Titel: | Die Verwendung von Druckluft bei elektrisch betriebenen Hebezeugen. |
Autor: | Franz Jordan |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 612 |
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Die Verwendung von Druckluft bei elektrisch
betriebenen Hebezeugen.
Von Dr.-Ing. Franz Jordan.
(Schluss von S. 596 d. Bd.)
Die Verwendung von Druckluft bei elektrisch betriebenen
Hebezeugen.
Aus den angestellten Betrachtungen ersehen wir, dass der elektrische Strom in
der Art, wie er jetzt in einem Elektromagneten zur Wirkung kommt, nicht sonderlich
geeignet ist, die erforderliche Energie zum Betätigen der mechanischen Bremse zu
liefern.
In viel besserer Weise dagegen vermag der Strom in einem Elektromotor zu wirken; es
bleibt nur die Frage zu beantworten, wie wir am zweckentsprechendsten eine
Aufspeicherung der im Motor freiwerdenden Energie vornehmen können.
Gewicht und Feder ohne Vermittlung eines Kraftträgers, wie Flüssigkeit, ermöglichen
dies nicht; sie erfordern nicht nur von aussen aufzuwendende Kraft, durchdie
sie zum Zwecke der Energieaufspeicherung gehoben, bezw. gespannt werden, sondern
müssen auch durch jene Kraft in diesem letzteren Zustande gehalten werden.
Nehmen wir hingegen Flüssigkeiten zu Hilfe, so zeigt sich bei ihnen in diesem Falle
der grosse Nachteil, dass sie gänzlich unelastisch sind. Bei dem intermittierenden
Betriebe, wie wir ihn hier haben, würden sie oft und stark zu beschleunigen und zu
hemmen sein; gefährliche Stösse könnten daher gar nicht ausbleiben; wenn nicht
besondere Vorrichtungen getroffen würden, um die Massenkräfte aufzufangen. Ein
weiterer Nachteil liegt darin, dass die Flüssigkeiten häufig nicht genügend rein
sind von mechanischen und chemischen Bestandteilen, welche die Leitungen und Behälter
verunreinigen und zerstören, und dass ausserdem ihr langsames Verdunsten von Zeit zu
Zeit ein Nachfüllen erforderlich macht.
Den Flüssigkeiten gegenüber haben die gasförmigen Körper zunächst den grossen
Vorteil, dass sie nicht bloss als Kraftträger, sondern auch unmittelbar als
Energieträger benutzt werden können. Die Massenkräfte verschwinden bei ihnen in
diesem Falle vollständig, und da wohl einzig und allein atmosphärische Luft in Frage
kommt, so macht ihr Ersatz und etwaige Reinigung von Staubteilchen keine
Schwierigkeiten.
Die Praxis zeigt überall, dass uns in der Luft ein ganz vorzüglicher Kraftträger und
Energiesammler gegeben ist. Speziell gerade als Druckluft hat sie allgemein zur
Bedienung der mechanischen Bremsen bei Strassen- und Eisenbahnen wegen der grossen
ihrem Betriebe innewohnenden Sicherheit Anwendung gefunden.
Textabbildung Bd. 318, S. 612
Fig. 23. Kompressor.
Der Unterschied zwischen Bahnen und Hebezeugen ist, wenn wir von ihrer Konstruktion
absehen und nur lediglich ihren Zweck im Auge behalten, durchaus nicht so gross, als
dass sich uns nicht unwillkürlich der Gedanke aufdrängt, wir müssten die bisherige
mangelhafte Bremsung bei Kranen beseitigen durch dasselbe Kraftmittel, das im
Bahnbetriebe zu so guten Ergebnissen geführt hat. Und wie berechtigt dieser Gedanke
ist, soll in der nachfolgenden Darstellung dargetan werden.
