Titel: | Ueber die Ausströmung der gesättigten Wasserdämpfe. |
Autor: | W. Schüle |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 388 |
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Ueber die Ausströmung der gesättigten
Wasserdämpfe.
Von W. Schüle,
Breslau.
(Schluss von S. 372 d. Bd.)
Ueber die Ausströmung der gesättigten Wasserdämpfe.
Die Formel für den Teil der Ausflusszeit, währenddessen der
Mündungsdruck grösser als der äussere Druck ist.
Man erhält diesen Teil der Zeit auf gleichem Wege, wie die Formeln 14.), nur ist ψ konstant für verschiedenes \frac{p_i}{p_a} und daher die
Rechnung einfacher. Nach WeyrauchZeitschrift d. Ver. deutsch. Ing. 1899, S.
1164. ist
t_1=\frac{2}{r-1}\,\frac{V}{a\,F\cdot \psi\,\sqrt{p_0\,v_0}}\cdot \left[\left(\frac{p_0}{p_1}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}-1\right] 16.)
und mit
\psi=\left(\frac{2}{m+1}\right)^{\frac{1}{m-1}}\,\sqrt{2\,g\,\frac{k}{k-1}\,\frac{m-1}{m+1}}
t_1=\frac{2}{r-1}\,\left(\frac{m+1}{2}\right)^{\frac{1}{m-1}}\cdot \frac{V}{a\,F}\,\frac{1}{\sqrt{2\,g\,\frac{k}{k-1}\,\frac{m+1}{m+1}\,p_0\,v_0}}\cdot
\left[\left(\frac{p_0}{p_1}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}-1\right] 17.)
Es ist darin
\frac{k}{k-1}\cdot \frac{m-1}{m+1}=\frac{k}{1+k+2\,\zeta\,k}=\frac{1}{2\,(1+\zeta)}\cdot \frac{1}{1\cdot \frac{k-1}{2\,k\,(1+\zeta)}}
Der Wert \frac{k-1}{2\,k\,(1+\zeta)} im Nenner des zweiten Faktors ist höchstens (mit k = 1,135, ξ = 0) gleich \frac{1}{1-0,059} die Quadratwurzel \frac{1}{1-0,03}.
Wenn man also
\frac{k}{k-1}\cdot \frac{m-1}{m+1}=\infty\,\frac{1}{2\cdot (1+\zeta)}
setzt, so begeht man äussersten Falles einen Fehler von rund 3
v. H., meist jedoch, für feuchte Dämpfe, einen viel kleineren. Dann ist
t_1=\frac{2}{r-1}\,\left(\frac{m+1}{2}\right)^{\frac{1}{m-1}}\cdot \frac{V}{a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{g\cdot \frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}
\left[\left(\frac{p_0}{p_1}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}-1\right] . . . 17a.)
Der Wert
\left(\frac{m+1}{2}\right)^{\frac{1}{m-1}}E_0^{\frac{1}{m}}
ist nun für Dämpfe von 5-30 v. H. Feuchtigkeit fast genau
konstant, auch für die verschieden grossen Widerstände zwischen ξ = 0,05 und ξ = 2 nur
wenig verschieden, sodass man für alle Fälle E_0^{\frac{1}{m}}=1,63 setzen kann. Damit
wird
t_1=\infty\,\frac{1,04}{r-1}\cdot \frac{V}{a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot \left[\left(\frac{p_0}{p_1}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}-1\right] 17b.)
Spezieller Fall r = 1.Dieser Fall
ist von Weyrauch a. a. O. nicht behandelt. –
Für Gase würde r = 1 isothermischer Expansion
des Rückstandes entsprechen, ein Fall, der allerdings praktisch kaum
vorkommen dürfte. Bei Dämpfen ist die Sachlage
aber wesentlich anders und die Expansionslinie p . v = C sehr weit von der Isotherme entfernt.
