Titel: | Die Baukonstruktionen auf der Weltausstellung in St. Louis. |
Autor: | E. Probst |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 214 |
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Die Baukonstruktionen auf der Weltausstellung in
St. Louis.
Von Bauingenieur E. Probst.
(Schluss von S. 202 d. Bd.)
Die Baukonstruktionen auf der Weltausstellung in St.
Louis.
Berechnung der Fachwerke.
Das Eigengewicht wurde schätzungsweise angenommen und nach erfolgter Berechnung
richtiggestellt. Die Wirkung des Eigengewichtes auf die Fachwerke wurde wie folgt
angenommen:
1. Das Gewicht des Untergurtes und der Druckdiagonalen wurde
als in den Knotenpunkten des Untergurtes wirkend, das Gewicht des Obergurtes und
der Zugstangen als an den oberen Knotenpunkt angreifend angenommen.
2. Das Gewicht der Verankerungsfachwerke (diese waren in allen
Knotenpunkten abwechselnd nach der einen oder anderen angebracht und hatten eine
Versteifung der Länge nach zu erwirken) und die von diesen getragenen
Dachsparren und die zugehörige Dachdeckung wurde als am Untergurt wirkend
angenommen.
3. Das Gewicht der Querbalken und die von diesen getragenen
Dachsparren resp. Dachdeckung wurde als am Obergurt wirkend angenommen.
Neben diesen dauernden Lasten wurde folgende Werte für die veränderliche Belastung zu
gründe gelegt:
1. Als Winddruck wurde 20 lbs. f. d. Quadratfuss (9,8 kg/qcm) auf
die senkrechte Projektion der geneigten Oberfläche angenommen.
2. Schneebelastung und andere zufällige Lasten wurden mit 1–15
lbs. f. d. Quadratfuss (49–74 kg/qcm) gerechnet.
Die Beanspruchung des Holzes durch Winddruck wurde ebenso hoch gerechnet als die
Beanspruchung durch die tote Last; anders aber war es bei Stahl. Während die durch die tote Last
hervorgerufene Beanspruchung f. d. Quadratzoll mit 15000 lbs. (1050 kg/qcm) gerechnet
wurde, wurde für Winddruck 18000 lbs. (1260 kg/qcm) gerechnet. Je nachdem die resultierende
Spannung aus dem grösseren Winddruck oder der grösseren toten Last abgeleitet wurde,
wurden die beiden obengenannten Werte sinngemäss angewendet. Durch Annahme dieser
Festigkeitszahlen erhielt man Werte mit ungefähr vierfacher Sicherheit.
Textabbildung Bd. 320, S. 214
Fig. 4.
Da das ganze Gebäude durch die Dachdeckung resp. durch die Dachsparren ein festes
Ganzes bildete, so wurde auf diese Weise ein grosser Teil des Winddruckes auf die
zur Windrichtung senkrechten Umfassungswände übertragen. Aus diesem Grunde kann man
sagen, dass der Sicherheitsgrad höher war als vier. Fig.
4 zeigt die Innenansicht der Konstruktion, das Aussehen der hölzernen
Fachwerke, der Säulen und deren Verbindung.
Die Stossdeckung in den Gurten erfolgte in den meisten Fällen in Holz, und nur in
ganz wenigen Fällen zu Beginn der Arbeit wurden Stahlplatten zur Stossdeckung
verwendet. Von letzteren ist man aber bald abgekommen, weil die Arbeit der
Herstellung viel zu mühevoll und zeitraubend war.
Fig. 3 (S. 201) zeigt noch, wie die Fachwerke am
Boden zusammengesetzt und dann vollständig fertiggestellt auf die Säulen aufgesetzt
wurden.
Dachdeckung.
Die Dachdeckung erfolgte auf zweierlei Art: Bei flachen geraden Dächern wendete
man Holzzement an, bei den gekrümmten Dächern, bei der Kuppel Dachpappe, deren Fugen
mit Zement ausgeschmiert wurden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Art von
Dachdeckung nicht sehr wasserdicht war, da es in manchen Gebäuden bei starkem Regen
im Innern stellenweise ebenso regnete wie aussen.
