen Hilfsnocken der Steuerwelle getroffen wird.
Das Anlassen selbst erfolgt durch Pressluft von 12 Atmosphären Spannung, die mittels
einer unmittelbar an der Maschinenkurbel angeschlossenen kleinen Luftpumpe mit
ausschaltbarem Kolben in einem Behälter aufgespeichert wird.
Ein von der Steuerwelle betätigtes Anlassventil bringt den Luftbehälter mit dem
Arbeitszylinder in Verbindung und damit den Motor in Gang.
Die Hauptlager besitzen Ringschmierung, während der Zylinder durch eine Oelpumpe
geschmiert wird; der Kurbelzapfen wird von einem feststehenden, während des
Betriebes zugänglichen Gefässe aus mittels eines Zentrifugalschmierringes geölt.
Ausser den beiden Lagern des Maschinengestelles besitzt der Motor noch ein drittes
Aussenlager zum Tragen der mit Schwungrad und Riemenscheibe versehenen
Kurbelwelle.
Die Gaserzeugungsanlage besteht aus dem Generator, Flugaschensammler mit
eingeschlossenem Verdampfer, Scrubber und Gastopf.
Der Generator ist aus Walzeisen und behufs leichter Ausmauerung aus zwei Teilen
hergestellt; im Unterteil befinden sich zwei diametral gegenüber liegende
Feuertüren, zwei Luftschieber, die Rostbalken und der aus einzelnen Stäben
zusammengesetzte Rost, während im Oberteil der behufs leichterer Ausbesserung aus
Radialsteinen zusammengesetzte Chamotteschacht von 500 mm lichtem Durchmesser und
1300 mm Höhe untergebracht ist. Auf dem Deckel des letzteren befindet sich der
Einfülltrichter mit doppeltem Verschluss sowie einem Winkeleisenring zur Aufnahme
von Kühlwasser, welches den Deckel vor dem Verziehen schützen soll.
Der am Gasmotor seitlich angeschlossene Flugaschenkasten dient gleichzeitig als
Heizraum für den Verdampfer. Letzterer besteht aus zwei muldenförmigen
zusammengeschraubten Teilen mit ständig wechselnden Treppen, auf denen das von oben
eintropfende Wasser, dessen jeweilige Menge durch Schaugläser von aussen beobachtet
werden kann, in Dampf übergeführt wird. Der Dampf tritt durch in die Feuertürkasten
mündende Rohre unter den Rost bezw. das nicht verdampfte Wasser in den Unterteil des
Generators, wo es völlig verdunstet.
Ueber dem Flugaschenkasten sitzt der Abblaseschieber, der die Gase beim Anfeuern des
Generators und während längerer Betriebspausen ins Freie entweichen lässt.
Vor dem Schieber zweigt die Gasleitung nach dem Scrubber ab. Dieser ist in seinem
Unterteil als Wäscher ausgebildet, indem das aus einem Brausering kommende,
durch die Kokssäule hindurchtretende Wasser bis zu einem durch Ueberlaufrohre
bestimmten Stand stehen bleibt, so dass der Tauchring unter dem Koksrost noch von
Wasser abgeschlossen wird. Dieser Tauchring lässt beim Ansaugen des Motors – auf
seine ganze Unterkante verteilt – Gas ein, so dass dieses in möglichst dünnen
Schichten bezw. kleinen Blasen das Wasser durchdringen muss und daher gehörig
gekühlt und gereinigt wird.
Nach dem Austritt des Gases aus dem Scrubber wird es durch einen Behälter
(Gassammeltopf) geleitet, der unmittelbar vor dem Motor Aufstellung findet. Dieser
Behälter enthält einen Einsatz, der mit Eisendrehspänen angefüllt ist, an denen das
Gas noch etwaige mitgerissene Verunreinigungen niederschlagen kann.
An Brennmaterial – trockener Anthrazit von 8000 WE/kg und 10 v. H. Aschegehalt – soll der
Motor bei der Höchstbelastung nach Angabe der Erbauerin etwa 500 g für 1 PSe/Std. erfordern.
Textabbildung Bd. 320, S. 759
Fig. 63. Diagramm zum Sauggasmotor der A.-G. vorm. Moritz Hille in
Dresden.
Fig. 63 zeigt ein am Motor am 29. März 1905 auf dem
Probierstande der A-G., vorm. M. Mille in Dresden
genommenes Diagramm (Federmasstab 2,125 mm = 1 at). Die Bremsleistung betrug bei 190
minutlichen Umdrehungen des Motors 35,9 PSe, die
indizierte Leistung – bei 5,08 kg/qcm mittlerem Kolbendruck – 48 PSi, entsprechend einem mechanischen Wirkungsgrade von
∾ 0,75. Der Verdichtungsdruck beträgt nach dem Diagramm 8, der Explosionsdruck ∾ 20
at.
(Fortsetzung folgt.)