Titel: | Einiges über die Korrosion der Metalle im Seewasser. |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 541 |
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Einiges über die Korrosion der Metalle im
Seewasser.
Einiges über die Korrosion der Metalle im Seewasser.
Aus der unter diesem Titel in den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleisses,
1903, Heft 3 bis 5 veröffentlichten Abhandlung bringen wir die
hauptsächlichsten Ergebnisse der vom Torpedo – Stabsingenieur Diegel ausgeführten Untersuchungen kurz zur Kenntnis
unserer Leser.
I. Nickelkupfer mit 20 und 42 v. H. Nickelgehalt zeigte
ähnliche Festigkeitseigenschaften wie weicher Flusstahl. Diese Legierungen sind im
erwärmten Zustande schmiedbar; kalt lassen sie sich mit schneidenden Werkzeugen
leicht bearbeiten. Ihre Seewasserbeständigkeit erwies sich als gut. Das Nickelkupfer
leidet weniger, wenn es mit anderen Metallen in Verbindung steht, als wenn es für
sich allein dem Seewasser ausgesetzt ist. In der Berührung mit Eisen wird
Nickelkupfer vollständig geschützt; andere Kupferlegierungen werden im Seewasser in
Berührung mit Nickelkupfer aber verhältnismässig stark angegriffen.
Das Nickelkupfer findet in der Industrie bereits in verschiedenen Zusammensetzungen
Verwendung zu Geschossmänteln, Münzen, Widerstandsdrähten u.s.w. Seine Färbung wird
um so weisser und schöner, je höher der Nickelgehalt ist.
Die Legierungen aus Kupfer, Nickel und Zink, die unter den Bezeichnungen
„Neusilber“, „Argentan“ u.s.w. zu gewerblichen Zwecken verwendet
werden, sind warm nicht bearbeitbar.
II. Zinkreiche Kupferlegierungen ohne und mit
Nickelzusatz. Die Legierungen aus Kupfer und Zink leiden im Seewasser
starker als andere Kupferlegierungen. Bei grösserem Zinkgehalte vermindert sich
nicht nur der Querschnitt infolge äusserer Anfressungen, sondern es wird auch das
Zink aus; dem Inneren des Materials ausgelaugt, wodurch dieses erheblich an
Festigkeit verliert und schliesslich so zerbrechlich wird, wie gebrannter Ton. Die
Erprobungen haben nun ergeben, dass das Auslaugen des Zinkes erst bei einem
Zinkgehalte von mehr als 24 v. H. in bedenklichem Masse eintritt. Das Auslaugen des
Zinkes ergab sich bei Stäben von gleichen Abmessungen aus verschiedenen Legierungen
durch das Verhältnis zwischen Querschnittsabnahme und Gewichtsverlust. Dieses
Verhältnis betrug
bei
Kupfer
mit
24
v. H.
Zink
= 100 : 297
„
„
„
28
„
„
= 100 : 1630
„
„
„
42
„
„
= 100 : 2620.
Durch den Zusatz von 15 v. H. Nickel wird das Auslaugen des Zinkes, selbst bei einem
Zinkgehalte der Legierung von rund 40 v. H., nahezu ganz verhindert. Vielleicht
genügt für diesen Zweck auch schon ein geringerer Nickelzusatz.
III. Gewichtsverlust verschiedener Metalle im Seewasser.
Allseitig bearbeitete Platten aus Eisen, Kupfer und Kupferlegierungen, die unter
gleichen Verhältnissen so in das Seewasser eingehängt wurden, dass sie nicht mit
anderen Metallen in Berührung standen, erlitten in 12 Monaten auf 1 qdm Oberfläche
folgende Gewichtsverluste:
Flusseisen mit 0,44 v. H. Mn und 0,071 v. H. P
= 9,015 g
Kupfer (Elektrolyt)
= 0,563 „
Zinnbronze mit 3,5 v. H. Sn (schmiedbar)
= 1,638 „
Zinnbronze mit 11 v. H. Sn
= 1,470 „
Bronze mit 8 v. H. Sn und 4 v. H. Zn
= 2,303 „
Eisenbronze mit 42 v. H. Zn und 0,5-1 v. H. Fe
= 4,575 „
Aluminiumbronze mit 9 v. H. Al
= 0,600 „
Nickelkupfer mit 42 v. H. Ni
= 2,162 „
Nickelkupfer mit 20 v. H. Ni
= 1,848 „
In metallischer Berührung mit Eisen wurden sämtliche Kupferlegierungen nahezu
vollkommen gegen die Einwirkung des Seewassers geschützt, das Eisen erlitt aber
einen um so grösseren Gewichtsverlust. Auch die Kupferlegierungen wirken gegenseitig
mehr oder weniger zerstörend bezw. schützend aufeinander ein.