Ich will, um an einem einzelnen charakteristischen Gebäude die Konstruktionen im
einzelnen zu besprechen, für diesen Zweck das Transportgebäude wählen, weil es wie
kein anderes aussen und innen seinem Zweck entspricht, und will ich nur dasjenige
besprechen, was nicht aus den Figuren deutlich gesehen werden kann. Alle Masse sind
im englischen Massystem angegeben. Wie ich wohl nicht näher hervorheben muss, war es
notwendig, für die Konstruktionen passende Zeichnungen so herzustellen, dass die an
Ort und Stelle hergestellten Holzverbindungen und deren Abmessungen unmittelbar aus
den Zeichnungen entnommen werden konnten. Es ist dies verschieden von
Eisenkonstruktionen, da ja bekanntlich für diese eigene Werkstättenzeichnungen nach
den vom Ingenieur ausgearbeiteten Plänen gemacht werden müssen. Bei
Holzkonstruktionen ist der Plan des Ingenieurs so zu arbeiten, dass alle
Einzelheiten unmittelbar aus dem Plan ersichtlich sind. Es war eine harte Arbeit,
für die vierzehn riesenhaften Gebäude auf der Ausstellung diese Pläne herzustellen
und für die nahezu an 3000 reichende Anzahl von Fachwerken für die
Dachkonstruktionen waren wegen der verschiedenen Spannweiten und Höhen etwa 200
Einzelpläne
Textabbildung Bd. 320, S. 215
Fig. 5.
notwendig (dies nur für die Fachwerke allein).
Textabbildung Bd. 320, S. 215
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 320, S. 215
Fig. 7.
Das Transportgebäude, das ich nun besprechen will, hat einen Umfang von 525 × 200
Fuss (etwa 172 × 65 Meter), besitzt Dachkonstruktionen für eine Spannweite von 101
Fuss (etwa 33 Meter). Fig. 5 zeigt den
Fundamentplan, die Rohrleitung und die Stärke der Wände, ferner die Gleiseanlagen
für die Ausstellungsobjekte, welche in diesem Gebäude, wie schon der Name sagt,
hauptsächlich Verkehrsmittel sind. Die Fundierung in diesem Gebäude war ziemlich schwierig und
wurde,
Textabbildung Bd. 320, S. 216
Fig. 8a.
da die Anschüttung über dem natürlichen Grund ziemlich hoch
war, durch Eintreiben von Piloten vorgenommen, wobei diese Piloten etwa 14 Fuss
(420 cm) in den natürlichen Grund hineingetrieben wurden. Hierbei sei bemerkt, dass
für die Eintreibung der Piloten folgender Masstab galt: dieselben wurden solange
eingetrieben, bis ein 2000 pfundiger (1000 kg-) Hammer von einer Fallhöhe von 30
Fuss (900 cm) nicht mehr als 2 Zoll (5 cm) Senkung hervorrief. Der Fussboden ruhte
auf Grundschwellen, die selbst auf der angefüllten Erde auflagen. Fig. 6 zeigt die Einzelkonstruktion über einer Säule,
Fig. 7 die Einzelpläne einer solchen Säule und
Fig. 8a–c die
Konstruktion der in einem Teile des Gebäudes befindlichen Gallerie.
Textabbildung Bd. 320, S. 216
Fig. 8b.
Textabbildung Bd. 320, S. 216
Fig. 8c.
Fig. 9 zeigt die genaue Einteilung der Dachsparren
und deren Verankerung; gleichzeitig gibt sie eine genaue Uebersicht über die
Grundrissanlage und den ganzen Dachplan.
Textabbildung Bd. 320, S. 217
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 320, S. 217
Fig. 10a.
Fig. 10a–d
zeigen Längs- und Querschnitte durch das Gebäude, wovon ein Teil genau den
Zusammenhang zwischen der hölzernen Wand und der Stuckverkleidung zeigt.
Textabbildung Bd. 320, S. 218
Fig. 10b.
Fig. 11 und
12
zeigen die Dachkonstruktion des bogenförmigen Daches mit der Dachdeckung aus
Dachpappe und Filz, wobei die Dachpappe in doppelten Schichten aufgebracht
wurde. Die Dimension der Gurte, die Dimensionierung an den Stössen und die
verschiedenen Holzverbindungen sind so deutlich aus den Zeichnungen zu entnehmen,
dass eine Besprechung nicht notwendig ist, und ist es nur eine Frage, ob nicht
manche Teile zu stark dimensioniert sind aus allzu übertriebener Rücksicht für die
in Amerika so häufig vorkommenden Zyklone.
Textabbildung Bd. 320, S. 218
Fig. 10c.
Textabbildung Bd. 320, S. 218
Fig. 10d.
Ich will hierbei bemerken, dass nach einer Mitteilung des
Chefingenieurs bei Berechnung auf Winddruck die Angaben für die Stärke desselben mit
Rücksicht auf den vor einigen Jahren in St. Louis stattgehabten Zyklon ausserordentlich hoch
gewählt wurden.
