Titel: | Neuerungen an den verschiedenen Systemen der drahtlosen Telegraphie. |
Autor: | Adolf Prasch |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 363 |
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Neuerungen an den verschiedenen Systemen der
drahtlosen Telegraphie.
Von Ingenieur Adolf Prasch,
Wien.
(Fortsetzung von S. 340 d. Bd.)
Neuerungen an den verschiedenen Systemen der drahtlosen
Telegraphie.
Neuere Wellenempfänger.
1. Der einfache Wellenempfänger von L. Bleekrode.
Gelegentlich der Vorversuche für die Einführung der Wellentelegraphie nach System
Popoff, zwischen dem Haken von Holland und dem 15
km entfernt verankerten Regierungs-Leuchtschiffe, sollte auch der Versuch einer
telephonischen Verbindung gemacht werden. Ha die hierfür notwendigen Instrumente von
den verschiedenen Gesellschaften Dicht soleicht zu beschaffen waren, versuchte
Bleekrode eine äusserst einfache Anordnung, welche
vorzügliche Ergebnisse lieferte. Er befestigte zwei Stück gewöhnlicher Lampenkohle
von 5 cm Länge auf einem quadratischen Bodenbrett und verband dieselben mit einigen
Trockenelementen und einem Telephone zu einem Stromkreis, wobei die Verbindung
zwischen den beiden Kohlen durch drei quer und lose über dieselben gelegte Nähnadeln
erfolgte. Diese Vorrichtung ist zum Empfange bereit, wenn die eine Kohle mit dem Luft drahte, die
andere mit der Erde verbunden wird. Mit dieser einfachen Einrichtung konnten die
Zeichen des Morsealphabetes nach dem Gehöre mit
Leichtigkeit und grosser Genauigkeit aufgenommen werden. Der auf diese Weise
gebildete Fritter erwies sich für die in Rede stehende allerdings geringe Entfernung
ausreichend empfindlich und erfolgte die Aufnahme der Nachrichten weit schneller,
als es bei Verwendung eines Relais in Verbindung- mit einem Morse Schreibapparate möglich gewesen wäre. Da dieser Fritter leicht
transportabel ist und jederzeit zusammengestellt werden kann, dürfte er sich für
vorübergehende Einrichtungen zur drahtlosen Telegraphie als besonders nützlich
erweisen.
Bei der im Laboratorium festgesetzten Untersuchung über die Wirkungsweise dieses
Fritters wurde, da eine Entfrittung desselben bei Verwendung des Telephones nicht
notwendig war. an Stelle des Telephones ein aperiodisches Galvanometer der
Westontype eingeschaltet. Im Nachbarraume wurde mit einem Funken von 3 cm gearbeitet
und zeigte sich hierbei, dass jede Entladung eine Ablenkung der Galvanometernadeln
bewirkte, dass dieselbe aber niemals in ihre ursprüngliche Lage zurückkehrte, ausser
es wurde der Fritter durch eine leichte Erschütterung der Unterlage entfrittet. Dass
beim Teilephon ein Entfritten nicht notwendig war, wird der Selbstinduktion der
Telephonspule zugeschrieben, welche anscheinend gross genug war, um diese
Entfrittung zu bewirken, während diese Erscheinung bei Verwendung- des Galvanometers
nicht so kräftig zum Ausdrucke gelangte.
Bei Versuchen mit anderen Materialien, wie Kupfer, Nickel und Platin, sowie auch mit
granulierter Mikrophonkohle an Stelle der Stahlnadeln, erwies sich dieser Fritter
gleichfalls ausreichend empfindlich, nur zeigte sich bei Verwendung von Platin und
Kohle manchmal eine Erhöhung an Stelle der Verringerung des Widerstandes.
Ein auf die quer gelegten Nadeln und hierdurch auf die Kontaktfläche ausgeübter Druck
verhinderte den Einfluss elektrischer Wellen in keiner Weise. Wurden die Nadeln mit
1,5–5 kg belastet und hierbei die Vorsicht gebraucht, zwischen die Nadeln und dem
Belastungsgewichte eine Glasplatte zu legen, so stellte sich die Ablenkung- des
Galvanometers oder das Ansprechen des Telephones unter Einwirkung des Funkens ebenso
ein, wie in nichtbelastetem Zustande. Die ganze Einrichtung ist selbstredend ein
sehr empfindliches Mikrophon, welches aber in der angegebenen Weise belastet, gegen
Lautimpulse völlig unempfindlich wird.