Zur Erzeugung der Druckluft wird ein kleiner Kompressor unmittelbar durch Kurbel oder
Exzenter von einer Welle des Hubwerkes angetrieben. Die Luft wird in einen
Sammelbehälter gedrückt, in dem man einen den jeweiligen Verhältnissen genügenden
Energievorrat aufspeichert. Die mechanische Bremse wird geschlossen, wenn ein an dem
Bremsgestänge angreifender Kolben des Bremszylinders durch Druckluft vorgeschoben
wird. Bremszylinder und Druckluftbehälter sind durch eine Rohrleitung verbunden, in
die ein Steuerorgan gelegt ist, das gestattet, den Bremszylinder einmal mit dem
Druckluftbehälter zum Schliessen der Bremseund ein andermal zum Oeffnen mit der
atmosphärischen Luft in Verbindung zu setzen. Betätigt wird dies Steuerorgan bei
Laufkranen durch einen kleinen Elektromagneten, der zwangläufig, wie der Bremsmagnet
früher, mit dem Anlasser des Hubmotors verbunden ist; der Zwanglauf kann jedoch
leicht durch einen kleinen Ausschalter, der unmittelbar am Anlasser untergebracht
wird, aufgehoben werden. Am Druckluftbehälter befindet sich zur Kontrolle ein
Manometer und ein Sicherheitsventil, das beliebig grosse Einstellungen des
Luftdruckes gestattet.
Um zu verhüten, dass der Kompressor nutzlos Arbeit verzehrt durch Komprimieren der
Luft, die bei bereits gefülltem Druckluftbehälter durch ein Sicherheitsventil ins
Freie entweichen müsste, kann rein automatisch die Druckluftförderung etwa durch
Offenhalten des Saugventils unterbrochen werden. Es findet dann durch den Kompressor
nur ein Ansaugen und Ausblasen der Luft unter atmosphärischer Spannung statt, das,
abgesehen von Reibungsverlusten, keine Arbeit erfordert. Die Ventile bleiben hierbei
in Ruhe.
Wie aus der Kompressor Zeichnung (Fig. 23) hervorgeht,
wird die automatische Ausschaltung in einfacher Weise dadurch erreicht, dass die aus
dem Sicherheitsventil des Druckraums austretende Luft auf die nach hinten
durchgeführte Saugventilspindel wirkt und das Saugventil dadurch öffnet. Das
Säugventil tritt erst dann wieder in Tätigkeit, sobald die hinter dem Ventil
befindliche Druckluft infolge der absichtlich zugelassenen geringen Undichtigkeit
entwichen ist. Während des Kompressorleerlaufs ist also nur der hierdurch
entstehende geringe Druckluftverlust zu ersetzen.
Durch diese Art Lösung weisen wir dem Elektromagneten bei Laufkranen und dem
Kranführer bei Hafenkranen jetzt eine ganz andere, viel leichtere Aufgabe zu; beide
sollen nicht mehr die gesamte zum Heben des schweren Bremsgewichtes erforderliche
Arbeit hergeben, deren Grösse bei dem Bremsmagneten zu erheblichen Uebelständen
führt und bei dem Kranführer ein allmähliches Erlahmen seiner physischen Kräfte
verursacht. Beide haben jetzt eine gegen früher verschwindend kleine Arbeit zu leisten, wenn
sie ein kleines, völlig entlastetes Ventil anheben und damit eine Kraft auslösen,
die vom Krane selbst geliefert wird.
Die zwangläufige Verbindung des Kompressors mit dem Hubwerke des Krans muss hier aus
zwingenden Gründen gewählt werden; denn der Kompressor darf nicht durch einen
besonderen Elektromotor angetrieben werden, weil, abgesehen von den erheblichen
Mehrkosten, der elektrische Strom durch irgend eine Betriebsstörung oder
Nachlässigkeit des Kranführers leicht ausbleiben kann. Bei der getroffenen Anordnung
dagegen sorgt der Kran immer selbst für den nötigen Druckluftbedarf ganz unabhängig
vom Kranführer. Für den Fall, dass der Kompressor selbst versagt, ist bei der direkt
wirkenden Druckluftbremsung eine Notbremse erforderlich, welche die Last in der
Schwebe hält, In vollkommener Weise erfüllt diese Forderung die Gewichtsbremse,
welche durch die Druckluft im Vorratsbehälter selbst gelüftet gehalten wird. Sobald
die Pressung unter ein bestimmtes Mass sinkt, geht das Gewicht herunter und
schliesst die Bremse. Ein Herabfallen der Last ist also durch Versagen des
Kompressors völlig ausgeschlossen.
