Titel: | Neuerungen in der Papierfabrikation. |
Autor: | Alfred Haussner |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 601 |
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Neuerungen in der Papierfabrikation.
Von Professor Alfred Haussner,
Brünn.
(Fortsetzung von S. 580 d. Bd.).
Neuerungen in der Papierfabrikation.
4. Die Langsiebpapiermaschine.
a. Das Sieb.
Fortwährend vergrössert sich die Breite des Siebes, um damit auch breitere
Bahnen, also auch mehr Papiergewicht bei derselben Geschwindigkeit des Siebes
herzustellen, wobei auch diese, wie schon in früheren Berichten erwähnt, auf ein
teilweise beängstigend hohes Mass gestiegen ist. Maschinen von 3200 mm
Siebbreite sind u.a. von der Maschinenfabrik Füllner bereits zahlreich ausgeführt worden, solche von3600 mm
Breite folgten und heute steht die Sache so, dass man ernstlich von der
Annäherung an bekannte amerikanische Verhältnisse auch bei uns spricht und
Sieben von 4 m Breite das Wort redet, was bei den Metalltuchfabriken, welche
solche Abmessungen nicht gewohnt sind, besondere Einrichtungen erfordert.
Was das Weben der Metalltücher anlangt, so hat die Vorkehrung der
Metalltuchfabrik von Gottlieb Heerbrandt manches
für sich: der Kette auf dem Stuhle elastische Spannung zu geben, um die starre
Spannung während des Webens aufzuheben und dadurch schon während der Herstellung das Sieb zu
schonen, die Drähte desselben nicht zu sehr anzustrengen.
In anderer Weise will Karl Kufferath in Mariaweiler
nach dem D. R.-P. 102225 und dem amerik. Patent 617 581 die längere Dauer des
Siebes anstreben. Er stellt eine Art dreibindigen Köper her und erreicht dadurch
Vorteile, welche Köpergeweben überhaupt eigentümlich sind: die Büge der
Kettenfäden sind weniger häufig, also auch weniger scharf, die Berührung auf den
Walzen u. dergl. während des Darüberschleifens der Siebe wird günstiger u.s.w.
falls man auf die Unterseite den Kettenüberschuss, auf die Oberseite die
grössere Schussmenge vortreten lässt. Das Ganze wird weicher, biegungsfähiger.
Auch können hier leichter dickere Kettenfäden angewendet werden.
Um Falten im Siebe, selbst bei grosser Geschwindigkeit desselben zu vermeiden,
stellt I. W. Andr. Kufferath in Düren nach D. R.-P.
120568 das Metalltuch bei ganz gewöhnlicher Leinwandbindung so her, dass in
regelmässigen Abständen doppelte Kettenfäden angewendet werden, welche aber
nicht etwa sich so verhalten, wie ein einziger Faden, sondern regelmässig
(leinwandartig) gebunden und nur näher zusammengerückt sind. Es scheint der
Gedanke dabei vorzuwalten, die Siebe sozusagen in schmälere, nebeneinander
laufende und doch zusammenhängende Streifen zu zerlegen.
Auch der Vorschlag ist aufgetaucht, flache Kettenfäden und nicht runde zu
gebrauchen, um dadurch ebenere Siebflächen zu erzielen u.a. im amerik. Patent
600352 von J. C. Bell in Springfield. Doch dürfen
wir nicht übersehen, wie leicht sich solch ein Flachdraht verdreht und dadurch
seine Schneidenseite nach oben kehrt, wodurch das Sieb unbrauchbar wird.
Auch auf den bereits bekannten Vorschlag, das papierbildende Sieb durch ein
anderes zu stützen, um dadurch das erstere feiner machen zu können, ohne
fürchten zu müssen, dass es zu rasch zu gründe geht, wird zurückgegriffen. F. J. Marshall gibt diesen Vorschlag im amerik.
Patent 635 266, wobei das Stützsieb natürlich das gröbere ist. Er legt
besonderen Wert auf die richtige Spannung der beiden Siebe, was ja zweifellos
anzustreben ist, Er veranlagst dies dadurch, dass im gemeinsamen Bocke je eine
Spannrolle für jedes der beiden Siebe durch Schrauben gestellt wird.
b. Die Bildung des Papierblattes auf dem Sieb.