2. Der magnetische Wellenempfänger von Marconi. Auf die
Untersuchung von Rutherford und anderer gestützt,
welche die Einwirkung- elektrischer Ströme von hoher Frequenz auf ein Bündel
magnetisierter Drähte eingehend studierten und fanden, dass hierbei eine rasche aber
vorübergehende Entmagnetisierung- des Drahtbündels erfolgte, hat Marconi es übernommen zu untersuchen, ob diese
Erscheinung nicht auch für Zwecke der drahtlosen Telegraphie nutzbar gemacht werden
könne. Marconi ist es nun gelungen, einen
Wellenempfänger zu schaffen, welcher bei sehr grosser Empfindlichkeit sehr
zuverlässig wirken soll und welchem nach Marconis
Ansicht der Vorzug vor den Frittern zu geben ist, denen trotz der sorgfältigsten
Zusammenstellung immer noch ein gewisser Grad der Unzuverlässigkeit anhaftet. Dieser
Empfänger besteht aus einem aus dünnen Eisendrähten zusammengesetzten Kern oder
Stab, über welchen ein oder zwei Lagen dünnen isolierten Kupferdrahtes gewunden
werden. Ueber diese Windungen kommt eine Lage Isolationsmaterial, auf welches ein
gleichfalls isolierter Kupferdraht, jedoch von be deutend grösserer Länge,
aufgewunden wird. Die untere Drahtlage kann hier als die primäre, die obere
Drahtlage als die sekundäre Wicklung bezeichnet werden. Die Primärwicklung wird
einesteils mit dem Luftdrahte anderenteils mit der Erde eventuell unter
Zwischenschaltung eines Resonators verbunden. Die Enden der sekundären Wicklung sind
mit einem Telephone oder sonst einem passenden Empfangsinstrumente in Verbindung. In
unmittelbarer Nähe des Eisenkerns ist ein permanenter Magnet, am besten ein
Hufeisenmagnet, angeordnet, welcher durch ein Uhrwerk so gedreht wird, dass ein
langsamer aber stetiger Wechsel in der Magnitisierung des Eisenkernes eintritt,
wobei der Richtungswechsel aber erst dann erfolgt, wenn der Magnet am neutralen
Punkte zwischen den beiden Enden des Kernes angelangt ist.Werden nun von einem
Sender diesem Empfänger schnelle, elektrische Schwingungen von passender Periode
zugeführt, so tritt ein plötzlicher Wechsel in der Magnetisierung des Eisenkernes
auf, welcher naturgemäss Induktionsströme in den letzteren umgebenden Windungen
hervorruft, die sich wieder in dem Telephone durch entsprechende Töne vernehmbar
machen. Es lassen sich auf diese Weise die von der Sendestation einlangenden
telegraphischen Zeichen mit grosser Sicherheit aufnehmen.
Wird der das Eisenbündel erregende Magnet entfernt oder bleibt derselbe in der Ruhelage, so reagiert dieser Empfänger nicht mehr
auf diese Impulse selbst, wenn dieselben sehr kräftig übertragen werden.
Dieser Empfänger gelangte längere Zeit hindurch für die Aufnahmen der telegraphischen
Zeichen zwischen den Stationen St. Chaterines Point, Isle of Wight und the North
Haven Poole über eine Entfernung von 46 km und ebenso zwischen Poldhu in Cornwall
und the North Haven über eine Entfernung von 243,2 km. wovon 68,8 km über Hochland
und 174,4 km über See gingen, erfolgreich zur Anwendung. Es wurde hierbei die
Erfahrung gewonnen, dass die Signale mit diesem Wellenempfänger über die gleiche
Entfernung auch dann mit Sicherheit aufgenommen werden konnten, wenn in der
Sendestation eine geringere Kraft zur Aufwendung gelangte, als solche notwendig
gewesen wäre, um einen passenden Fritter zum Ansprechen zu bringen. Die Signale im
Telephon waren dann am schwächsten, wenn die Pole des rotierenden Magnetes die Enden
des Kernes gerade verliessen. während sie am stärksten auftraten, wenn sich die
Magnetpole dem Kerne näherten.
Textabbildung Bd. 318, S. 364
Fig. 58.
Sehr gute Ergebnisse wurden mit einem Wellenempfänger, Fig.
58, erzielt, bei welchem der Kern aus einem endlosen Drahseil S aus dünnen Eisendrähten bestand, das über Rollen
gelegt und mittels Uhrwerk in fortwährender, gleichförmiger Bewegung erhalten wurde.
Gegenüber diesem Seile in der Mitte zwischen den beiden Hollen befand sich ein
permanenter Hufeisenmagnet M, welcher auf das Eisen
einen magnetisierenden Einfluss ausübte. Das Drahtseil war durch eine Hülse lose
hindurch geführt, über welche die Drähte p und s der Primär- und Sekundärwicklung geschoben wurden. Es
gelangten hierbei immer neue Teile des Seiles zur Magnetisierung und war die Wirkung
in diesem Falle insofern eine bessere, als die Zeichen stets von gleicher Stärke
blieben. Besser ist es, statt eines Hufeisenmagnetes deren zwei zu verwenden, die
einander gegenüber liegen und sich die gleichen Pole zukehren. Je näher die Magnete
zu den Drähten liegen, desto kräftiger ist die Wirkung.
