Titel: | Die Anwendung von Kraft- und Seileck auf die Berechnung der Beton- und Betoneisenkonstruktionen. |
Autor: | Paul Weiske |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 795 |
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Die Anwendung von Kraft- und Seileck auf die
Berechnung der Beton- und Betoneisenkonstruktionen.
Von Paul Weiske, Diplom-Ingenieur und Kgl.
Oberlehrer in Cassel.
Schluss von S. 771 d. Bd.
Die Anwendung von Kraft- und Seileck auf die Berechnung der Beton-
und Betoneisenkonstruktionen.
III.Beton-Eisenträger.
Das Trägheitsmoment des armierten Betonquerschnittes hat die Form:
Ja = J0 + F . z2 + (n – 1) [Jd + Fd . zd2] + (m – 1) [Je + Fe . ze2]
Zu dem früheren Werte des Trägheitsmomentes Jn ist hinzugetreten der Beitrag der
Eiseneinlage
(m – 1) [Je + Fe . ze2].
In diesem Ausdruck bedeutet:
m=\frac{E_e}{E_z}
das Verhältnis der Elastizitätsmodule des Eisens und des
Betonsaufzug, Je das Trägheitsmoment der Eiseneinlage in bezug auf seine eigene
Schwerpunktsachse, Fe den Eisenquerschnitt und ze den Abstand des Schwerpunkts der
Eiseneinlage von der Nullinie.
Ist die Eiseneinlage mehrteilig, insbesondere in verschiedener Höhe des
Betonquerschnittes verteilt, so soll der Ausdruck die Summe der einzelnen Beträge
vorstellen. Eiseneinlagen in der Druckzone sind mit dem [m – (n – 1)] Betrage einzuführen. Der Wert
JA lässt
sich wieder mit Hilfe von Kraft und Seileck konstruieren.
Es werden zunächst nur Rundeiseneinlagen in der Zugzone vorausgesetzt, deren eigenes
Trägheitsmoment vernachlässigt werden kann. Die Konstruktion ist ohne weiteres nach
dem vorhergehenden aus Fig 6. ersichtlich.
Textabbildung Bd. 318, S. 795
Fig. 6.
Man erkennt sofort die Beiträge der einzelnen Summanden in der Gleichung für JA.
F1 ist der Beitrag des
Betonquerschnittes unter Annahme eines konstanten Elastizitätsmodul Ez.
F2 der Beitrag der
Druckzone, F3 der
Beitrag der Eiseneinlage.
Das gesamte Trägheitsmoment ist:
JA = 2H(F1 + F2 + F3).
Die Nullinie geht:
a) durch C, wenn der Träger nicht
armiert wäre und ein konstanter Elastizitätsmodul, gleich für Zug und Druck,
vorausgesetzt wird;
b) durch G, wenn der Träger
armiert ist und der Elastizitätsmodul des Betons auf Zug und Druck mit einem
Mittelwert eingeführt wird, welcher der m Teil des
Elastizitätsmoduls Ee ist. (Das Eisen wird dann mit dem mfachen Betrage eingeführt);
c) durch K, wenn der Träger nicht
armiert wäre, und wenn ein verschiedener Elastizitätsmodul des Betons auf Zug
und Druck eingeführt wird;
d) durch L, wenn der Träger
armiert ist, und wenn ebenfalls die Verschiedenheit der Elastizitätsmodule auf
Zug und Druck berücksichtigt wird.
Man erkennt, dass die Nullinie mit wachsendem Wert von n
bei gesteigerter Beanspruchung nach oben strebt, aber auch durch den grösser
werdenden Anteil des Eisens wieder nach unten verschoben wird, da auch m wächst, solange der Elastizitätsmodul des Eisens noch
konstant ist.
In gleicher Weise steigern sich mit wachsenden n und m die Beiträge der Druckzone und des Eisens F2 und F3. Die Spannungen
wachsen also langsamer bei zunehmender Belastung. Bei grösseren Werten von n und m wird die D-Linie flacher und die Neigung der Einflusslinie des
Eisens EL flacher, sodass F2 und F3 grösser wird.
Textabbildung Bd. 318, S. 795
Fig. 7.
Sind an Stelle der Rundeisen Träger einbetoniert, so berücksichtigt man ihr eigenes
Trägheitsmoment, indem man die Eisenflächen in einzelne Parallelstreifen zerlegt,
dann wird aus der Geraden EL ebenfalls ein
Polygon.