Dadurch, dass beim Senken und beim Stoppen die Arbeit für die zu ersetzende Druckluft
auf Kosten der sinkenden Last oder der abzubremsenden Massen bestritten wird, erhöht
sich natürlich der Wirkungsgrad der Druckluftbremsung erheblich.
Ein sehr deutliches Bild von dem Arbeiten des Kompressors während eines Kranspiels
geben Fig.
15 und 16.
Erscheint hiernach das einzuschlagende Verfahren theoretisch ebenso einfach wie
zweckentsprechend, so stehen auch der praktischen Durchführbarkeit irgend welche
erhebliche Schwierigkeiten nicht entgegen.
Wählen wir ein den zeitigen Verhältnissen entsprechendes Beispiel und legen wir
unserer Betrachtung die fahrbare Winde eines Laufkrans von 30 t Tragkraft zugrunde,
deren Entwurf Fig. 24 zeigt.
Der Antrieb des Hubwerks erfolgt durch einen 27 PS-Hauptstrommotor der Firma Siemens & Halske mit einer minutlichen
Umdrehungszahl n = 440 und einem Schwungmoment G D2 = 24
kgm2.
Vermittels eines durch Kupplungen umschaltbaren Getriebes vermag der Hubmotor bei
gleichbleibender Leistung mit zwei verschiedenen Lastgeschwindigkeiten zu arbeiten,
und zwar beträgt die Hubgeschwindigkeit
bei
dem
30 t
Windwerk
2,88
m/Min.
„
„
10 t
„
8,8
„
bei Leerlauf erhöhen sich diese Geschwindigkeiten auf etwa das
1,65fache, also auf 4,75 bezw. 14,5 m/Min.
Fig. 1 und
8 zeigen
die Geschwindigkeitsdiagramme dieser beiden Windwerke.
Textabbildung Bd. 318, S. 613
Fig. 24. Fahrbare Winde eines Laufkrans von 30 t Tragkraft.
Der Anlauf habe in allen Fällen die Dauer von zwei Sekunden; das Senken der Last
erfolge durch elektrische Ankerbremsung, das Stoppen dagegen allein durch die
mechanische Bremse. Da die Bremskraft nahezu konstant ist, so wird die Stoppzeit je
nach der Last verschieden sein; die Grenzfälle sind in den Diagrammen berücksichtigt
worden. Aus den Geschwindigkeitsdiagrammen sind nach Ermittlung der
Reibungswiderstände und Trägheitsmomente der Triebwerksteile die
Widerstandsdiagramme Fig. 2, 4, 6, 9, 11 u. 13 und hierauf die
Energiediagramme Fig. 3, 5, 7, 10, 12 u. 14
aufgestellt worden, die ein gutes Bild geben von dem Einfluss des Motorankers auf
die Massenwiderstände und den Arbeitsverbrauch beim Anlauf und Stoppen. Besonders
auffällig ist, wie aus Fig. 2 u. 4 hervorgeht, die
Tatsache, dass beim Senken oder Heben des leeren Hakens eine grössere Bremskraft
erforderlich ist, als beim Senken der vollen Last von 10 t, wenn in gleicher Zeit
abgestoppt werden soll.
Rücksichten auf Festigkeit von Anker und Getriebe sind für die Bemessung der
Bremskraft massgebend; sie wurde hier zu 35,5 t, reduziert auf den Lasthaken,
angenommen.
