Titel: | Ueberhitzer für Lokomotiven. |
Autor: | Ludw. v. Löw |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 440 |
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Ueberhitzer für Lokomotiven.
Von Ludw. v. Löw, Dipl.-Ing.
Ueberhitzer für Lokomotiven.
Die grosse Anzahl der verschiedenen Konstruktionen von Ueberhitzern zeigt
einesteils, dass man von der Ueberhitzung des Dampfes bei Lokomotiven einen grossen
Vorteil erwartet, andererseits, dass sich diese Ueberhitzer noch sehr im
Entwicklungszustand befinden.
Der Hauptnachteil der heute gebräuchlichen Konstruktionen liegt meiner Ansicht nach
darin, dass der Dampf beim Durchströmen von Rohren überhitzt werden soll. Hierbei
wirken nämlich zwei Gesetze der Ueberhitzung entgegen und zwar 1., dass sich der
Dampf in der Mitte des Rohres am raschsten und an den Wänden, also an den
Heizflächen, am langsamsten bewegt, und 2., dass der überhitzte Dampf ein sehr
schlechter Wärmeleiter ist. Diese beiden Umstände erschweren
es sehr, dem inneren Kern der Strömung Wärme zuzuführen, und wohl aus
diesem Grunde befindet sich bei Anwendung der bereits ausgeführten Ueberhitzer,
trotz der hohen Temperatur eines Teils des Dampfes noch stets Wasser in ihm.
Textabbildung Bd. 318, S. 440
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 318, S. 440
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 318, S. 440
Fig. 3.
Bedenken wir ferner, dass der Wert der Ueberhitzung nicht in
der Erhöhung des Wirkungsgrades des Carnotschen Kreisprozesses, sondern in der
Verminderung der Kondensation in den Zylindern liegt, wie durch Versuche
von Prof. M. F. Gutermuth festgestellt wurde, so müssen
wir unsere Bestrebung darauf richten, die gesamte
Dampfmenge und zwar nur um so viel zu überhitzen, dass keine Kondensation
stattfindet; dies kann aber aus den obigen Gründen durch hohe Temperaturen nicht
erreicht werden, sondern muss durch gute Mischung des gesättigten mit dem schon
überhitzten Dampf erfolgen.
Ein Ueberhitzer, der diese Aufgabe löst, und bei dem der Dampf durch reichliche
Wirbelungen in der denkbar innigsten Weise gemischt wird, ist in den Fig. 1 u. 2 für
Zwillingslokomotiven und 1 und 3 für Verbundlokomotiven dargestellt. Der Ueberhitzer
besteht aus einem, oder bei Verbundlokomotiven aus zwei zylindrischen Gefässen, von
denen das vordere, der Rauchkammertür näher gelegene, einen Teil des Verbinders
bildet. Diese Trommeln sind von geraden, sehr
dünnwandigen Heizrohren durchzogen, welche in derselben Entfernung wie die
Heizrohre des Langkesselsvon einander angeordnet sind und einen etwa um 1 mm
grösseren Durchmesser haben. Der Ueberhitzer kann daher mitten in die Rauchkammer,
also in den Hauptstrom der heissen Gase hineingestellt
werden, ohne dass dadurch das Reinigen der Kesselrohre erschwert würde. –
Wenn die Gase in den Kesselrohren eine grosse Geschwindigkeit haben, so gehen sie
direkt in die Ueberhitzerrohre über, wirkt aber der Exhaustor nicht, so steigen sie
grösstenteils schon vor dem Ueberhitzer in die Höhe, hierdurch wird einer zu grossen
Erhitzung der Rohre beim Stillstand der Lokomotive vorgebeugt. Um die verschiedene
Abnutzung der Rohrwände unschädlich zu machen, können die
Ueberhitzer trommeln in sechs verschiedenen Lagen eingebaut werden, denn
die Ein- und Ausströmöffnungen teilen den Umfang in drei und die Länge in zwei
gleiche Teile. Stellt sich z.B. bei der Reparatur der Lokomotive heraus, dass der
Ueberhitzer hinten unten stark verbrannt ist, so dreht man ihn zunächst um 120°,
später um ein zweites Drittel, alsdann macht man durch Drehung um eine vertikale
Achse die vordere Rohrwand zur hinteren u.s.w. – Schliesslich muss es noch als ein
Vorteil angesehen werden, dass die in den Ecken gelegenen Siederohre, die bei
gewöhnlichen Lokomotiven sehr unwirksam sind, durch den vor die mittleren Rohre
gestellten Ueberhitzer einen relativ kleineren Widerstand für die durchströmenden
Gase bekommen, wodurch ihre Heizfläche besser ausgenutzt wird.
Die jetzt üblichen Berechnungen der erforderlichen Ueberhitzerheizflächen lassen sich
auf den beschriebenen Ueberhitzer nicht anwenden, da man den günstigen Einfluss der
Wirbelungen während des Ueberhitzens noch nicht kennt; nur durch einwandfreie
Versuche beim Einbau verhältnismässig kleiner Ueberhitzer bei vorhandenen
Lokomotiven, deren Kessel infolge grosser Feuerkiste, kurzer Siederohre und starker
Beanspruchung einen geringen Wirkungsgrad hat, lässt sich feststellen, ob der zu
erwartende Vorteil eintritt oder ob es tatsächlich notwendig ist, die Ueberhitzer
mit kleiner Heizfläche, denn nur solche dürfen in anbetracht ihres Gewichts bei
Lokomotiven verwandt werden, solch hohen Temperaturen, wie heute üblich,
auszusetzen.