Wenn auch die angegebene Anordnung grosse Vorzüge hat, da man den Einfluss jedes
einzelnen Summanden in der Gleichung für das Trägheitsmoment vor Augen sieht, so
empfiehlt sich wieder für den Gebrauch in der Praxis die zweite Anordnung, die oben
bei der Besprechung der Betonträger ohne Eiseneinlagen besprochen wurde.
Man verzeichnet genau so wie dort die D-Linie und Z-Linie. Im Kräftezug der Zugzone wird das Eisen an der
richtigen Stelle mit dem (m – 1) fachen Betrage, im
Kräftezuge der Druckzone mit dem (m – n) fachen Betrage eingeführt, während in der
Betondruckzone die einzelnen Flächenkräfte mit dem nfachen Betrage einzuführen sind. Die D-Linie und
Z-Linie schneiden sich im Punkte C, durch diesen Punkt geht auch die Nullinie des
Querschnittes Fig. 7.
Bei höheren Werten von n und m werden D-Linie und Z-Linie flacher, wodurch die J-Fläche
vergrössert wird.
Sind nur Eiseneinlagen in der Zugzone und ist der Querschnitt rechteckig, so ist die
D-Linie eine Parabel, während die Z-Linie aus Parabelteilen besteht.
Die Flächenbestimmung geschieht für die Parabelflächen, die ihre Scheitel in A und B haben nach der
Parabelflächenformel, für die übrigen Teile nach der Simpsonschen Regel.
Für Plattenbalkenquerschnitte erhält auch die D-Linie
einen Knick, wenn die Druckzone aus der Platte und einem Teil des Balkens
besteht.
Zwei Beispiele werden die grosse Einfachheit des Verfahrens erläutern.
1. Ein Betoneisenquerschnitt von 100 cm Breite, 12 cm Höhe und 10 Rundeiseneinlagen
mit 1,6 cm Durchmesser und mit Fe = 20,1 cm2 wird durch ein
Biegungsmoment von 96000 cm/kg beansprucht, gesucht werden die Spannungen.
Im Mittel wird angenommen
Ed = 2000000
E_z=\frac{200000}{3}
Ee = 2000000
also n=\frac{E_d}{E_z}=3,\ m_1=\frac{E_e}{E_d}=10,\ m=\frac{E_e}{E_z}=30. –
Textabbildung Bd. 318, S. 796
Fig. 8.
Die graphische Lösung der Aufgabe ist aus Fig. 8
ersichtlich.
Das Trägheitsmoment ergibt sich wie folgt. Der Beitrag der Druckzone wird nach der
Parabelformel bestimmt, derjenige der Zugzone nach der Simpsonschen Regel.
F=\frac{H}{6}\,[4\,y_m+y_1] siehe oben.
Demnach ist der Inhalt der J-Fläche
\begin{array}{rcl}F&=&\frac{5,4\cdot 4,7}{3}+\frac{6,3}{6}\,[4\cdot 1,6+4,7]\\ &=&8,930+11,655=20,585\mbox{ cm.}\end{array}
J = 2H .
F = 20,585 . 2 . 1000 = 41,170 cm4
und
W_z=\frac{J}{e_z}=\frac{41170}{6,3}=6535\mbox{ cm}^3
und
W_d=\frac{J}{e_d\cdot n}=\frac{41170}{3\cdot 5,7}=2407\mbox{ cm}^3
Demnach ist
\sigma_{\mbox{zug}}=\frac{M}{W_z}=\frac{96000}{6535}=14,7\mbox{ kg/cm}^2
und
\sigma_d=\frac{M}{W_d}=\frac{96000}{2407}=39,9\mbox{ kg/cm}^2
und
\sigma_e=30\cdot 147\cdot \frac{4,8}{6,3}=342\mbox{ kg/cm}^2
Rechnerisch war ermittelt:
ed = 5,66, ez = 6,34, J = 40311 cm4
Wz = 6358 cm8
σz = 15,1 kg/cm2 und σd = 40,1
kg/cm2
und σe = 345,8 kg/cm2.
2. Gesucht wird die Tragfähigkeit des in Fig. 5
dargestellten Plattenbalkens, welcher durch 4 Rundeisenstangen mit Durchmesser 26 mm
armiert ist. Die Rundeisen sind paarweise übereinander angeordnet.