Für r = 1 nimmt Gleichung 17 den unbestimmten Wert
\frac{0}{0} an. Es ist nämlich für r = 1
\frac{1}{r-1}\cdot \left[\left(\frac{p_0}{p_1}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}-1\right]=\frac{0}{0}
=\left(\frac{p_0}{p_1}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}\cdot \frac{1}{2\,r^2}\cdot ln\,\frac{p_0}{p_1} für r = 1, also
=\frac{1}{2}\cdot ln\,\frac{p_0}{p_1}
Damit wird
t_1=\left(\frac{m+1}{2}\right)^{\frac{1}{m-1}}\cdot \frac{V}{a\,F}
\frac{1}{\sqrt{2\,g\,\frac{k}{k-1}\,\frac{m-1}{m+1}\,p_0\,v_0}}\cdot ln\,\frac{p_0}{p_1} . . 18.)
oder mit denselben Kürzungen wie oben
t_1=0,52\,\frac{V}{a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot ln\,\frac{p_0}{p_1} . . 18a.)
Die Formeln für die ganze Entleerungszeit bei beliebig hohem
Druckverhältnis.
1. Fall. Die Expansion des Gefässinhalts erfolgt nach
dem Geset pvr = konstant.
Die ganze Entleerungszeit ist die Summe der Zeiten aus Gleichung 17.) mit \frac{p_0}{p_1}=\frac{p_0}{E\,p_a}
und aus Gleichung 14.) Der Wert von p1v1 ist in der letzteren Gleichung aus
p0 . v0r = p1v1r
zu entnehmen, also
p_1\,v_1=p_1^{1-\frac{1}{r}}\cdot p_0^{\frac{1}{r}}\cdot v_0
zu setzen. Damit wird der in Gleichung 14.) vorkommende
Ausdruck
\left(\frac{p_a}{p_1}\right)^{1-\frac{1}{r}}\cdot p_1\,v_1=p_0\,v_0\cdot \left(\frac{p_a}{p_0}\right)^{1-\frac{1}{r}}
Es ist also (mit den abgekürzten Formeln 14a.) u. 17b.)
t=\infty\,\frac{V}{a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot \left[\frac{1,04}{r-1}\cdot \left\{\left(\frac{p_0}{E_0\,p_a}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}-1\right\}\right
+\frac{1}{6,3\cdot r}\cdot \left(\frac{p_0}{p_a}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}\cdot \left((1-E_0\,\frac{r-1}{4\,r})\,\sqrt{{E_0}^2-1}\right
\left\left+\frac{5\,r-1}{4\,r}\cdot ln\,(E_0+\sqrt{{E_0}^2-1})\right)\right]
Für E0 kann man hierin
unbedenklich den Mittelwert 1,70 setzen. Für verschiedene Feuchtigkeitsgrade ist Eo ohnehin wenig verschieden (vergl. unten) und bei der
gesamten Zeit ist es gleichgiltig, ob man den Giltigkeitsbereich der beiden Formeln
genau nach dem jeweiligen Wert von Eo abgrenzt oder
nicht; denn in der Nähe des Ueberganges ist ψ nur wenig
veränderlich.
Verlangt man nicht äusserste Genauigkeit, so lässt sich die Formel noch bedeutend
vereinfachen. Es hat nämlich
\left(1-E_0\cdot \frac{r-1}{4\,r}\right)\,\sqrt{{E_0}^2-1}+\frac{5\,r-1}{4\,r}\cdot ln\,(E_0+\sqrt{{E_0}^2-1})
für den grössten Wert von r = k = 1,135 und mit E0 = 1,7 den Wert 2,46, für r = 1,05 dagegen den Wert 2,48. Im Mittel kann man also
für alle Fälle diesen Ausdruck gleich 2,47 setzen und erhält dann
t=\infty\,\frac{V}{a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot \left[\frac{1,042}{r-1}\cdot \left(\left(\frac{p_0}{E_0\,p_a}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}-1\right)+\frac{0,392}{r}\cdot
\left(\frac{p_0}{p_a}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}\right]
=\frac{V}{a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot \left[\left(\frac{p_0}{E_0\,p_0}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}\cdot
\left(\frac{1,042}{r-1}+\frac{0,392}{r}\cdot E_0^{\frac{r-1}{2\,r}}\right)-\frac{1,042}{r-1}\right] . . . 19a.
