Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie. |
Autor: | Adolf Prasch |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 90 |
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Neuerungen auf dem Gebiete der drahtlosen
Telegraphie.
Von Ingenieur Adolf Prasch,
Wien.
(Fortsetzung von S. 79 d. Bd.)
Neuerungen auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie.
Die Anordnungen von Lee de Forest-Smythe zur Erzielung einer
abgestimmten Funkentelegraphie. Die grossen Erfolge, welche Lee de Forest-Smythe mit seinem Systeme der
nichtabgestimmten Funkentelegraphie (s. D. p. J. 1903, 318, S. 328) zu verzeichnen hatte, sind ausschliesslich der grossen
Empfindlichkeit seines auf elektrolytischen Wirkungen beruhenden Wellenempfängers zu
danken, da seine Systeme sich sonst nur in einigen unwesentlichen Punkten von der
ursprünglichen nichtabgestimmten Einrichtung Marconis
unterscheidet.
Den Ausgangspunkt seiner Untersuchungen bildete das bekannte Lechersche Schwingungssystem, welches dem Wesen nach aus zwei parallelen
Drähten gleicher Länge besteht, die an dem einen Ende mit einer Vorrichtung zur
Erzeugung sehr schneller elektrischer Schwingungen in Verbindung stehen. Die Länge
der stationären oder stehenden elektrischen Wellen entspricht einem Viertteil der
Drahtlänge oder einem ungeraden Vielfachen derselben. Man hat daher in dem Lecherschen Systeme einen sehr wenig gedämpften
Schwingungskreis von ausgesprochener Resonanz, der eine ganz bestimmte
Eigenschwingungsperiode hat und sich gegen Schwingungen mit anderer Periodenzahl
nahezu unempfindlich erweist. Ausserdem werden mit stehenden Wellen viel höhere
Potentiale erreicht, als dies auf anderem Wege möglich ist.
Diese Eigenschaft des Lecherschen Schwingungssystemes
hat sich nun Lee de Forest zunutze gemacht und ein
System der Funkentelegraphie aufgebaut, bei welchem er diesen Schwingungskreis mit
einem stark gedämpften Schwingungskreis in entsprechender Weise in Verbindung
bringt. Der Lechersche Schwingungskreis bildet hierbei
das Energiereservoir, von welchem die Energie nach Bedarf an den ausstrahlenden
Kreis abgegeben wird.
Die Sende-Anordnung (Fig. 10) beruht ganz einfach
darauf, dass an einer bestimmten Stelle einer der parallelen Drähte als
Luftleiter senkrecht nach oben, der andere nach abwärts gebogen und mit der Erde
verbunden wird. Die Länge der Drähte bis zu den Knickungspunkten A, B beträgt hierbei genau eine halbe Wellenlänge. Die
elektrische Energie wird auf dieses System durch ein Induktorium J übertragen und ist die Funkenstrecke F zwischen der Kapazität K
und der Sekundären des Induktoriums eingebaut. Die Einrichtung der Empfangsstelle
(Fig. 11) ist in ähnlicher Weise angeordnet, nur
tritt an Stelle des Kondensators K der Wellenanzeiger
W, als welcher nach wie vor der als
„Responder“ bezeichnete Gegenfritter verwendet wird.
Textabbildung Bd. 320, S. 90
Fig. 10.
Textabbildung Bd. 320, S. 90
Fig. 11.
Wird der Kondensator der Sendeanordnung auf das Funkenpotentiale geladen, so entsteht
eine Entladung, die in den beiden parallelen Drähten elektrische Schwingungen
hervorruft. Ein Teil der auf diese Weise übertragenen Energie wird an den Punkten
A und B reflektriert
und gibt zu stehenden Schwingungen Anlass, während der andere Teil der Energie in
den senkrechten Luftdraht übertritt und von dort in den Raum ausstrahlt.
Wiewohl sich nun dieses System in seinen Wirkungen von der Braunschen Anordnung kaum unterscheidet so weist es den Vorzug auf,
dass seine Konstanten leicht berechnet und geregelt werden können, so dass sich die
Abmessungen, um bestimmte Ergebnisse zu erreichen, im Vornhinein genau bestimmen
lassen.
Textabbildung Bd. 320, S. 91
Fig. 12.