Der Betonquerschnitt ist:
Fb = 150 . 10 + 30 . 20 = 1500 + 600 = 2100 cm2.
Der Eisenquerschnitt ist:
Fe = 4 . 5,31 = 21,24 cm2.
Es ist also \frac{F_e}{F_b} rund \frac{1}{100}
Die Nullinie fällt gerade in die Plattenunterkante. Die Flächenberechnung der J-Fläche geschieht im Druckteil wieder nach der
Parabelformel, im Zugteil nach der Simpsonschen
Regel.
Es ist:
\begin{array}{rcl} F&=&\frac{1}{3}\cdot 10\cdot 22,5+\frac{30}{6}\cdot [4\cdot 7,0+22,5]\\ &=&75+252,5=327,5\mbox{ cm}^2.\end{array}
Mit H = 1000 qcm ergibt sich
J = 2 . H
. F = 2 . 1000 . 327,5 = 665000 cm4.
Demnach ist: für n = 3
W_d=\frac{J}{n,e_d}=\frac{665000}{3\cdot 10}=\frac{665000}{30}=22166\mbox{ cm}^3
und
W_z=\frac{J}{e_n}=\frac{665000}{30}=22166\mbox{ cm}^3
Setzt man
σz = 20 kg/cm2
fest, so ist auch
σd = 20 kg/cm2
und die Eisenspannungen, durch Aufzeichnen des Diagramms
bestimmt, ergeben sich zu: in der unteren Einlage
σe = m . 18,0 = 540 kg/cm2
in der oberen Einlage
σe = m . 14,5 = 435 kg/cm2
Das Biegungsmoment, welches der Querschnitt mit diesen Spannungen aufnehmen kann,
ist
M = 20 . W = 20 . 22166 = 443320 cm/kg
Für p = 1000 kg/qm einschliesslich Eigengewicht bestimmt
sich die Länge des Balkens aus der Gleichung
p\,\frac{l^2}{8}=\frac{10\cdot 1,5\cdot l^2}{8}=443320
Textabbildung Bd. 318, S. 796
Fig. 9.
l^2=\frac{8\cdot 443,320}{15}=236437
l=\sqrt{236437}=4,87\mbox{ m,}
Berechnet man für dieses Moment die Spannungen unter Ausschluss der Zugspannungen des
Betons, indem man die ganzen Zugspannungen dem Eisen zuweist, so ist für m1 = 10 –
σd = 23,7 kg/cm2
σe =
760 kg/cm2 in der unteren Eiseneinlage (s.
unten).
In der Praxis ist es vielfach üblich, die Zugspannungen des Betons überhaupt zu
vernachlässigen und die ganzen Zugspannungen dem Eisen zuzuweisen.
Man erhält dann natürlich die Eisenspannungen zu hoch. Auch auf diesen Annahmefall
lässt sich die Methode zur Bestimmung der Nullinie und der Spannungen verwenden.
Es werden bei der Konstruktion der Z-Linien die
Flächenstreifen der Betonzugzone einfach ausgeschaltet, und das Eisen wird mit dem
m1 fachen
Querschnitt eingeführt, während die Betondruckzone nur mit dem einfachen Betrage in
Rechnung gesetzt wird.
Ist jedoch die Untersuchung mit Berücksichtigung der Zugspannungen bereits
durchgeführt, so kann man die für den Zustand n
verzeichnete D-Linie benutzen, wenn man bei der
Konstruktion der Z-Linie das Eisen mit dem n . m1 = m fachen Werte einführt. Man muss dann die J-Fläche durch n
dividieren.
Zur Erläuterung des Verfahrens ist im vorigen Beispiele (Fig. 9) mit demselben Polabstand H ein neues
Krafteck für die Zugzone gezeichnet, auf dem Kräftezug sind die 30 fachen Werte der
beiden Eisenquerschnitte aufgetragen.
Die zugehörige Z-Linie besteht aus 2 Graden, weil die
Rundeisen in 2 verschiedenen Höhen eingebettet sind, die neue Z-Linie schneidet die D-Linie etwas höher, wie die alte Z-Linie. Die
Nullinie verschiebt sich bei der Annahme des Wegfalles der Betonzugspannungen um 1,5
cm nach oben, sodass ed = 8,5 cm wird.
Textabbildung Bd. 318, S. 797
Fig. 10.