Eine Reihe von Patenten bezieht sich darauf, durch geeignete Mittel, die richtige
Bildung des Papierblattes während des Sieblaufes zu regeln. Hierfür soll gesorgt
werden, einerseits unmittelbar beim Auflaufen des
Stoffes, andererseits durch die Schüttlung
und die Siebsteigung.
Textabbildung Bd. 318, S. 602
Fig. 85.
Die D. R.-P. 97872 und 97873 von B. Tugendhat
trachten die Eingangspartie richtig zu gestalten. Die Maschinenfabriken Füllner und Gebr.
Bellmer haben die Ausführung übernommen. Tugendhat ersetzt (Fig. 85) in der Nähe
des Siebleders k einige Registerwalzen r durch eine (verschiebbare) bearbeitete Siebplatte
p, welche das Sieb s trägt und durch engen Anschluss an dasselbe eine Zeit lang das
Stoffwasser hindert, durch das Sieb hindurch nach unten abzufliessen. Damit ist
aber das Absetzen von Fasern, der Beginn der Papierbildung auf später verlegt,
dorthin, wo der Stoff entwässert werden kann. Dem steht gegenüber die
gewöhnliche Arbeitsweise, bei welcher unmittelbar beim Ablaufen des Stoffes vom
Siebleder und Auflaufen auf das Sieb die Papierbildung beginnt, nachdem das
Wasser sofort, wenn auch wegen der eng gestellten Registerwalzen nicht sehr
rasch, nach unten durchlaufen kann. Ist darnach die Neuerung von Tugendhat als eine Verbesserung zu betrachten?
Ueberlegen wir. Wenn gleich mit dem Auflaufen, dannalso, wenn der Stoff
immerhin unruhig auf das Sieb gelangt, zwischen den Linealen (Schützen) l1, l2 auch die
Entwässerung, somit die Papierbildung beginnt, so ist anzunehmen, dass die
Fasern sich wirrer durcheinander, was ja für die Verfilzung ganz gut wäre, aber
auch unregelmässiger in der lotrechten Richtung absetzen, wodurch ein Anlass zur
Ungleichmässigkeit des Blattes gegeben wäre. Wenn der Stoff aber, ohne Fasern
abzusetzen, zwischen den Schützenlinealen ruhiger stehend, unter der letzten
Schütze auf das Sieb fliesst, so ist eine ganz gleichmässige Höhe der
Stoffschicht δ und damit ein gleichmässig dickes
Blatt eher gewährleistet. Nachdem auch die Schüttlung den noch mit
ausserordentlich viel Wasser versehenen Stoff gewiss sehr stark beeinflusst und
gute Verfilzung veranlasst, so ist viel Gewähr für die Erzielung eines
gleichmässigen guten Papiers durch die Tugendhatsche Siebplatte geboten. Hierfür spricht auch eine Anordnung,
welche schon in Hofmanns Papierfabrikation
angegeben ist, wonach in der französischen Feinpapierfabrik Kleber dadurch gleichmässiges Papier erzielt wird,
dass das Siebleder k sich bis zum letzten Schützen
l2
fortsetzt. Damit ist, weil das Sieb von oben zugedeckt ist, auch der
Wasserablauf vor l2 gehindert und der Erfolg ein ganz
ähnlicher, wie jener durch die Siebplatte p. Was
nun die zweite Tugendhatsche Vorrichtung anlangt,
wonach die Entfernung der beiden Lineale l und l2 und ihre
Lage in der Längenrichtung des Siebes eingestellt werden kann, indem l und l2 durch geeignete Schrauben näher oder
weiter gegeneinander und gegen den Siebbeginn festgelegt werden, so vermag
Verfasser einen besonderen Vorteil darin in Verbindung mit der Siebplatte p nicht zu finden. Anders läge es, wenn die
Siebplatte nicht vorhanden wäre. Da hätten wir in dem Raum zwischen den Schienen
eine Stoffmenge, aus der sich Fasern infolge schon stattfindender Entwässerung
auf das Sieb zur Papierbildung bereits absetzen. Dabei wäre die grössere oder
geringere Entfernung von l1 und l2 nicht mehr gleichgiltig. Wenn l1 und l2 weiter
auseinander stehen, ist eine grössere Ablagerungsfläche gegeben. Mit der
Siebplatte aber scheint dem Verfasser die Anwesenheit von l, l1 und
l2 nur
die Bedeutung zu haben, dass eine ruhigere Stoffmenge gewonnen wird, deren
Breite nur von untergeordnetem Einfluss sein dürfte, besonders dann, wenn nach
dem Tugendhatschen Patente die Siebplatte p auch noch gegen die Registerwalzen verstellt
werden kann.Verfasser hat
einschlägige Entwässerungsversuche unternommen, welche aber noch nicht
zu deutlichen Ergebnissen geführt haben.