Der Durchmesser der Bremsscheibe beträgt 600 mm: der Durchmesser der Seiltrommel 800
mm; die Uebersetzung zwischen Bremsscheibe und Lasthaken
\frac{1}{2}\cdot \frac{1}{7}\cdot \frac{1}{5}=\frac{1}{70}
Hierdurch würde eine Umfangskraft der Bremsscheibe bedingt sein
B^1=\frac{35500}{170}\cdot \frac{0,4}{0,3}=680\mbox{ kg}
Bei einem Reibungskoeffizienten μ = 0,25, zwei
Bremsbacken und Hebelübersetzung ¼ ergibt sich einschliesslich der Reibungs- und
Gewichtswiderstände im Bremsgestänge für den Kolben des Bremszylinders ein
auszuübender Druck
P=\frac{680}{0,25}\cdot \frac{1}{4}\cdot \frac{1}{2}+C=340+C=375\mbox{ kg}
Die erforderliche Luftpressung bei 100 mm Kolbendurchmesser beträgt
p=\frac{375}{10^2\,\frac{\pi}{4}}+1=5,8 Atm. (absolut).
Die zum einmaligen Bremsen notwendige Luftmenge ist bei 3 mm Spiel zwischen
Bremsbacken und Scheibe unter Berücksichtigung von 6 v. H. schädlichem Raum
q^1=2\cdot 4\cdot 0,3\cdot 10^2\,\frac{\pi}{4}\cdot 1,06=200\mbox{ cm}^3
oder auf atmosphärische Spannung umgerechnet
q = 4,8 . 200 = 960 cm3
Der Durchmesser des Kompressors, der die Bremsluft zu liefern hat, beträgt 100 mm und
der Hub 60 mm. Der Kompressor ist wie die mechanische Bremse stets zwangläufig mit
der Lasttrommel verbunden. Seine Umdrehungszahl f. d. Minute ist bei dem
30 t
Windwerk
80
10 t
„
246
sein Arbeitsverbrauch beträgt
belastet
150 Watt
leer
20 „
Die Grösse des Druckbehälters wurde zu 8 l angenommen.
Da die vom Kompressor gelieferte Druckluftmenge zu dem Lasthakenweg in einem
unveränderlichen Verhältnis steht, so sind zur besseren Verdeutlichung in Fig. 15 die
Druckluftpressungen im Druckbehälter als Ordinaten zu den jeweiligen Hakenstellungen
eines beliebig gewählten Kranspiels aufgetragen. Die Diagramme (Fig. 16 u. 17) zeigen
dagegen den Arbeitsaufwand für Druckluft und Magnetbremsung während dieses
Kranspiels. Die Diagramme lassen deutlich die Ueberlegenheit der Druckluftbremsung
erkennen.
Als Steuerorgan der Druckluft dient der in Fig. 23
dargestellte Kolbenschieber. Er bietet den grossen Vorteil vollkommener Entlastung,
kleiner Abmessung und kleinen Hubes, sodass ein Steuerelektromagnet nur kleine
Abmessungen erhält und daher die Uebelstände vermeidet, welche sich bei den grossen
Magneten zeigen. Er wird, wie bisher der Bremsmagnet, von dem Anlasser des
Hubwerksmotors gesteuert; sobald die Erregung aufhört, wird der Schieber durch die
gespannte Feder zurückgeworfen und der Druckluft der Weg in den Bremszylinder
freigegeben.
Um einen Anhalt für seine Grosse und seinen Arbeitsverbrauch zu bekommen, möge
folgende Rechnung dienen:Der Hub des Elektromagneten beträgt 1 cm, die
Spannkraft der. Feder am Hubende 0 bezw. 0,05 kg. Zur Bestimmung der
Amperewindungszahl rechnen wir mit der mittleren Federspannung 0,025 kg und dem
halben Hub 0,5 cm, um einen wirklichen Wert zu erhalten.