Nunmehr ist nach Figur 9 der Inhalt der J-Fläche:
\begin{array}{rcl}F&=&\frac{1}{3}\cdot 8,5\cdot 15,5+\frac{22,5}{2}\,(15,5+1,5)+\frac{5\cdot 1,5}{2}\\ &=& 43,92+191,25+3,75\\
&=& \underline{238,92\mbox{ cm}^2}\end{array}
Da die Druckzone mit dem 3fachen, die Eisenquerschnitte mit dem 30fachen Werte
eingeführt sind, so hat man die J-Fläche 3 mal zu gross
erhalten. Für die Berechnung von J ist also:
\frac{F}{3}=\frac{238,92}{3}=79,64\mbox{ cm}^2 einzuführen.
Demnach ist J = 2H . 79,64
= 2 . 1000 . 79,64 = 159280 cm4
und
W_d=\frac{159280}{e_d}=\frac{159280}{8,5}=18738\mbox{ cm}^3.
Demnach beträgt die grösste Druckspannung für
M = 443320 cm/kg
\sigma_d=\frac{M}{W_d}=\frac{443320}{18738}=23,3\mbox{ kg.}
Die Eisenspannungen sind graphisch bestimmt durch Aufzeichnung des
Spannungsdiagramms. Sie betragen das 10 fache des abzugreifenden Wertes.
In der unteren Einlage:
σe = 10 . 7,6 = 760 kg/cm2
in der oberen Einlage
σe = 10 . 6,3 = 630 kg/cm2.
Wir wollen das Verfahren noch auf das Beispiel eines Plattenbalkens anwenden, welches
wir dem Buche: Wayss und Freytag, der Betoneisenbau, seine Anwendung und Theorie entnehmen, um zu
zeigen, dass die graphische Lösung zu demselben Ergebnis führt.
Beispiel.
Ein Betoneisenbalken von 18 × 50 cm Stegquerschnitt mit einer Eiseneinlage von 5
Rundeisen von 28 mm Durchmesser, einer 10 cm starken Deckenplatte von 250 cm Breite
hat ein Biegungsmoment von 1430000 cmkg aufzunehmen. Gesucht werden die
Spannungen.
In Figur 10 ist die D-Linie bestimmt, die Z-Linie ist eine Gerade,
welche erstere in einem Abstand von 10,8 cm von der Oberkante schneidet.
Demnach ist der Inhalt der J-Fläche:
\begin{array}{rcl}F &=&14,5\cdot 10,8\cdot \frac{1}{3}+\frac{46,2\cdot 14,5}{2}\\ &=&14,5\,\left(\frac{10,8}{3}+\frac{46,2}{2}\right)=387,15\mbox{
cm}^2.\end{array}
Das Trägheitsmoment ergibt sich mit H = 1000 zu:
J = 2 . 1000 . 387,15 = 774300 cm4.
Das Widerstandsmoment für die äusserste Druckfaser ist:
W_d=\frac{J}{e_d}=\frac{774300}{10,8}
= 71694 cm3.
Daraus ergibt sich die grösste Druckspannung zu
\begin{array}{rcl}\sigma_d &=&\frac{M}{W_d}\\ &=& \frac{1430000}{71694}\\ &=& 19,9\mbox{ kg/cm}^2.\end{array}
Die Eisenspannung ist graphisch durch Zeichnung des Spannungsdiagrammes bestimmt
zu:
σe = 866 kg/cm2.
Im obigen Buch ist angegeben; σe = 867 kg/cm2
σd = 19,5 kg/cm2,
letzterer Wert ist ein Druckfehler, denn \sigma_d=\frac{867\cdot 10,7}{10\,(57-10,7)} ist nicht
19,5, sondern 20,04 kg/cm2.
Wir erhalten also sehr befriedigende Uebereinstimmung.
Die Eiseneinlage wird um das doppelte erhöht, ebenso das äussere Moment. Die Z-Grade wird flacher und schneidet die D-Linie im Abstand von 15,5 cm von der Oberkante. Dann
ist
J=2\cdot 1000\cdot 26,3\,\left(\frac{15,5}{3}+\frac{41,5}{2}\right)=1363400\mbox{ cm}^4
und W_d=\frac{1363400}{15,5}=87,961\mbox{ cm}^3
daher
\sigma_d=\frac{M}{W_d}=\frac{2860000}{87961}=32,5\mbox{ kg/cm}^2
Das Spannungsdiagramm liefert
σe = 879 kg/cm2
In „Wayss und Freytag“ sind berechnet
σe = 32,3 kg/cm2
und
σe = 879 kg/cm2.