Mit den soeben besprochenen Einrichtungen, wie auch mit jenen, welche die
neuestens vielfach empfohlene, veränderliche Siebsteigung betreffen, scheint dem
Verfasser die Frage der Entwässerung des flüssigen Stoffes auf dem Siebe, die
Bildung des Papierblattes, nach verschiedenen Richtungen innig zusammenzuhängen.
Es sei versucht, diesen Verhältnissen auf dem folgenden Wege etwas näher zu
treten.
Auf der Handform bewegt sich das Sieb relativ gegen den Stoff, von der Schüttlung
abgesehen, nicht. Es setzen sich also alle Fasern aus dem auf die Form
gebrachten Stoffe, abgesehen von jenem Anteile, welcher durch die Siebmaschen
entschlüpft, auf dem Siebe ab und bilden ein Blatt von bestimmter Stärke. Bei
der Langsiebpapiermaschine aber bewegt sich das Sieb ununterbrochen weiter, der
Stoff fliesst ununterbrochen zu, und zwar recht unruhig, wenn auch, wie schon
bemerkt, durch die verschiedenen Schützen die Unruhe gemildert werden mag.
Unleugbar tritt Wasser aus dem Stoffe durch die Siebmaschen, sobald dieselben
frei sind, wenn also keine Tugendhatsche Platte
oder ein sehr langes Siebleder angebracht ist, schon zwischen den Schützen. Muss
dies aber schon endgiltige Ablagerung der Fasern bedeuten, und zwar sofort? Es
scheint dem Verfasser, als ob die sichere Beantwortung dieser Frage recht
schwierig wäre. Zweifellos steht ja zwischen den Schützen eine ziemlich hohe
Stoffmenge, welche durch den Abfluss Wasser verliert, aber durch den Zufluss
sofort wieder wasserreicheren Stoff erhält, der gerade unten zuströmt und daher
möglicherweise die sich allenfalls absetzenwollenden Fasern nicht hierzu
gelangen lässt. Auch die dort am meisten fühlbare Schüttlung scheint bei dem
hohen Stoffstande dem Liegenbleiben der Fasern nicht günstig. Andererseits muss
man sich vor Augen halten, dass die Zuflussgeschwindigkeit des Stoffes kaum
viel sich von jener des Siebes unterscheidet, so dass also die relative Bewegung
zwischen Stoff und Sieb recht gering, wenn nicht Null sein kann, wodurch dann
nahezu ähnliche Verhältnisse, wie bei der Handform hinsichtlich des Absetzens
der Fasern, auftreten, nur verweilt irgend eine Stoffpartie nur ungemein kurze
Zeit zwischen den Schützen, weil das Sieb besonders bei den heutigen
Schnelläufern so ausserordentlich schnell fortschreitet. Man kann die Zeit für
das Verweilen zwischen den Schützen rund mit etwa einer halben Sekunde
einschätzen.
Textabbildung Bd. 318, S. 603
Fig. 86.