Um eine Zugkraft von 0,025 kg ausüben zu können, bedarf der Elektromagnet nach der
Maxwellschen Formel
P=4\,\frac{N^2}{f}\cdot 10^{-8}\mbox{ kg}
eine Kraftlinienzahl bei einem Eisenquerschnitt f = 0,285 cm2
N=\sqrt{\frac{0,025\cdot 0,285}{4}}\cdot 10^4=420
Um diese Kraftlinien zahl zu erzeugen, haben wir eine; Amperewindungszahl bei einem
Hube l = 0,5 cm unter der zulässigen Vernachlässigung
des magnetischen Widerstandes im Eisenkern und Magnetgehäuse nötig
n\,J=\frac{1}{\mu}\cdot \frac{l}{f}\cdot \frac{N}{0,4\,\pi}=\frac{1}{1}\cdot \frac{0,5}{0,285}\cdot \frac{420}{0,4\,\pi}=510
Elektromagnete dieser Form besitzen jedoch eine grössere Zugkraft, als die Maxwellsche Formel ergibt. Dieses findet seine
Erklärung in der sehr beträchtlichen Streuung.
Die Versuche von Vogelsang (Elektr. Zeitschr. 1901, S.
176) zeigen, dass die Anzugkraft 2,6 bis 3,1 mal grösser ist, als die Rechnung
ergibt.
Wir würden demnach mit einer Amperewindungszahl auskommen von
n\,J=\frac{1}{\mu}\cdot 510=170
Der angenommene Wicklungsquerschnitt von
14 . 40 = 560 mm2
gestattet eine ungefähre Windungszahl von 560 bei einem
angenommenen Drahte von 0,5 mm2
Kupferquerschnitt.
Der Erregerström stellt sich hiernach auf
J=\frac{170}{560}=0,3\mbox{ Ampère}
Bei einem mittleren Spulendurchmesser D = 22 mm ist die
Gesamtlänge
L = D π .
n = 0,021 π . 590 = 39
m
und sein Widerstand
W=\frac{1}{c}\cdot \frac{L\mbox{ m}}{f\mbox{ mm}^2}=\frac{1}{55}\cdot \frac{39}{0,5}=140\mbox{ Ohm}
Um bei 500 Volt Netzspannung nur einen 0,3 Ampère starken Strom in der Spule zu
erhalten, bedürfen wir dagegen eines Widerstandes von
W_1=\frac{E}{J}=\frac{500}{0,3}=1670\mbox{ Ohm}
wir sind also gezwungen, der Spule 1668,6 Ohm
vorzuschalten.
Der Arbeitsverbrauch des Elektromagneten infolge der Ohmschen Verluste beträgt
A = E J =
500 . 0,3 = 150 Watt
Dieser Wert erscheint gegenüber der Arbeitsleistung des Magneten 0,025 kg . 1,0 cm =
0,025 cmkg sehr hoch, wenn man zum Vergleich einen 600 cmkg Bremsmagneten der Firma
Siemens & Halske mit einem Arbeits verbrauch
von 1000 Watt heranzieht; in Wirklichkeit dürfte sich daher wohl der
Arbeitsverbrauch dieses kleinen Magneten erheblich geringer stellen.
Um bei diesem kleinen Topfmagneten ein sofortiges Loslassen des Eisenkerns in dem
Augenblick der Stromunterbrechung zu bewirken, wird nach Angabe von Professor Klingenberg, Berlin, am zweckmässigsten das
Magnetgehäuse in seiner Längsachse aufgeschnitten, da durch den Luftspalt die
starken im Gehäuse verlaufenden Wirbelströme vermieden werden, die den Eisenkern
wiederum magnetisieren.
Das Gewicht der zur Druckluftbremsung gehörigen Teile, abgesehen von Bremsscheibe,
Backen und Gestänge, die ja auch bei der Magnetbremsung notwendig sind, beträgt
ungefähr
G = 60 kg;
die Kosten nach dem Angebot der Firma Schäffer & Budenberg, Magdeburg,
= 200 Mark.
Wollte man unter gleichen statischen Bedingungen die Druckluftbremsung durch die
bisherige Magnetbremsung ersetzen, so würden sich die Verhältnisse folgendermassen
gestalten:
Erforderliche Hub arbeit des Bremsmagneten
= 375 kg . 2,4 cm = 900 cmkg
Diese Arbeit würden nach dem Preisverzeichnis von Siemens
& Halske leisten 2 Bremsmagnete von 600 cmkg mit einem Energieverbrauch
von etwa 1800 Watt.