Dies ist wieder eine sehr befriedigende Uebereinstimmung.
Zur vorläufigen Bestimmung der Eisenmenge kann das Verfahren in folgender Weise
benutzt werden.
Es wird die Bedingung gestellt, dass unter Vernachlässigung der Betonzugspannungen,
die grösste Betondruckspannung sich zur Eisenspannung verhalten soll wie 1 zu
20.
Diesem Verhältnis würden entsprechen die Werte
σ
b
30
35
40
σ
e
600
700
800
wenn m1 = 10 angenommen wird.
Man verzeichnet in Figur 11 zu dem gegebenen
Querschnitt die D-Linie und daneben in der richtigen
Höhe ein Spannungsdiagramm, dessen Endordinaten sich verhalten wie 1 : 2,0.
Textabbildung Bd. 318, S. 798
Fig. 11.
Durch den Nullpunkt des Diagramms geht die Nullinie, welche die D-Linie im Punkte B
schneidet, man verbindet B mit C und zieht im Krafteck durch den Pol O eine
Parallele zu BC, welche auf dem Kräftezug den 10
fachen Wert des Eisenquerschnittes im Kräftemasstab abschneidet.
Würde man bei einem Plattenbalken die gleiche Bedingung stellen, so bestimmt AD die Stärke der Platte, wenn die Nullinie mit
der Unterkante der Platte zusammenfallen soll.
Natürlich ist die Konstruktion an die Voraussetzung geknüpft, dass die
Betonzugspannungen auch in der 1. Phase der Beanspruchung vernachlässigt werden
sollen.
Man kann auch noch die Spannungsverteilung, die man bei der gewählten Eisenmenge
erhält, vergleichen. Man zieht in der J-Fläche die
Grade CE parallel zu der Linie OF im Krafteck, welche den Pol mit dem Endpunkt
der die mfache, vorhandene Eisenfläche zur Darstellung
bringenden Strecke verbindet. Durch den Punkt E geht
die Nullinie, durch welche das Spannungsdiagramm II bestimmt ist. Ist die obere
(Druck-)Seite desselben 1, die untere (Zug)Seite x, so
ist die Eisenspannung das 10 xfache der
Betondruckspannung. Setzt man in der angegebenen Weise das Spannungsverhältnis von
Beton zu Eisen fest, so kann man den Betonquerschnitt auf seine Druckspannung
untersuchen, ohne den Eisenquerschnitt zu kennen.
––––––
Zum Schlusse wollen wir noch die beiden Berechnungsmethoden vergleichen, einmal mit
Berücksichtigung der Betonzugspannungen unter Annahme verschiedener Werte von Ed und Ez, das andere
mal mit Ausschluss von Betonzugspannungen.
Zu dem Zwecke sind die Spannungen für die beiden Beispiele eines Balkens und eines
Plattenbalken der Figuren 8 und 9 zusammengestellt.
Tabelle.
n = 3, m1 = 10
m = 10
e
d
e
d
Platte\frac{F_b}{F_e}=60
σ
d
σ
z
σ
e
39,9 kg/cm214,7
„342 „
45,0 kg/cm2 0545
5,66 cm
4,8 m
Plattenbalken\frac{F_b}{F_e}=100
σ
d
σ
z
\sigma_{e_1}
\sigma_{e_2}
2020435540
23,7 –630760
10,00 cm
8,5 m
Aus der Tabelle folgt, dass man bei Vernachlässigung der Betonzugspannungen die
Druckspannungen und Eisenspannungen grösser erhält, und dass die Breite der
Druckzone kleiner wird, als bei Berücksichtigung derselben.
Sowohl von Wayss und Freytag, als auch von Spitzer wird darauf
hingewiesen, dass die Risse im Beton erst eintreten, wenn das Eisen bis zu seiner
Elastizitätsgrenze beansprucht wird.
Es ist daher kein Grund einzusehen, weshalb man bei der Spannungsermittlung nicht die
Zugspannungen des Betons, die doch tatsächlich vorhanden sind, in Rechnung setzen
will.