Eisenbronze, die in Verbindung mit Phosphorbronze dem Gewässer ausgesetzt war, wurde
ohne Eisenschutz rasch zerstört; unter gleichen
Verhältnissen, aber mit Eisenschutz, littsie
dagegen fast garnicht, und zwar auch dann nicht, wenn das Eisen nur mit der auf
Zerstörung wirkenden Phosphorbronze: in Berührung stand. Hieraus ergibt sich, dass
eine unmittelbare Berührung des schützenden und des zu schützenden Metalles nicht
erforderlich ist, dass es vielmehr genügt, wenn das Schutzmetall nur mit dem auf
Zerstörung wirkenden Metalle in Berührung steht oder mit dem zu schützenden in
anderer Weise leitend verbunden ist. Soll z.B. Eisen durch Zink gegen die
zerstörende Einwirkung von Bronze geschützt werden, so ist es zulässig, das Zink nur
an der Bronze zu befestigen. Der Schutz wird aber nur dann ausreichend sein, wenn
die Oberfläche des Zinkkörpers genügend gross ist und dieser nicht in zu weiter
Entfernung von dem zu schützenden Eisen angebracht wird.
IV. Kupfer. In einigen Fällen wurde reines Kupfer rasch
durch Seewasser zerfressen, während Kupfer mit reichlichem Arsengehalte unter
gleichen Verhältnissen gut erhalten blieb. Die auf Grund dieser Erfahrungen
angestellten Erprobungen führten zu folgenden Ergebnissen:
a) Reines (Elektrolyt) Kupfer und hüttenmässig
dargestelltes, sehr unreines Kupfer verhielten sich im Seewasser nicht erheblich
verschieden, wenn die einzelnen Kupfersorten von einander isoliert waren. Auch in
kohlensäurehaltigem Seewasser zeigte sich bei reichlicher Zuführung von
atmosphärischer Luft dasselbe Ergebnis.
b) Stäbe aus Elektrolytkupfer, die im Seewasser mit
arsenreichem Kupfer in Berührung standen, erlitten an den Kanten Anfressungen.
c) Eine an der Oberfläche bis auf einige kleine Stellen
mit Harn oxydierte Platte aus Elektrolytkupfer erlitt im Seewasser an den blank
gewesenen Stellen tiefere Einfressungen. Danach ist anzunehmen, dass das Kupfer mit
seinen Zersetzungsprodukten im Seewasser ein galvanisches Element bildet, in dem das
Metall Anode ist und gelöst wird.
d) Ein erheblicher Unterschied in dem Verhalten von;
umgeschmolzenem und nicht umgeschmolzenem Elektrolytkupfer war nicht bemerkbar.
e) Geglühtes Kupfer wurde im Seewasser nahezu doppelt so
stark angegriffen, als kalt verdichtetes mit etwa fünfmal so hoher Festigkeit an der
Streckgrenze.
f) Die Verzinkung schützt das Kupfer nur für kurze Zeit.
Nach der Zersetzung des Zinkes korrodiert das Kupfer umso stärker.
g) In der Berührung mit Eisen wird das Kupfer
beträchtlich gegen die Einwirkung des Seewassers geschützt, jedoch nicht
vollständig.
V. Anfressungen in den Kupferrohren auf Schiffen. Die
Kupferrohre der zum Herbeibringen von Seewasser oder zum Fortschaffen des
Leckwassers dienenden Schiffspumpen werden in neuerer Zeit oft sehr rasch
zerfressen. Die Anfressungen entstehen in der Berührung des Kupfers mit dem
Seewasser, also im Inneren der Rohre. Sie treten am häufigsten in der Nähe der
Lötstellen auf, an denen das Kupfer stark erhitzt worden ist. Zunächst bilden sich
Gruben, die allmählich an Tiefe zunehmen und schliesslich die Rohrwandung
durchdringen.
Die ausgeführten Untersuchungen lassen vermuten:
a) dass die Anfressungen auf den galvanischen Strom
zurückzuführen sind, der zwischen dem Kupfer und seinen Oxydationsprodukten im
Seewasser entsteht,
b) dass Kupfer mit reichlichem Arsengehalte (etwa 0,5 v.