Dies alles dürfte für eine mindestens ungefähre Beurteilung in allen Fällen
anzunehmen gestatten, der Stoff trete unter der letzten Schütze nahezu noch mit
dem vollen Wassergehalt mit der Geschwindigkeit v,
Fig. 86, auf das mit der Geschwindigkeit c fortschreitende Sieb s. Soll nun ein Papier von q Gramm für
das qm erzeugt werden, so müsste für ein Meter Breite des Siebes in c Meter Länge q . c Gramm Papiermasse enthalten sein, wenn nicht c Meter Länge auf dem Sieb nach dem Austrocknen oft
einer geringeren Länge entsprechen würden. Nennen wir diesen
Schwindungskoeffizienten a, so wiegt also die
Papiermasse, welche in c Meter Länge am Sieb
enthalten ist, nur a . c . q Gramm. Dies entspricht
bei p v. H. Stoffgehalt in der zuströmenden Masse:
a\,\frac{100}{p}\,c\,q Gramm.
Dieses Gewicht an Papierstoff, hervorströmend unter der letzten Schütze, würde
aber noch nicht ausreichen, um das gewünschte Papier zu erzeugen, weil ja
einiger Stoff durch die Maschen des Siebes läuft und für das laufende Blatt
verloren ist. Was solcherart abläuft, kann offenbar proportional gesetzt werden
zu der überhaupt auflaufenden Menge, und das ist, wenn der Ausflusskoeffizient
φ heisst, nach Fig.
86 in der Sekunde φ . v . δ für ein Meter Siebbreite. Wird der hiervon
abfliessende Teil (durch die Siebmaschen) durch den Koeffizienten β charakterisiert, so ergibt sich aus der
Ueberlegung, dass die ganze, unter dem Schützen zufliessende Stoffmenge aus der
abrinnenden und der als Papierbahn verbleibenden Menge besteht, die
Gleichung
1000000\,v\cdot \delta\cdot \varphi=a\cdot \frac{100}{p}\cdot c\cdot q-\beta\cdot v\cdot \delta\cdot 1000000\,\varphi,
woraus folgt (δ in
Metern):
\delta=\frac{q}{10000\,p}\cdot \frac{\delta}{\varphi\,(1-\beta)}\cdot \frac{c}{v}
Textabbildung Bd. 318, S. 603
Fig. 87.
Wir entnehmen daraus, dass die Stoffhöhe für jeden einzelnen Fall mit all den
Bestimmungsgrössen zusammenhängt, welche gerade für den betreffenden Fall als
massgebend zu betrachten sind, dass es also durchaus nicht angeht, das, was für
eine Stoffgattung, für eine Siebgeschwindigkeit u. dergl. an Erfahrung gewonnen
wurde, ohne weiteres auf andere Fälle anzuwenden. Es steht dies in
Uebereinstimmung mit dem, was Verfasser in seinem „Holländer“ für die
dort zu leistende Arbeit nachgewiesen hat.
Gehen wir auf obige Gleichung für δ etwas ein, so
liegt die Frage nahe, wie soll das Verhältnis c :
v gewählt werden?Wählen wir v grösser, so wird unter sonst gleichen Umständen
δ kleiner und umgekehrt, so dass jedenfalls die
notwendige Stoffmenge auf das Sieb kommt, indem die Schützenhöhe, also δ, entsprechend gewählt wird. Wählt man aber v grösser oder kleiner als c, so haben wir jedenfalls eine Relativbewegung zwischen dem Siebe und
dem Stoff, was zum mindesten bei besseren, gleichförmigeren Papieren nicht gut,
eigentlich widersinnig ist, weil welliges Papier folgen muss. Darnach dürfte
sich wohl empfehlen, v = c
zu machen. Will man dies aus besonderen Gründen nicht, – wird ja doch
behauptet, dass insbesonders durch das Vorschiessen des Stoffes unter der
Schütze bessere Verfilzung, allerdings auf Kosten der Gleichmässigkeit erreicht
wird, – so ist v frei wählbar nach dem Gesagten und
aus dem Werte für v, sowie jenen für die
Koeffizienten, wobei insbesonders auf den Zusammenhang zwischen p und φ aufmerksam zu
machen ist (Versuche des Verfassers über Stoffströmung in seinem
„Holländer“, folgt dann eine bestimmte Höhe h,
Fig. 86, für die Stoffoberfläche ab vor dem Schützen.