Dynamisch betrachtet, würde die Magnetbremsung einen Vergleich mit der
Druckluftbremsung bezüglich der Dauer der Stopperiode und Sanftheit des Bremsens
infolge der grossen zu bewegenden Massen nicht aushalten. Beim Fallen des
Bremsgewichtes wird eine Arbeit von 900 mkg = 9 mkg frei; wird diese Arbeit nicht
durch besondere Dämpferpumpen, die natürlich das Schliessen der Bremse verzögern,
aufgenommen, so tritt ein ganz beträchtlicher Stoss ein. Selbst wenn man in diesem
Falle eine Federung des Bremsgestänges von s = 0,03 m
annimmt, so beträgt die Druck Steigerung doch
P=\frac{9\mbox{ mkg}}{0,03\mbox{ m}}=300\mbox{ kg}
Die Bremskraft würde in dem Augenblicke des Einfallens also das Vierfache der
normalen betragen.
Gewicht und Preis der Magnetbremsung stellen sich:
Gewicht in kg
Preis in Mark
2 Bremsmagnete von 600 cmkg1 Bremsgewicht und
Dämpferpumpe
300112
1040 35
Summa
412
1075
Der besseren Uebersicht wegen sind Gewicht, Preis und Arbeitsverbrauch der beiden
Bremsarten in folgender Tabelle zusammengestellt:
Art der Bremsung
Gewichtkg
PreisMark
ArbeitsverbrauchWatt
MagnetbremsungDruckluftbremsung
412 60
1075 200
1800 150
Differenz
352
875
1650
Die aus dem Bremszylinder tretende Druckluft kann vorteilhaft weitere Verwendung
finden zum künstlichen Kühlen des Elektromotors. Dieses Verfahren hat bei
Strassenbahnmotoren in Amerika bereits Anwendung gefunden. Da 1 kg Druckluft von 6
Atm. bei ihrer Expansion etwa 38 Kalorien an Wärme bindet, so würde die Bremsluft
immerhin imstande sein, eine wirksame Kühlung des Motors herbeizuführen.
Wenn nun auch im Kranbau diese künstliche Kühlung nicht dahin führen soll, bei der
Wahl des Motors zu dem in den Preislisten in bezug auf Leistung ⅓ höher angesetzten
Transmissionsmotor zu greifen, bei dem ein grosses Anzugsmoment nicht erforderlich
ist, so wird man aber doch bestrebt sein müssen, den elektrischen Wirkungsgrad eines
Windwerks in gleicher Weise zu verbessern, als man es bisher nur einseitig bei dem
mechanischen anstrebte. Der elektrische Wirkungsgrad kann aber durch eine gute
Kühlung des Motors nicht unwesentlich erhöht werden, wie aus folgendem hervorgeht:
Bei einem zweipoligen Motor betrug der Ohmsche Widerstand, im warmen Zustande
gemessen, 17 v. H. mehr als im kalten.
Kurz zusammengestellt sind die Vorteile der Druckluftbremsung gegenüber der
Magnetbremsung folgende:
1. bedeutend geringere Anschaffungskosten,
2. bedeutend geringeres Gewicht,
3. bedeutend geringerer Arbeitsverbrauch,
4. grössere Betriebssicherheit,
5. Sanftheit des Bremsens,
6. Entlastung des Hubmotors und bei Drehstrom zugleich grosse
Ersparnis von Energie durch Fortfall der elektrischen Bremsung während der
Stopperiode,
7. einfachere und sichere Bedienung der Steuerung und
grössere Schonung des Anlassers durch Fortfall des allmählichen Schaltens auf
verschiedene Widerstandsstufen beim Stoppen,
8. Erhöhung der Leistungsfähigkeit eines Krans durch
Verkleinerung der Stopperiode,
9. Stärke der Bremsung leicht in weiten Grenzen
regulierbar,
10. es bedarf für die Apparate zur Druckluftbremsung nur je
eines Modelles, da die Hubarbeit des Bremskolbens jedem beliebigen Krane in
leichter Weise angepasst werden kann,
11. Erhöhung des Wirkungsgrades des Hubwerkes durch Verwendung
der Bremsluft zum Kühlen des Motors.