Man erhält in der ersten Phase der Beanspruchung die Eisenspannungen verhältnismässig
niedrig, aber deshalb soll man nicht etwa die Eisenmenge verringern, weil gerade die
Eiseneinlagen den Beton befähigen, grosse Zugspannungen zu leisten. In der ersten
Phase der Beanspruchung ist also der Zweck der Eiseneinlage mehr ein mittelbarer. In
der zweiten Phase, wenn die Streckgrenze des Betons überschritten ist, erhält
natürlich auch das Eisen mehr Zugspannungen, weil der Elastizitätsmodul Ez schneller
abnimmt als Ed,
so dass die Verhältniszahlen n, m1 und m grösser werden.
Die genauere Spannungsberechnung für diese Phase gestaltet sich umständlicher, weil
man keine geradlinige Spannungsverteilung mehr gelten lassen kann, oder wenigstens
in der Zugzone einen Knick im geradlinigen Diagramm nach der Methode Barkhausen annehmen muss. Ich habe die Beobachtung
gemacht, dass man die Eisenmenge grösser erhält, wenn man die Spannungsberechnung
nach der ersten Phase unter Berücksichtigung der Betonzugspannungen, die dann das
Mass von 15-20 kg/cm2 nicht überschreiten sollen,
durchführt, als wenn man von vornherein auf die Betonzugspannungen verzichtet und
etwa nach den von Wayss und Freytag auf Seite 85 ihres Buches gegebenen Regeln dimensioniert. Mir
erscheint daher der Vorwurf v. Empergers, dass ich
gegen eine „schöne“ Theorie das Opfer der Sicherheit brächte,
unbegründet.
v. Emperger sagt des Weiteren, ich hätte meine
Anschauungen korrigiert, da ich die anfangs als zulässig angegebene Zugspannung von
20 kg/cm2 auf 15 kg/cm2 ermässigt hätte. Hierauf möchte ich bemerken, dass die als zulässig
angegebenen Spannungszahlen nur relative Bedeutung haben, je nach der
Rechnungsmethode, die man bei den Betoneisenkonstruktionen verwendet, und der Wahl
der Koeffizienten.
Wählt man als Elastizitätsmodul des Betons Eb, einen Mittelwert zwischen den für die
erste Phase als Durchschnittswerte anzunehmenden Werten Ed und Ez, um die Rechnung und Theorie zu
vereinfachen, so erhält man die Druckspannungen etwas zu klein, die Zugspannungen zu
gross. Vernachlässigt man die Betonzugspannungen, so erhält man die
Betondruckspannungen etwas, die Eisenspannungen viel zu gross. Bei verschiedenen
Werten von Ed
und Ez erhält
man die Betondruckspannungen etwas grösser, die Betonzugspannungen etwas kleiner. Es
war daher nur konsequent, wenn ich die zulässige Spannungszahl bei der genaueren
Methode etwas ermässigte.
Die erste Berechnungsweise deckt sich mit der Melanschen, bei welcher das Eisen mit dem m
fachen Wert eingeführt wird. Die von Walter und mir
angegebene Methode führt die Wirkung des Eisens als exzentrische Druckkraft auf den
Beton ein, meines Wissens das erste Mal in konsequenter Weise, und liefert bei
gleicher Wahl von m dieselben Spannungswerte.
Will man bei dem Ausschluss von Betonzugspannungen genauer rechnen, so führt man
an Stelle des konstanten Elastizitätsmodul Ed einen veränderlichen ein, und zwar als
nächste Annäherung geradlinig abnehmend. Man ersetzte dann die rechteckigen
Betondruckflächen durch Trapeze. Das Druckdiagramm wird parabolisch begrenzt. Bei
der graphischen Behandlung erhält man als D-Linie
kubische Parabeln. Auch bei Berücksichtigung der Zugspannungen lässt sich die
gleiche graphische Behandlung mit Kraft- und Seileck anwenden; wir erhalten
Methoden, welche den analytischenvon Haberkalt und
Barkhausen analog sind. Dieselben könnten
Verwendung finden bei der genaueren Spannungsberechnung, wenn die Streckgrenze des
Betons überwunden ist.
Die Veröffentlichung der angegebenen, genaueren Behandlungsweise, ebenso der
Bearbeitung der Anwendung von Kraft- und Seileck auf die Berechnung der
Schubspannungen und der Spannungen in Gewölben und exzentrisch belasteten Stützen
behalte ich mir vor.