Hierin wird äussersten Falles mit r = k der Wert
\frac{1}{r}\,E_0^{\frac{r-1}{2\,r}}=\frac{1}{r}\cdot 1,7^{\frac{r-1}{2\,r}}=0,91
und
\frac{0,392}{r}\cdot E_0^{\frac{r-1}{2\,r}}=0,356
während mit r = 1 derselbe Wert
0,392 wird. Das Glied\frac{1,04}{r-1} ist aber im ersten Fall 8,32, im zweiten Fall
∞.
Man kann daher unbedenklich
\frac{0,392}{r}\,E_0^{\frac{r-1}{2\,r}}=\infty\,0,37
setzen und erhält dann
t=\frac{V}{0,96\cdot a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot \left[\left(\frac{p_0}{E\,p_a}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}\cdot
\left(\frac{1}{r-1}+0,355\right)-\frac{1}{r-1}\right] 19b.
2. Fall. Die Expansion des Gefässinhaltes erfolgt nach
dem Gesetz p . v = Konst. = p0v0 = p1v1. Hierfür wird die ganze
Ausflusszeit
t=\frac{V}{a\,F}\cdot \frac{E_0^{\frac{1}{m}}}{\sqrt{2\,g\,\frac{k}{k-1}\,\frac{m-1}{m+1}\,p_0\,v_0}}\,ln\,\frac{p_0}{p_1}+\frac{V}{a\,F}\,\frac{\sqrt{E^2-1}+ln\,(E+\sqrt{E^2-1})}{\sqrt{2\,g\,\frac{k}{k-1}\,\frac{m^2-1}{m}\,p_1\,v_1}}
oder
t=\frac{V}{a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{2\,g\,\frac{k}{k-1}\,\frac{m-1}{m+1}\,p_0\,v_0}}\,\left[E_0^{\frac{1}{m}}\cdot ln\,\frac{p_0}{E_0\,p_a}+\frac{\sqrt{m}}{m+1}\cdot
\left(\sqrt{{E_0}^2-1}+ln\,(E_0+\sqrt{{E_0}^2-1})\right)\right] . . . 20.)
Der Wert \frac{\sqrt{m}}{m+1} ist für m = 1,135 gleich \frac{1,065}{2,135}=0,498
= 0,498, m = 1,050 gleich \frac{1,025}{2,05}=0,500. Man kann
daher \sqrt{\frac{m}{m+1}}=0,50 für alle Fälle setzen. Ferner wird für E0 = 1,7 der Ausdruck \sqrt{{E_0}^2-1}+ln\,(E_0+\sqrt{{E_0}^2-1})=2,496=\infty\,2,5. Auch der
Wert
E^{\frac{1}{m}}=\left(\frac{m+1}{2}\right)^{\frac{1}{m-1}}
unterscheidet sich, für Werte von m zwischen 1,13 und 1,05 nur äusserst wenig von dem Mittelwert 1,63. Man
erhält also nun
t=\frac{V}{a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{2\,g\,\frac{k}{k-1}\,\frac{m-1}{m+1}\,p_0\,v_0}}\cdot \left[1,63\,ln\,\left(\frac{p_0}{1,7\,p_a}\right)+1,25\right]
Wenn man wie früher
\frac{k}{k-1}\cdot \frac{m+1}{m+1}=\frac{1}{2\cdot (1+\zeta)}
setzt, wird
t=\frac{V}{3,13\,a\,F}\cdot \frac{1,25}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot \left[1+1,304\cdot ln\,\left(\frac{p_0}{1,7\,p_a}\right)\right]
oder
t=\frac{V}{2,5\,a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot \left(1+3\cdot log\,\left(\frac{p_0}{1,7\,p_a}\right)\right)Für r = 1 muss Gleichung 19b.) in Gleichung 20a.)
übergehen. Nach Ausrechnung des unbestimmten Wertes der Gleichung 19b.)
ergibt sich dies auch mit grosser Annäherung, wenn statt des obigen
Mittelwertes 0,37 der für r = 1 genaue Wert
0,392 gesetzt wird. . . 20a.)