Diese Grösse h müssen wir unbedingt einhalten, wenn
wir v in dem nach oben gewählten Werte bekommen
wollen. Ist das Sieb wagerecht geführt, so misst h
die allgemeine Tiefe des Stoffes zwischen den Schützen. Steigt aber das Sieb an,
so brauchen wir h unmittelbar beim Schützen, wie
beim wagerechten Siebe, woraus folgt, dass der Stoffstand desto tiefer ist, je
entfernter er von der Schütze l gemessen wird. Man
hat also unter sonst gleichen Umständen bei ansteigendem Siebe zwischen den
Schützen etwas mehr Stoff, als bei wagerechtem Sieb. Aus mehr Stoff setzen sich
aber mehr Fasern ab, so wird häufig geschlossen, und deshalb tritt die
Papierbildung schon früher ein. Ob das wirklich so zu nehmen ist, dürfte nach
dem Vorangeschickten wohl zweifelhaft sein. Zum mindesten dann, wenn das
Stoffwasser an dem Ablaufen zwischen den Schützen gehindert wird, ist ein
vorzeitiges Absetzen der Fasern wohl ausgeschlossen und dann jedenfalls hierfür
die Siebsteigung nach Ansicht des Verfassers gegenstandslos. Es sei aber nicht
verhehlt, dass viele derartige Konstruktionen doch vorkommen, ohne dass hierfür
ganz stichhaltige Gründe in den Zeitschriften zu finden wären. Ja, es wird sogar
vorgeschlagen, bestimmte Qualitäten bei bestimmter Siebneigung zu arbeiten.
Bei der Anordnung von Füllner in Warmbrunn, nach D.
R.-P. 99603, sind sämtliche Teile der Schüttelpartie gemeinsam von dem der
Einlaufrinne g,
Fig. 87, zunächst liegenden Ende aus zu heben
oder zu senken, derart, dass bei der hierdurch erzielten Schrägstellung des
Metallsiebes alle Teile der Schüttelpartie sowohl zum Metallsieb, als auch unter
einander ihre Lage behalten. Alle stützenden Teile der Schüttelpartie sind auf
einem Tragrahmen a montiert, welcher bei a1 drehbar
am Hauptgestell h befestigt ist, wie die
Sieblineale c bei c1. Auf a
sind die Ablaufrinnenständer b vollständig fest,
während d, die Stützen der Siebliniale, gelenkig
eingebaut sind. Links ruht der Tragrahmen auf zwei oder mehreren unrunden
Scheiben k auf einer Welle i, welche durch Wurmrädertrieb ll1 gedreht und dann mit irgend einer
Vorrichtung m festgeklemmt werden können. Die Skala
o lässt unmittelbar die Höhenstellung
erkennen.
Mit der eben geschilderten, wie auch bei anderen ähnlichen Bauarten ändern sich
durch die erläuterte Verstellung bei der Brustwalze unvermeidlich die Höhen
Verhältnisse beim Stoffauflauf, wenn man die Siebneigung verändert. Um dies zu vermeiden,
baut I. M. Voith in Heidenheim seine Schüttelpartie
so, dass die Saugkasten in einen Rahmen gefasst und geeignet, mittels Schrauben,
Keilen oder dergl. in der Höhenrichtung verstellt werden (D. R.-P. 102811).
Dadurch ändert sich mit der Siebneigung auch der sogenannte Vorgautschwinkel bei
der Presse, wovon auch ein günstiger Einfluss auf das Papier erhofft wird. A. M. Böttger beschreibt in seinem D. R.-P. 112 584
eine aufgehängte Siebpartie, bei welcher die Neigung dadurch verändert wird,
dass die einzelnen Aufhängestellen zu Exzentern ausgebildet sind, welche auf je
einer Welle zu beiden Seiten des Gestelles gemeinsam sitzen, jedoch mit
entsprechend geänderten Winkeln der Exzentrizitäten gegen den Horizont. Durch
Verdrehung der erwähnten Aufhängewellen ändert sich die Siebneigung. Bei dem D.
R.-P. 123044 von Hamilton wird der Tragbock für das
freie Ende des Rüttelgestelles durch Schrauben nach der Höhe gerichtet.