Eine andere Anordnung des Senders zeigt Fig. 12. Hier
ist zwar auch der eine der beiden parallelen Drähte geerdet, aber ausserdem werden
an den Drähten in senkrechter Richtung die Platten AB
angefügt, die den Luftdraht ersetzen. Diese Platten liegen mit ihren Flächen sehr
nahe und parallel zueinander und können gemeinsam im Kreise nach allen Richtungen
verdreht werden. Durch diese Anordnung wird der grösste Teil der Energie in dem
Felde zwischen den beiden Platten konzentriert.
Die stärkste Wellenausstrahlung geht wegen der Erdung der Platte B von der Platte A aus,
und zwar von deren Aussenfläche, da die Platte B die
von der Innenfläche von A ausgehenden Kraftlinien zu
absorbieren trachtet.
Die Fortpflanzung der Wellen in den Raum wird daher hauptsächlich in der Senkrechten
zur Aussenfläche der Platte A stattfinden, so dass sich
die Wellen bis zu einem gewissen Grade in eine bestimmte Richtung lenken lassen und
für andere Richtungen nahezu unwirksam werden.
Die langen gerade gestreckten parallelen Drähte erweisen sich jedoch für den
praktischen Gebrauch als äusserst unbequem. Nach den Untersuchungen von Forest erleiden ihre Wirkungen keine bemerkenswerten
Aenderungen, wenn sie isoliert und miteinander in nicht zu steilen Windungen
verseilt und sodann auf eine Rolle aufgespult werden. Hierdurch wird nicht nur an
Platz gespart, sondern auch der Transport der Einrichtung wesentlich
erleichtert.
Textabbildung Bd. 320, S. 91
Fig. 13.
Die Anordnung des Lecherschen Systemes für diese Zwecke
ermöglicht es ferner, das Potentiale durch eine sehr einfache Anordnung zu erhöhen
oder zu erniedrigen. Es beruht dies darauf, dass die wechselseitige Induktion der
parallelen Drähte umsomehr verringert wird, je näher die Drähte zueinander gebracht
werden, in welchem Falle aber auch die Kapazität des Systemes sich entsprechend
erhöht. Schliesst man nun (Fig. 13) an ein System
B solcher Drähte von der halben Wellenlänge, ein
zweites System A von der gleichen Schwingungsperiode
an, deren gegenseitige Entfernung jedoch kleiner ist, so nimmt dieses System die
Schwingungen in bezug auf die Periode ohne weiteres auf. Die Wellen werden
jedoch auf ein höheres Potential transformiert, wobei die korrespondierende
Stromstärke naturgemäss eine proportionale Abschwächung erleidet. Der gleiche Zweck
kann auch durch Verwendung verschiedener dielektrischer Substanzen für die beiden
angeschlossenen Systeme erreicht werden. Am wirksamsten wird sich jedoch eine
Vereinigung beider Methoden erweisen. Um eine weitere Erhöhung der Selbstinduktion
in einem der Systeme zu erreichen, werden Induktionsspulen entsprechender Impedanz
an geeigneten Punkten zwischen die parallelen Drähte eingeschaltet.
Bedingung für gutes Wirken dieser Einrichtungen ist dass jede Sektion des Lecherschen Systemes von der halben Länge jener Wellen
ist, auf deren Periode die erste Sektion der Gesamteinrichtung abgestimmt ist.
Das System der drahtlosen Telegraphie von Stone. Zur
Erzielung einer wahlweisen drahtlosen Telegraphie ist es unbedingt erforderlich,
dass von dem Sendeapparat nur harmonische Wellen einer genau bestimmten Periode
entsendet werden, und dass der Empfangsapparat einzig und allein auf Wellen dieser
Periode anspricht. Es ist nun eine bekannte Tatsache, dass jeder einzelne Kreis, in
welchem Kapazität und Selbstinduktion vorhanden ist, eine ganz bestimmte elektrische
Schwingungsperiode hat. Wirken auf einen solchen Kreis elektromotorische Kräfte
verschiedener Periode ein, unter welchen eine der Schwingungsperiode des Kreises
entspricht, so zeigt sich, dass der durch elektromotorische Kraft der gleichen
Periode hervorgerufene Strom stärker, der den elektromotorischen Kräften ungleicher
Periode entsprechende Strom hingegen zum grossen Teile unterdrückt wird.
Textabbildung Bd. 320, S. 91
Fig. 14.