Textabbildung Bd. 320, S. 219
Masstab zu Fig. 12. Masstab zu Fig. 11.
Im folgenden sei kurz einiges über die Art und Weise der Lösung der
Kuppelkonstruktion bei der Festhalle gesagt.
Fig. 13 zeigt das Schema der Grundrisslösung. Da
zwischen der Innenwand und der Aussenwand resp. Innendom und Aussendom sehr viel
freier Platz war, so wurde mit dem Holz nicht gespart. In die vier Ecken der vier
Umfassungswände wurden je zwei Pfeiler aufgestellt, über welche vier Howesche Träger A verlegt
wurden. Auf diese kamen unter 45 Grad geneigt, von Mitte zu Mitte reichend, vier
andere Howesche Träger B
zu liegen und so fort, dass auf diese Weise fünf Howesche Fachwerke A – E mit Spannweiten von 69
Fuss (2070 cm) bis herab zu 28 Fuss (840 cm), bis zur Spitze sich verjüngend,
übereinander aufgesetzt wurden. Ergab dies an und für sich schon eine gute
Versteifung, so wurde diese noch erhöht durch die Konstruktion zur Aufnahme der
Dachdeckung. Nach aussen hin geschah die Deckung, wie bereits erwähnt, mit
Dachpappe, im Innern wurde im Gegensatz zu den anderen Gebäuden die Holzkonstruktion
vollständig verdeckt durch eine andere Holzkonstruktion, welche mit Stuck verkleidet
wurde. Ich will noch hinzufügen, dass der Zwischenraum zwischen dem inneren und
äusseren Dom über 60 Fuss (1800 cm) beträgt.
Textabbildung Bd. 320, S. 219
Fig. 13.
Innendom; Aussendom;
Spannweiten
Die ganze Festhalle wurde über einer grossen Erdhöhlung errichtet. Dies hatte zur
Folge, dass die Ecksäulen auf guten Betonfundamenten (meines Wissens die einzige bei
all den grossen Bauten) aufgesetzt wurden und für die Aufnahme des Fussbodens eine ziemlich schwere
Pilotenfundierung vorzunehmen war.
Nachstehende Tabelle enthält die Angaben über die Ausdehnung, die Gesamtkosten und
die Kosten f. d. Quadratfuss für die Hauptgebäude.
Schliesslich mögen die vom Chefingenieur Markman
ausgerechneten Werte über die Gewichte des Materials an einem einzigen Gebäude f. d.
Quadratfuss bedeckter Fläche hinzugefügt werden:
Gewicht der Säulen
3,62
lbs.
Eiserne Verbindungsstücke
0,34
„
Fachwerke, Versteifungs- und Querbalken
8,97
„
Zugstangen u. eiserne Verbindungsstücke
0,50
„
––––––––––
Summe
13,43
lbs.
Daraus ergibt sich also, dass das Gewicht der Tragkonstruktion, nicht einbezogen das
Gewicht der Dachsparren und der Dachdeckung, f. d. Quadratfuss bedeckter Bodenfläche
ein Gewicht ergibt von 13,43 lbs., woraus man auch auf die ausserordentlichen
Materialmengen und insbesondere auf die Holzmengen einen Schluss ziehen kann.
Gebäude
Die vom
DachbedeckteGrundflächei. Quadratfuss
Umfang
Kosten (Dollar)
Ge-samt
f. d.Quadrat-fuss
Landwirtschaftliches
809.800
500xl, 600
529.940
0.655
Erziehung und Schulen
245.000
525x 750
319.399
1.298
Elektrizitäts-
290.700
525x 600
399.940
1.032
Fische, Wald und Wild
175.150
300x 600
173.000
0.960
Schöne Künste
61.658
350x 175
609.387
9.883
Schöne Künste (Ost- flügel)
68.395
200x 400
167.870
2.454
Schöne Künste (West- flügel)
68.395
200x 400
167.870
2.454
Gartenbau
236,940
300x 800
228.872
0.966
Freie Künste
391.172
525x 600
475.000
1.214
Maschinen
402.016
525x 800
496.957
1.236
Manufaktur
577.960
525xl, 200
719.399
1.246
Bergwesen
439.600
525x 750
498.000
1.133
Verkehrswesen
668.700
525xl, 200
692.000
1.035
Verschiedene Indu- strien
447.900
525xl, 200
669.000
1.494
Regierungsgebäude d.Vereinigten Staaten
162.244
200x 850
373.980
2.305
Festhalle
41.700
218.184
5.230
Pavillons
7.040
54.870
7.794