Zusammenfassung und Anwendung der entwickelten
Formeln.
Hat man die Entleerungszeit eines mit feuchtem Dampf gefüllten Gefässes zu berechnen,
so ist zuerst zu entscheiden, ob der Anfangsdruck im Inneren grösser oder kleiner
als das 1,7 fache des äusseren Druckes ist.
1. Fall, pi < 1,7 pa.
Beträgt z.B. bei Ausströmung in die freie Atmosphäre der innere Druck weniger als 1,8
Atm., oder bei Ausströmung in ein Vacuum von 0,1 Atm. der innere Druck weniger als
0,18 Atm., so sind die Formeln 14a.) und 15) anzuwenden. Dabei ist dann zu
überlegen, ob die Expansion des Gefässrückstandes mit oder ohne Wärmezufuhr
stattfindet, a.) Häufig wird kräftige Wärmezufuhr vorhanden sein, dann ist die
vollständige Entleerungszeit
t=\frac{V}{630\,a\,F}\,\frac{1}{\sqrt{\frac{p_1\,v_1}{1+\zeta}}}\cdot [\sqrt{E^2-1}+ln\,(E+\sqrt{E^2-1})]
worin E=\frac{p_i}{p_a} und pi der Anfangsdruck in kg/qcm
V ist in cbm, F in qm
einzusetzen. Führt man noch e=\sqrt{E^2-1}+ln\,(E+\sqrt{E^2-1}) sein, so ist
Textabbildung Bd. 318, S. 390
Fig. 3.
t=\frac{V}{630\,a\,F}\cdot \frac{e}{\sqrt{\frac{p_1\,v_1}{1+\zeta}}} . . 15a.)
worin e aus nachstehender Tabelle
entnommen werden kann
\frac{p_i}{p_a}=
E = 1,7
1,6
1,5
1,4
1,3
1,2
1,1
e = 2,500
2,302
2,081
1,848
1,588
1,286
0,902
Das spezifische Volumen ist v1 = x . s1 zu setzen,
worin s1, das
Volumen von 1 kg trockenen Dampfes, aus den
Dampftabellen zu entnehmen ist. x ist die spezifische
Dampfmenge, das Gewicht des reinen Dampfes in 1 kg nassem Dampf (x liegt praktisch meist in den Grenzen 0,7 und 1).
In Fig. 3 sind die Entleerungszeiten t nach Formel 15a.) aufgezeichnet, mit \frac{p_i}{p_a} als
Abszissen. (Strecke AO der Kurve.)
b) Nähert sich die Expansion des Gefässrückstandes mehr dem adiabatischen Vorgang, so
ist r > 1 aber < k zu wählen, worin k = 1,035 + 0,1 x. Die Rechnung ist dann nach der Formel 14a.)
t=\frac{V}{630\,a\,F}\,\frac{1}{\sqrt{\frac{p_1\,v_1}{1+zeta}\,\left(\frac{p_a}{p_1}\right)^{1-\frac{1}{r}}}}\cdot \left[\left(1-E\cdot
\frac{r-1}{4\,r}\right)\,\sqrt{E^2-1}+\frac{5\,r-1}{4\,r}\,ln\,(E+\sqrt{E^2-1})\right]
durchzuführen und erfordert mehr Zeitaufwand. (Ueber den
UnterschiedDer Unterschied ist
in der Tat so klein, dass man praktisch immer nach der einfacheren Formel 15
a rechnen wird. Der Klammerausdruck ist in Gleichung 14a nur wenig kleiner
als in Gleichung 15, dafür ist der erstere noch mit \left(\frac{p_1}{p_m}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}
multipliziert, einer Zahl, die wenig grösser als 1 ist. der
Ergebnisse vergl. Beispiele weiter unten.)
2. Fall. Es ist pi > 1,7
pa.