Was die Schüttung anlangt, so finden wir eine
einfache und hübsche Neuerung im D. R.-P. 101856. Die Maschinenfabrik Wagner & Co. in Cöthen legt nach diesem Patente
den Siebrahmen auf das vollständig feste Gestell unter Zwischenlage von Kugeln.
Dadurch ist die Schüttlung nur in wagerechter Ebene, erinnernd an jene des
Handsiebes, ohne weiteres auf die einfachste Weise ermöglicht. Aehnliches
bezweckt E. Barrett im amerik. Patent 595753; die
Wagnersche Einzelausgestaltung ist aber
ungleich vollkommener.Der Verfasser
bedauert, nähere Erläuterungen nicht geben zu können, nachdem er auf
eine bezügliche Bitte von der Fabrik keine Antwort
erhielt.
Als unmittelbares Organ für die Schüttlung gebraucht G.
Schultz in Gernsbach D. R.-P. 116919 ein Fünfeck, welches gegen
verstellbare Anschlagflächen in einem Rahmen an der Schubstange zum Siebrahmen
trifft. Man kann dadurch den Hub während der Arbeit regeln und etwaigen
Verschleiss beheben.
Ganz eigentümlich und in seinem Erfolg wohl sehr zweifelhaft ist der Vorschlag
von Annandale in seinem amerik. Patent 660808 und
D. R.-P. 118334, wonach auf die Wirkung der Schüttlung während des grössten
Teiles des Siebweges ganz verzichtet und unmittelbar nach dem Auflauf des
Stoffes auf das Sieb durch einen dort angebrachten Sauger der Stoff so weit
entwässert wird, dass die Pasern schon beim Einlauf festgelegt sind, nachdem sie
durch die dort allerdings am stärksten wirkende Rüttlung stark durcheinander
gekommen sind.
Th. H. Savery, der bekannte Leiter der
Maschinenfabrik von Pusey & Jones in Wilmington
erhielt die amerik. Patente 635511 und 675072 auf neuere Bauarten für das
Gestell des Langsiebes. Einerseits ordnet er alle Walzen stellbar an, sei es
durch Schrauben, Keile oder dergl., andererseits wählt er als Stützen für den
Siebrahmen eingespannte Federn, statt der sonst üblichen Gelenkstützen. Durch
die genaue Stellbarkeit aller Walzen soll
unmittelbare Uebereinstimmung in den Geschwindigkeiten erreicht und damit
besseres, gleichmässigeres Papier erzielt werden. Durch die Feder–, an Stelle
der Gelenkstützen, bezweckt Savery ein starres,
festes Gestelle, das leicht verstellbare Siebneigung anzuwenden gestattet, zu
erreichen und die kraftverzehrenden Drehzapfen und Lager zu vermeiden. Zum Teil
wenigstens findet sich eine solche federnde Stützung des Siebrahmens auch bei
der Ausführung von J. A. White nach amerik. Patent
620548.
Zur Reinigung der Siebe (oder Filze) wird häufig ein
Spritzrohr angewendet, welches quer über den Sieb- (oder Filz-) Lauf geführt
wird und dabei einen Wasserstrahl gegen die zu reinigende Fläche schleudert.
Auch hierfür sind mechanische Vorrichtungen vorhanden, welche das in einem
geeigneten Support gelagerte Mundstück über das Sieb hin und her führen. Man hat
dafür Schrauben oder andere Bewegungseinrichtungen. Neuerdings schlägt August Weihmüller in Düren eine endlose Kette für
diesen Zweck vor, welche durch einen Stift den Support für das Spritzrohr in der
erwähnten Weise bewegt. (D. R.-P. 117874.)
F. L. Marschhausen in Hasserode reinigt das Sieb
durch einen Flachdampfstrahl. Gemäss D. R.-P. 106201 wird derDampf durch
das Rohr d,
Fig. 88, zugeführt und tritt durch einen
schmalen, überdies durch Schraube c einstellbaren
Spalt gegen das Sieb g, welches tunlichst nahe an
dem Spalt vorübergeführt wird, so dass es tatsächlich kräftig getroffen und
dadurch gereinigt wird. Damit der austretende Dampf nicht belästigt, kann die
Reinigungsanlage weitgehend eingekapselt werden. Hierzu dient beim Eintritt das
Kupferblech b, beim Austritt der Kasten h, e, welcher durch auf dem Siebe schleifende, und
dabei die Ränder reinigende Bürsten f, i
abgedichtet ist.