Auf Grund dieser Erscheinung lässt sich sozusagen eine Filtration der Perioden
durchführen, wie solche durch elektromotorische Kräfte verschiedener Periode in
einem solchen Kreise auftreten. Hierzu wird der erste Stromkreis in induktive
Beziehung zu einem zweiten Stromkreise der genau gleichen natürlichen
Eigenschwingungsperiode gebracht. Die Einwirkung der elektromotorischen Kräfte
verschiedener Periode, welche bereits im ersten Kreise grossenteils unterdrückt
wird, findet im zweiten Kreise wieder eine bedeutende Abschwächung und gelangt man
endlich durch induktive Verkuppelung weiterer solcher Kreise dazu, im letzten Kreise
nur Schwingungen einer Periode, oder das was man als eine einfache harmonische Welle
bezeichnet, zu erhalten. Allerdings darf hierbei der Einfluss der wechselseitigen
Induktion, welcher die natürliche Periode der einzelnen Kreise ändert, nicht
vernachlässigt werden. Diese Einwirkung ist aber dann unbedeutend, wenn das Produkt
der Selbstinduktionen der einzelnen Kreise im Verhältnis zum Quadrate der
wechselseitigen Induktion (M) sehr gross ist.
Die von Stone für diese Zwecke geschaffene Anordnung für
den Sender S (Fig. 14)
besteht aus dem primären Kreise I mit der Stromquelle
b, dem Zeichengeber Z, dem Unterbrecher U und der primären
Windung p des Transformators T, und einem zur Vermeidung einer Rückwirkung auf die Stromquelle parallel
geschalteten Kondensator K. Mit diesem Kreise ist der
Sekundärkreis II durch die Sekundäre s des Transformators T
induktiv verbunden. In ihm befindet sich die Funkenstrecke f, die Kapazität K1 und die Induktanz L und ausserdem die
Primärwindung p1 des
Transformators T1 Wenn
eine Entladung über die Funkenstrecke f stattfindet,
entstehen vom Kondensator K1 aus in dem Kreise fK1Lp1 oszillatorische Schwingungen, deren Periode von
dem Werte der Kapazität K1 und der Selbstinduktion L abhängig ist. Der
in induktiver Abhängigkeit von diesem Kreise stehende Kreis III von der gleichen Schwingungsperiode nimmt die übertragenen
Schwingungen auf und überträgt sie vermittels des Transformators T2 auf den Luftdraht
A, dessen Schwingungsperiode durch die Kapazität
K3 und die
Induktanz E2
entsprechend reguliert werden kann. Bei diesen Uebertragungen von einem
Schwingungskreise auf den anderen findet nun die Ausscheidung aller nicht mit der
natürlichen Schwingungsperiode übereinstimmenden Schwingungen statt.
Die Spulen p1
p2, s1
s2 bestehen aus nur
wenigen, höchstens 20 Windungen und sind um einen hölzernen Rahmen von annähernd 18
cm im Quadrat gelegt, Der Abstand der einzelnen Spulen beträgt annähernd 8–9 mm. Die
Selbstinduktionen L und L1 in diesen Kreisen sind so gewählt, dass
die Bedingung L1L2 > M2 erfüllt ist. Wiewohl
dieselben tatsächlich unmessbar klein sind, so lässt sich ihr Wert dennoch aus den
Abmessungen berechnen. Selbstredend kann die Zahl der Zwischenkreise s1K2L1p2, um die Wellen noch
weiter zu reinigen, vergrössert werden, doch haben die Versuche ergeben, dass dies
nicht nötig ist.
Mit dieser Anordnung werden in dem ununterbrochenen vertikalen Leiter einfache
harmonische Schwingungen von einer gleichbleibenden bestimmten Periode erregt,
welche wieder Veranlassung zur Ausstrahlung elektromagnetischer Wellen gleicher
Eigenschaft geben. Durch entsprechende Aenderung der Werte von K1L, K2L1 und K3L2 lässt sich die
Periode dieser Schwingungen nach Bedarf ändern, doch ist es Bedingung, dass das
Produkt K1L gleich dem Produkte K2L1 ist.