H.) den Anfressungen besser widersteht, als reines Kupfer.
Es wird deshalb die Erprobung von Röhren aus Kupfer mit rund 0,5 v. H. Arsen
empfohlen. Kupfer mit 0,6 v. H. Arsengehalt zeigte sich noch gut bearbeitbar und
ebenso zähe, wie reines Kupfer. Auch Kupfer mit reichlichem Nickelzusatz widersteht
den Anfressungen vermutlich besser, als reines Kupfer.
Das Schützen der Kupferrohre durch Zink oder durch einen einzuführenden elektrischen
Strom würde nur dann Aussicht auf Erfolg bieten, wenn es möglich wäre, den Zinkschutzkörper bzw.
eine als Anode dienende, isolierte Metallstange durch den ganzen Rohrstrang
hindurchzuführen. Das stösst aber auf Schwierigkeiten in der praktischen Ausführung
und im Betriebe.
Bei der Zerstörung der Saugerohre von Zirkulationspumpen für Kondensatoren und der
Flügelräder dieser Pumpen wirkt vielleicht noch ein elektrischer Strom mit, der
durch das Rotieren der Flügelräder im Seewasser erzeugt wird. Dass durch das
Rotieren der Schiffsprozeller im Seewasser ein elektrischer Strom entsteht, wurde
nachgewiesen.
VI. Der Einfluss von Phosphor und Nickel im Eisen auf dessen
Seewasserbeständigkeit.
1. Einfluss des Phosphors.
Bei allen bisherigen Versuchen war ein Einfluss des grösseren oder geringeren
Phosphorgehaltes im Eisen auf dessen Neigung zum Verrosten nicht in die
Erscheinung getreten. Die Versuche hatten sich aber nur auf die Erprobung in der
Atmosphäre erstreckt, oder es waren die einzelnen Eisensorten voneinander
isoliert dem See- bezw. Kesselwasser ausgesetzt worden. Erfahrungen aus der
Praxis liessen nun vermuten, dass zwei Eisensorten von verschiedenem
Phosphorgehalte, die im See- oder Kesselwasser miteinander in metallischer
Berührung stehen, gegenseitig auf Zerstörung bezw. Schutz einwirken. Es wurde
angenommen, dass sich in solchem Falle ein galvanisches Element bilde, in dem
das phosphorärmere Eisen die Anode sei und stärker angegriffen werde, als bei
isolierter Aushängung im Seewasser, während das phosphorreichere Eisen – die
Kathode – mehr oder weniger geschützt werde.
Ein zunächst angestellter Versuch, bei dem Martineisen mit 0,006 v. H. Phosphor
und Bessemereisen mit rund 0,1 v. H. Phosphor in metallischer Berührung dem
Seewasser ausgesetzt wurden, bestätigte die Vermutung. Durch einen
umfangreicheren Versuch mit Eisen von weniger als 0,01, sowie von 0,062; 0,09;
0,23; 0,45; 0,84; 0,85 und 1,08 v. H. Phosphorgehalt sind dann nicht nur je zwei
in Berührung stehende Eisensorten im Seewasser erprobt worden, sondern es wurde
auch die Einwirkung des Seewassers auf einzelne, von einander isoliert
eingehängte Platten ermittelt, die bis zur halben Höhe eingetaucht waren. Die
Erprobung der je aus zwei Eisensorten bestehenden Versuchsstücke fand sowohl im
freien Seewasser des Kieler Hafens, als auch in grösseren Behältern statt, in
denen das Seewasser oft erneuert wurde. Die einzeln eingehängten Platten sind
nur in Behältern mit Seewasser erprobt worden. Die Ergebnisse dieses Versuches
waren kurz folgende:
a) Von zwei im Seewasser miteinander in metallischer Berührung stehenden
Eisensorten mit verschiedenem Phosphorgehalte wird die phosphorreichere mehr
oder weniger geschützt, die phosphorärmere aber umso stärker angegriffen. Bei
zwei in der Praxis vorkommenden Eisensorten mit gleich grosser Oberfläche und
einem Unterschiede im Phosphorgehalte von 0,08 v. H., die miteinander in
Berührung standen, betrug der Gewichtsverlust auf 1 qdm Oberfläche
ImHafenerprobtg
In einemBehältererprobtg
Anode. Eisen mit weniger als 0,01 v. H. P
= 11,7
4,3
Kathode. Eisen mit 0,09 v. H. P
= 3,7
2,15
Im Hafen war also der Gewichtsverlust des phosphorärmeren Eisens rund 3 Mal so
gross, als der des phosphorreicheren.