Ist beim Ausströmen in die freie Atmosphäre der innere Anfangsdruck > 1,7 Atm., oder
beim Ausströmen in ein Vacuum von 0,1 Atm. grösser als 0,17 Atm., so ist Formel
20a.) zu verwenden
a.) für r = 1
t=\frac{V}{250\,a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot \left(1+3\cdot log\,\frac{p_0}{1,7\,p_a}\right)
worin p0 der innere Anfangsdruck in kg/qcm und pa der äussere Druck ist.
b.) für r > 1 ist
t=\frac{V}{96\,a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot \left[\left(\frac{p_0}{1,7\,p_a}\right)^{\frac{r-1}{2\,r}}\cdot
\left(\frac{1}{r-1}+0,355\right)+\frac{1}{r-1}\right] . . 19b.)
In Fig. 3 sind wieder die Zeiten t als Ordinaten zu den Verhältnissen \frac{p_i}{p_a}\,>\,1,7 als
Abszissen, Strecke AB der Kurve, aufgetragen. Die
Kurvenstücke AB und AO schliessen sich, wie man erkennt, tangential aneinander.
Es ist noch wichtig, unmittelbar zu erkennen, wie sich bei der allmählichen
Drucksenkung die Zeiten für Zurücklegung gleich grosser
Spannungsunterschiede verhalten. Fig. 4
zeigt in ihren Ordinaten diese Zeiten für die Druckabnahme um je ½ Atm. AB ist z.B. die Zeit, welche vergeht, bis der
Druck von 3 auf 2,5 Atm. sinkt, A1B1 die Zeit für den Ausgleich der letzten halben Atmosphäre 1,5 bis 1 Atm. Die letztere
Zeit ist rund 3,5 mal so gross als die erstere. Dasselbe zeigt Fig. 5 für Spannungsintervalle von je 1/10 Atm. Zur
Drucksenkung von 1,1 bis 1 Atm. ist 4,5 mal so viel Zeit nötig, als zur Drucksenkung
von 1,7 auf 1.6 Atm. (bei Ausströmung in die Atmosphäre).
Textabbildung Bd. 318, S. 390
Fig. 4.
Für die richtige Beurteilung der Dampfausströmung aus Dampfmaschinenzylindern
ist dies von grosser Bedeutung.
Die folgende Tabelle über die Werte E0 (Grenzverhältnis für die Grösse des
Mündungsdrucks) für verschiedene Feuchtigkeitsgrade und Widerstände lässt erkennen,
dass E0 nur
wenig veränderlich ist.Bei Annahme der
neuen Zeunerschen Hypothese ist dies freilich
durchaus nicht mehr der Fall. Sollte diese richtiger sein, als die ältere,
so müssen die Formeln bei Vorhandensein grösserer Widerstände einige
Abänderungen erfahren. Die Ausflusszeiten würden grösser werden als nach obigen Formeln, sobald der innere Druck
grösser als das 1,7 fache des äusseren wäre. Namhafte Unterschiede würden
jedoch erst bei beträchtlichen Widerständen hervortreten, und überhaupt nur
dann, wenn der innere Druck grösser als das 1,7 fache des äusseren
wäre.
Textabbildung Bd. 318, S. 391
Fig. 5.
Werte von E0.
Widerstandskoeffizient ξ
0,05
0,5
2
Feuchtigkeitsgehaltdes
Dampfes
5 v. H.15 „ „30 „ „
1,7231,7211,71
1,7011,7001,69
1,6731,6551,65
Rechnungsbeispiele für die Entleerungszeit von Dampfgefässen
ohne Zufluss.
Die obigen Formeln gelten nur für den Fall, dass
1. Der Mündungsquerschnitt von Anfang der Ausströmung an
vollständig geöffnet ist, oder
2. wenn die Eröffnungszeit klein ist gegenüber der
Ausflusszeit, oder
3. für den Teil der ganzen
Ausflusszeit von dem Augenblick an, wo bei allmählicher Eröffnung der Mündung
diese vollständig geöffnet ist.