Ist ein Resonanzkreis, also ein Kreis mit konzentrierter Kapazität und
Selbstinduktion, in induktiver Beziehung zu einem
Stromkreis, welcher durch eine wechselnde elektromotorische Kraft in Schwingungen
versetzt wird, so entsteht In ihm ein scharfes Maximum des Stromes, wenn die
Schwingungsperiode des zweiten Kreises mit der Eigenschwingungsperiode des
Resonanzkreises übereinstimmt. Ist die aufgezwungene Schwingung nicht eine einfache
harmonische, sondern sind ihr Schwingungen höherer Periode beigemengt, so tritt
dieses Maximum nicht so scharf auf, und machen sich auch Teile der höheren Impulse
im Resonanzkreis geltend.
Ebenso werden auch einfache Wellen verschiedener Periode dem Resonanzkreis
Schwingungen aufzwingen. Um nun diesem Uebelstande für die Empfangseinrichtung zu
begegnen und zu verhindern, dass Impulse ungleicher Periode den Empfänger
beeinflussen, wird in ganz ähnlicher Weise wie beim Sender, jedoch in umgekehrter
Reihenfolge, ein zweiter Resonanzkreis, welcher auf die gleiche Periode abgestimmt
ist, mit dem ersten Resonanzkreis induktiv verbunden. Es findet hierbei ebenfalls
eine Filtrierung der Wellen statt, so dass der Empfänger nur auf Wellen einer
bestimmten Periode ansprechen wird. In E (Fig. 14), welches die Empfangseinrichtung schematisch
darstellt, ist der Auffangedraht A durch die Primäre
p des Transformators T
mit dem Resonanzkreis I induktiv verbunden. In diesem
Kreise befindet sich die sekundäre s von T, die primäre p1 von T1, ferner die Kapazität K und die Induktanz L. Dieser Resonanzkreis
steht nun durch T1 mit
dem auf die gleiche Periode abgestimmten Resonanzkreise II in induktiver Beziehung. In denselben sind die sekundäre s1, die beiden
Kapazitäten K1 und K2 und die Induktanz
L1 eingeschaltet.
In Abzweigung zu dem Kondensator K2 ist der eigentliche Empfangskreis mit der
Stromquelle b1, dem
Fritter F und dem Relais R
angelegt.
Die gute Wirkung dieser Einrichtung hängt hauptsächlich von der Schärfe der
Resonanzkurve ab. Durch eingehende Untersuchungen ist nun erwiesen, dass das
Vorhandensein von Hysteresis in einem der Kreise die Wirkung aufhebt und das System
unbrauchbar macht. Es muss daher bei Konstruktion dieser Kreise jeder
Hysteresisverlust ängstlich vermieden werden, was auch vollkommen gelungen ist. Die
dielektrische Hysteresis, die gleichfalls nachteilig einwirkt, wurde durch
Verwendung von Luftkondensatoren beseitigt.
Aus weiteren Untersuchungen ging hervor, dass der einer Funkenentladung entstammende
Wellenzug hinreichend lange andauert, um im Empfangskreise volle Resonanz
hervorzurufen.
Die Wirkung dieses Systemes wurde zwischen zwei in Cambridge ungefähr 500 m
voneinander entfernten Stationen und einer dritten annähernd 19 km entfernten
Station in Lynn ausgeprobt und zeigte sich, dass die Abstimmung eine sehr gute war.
Eine Aenderung der Periode um 10 v. H. machte den Empfang absolut unmöglich. Sehr
nahe der Aufnahmestelle in Lynn verlaufende Oberleitungsdrähte der Strassenbahnen
übten keinerlei Wirkung auf den Empfang aus.
Als Wellenempfänger wird ein Fritter verwendet, welcher sich jedoch wegen seiner
wechselnden Empfindlichkeit für Zwecke der wahlweisen Telegraphie wenig eignet.
Ein Vergleich dieser Anordnung mit jener Marconis, wie
solche für die Fernübertragung verwendet wird, zeigt beinahe vollständige
Uebereinstimmung. Der einzige Unterschied bei Marconi
besteht darin, dass er in dem zweiten Resonanzkreise gleichfalls eine Funkenstrecke
anordnet. In der Wirkung zeigen sich insofern Unterschiede, als bei Stone durch den zweiten Kreis eine Filtrierung der
Wellen stattfindet, während bei Marconi die durch die
Funkenstrecke erzeugten Nebenwellen fast ungeschwächt auf den Luftleiter übertragen
werden.
(Fortsetzung folgt.)