b) Der Einfluss des Phosphors wächst bei grösserem Unterschiede im
Phosphorgehalte zweier Eisensorten als 0,08 v. H. nicht mehr erheblich; die in
der Praxis vorkommenden geringen Unterschiede im Phosphorgehalte habeneinen
unverhältnismässig stärkeren Einfluss als grössere Unterschiede.
c) Das phosphorärmere Eisen wird um so stärker angegriffen, je kleiner dessen
Oberfläche im Verhältnisse zu derjenigen des phosphorreicheren Eisens ist. Bei
umgekehrtem Oberflächen Verhältnisse wird das phosphorreichere Eisen am besten
geschützt. Unter bestimmten Oberflächenverhältnissen wurde das phosphorärmere
Eisen rund 6-14 Mal so stark angegriffen, als das phosphorreichere.
d) Bei den halb eingetauchten Platten, von denen jede für sich isoliert war, hat
sich der Einfluss des Phosphors ebenfalls bemerkbar gemacht, wenn auch nicht in
so hohem Masse. Mit steigendem Phosphorgehalte nimmt der Gewichtsverlust ab. Der
Gewichtsverlust von Eisen mit weniger als 0,01 v. H. Phosphor verhält sich zu
dem des Eisens mit 0,09 v. H. Phosphor rund wie 7 : 6.
Aus diesen Ergebnissen lässt sich wohl auch erklären, dass das Schweisseisen in
der Regel der Korrosion besser widersteht, als das Flusseisen. Ersteres ist im
Durchschnitte reicher an Phosphor als letzteres und wird daher, wenn es im See-
oder Kesselwasser mit Flusseisen in Berührung steht, in der Regel weniger
angegriffen werden als dieses. Es kann aber auch der Fall eintreten, dass
Schweisseisen ärmer ist an Phosphor als Flusseisen, mit dem es in Berührung
steht, und dann stärker leidet, als das Flusseisen.
2. Einfluss des Nickels.
Nickelstahl mit 6 und 30 v. H. Nickel, sowie nickelfreies Eisen sind in gleicher
Weise erprobt worden, wie die Eisensorten von verschiedenem Phosphorgehalte. Die
Ergebnisse waren kurz folgende:
a) Stehen zwei Eisensorten von erheblicher Verschiedenheit im Nickelgehalte im
Seewasser miteinander in metallischer Berührung, so wird das nickelreichere
Material ganz oder zum Teil gegen Korrosion
geschützt, das nickelfreie oder nickelärmere Eisen aber umso stärker
angegriffen.
b) Bei einem Unterschiede im Nickelgehalte beider Eisensorten von 6 v. H. wurde
das nickelreichere Material nur noch eben merklich angegriffen, bei einem
Unterschiede von 23,5-30 v. H. garnicht mehr. Im ersteren Falle war der
Gewichtsverlust des nickelfreien bezw. nickelärmeren Eisens rund 1 ½ Mal, im
letzteren Falle rund doppelt so gross, als bei der Einwirkung des Seewassers auf
das von anderen Metallen isolierte Material.
c) Die Oberflächen beider Eisensorten eines jeden Versuchsstückes standen in dem
Verhältnisse 1 : 1. Bei anders gewählten Oberflächenverhältnissen steigert oder
verringert sich die Einwirkung auf Zerstörung oder Schutz wahrscheinlich.
d) Bei den halb eingetauchten Platten, von denen jede für sich isoliert
eingehängt war, hat der Nickelgehalt die Korrosion ebenfalls erheblich
beeinflusst. Die Gewichtsverluste stellen in dem Verhältnisse:
Harter Martinstahl mit 0,062 v. H. Phosphor.
= 100
Nickelstahl 6prozentig
= 65
Nickelstahl 30prozentig
= 26,6
oder
Flusseisen mit weniger als 0,01 v. H. Phosphor
= 100
Nickelstahl 6prozentig
= 55,7
Nickelstahl 30prozentig
= 22,9
Die für sich allein (isoliert) eingehängte Platte aus 30prozentigem Nickelstahle
hatte zwar im ganzen wenig an Gewicht verloren, sie zeigte aber am unteren Ende
örtliche Anfressungen von beträchtlicher Tiefe.
Die durch Messungen festgestellte Spannungsreihe der erprobten Eisensorten für
Seewasser steht in Uebereinstimmung mit den bei der Erprobung im Seewasser
eingetretenen Gewichtsverlusten.