Die Verwendung von Druckluft zum Bedienen der mechanischen Bremse bringt nach dieser
Untersuchung ganz ausserordentlich grosse Vorteile mit sich. Etwaige Schwierigkeiten
in ihrer praktischen Durchführung kann man kaum nach den vorliegenden Erfahrungen im
Eisenbahn- und Strassenbahnbau erwarten.
II. Druckluftkupplung.
D. R.-P. 135774.
In der Jetztzeit, wo alles im Zeichen des Schnellbetriebes steht, drängen die
Verhältnisse auch bei Kranen dahin, die Fördergeschwindigkeit mehr und mehr zu
erhöhen. Wenn man von ausserhalb der Konstruktion liegenden Verhältnissen absieht
und die Massenkräfte während der Anlauf-und Stopperiode genügend berücksichtigt, so
sind Grenzen für jene Geschwindigkeit weniger durch die notwendige Rücksichtnahme
auf Sicherheit, als vor allem auf die Grosse des Antriebsmotors gegeben.
Die Lasten, welche ein Kran zu heben hat, schwanken zwischen Null und dem aus der
Festigkeit des Krans sich ergebenden Höchstwerte. Ein idealer Zustand würde es sein,
wenn die Hubgeschwindigkeit entsprechend der Abnahme der Last zunehmen würde. Die
Leistung des Motors bliebe hierdurch immer konstant, und die Leistungsfähigkeit und
Wirtschaftlichkeit des Kranes würden sich dabei ganz ausserordentlich erhöhen.
Diesem Ideale vermögen wir uns bei Elektromotoren auf elektrischem Wege nur teilweise
und dann auch nur sehr entfernt zu nähern. Bei Drehstrommotoren ist es von
vornherein ausgeschlossen, da sie mit fast konstanter Geschwindigkeit unter allen
Belastungen laufen, und bei Gleichstrom-Hauptstrommotoren genügt die
Geschwindigkeitssteigerung bei kleineren Lasten längst nicht, um eine einigermassen
unserem Ideale entsprechende Ausgleichung herbeizuführen; z.B. beträgt bei 0,20 der
normalen Zugkraft die Geschwindigkeit nur das 1,6 fache der normalen
Geschwindigkeit.
Diesem Mangel der Elektromotoren hat man durch ein sogenanntes „Hilfstrieb“ zu
beseitigen gesucht, d.h. man will die Geschwindigkeit bei kleinen Lasten dadurch
erhöhen, dass ein mechanisches Vorgelege mit geringerer Uebersetzung als bei grosser
Last zwischen Lasttrommel und Motor durch Kupplungen eingeschaltet wird.
Bei Kranen kleinerer Abmessung, die den Führerstand unmittelbar am Windwerk haben,
lassen sich ja die Kupplungen leicht von Hand bedienen; schwieriger liegen jedoch
die Verhältnisse bei grossen schweren Triebwerken, wo Menschenkraft nicht mehr
genügt, die Kupplungen schnell und sicher zu schliessen, und ferner bei solchen
Triebwerken, die relativ zum Führerstande nicht festliegen, wie es bei modernen
elektrisch betriebenen Laufkranen und Hochbahnkranen mit fahrbarer Katze und
seitlich am Kran träger untergebrachtem Führerstande der Fall ist; hier muss die
Kraft erst durch Seilzüge auf umständliche Art und Weise nach den Kupplungen auf der
Katze hingeleitet werden.
Die Lösung der vorbezeichneten Aufgabe ist in der Praxis versucht worden, sie
scheiterte aber an den Schwierigkeiten und Umständlichkeiten, die sich hierbei
ergaben, und zum grossen Teil auch daran, dass die Aufmerksamkeit des Kranführers
bei flottem Betriebe sehr durch die erhöhte Inanspruchnahme seiner physischen Kräfte
litt.