1. Beispiel.
Im Zylinder einer Auspuffdampfmaschine befinde sich in dem Augenblick, in welchem der
Ausströmkanal gerade ganz offen ist und der Kolben in der Totlage stehe, noch Dampf
von 1,7 kg/qcm
abs. Spannung mit 30 v. H. Wassergehalt. Wieviel Sekunden vergehen, bis der Druck im
Zylinder auf 1,0 kg/qcm gesunken ist, vorausgesetzt, dass der Kolben während dieser Zeit still
steht oder sich nur wenig bewegt?
Zylinderdurchmesser D = 500 mm, Hub H = 1000 mm, schädlicher Raum 7 v. H., Querschnitt der
Ausströmmündung 200 qcm, Kontraktionskoeffizient α =
0,8, Widerstandskoeffizient ξ = 1,5.
Lösung.
a) Die Expansion des Rückstandes erfolge nach dem Gesetz p . v = Konst.
Das ganze Dampfvolumen ist V=1,07\cdot \frac{\pi\cdot 0,5^2}{4}\cdot 1=0,21 cbm. Das spezifische Gewicht des trockenen Dampfes
von 1,7 kg/qcm ist
nach Dampftabelle γ = 0,958, daher das spezifische
Volumen \frac{1}{0,958} und dasjenige des nassen Dampfes mit
x = 1 – 0,3 = 0,7 spezifischer Dampfmenge
v_1=\frac{0,7}{0,958}. Nach Tabelle ist in der Formel
t=\frac{V}{630\,a\,F}\cdot \frac{e}{\sqrt{\frac{p_1\,v_1}{1+\zeta}}}
der Wert e = 2,50, daher
t=\frac{0,21}{630\cdot 0,8\cdot 0,02}\cdot \frac{2,5}{\sqrt{\frac{1,7\cdot 0,731}{1+1,5}}}=\frac{1}{13,5}=0,074 Sek.
Würde die Maschine mit 90 Umdrehungen i. d. Minute laufen, so würde sich, his der
Druckausgleich, vollzogen ist, die Kurbel um \frac{90\cdot 360}{60}\cdot 0,074=\infty\,40^{\circ} drehen. Das Volumen V bleibt also nicht konstant, sondern wird kleiner. Die
Ausflusszeit wird dann grösser werden, als 0,074 Sek., weil beim Zurückgehen des
Kolbens Kompression des Rückstandes erfolgt. Der Betrag dieses Einflusses kann nicht
geschätzt werden, dürfte aber für den vorliegenden Fall nicht gross sein.
b) Die Expansion des Rückstandes {PROBLEM}unlesbar{PROBLEM} adiabatisch.
k = 1,035 + 0,1 . 0,7 = 1,1
Nach Gleichung 14a.) ergibt sich t=\frac{1}{12,2}=0,082 Sek., also bei umlaufender Maschine ein
Drehwinkel von
\frac{90\cdot 360}{60}\cdot 0,082=\infty\,44^{\circ}.
Der Unterschied ist gegen a) unbedeutend. Es ist daher
vorzuziehen nach Gleichung 15a.) zu rechnen, für die sich die Zahlenrechnung
wesentlich einfacher gestaltet.
2. Beispiel.
Der Austritt des Dampfes in Beispiel 1 erfolge in einen Kondensator mit 0,1 kg/qcm Spannung.
Welche Zeit verstreicht unter denselben Verhältnissen bis zum vollständigen Druckausgleich?
Lösung.
Da \frac{p_i}{p_a}=\frac{1,7}{0,1}=17 also viel grösser als der Grenzwert 1,7, so ist Gleichung 20a.) zu
verwenden.
t=\frac{V}{250\,a\,F}\cdot \frac{1}{\sqrt{\frac{p_0\,v_0}{1+\zeta}}}\cdot \left(1+3\cdot log\,\frac{p_0}{1,7\,p_a}\right)
Da log\,\frac{p_0}{1,7\,p_a}=log\,\frac{1,7}{1,7\cdot 0,1}=log\,10=1 ist, so wird
t=\frac{0,21}{250\cdot 0,8\cdot 0,02}\cdot \frac{1}{0,705}\cdot 4=0,298 Sek.
Bei umlaufender Maschine würde sich während des Druckausgleichs die Kurbel um
\frac{90\cdot 360}{60}\cdot 0,298=\infty 161^{\circ}
drehen!