Textabbildung Bd. 318, S. 604
Fig. 88.
Manchmal ist es sogar notwendig, das Sieb mit Säure zu reinigen. Man macht dies
auch so, dass man die Säure auf den Filzschlauch der oberen Gautschwalze bringt,
worunter dieser aber sehr leidet und bald zerstört wird. J. M. Shepherd schlägt nun im amerik. Patent 658289 vor, durch eine an
die unter dem Siebrahmen zurückgehende Siebpartie sich legende Walze, ähnlich
wie bei Leim–, Gummiermaschinen u. dergl., Säure aus einem geeigneten Troge an
das Sieb zu bringen. Auf diese Art hat man Zeit und Raum genug, die Säure
rechtzeitig abzuspritzen, allenfalls auch den Filzschlauch der oberen
Gautschwalze selbst mit Spritzwasser ausreichend zu bedienen, damit jener
Schlauch keinesfalls leidet.
Die Deckelriemen werden meist so erzeugt, dass man
eine Seele von parallel und ebenliegenden Segeltuchstreifen, welche durch Gummi
oder dergl. verkittet waren, mit Kautschuk umhüllte. Diese Riemen können auf
zwei Seiten gebraucht werden, so dass die Segeltuchstreifen mit der Lauffläche
parallel liegen, auf den beiden anderen Seiten nicht. Um die Riemen auch für
alle Seiten benutzbar zu machen, gibt Forsyth nach
amerik. Patent 669252 eine Seele aus gewickeltem Segeltuch.
Textabbildung Bd. 318, S. 604
Fig. 89.
Bekanntlich werden auf dem Siebe die seitlichen Ränder des noch sehr weichen
Blattes abgespritzt, um einen gleichmässigen und widerstandsfähigeren Rand der
verbleibenden Papierbahn zu erzielen. Bei der heute üblichen Ausführungsweise
werden die abgespritzten Stoffteile mit anderen Fasern und mit dem abfliessenden
Stoffwasser fortgeschwemmt und nur teilweise, oft stark verunreinigt,
wiedergewonnen. Louis Kittner in Crossen-Mulde gibt
nun im D. R.-P. 125163 die Anregung, die abgespritzten, noch sehr weichen,
leicht auflösbaren Teile unmittelbar wieder in die Fabrikation zurückzuführen.
Hierfür wird, Fig. 89, die durch die Spritz
Vorrichtung a von der Bahn p abgetrennte Stoffmasse mit der nun abgegrenzten Bahn um die
Gautschwalze, dann aber gesondert auf der Unterseite des Siebes unter dem
Spritzrohr b vorbeigeführt, welches die auf dem
Siebe haften gebliebenen Streifen in die Mulde c
spült, in welche auch die allenfalls erst durch den Walzenschaber w gewonnenen Teile gelangen. Durch Rohr d und eine Pumpe etwa kann der so wiedergewonnene,
reine Stoff unmittelbar wieder zurückgeschafft werden. Bemerkenswert ist, dass
man sich auf diese Art ersparen kann, auf dem Siebe eine besondere
Formateinstellung vorzunehmen, weil man einfach die Spritz Vorrichtung a nach Bedarf mehr oder weniger von der ein für
alle Mal eingestellten Bahnbreite abtrennen lässt, nachdem ohnehin das
Abgetrennte nicht verloren geht. Wir müssen allerdings dabei bedenken, dass in
dieser Weise sehr veränderlicheStoffmengen in den Trog c gelangen, was für das Wegschaffen, insbesondere
bei der Pumpe vielleicht Misstände verursachen könnte. Doch ist es immerhin
denkbar, dass, gegenüber den jedenfalls aus c
wegzuschaffenden bedeutenden Spritzwassermengen, Veränderungen in den
Stoffmengen nicht so sehr fühlbar werden.
(Fortsetzung folgt.)