Neuerdings ist eine andere Lösung bei elektrisch- betriebenen Laufkranen aufgetaucht,
die darin besteht, zwei voneinander unabhängige Windwerke auf der Katze
unterzubringen, von denen das eine für grosse Lasten und kleine Fördergeschwindigkeiten und
das andere für kleine Lasten und grosse Fördergeschwindigkeit bestimmt ist. Die
Antriebsmotoren sind in beiden Fällen gewöhnlich gleich gewählt.
Der Vorteil der grösseren Leistungsfähigkeit wird hierbei aber sehr teuer
erkauft.
Zunächst sind die Anlagekosten wegen des doppelten Hubwerkes mit seiner teuren
elektrischen Einrichtung ganz bedeutend hoch; dann aber vergrössern sich das Gewicht
der Katze und des Kranträgers nicht unbedeutend und damit zugleich die toten Massen,
welche für ein schnelles Anfahren und Anhalten so nachteilig sind.
Zum Vergleich mögen die Gewichte und Preise einer mit 7,5 t – Hilfstrieb
ausgerüsteten 40 t – Katze mit denen einer normalen 40 t Katze verglichen werden.
Die Hubmotoren leisten je 60 PS bei 4,4 m/min. und bei 24,0 m/min. Geschwindigkeit
und bei 40 t, bezw. 7,5 Last:
Art der Katze
ElektrischeEinrichtung
MechanischeEinrichtung
Gesamt-Einrichtung
Gewichtin kg
Preisin Mark
Gewichtin kg
Preisin Mark
Gewichtin kg
Preisin Mark
40 t-Katze mit 7,5 t- HilfsbetriebNormale 40
t-Katze
48002700
15000 9300
1260010500
1330011200
1740013200
2830020500
Differenz
4200
7800
Mehraufwand gegenüber der
normalen Katze
32%
38%
Die angestellten Versuche mit Kupplungen sind als gescheitert zu betrachten, und
zwar, wie erörtert, hauptsächlich deshalb, weil einmal die Kraft des Kranführers zum
Schliessen der Kupplungen nicht ausreicht und zum anderendie Kraftübertragung
vom Führerstande nach der Katze zu umständlich ist.
Alle diese Uebelstände treten bei der Anwendung von Druckluft gänzlich zurück. In
leichter Weise kann auf der Katze, wie wir oben an dem Beispiele der
Druckluftbremsung gesehen haben, für reichlichen Druckluftvorrat ohne Zutun des
Kranführers rein maschinell gesorgt werden; und in ebenso leichter Weise lässt sich
durch kleine, elektromagnetisch steuerbare Ventile eine Abteilung der Druckluft in
den Zylindern so bewirken, dass deren Kolben die gewünschte Funktion, wie z.B.
Schliessen und Oeffnen von Kupplungen, ausüben können.
Mit Hilfe einer Druckluftkupplung und eines ein- und ausschaltbaren Vorgeleges lässt
sich daher, wie der Entwurf einer 30 t-Winde Fig. 24
auch zeigt, die erhöhte Leistungsfähigkeit eines Kranes weit einfacher, billiger und
betriebssicherer erreichen, als mit einem doppelten Hubwerk. Wirklich bahnbrechend
wird diese Lösung für den Betrieb der Krane mit Drehstrommotoren sein. Trotzdem die
Drehstrommotoren bei weitem die Hauptstrommotoren an Anzugmoment, Einfachheit,
Betriebssicherheit und Energierückgewinnung beim Senken der Last unter Ausschluss
einer gefährlichen Geschwindigkeit übertreffen, war ihre Verwendung für Kranbetrieb
bisher selbst da, wo Drehstrom unmittelbar zur Verfügung stand, wegen ihrer durch
konstante Geschwindigkeit bedingten geringen Leistungsfähigkeit nicht anzuraten.
Die Ergebnisse vorliegender Untersuchungen lassen erkennen, dass die Druckluft
ausserordentlich grosse Vorteile für die elektrisch betriebenen Krane mit sich
bringt. In einfacher Weise beantworten sich zwei bei ihnen so brennend gewordene
Fragen: nach guter kräftiger Bremsung und nach Erhöhung der Leistungsfähigkeit.