Daraus lässt sich zunächst nur erkennen, dass es unmöglich
ist, dass bei der laufenden Maschine die Spannung im Zylinder bis auf die volle
Kondensatorspannung sinkt.
Infolge des allmählichen Schleissens der Kanäle und des Zurückgehens des Kolbens wird
nämlich bei 161° die Kondensatorspannung noch lange nicht erreicht sein.
Bei adiabatischer Ausdehnung der Zylinderrückstände würde sich nach Gleichung 19b.)
für t ein nur wenig von dem obigen verschiedener Wert
ergeben.
3. Beispiel.
Der Dampf ströme aus dem gleichen Zylinder, aber aus einer Mündung von 12 mm
Durchmesser ins Freie. Welche Zeit ist bis zum vollen Druckausgleich
erforderlich?
Man erhält mit Benutzung der Ergebnisse unter Beispiel 1
t=\frac{1}{13,5}\cdot \frac{200}{\frac{\pi\cdot 1,2^2}{4}}=\frac{177}{13,5}=13,1 Sek.
Wäre ξ nicht 1,5, sondern, wie für einfache Mündungen
häufig, ξ = 0,05, so wäre
t=13,1\,\sqrt{\frac{1+0,05}{1+1,5}}=8,5 Sek.
4. Beispiel.
(zugleich Vergleich mit der für kleine Spannungsverhältnisse
\left(\mbox{bis }\frac{p_i}{p_a}=1,25\right) giltigen Grashofschen Formel).
Welche Zeit verstreicht, bis durch Ausströmen ins Freie aus der Mündung F die Spannung in einem Dampfraum von V-cbm, der Dampf von 1,25 kg/qcm und 30 v. H. Feuchtigkeit enthält,
bis auf 1 kg/qcm
gesunken ist? (ξ = 1,5)
Für adiabatischen Vorgang folgt aus Gleichung 14 a
t=\frac{1}{240}\cdot \frac{V}{a\,F}
Die Grashofsche Formel lautet mit den hier gebrauchten
Benennungen
l=\frac{2\,V}{k\,a\,F}\,\frac{1}{\sqrt{\frac{2\,g\cdot p_1\,v_1}{(1+\zeta)\cdot (1-\frac{p_a}{p_i})}}}\cdot \left[1+(\frac{2}{3}-\frac{1}{3}\cdot
\frac{1}{k}+\frac{1}{4}\cdot \frac{1}{m})\,(1-\frac{p_a}{p_i})\right]
und ergibt t=\frac{1}{245}\,\frac{V}{a\,F} also hinreichende
Uebereinstimmung.Für Ausdehnung nach dem Gesetz p
. v = Konst. würde nach Gleichung 15a.) t=\frac{1}{219}\,\frac{V}{a\,F}
sein.
Schlussbemerkungen.
Der Zweck der vorstehenden Ausführungen sollte hauptsächlich sein, die Gleichungen
für die Ausströmung der nassen Wasserdämpfe in einfachere Gestalt zu bringen, um
leichteren Einblick in die einzelnen Vorgänge zu verschaffen und praktische
Rechnungen über verwickeltere Ausströmungsaufgaben zu ermöglichen. Bei Erwähnung der
grundlegenden Tatsachen und Gleichungen war auf eine bis dahin nicht beachtete,
eigentümliche Erscheinung beim Ausströmen unter Widerstand hinzuweisen, die nach der
neuesten Hypothese Zeuners eintreten muss, wenn diese
der Wirklichkeit entspricht. – An dem Beispiel der Ausströmung gesättigter
Wasserdämpfe aus Gefässen ohne Zufluss (Zeit für den Druckausgleich) wurde der
praktische Nutzen der vereinfachten Ausflussformel erwiesen. Die Lösung dieser
Aufgabe, die bis jetzt ausstand, führt auf Ausdrücke für die Zeit, die nur ganz
einfache Zahlenrechnungen verlangen und z.B. für die Beurteilung der
Ausströmungsvorgänge bei Dampfmaschinen nicht ohne Nutzen sein dürften.