Titel: | Die Drahtseilbahnen. |
Autor: | Stephan |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 695 |
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Die Drahtseilbahnen.
Von Regierungsbaumeister Stephan.
(Fortsetzung von S. 683 d. Bd.)
Die Drahtseilbahnen.
Textabbildung Bd. 319, S. 695
Fig. 42. Hängebahnanlage.
Die in Fig. 39 dargestellte Entladestation einer von
Th. Otto & Comp.
bei Römhild zum Transport von Basaltsteinen ausgeführten Bahn ist am Fusse des
Berges gelegen und enthält die Spannvorrichtung des Zugseiles, bei der die
Endseilscheibe auf einem verschiebbaren Schlitten ruht und durch ein Gewicht
angezogen wird. Man wird diese Anordnung in allen Fällen wählen, wo die Bahn keinen
Antrieb erfordert, sondern wo die in der oberen Station befindliche Seilscheibe
gebremst werden muss,ebenso dann, wenn bei der Aufwärtsförderung der Antrieb
oben liegt, was die Regel ist. Erfolgt der Antrieb in der tiefer gelegenen Station,
was dann der Fall sein wird, wenn bei schwacher Neigung der Bahntrace der Transport
nach unten geht, so muss die Spannvorrichtung mit dem Antrieb vereinigt werden,
(siehe die Bleighertsche Anordnung Fig. 38), da man die obere Seilscheibe der Sicherheit
halber fest lagert. Auf der senkrechten Antriebsachse befindet sich dann noch eine
zweite lose Scheibe, so dass die Seilführung die in Fig. 40
schematisch dargestellte Anordnung erhält.
Textabbildung Bd. 319, S. 696
Fig. 39. Entladestation mit untenliegendem Zugseil und Schutzbrücke.
Textabbildung Bd. 319, S. 696
Fig. 40. Vereinigte Antriebs- und Spannvorrichtung.
In der Station laufen die Wagen auf Hängebahnschienen, die sich vermittels der etwa 1
m langen, unten ausgehöhlten und auf den Tragseilen lagernden Weichenzungen an
letztere anschliessen und an der Stelle, wo der Wagen vom Zugseil abgekuppelt ist,
seitlich abbiegen. Der Halbmesser dieser Biegung beträgt bei den einlaufenden, voll
belasteten. Wagen für 1,5 m/sek Seilgeschwindigkeit etwa 5 m, für 2,5 bis 3 m/sek
Seilgeschwindigkeit, das doppelte, für die leeren Wagen durchweg etwa 5 m. Um die
Wagengeschwindigkeit beim Einlaufen schnell zu verringern und beim Auslauf ohne
grosse Mühe des Arbeiters entsprechend zu erhöhen, verlegt man häufig die
Hängebahnschienen im Verhältnis \frac{1}{100} bis \frac{1}{75} nach der Strecke zu
geneigt.
Bei den englischen Ausführungen wird als Schienenprofil gewöhnlich ein auf der
Laufseite abgerundetes Flacheisen von etwa 16 mm Stärke und 76 mm Höhe benutzt, das
jedoch wegen seines geringen Widerstandsmomentes nur für kleine Einzellasten
ausreicht. Die deutschen Firmen verwenden fast allgemein ein Profil nach Fig. 41, das bei 12 cm Höhe ein Widerstandsmoment von
im Mittel 45 cm3 hat und f. d. lfd. m 12,5 bis
15,5 kg wiegt, oder ein stärkeres von 15–16 cm Höhe, dessen Widerstandsmomoment im
Mittel 100 cm3 und dessen Gewicht 22 bis 24 kg/m beträgt.
Getragen werden die] Schienen von gusseisernen Hängelagern, die an der
Oberkonstruktion der Stationen aufgehängt sind (vergl. Fig. 42). Da die Schienen durch mehrere Unterstützungen durchlaufen und
fest mit den Hängeschuhen verschraubt sind, so können sie bei der Berechnung als an
beiden Seiten eingespannt betrachtet werden. Wird die grösste zulässige
Beanspruchung zu Kb =
750 kg/qcm
angenommen, so erhält man für verschiedene Wagenlasten, die in dichter Reihe auf der
Schiene stehen, die folgenden freien Längen zwischen zwei Tragschuhen:
Textabbildung Bd. 319, S. 696
Fig. 41.
Schwaches Profil
Starkes Profil
P = 550
kg
l = 2,5
m
P = 800
kg
l = 3,5
m
P = 700
„
l = 2,25
„
P = 950
„
l = 3,0
„
P = 1100
„
l = 20
„
P = 1100
„
l = 2,8
„
Für Nutzlasten mittlerer Grosse reicht das stärkere Profil vollkommen aus, um
die Unterstützungen der Hängebahnanschlussgleise in einfacher Weise ohne grossen
Materialaufwand auszuführen. Ein Beispiel einer derartigen Anordnung, wo die Stützen
aus gebogenen Eisenbahnschienen bestehen, gibt Fig.
42 nach einer Ausführung von J. Pohlig.
Textabbildung Bd. 319, S. 697
Fig. 43. Versteifung der Hängebahnschienen.
Werden grössere Einzellasten benutzt, wie oft bei Anlagen nach Fig. 50, so pflegt man die Schienen mit Hilfe der
üblichen Hängeschuhe zwischen den Unterstützungen noch ein- oder zweimal an
durchlaufenden ⊏-Eisen aufzuhängen, was allerdings einen ziemlichen Eisenaufwand
bedingt. Vorteilhafter ist es in solchen Fällen, die Schiene etwa nach Fig. 43 zu versteifen, wobei nur die Hängeschuhe
etwas anders ausgebildet sind als gewöhnlich. Das stärkere Profil trägt bei der
dargestellten Anordnung dicht hintereinanderstehende Wagenlasten von je 950 kg auf 5
m frei.
Allerdings können bei grösseren Spannweiten erhebliche seitliche Durchbiegungen
auftreten, weshalb die Schiene dann eine zweite Versteifung nach jener Richtung
erhalten muss, die naturgemäss mit der ersten verbunden wird. Man kann auf diese
Weise Spannweiten bis zu 10 m mit Sicherheit überschreiten und erzielt so bedeutende
Ersparnisse an der Tragkonstruktion.
Die Verbindung verschiedener Hängebahngleise mit einander erfolgt durch Weichen, die
entweder als Dreh- oder Klappweichen ausgebildet werden. Die Kurven der Hängebahnen
werden gewöhnlich mit 2 bis 2,5 m Radius ausgeführt. Man gelangt hiermit zu
Gleisanlagen, wie sie beispielsweise in Fig. 44
(umstehend) angegeben sind, die die Steinbrecheranlage und die Entladeweichen der
Ottoschen Bahn bei Römhild zeigt.
(Fortsetzung folgt.)
Textabbildung Bd. 319, S. 698
Fig. 44. Entladestation mit Weichen.Schnitt A–A.