Mit diesem Empfänger werden die besten Wirkungen bei einer genau festgestellten
magnetischen Kraft erzielt, deren Grösse jedoch von einer Reihe von Faktoren abhängt
und für jeden einzelnen Fall ermittelt werden muss. Ebenso ist eine gewisse
Geschwindigkeit der Bewegung Bedingung, uni die besten Ergebnisse zu erhalten. Marconi hat für den Empfänger mit sich drehendem
Magnete jene Geschwindigkeit als die vorteilhafteste ermittelt, bei welcher der
Magnet eine gleichmässige Umdrehung in dem Zeitraume von zwei Minuten vollführt. Bei
dem Empfänger mit endlosem Drahtseil wird die Zurücklegung eines Weges von 7,5 cm in
der Sekunde als die zweckentsprechendste bezeichnet.
Für den Kern oder das endlose Seil kann sowohl Stahl als auch Eisen verwendet werden.
Das beste Ergebnis wurde, jedoch mit hartgezogenen Eisendrähten oder sonstigen
Drähten aus weichem Eisen erzielt, welche vor ihrer Verwendung über die
Elastizitätsgrenze ausgedehnt wurden. Marconi verwendet
für seine Empfänger einen Eisenkern von 30 hartgezogenen Eisendrähten mit je einem
Durchmesser von 0,5 mm nun und umwindet dieselben mit Seide umsponnenem Kupferdraht
von 0,019 mm Durchmesser in einer Lage, wobei der Draht eine Länge von 2,4 m hat. Für
die Sekundärwicklung wird der gleiche Draht verwendet und dessen Länge so bemessen,
dass der Widerstand der Spule dem Widerstand der Telephonspule annähernd gleich
ist.
Die Länge der zwischen St. Chaterine's Point und Northhaven zur Verwendung gelangten
elektrischen Wellen betrug annähernd 200 in und waren die angegebenen Grössen für
diese Wellenlängen ermittelt. Gelangen längere Wellen zur Anwendung, so ist es von
Vorteil, die Länge der Primärwindung zu vergrössern.
Es steht ausser Zweifel, dass die Sekundärwicklung bei diesem Empfänger ganz
entfallen kann, indem das Telephon zwischen das eine Ende der Primärwicklung und der
Erde geschaltet wird. Es sprechen jedoch verschiedene Gründe für die Beibehaltung
der zweiten Windung.
Wie schon erwähnt wurde, ist dieser Wellenempfänger viel empfindlicher, als ein
Fritter und scheint sich auch viel besser zu bewähren als dieser, und zwar aus dem
Grunde, weil derselbe weder einer besonderen Vorkehrung, noch einer Adjustierung
bedarf, wie solche sich heim Fritter unabweisslich ergeben. Von besonderem Vorteil
erweist sich die Anwendung dieses neuen Empfängers für die abgestimmte
Wellentelegraphie. Die elektrische Abstimmung zwischen Sender und Empfänger ist
nämlich von der genauen elektrischen Resonanz der verschiedenen Stromkreise der
Transformatoren abhängig, wie solche in dem Empfängerstromkreise zur Anwendung
gelangen. Bei Verwendung von Frittern bot die Tatsache, dass es nicht immer möglich
wird, den dritter nach erfolgter Anregung durch Klopfen auf den ursprünglichen
Widerstand zu bringen, grosse Schwierigkeit für eine genaue Abstimmung. Der
Sekundärstromkreis der genannten Transformatoren war nämlich zu gewissen Zeiten
offen und zu gewissen Zeiten durch einen veränderlichen Widerstand geschlossen, und
wies demnach bemerkbare Aenderungen in der natürlichen Schwingungsperiode auf. Bei
dem magnetischen Wellenempfänger bleibt sich der Widerstand der Windungen stets
gleich und ist nur sehr geringen Aenderungen unterworfen, so dass die natürliche
Schwingungsperiode des sekundären Empfangsstromkreises stets nahezu die gleiche
bleibt. Ausserdem arbeitet dieser Empfänger auch mit einer viel geringeren
elektromotorischen Kraft und kann infolgedessen die Induktanz des sekundären
Stromkreises des abgestimmten Transformators herabgemindert werden. wobei die
Schwingungsperiode durch einen in diesen Stromkreis eingeschalteten Kondensator
geregelt wird. Dieser Kondensator kann nun infolge der geringeren Induktanz dieses
Stromkreises viel grösser gewählt werden, als dies bei Ver Wendung eines Fritters
möglich wäre. Aus allen diesen Gründen lässt sich der Empfänger auf einen bestimmten
Sender, welcher stets gleichförmige Wellen entsendet, viel besser und genauer
abstimmen, als dies bei Anwendung eines Flitters möglich wäre.
Die Erwägungen, die für die Konstruktion dieses Wellenempfängers massgebend waren,
sind folgende: Es ist eine bekannte Tatsache, dass bei einem Wechsel der Intensität
einer auf Eisen einwirkenden magnetischen Kraft immer einige Zeit vergeht, ehe der
diesem Wechsel entsprechende magnetische Zustand im Eisen erreicht ist. Steigt nun
die magnetisierende Kraft allmählich und vollkommen gleichmässig bis zu einer
gewissen Höhe an, um dann im gleichen Verhältnisse wieder abzunehmen, so dass sie
eine zyklische Aenderung durchmacht, so wird die entsprechende Aenderung des auf
diese Weise im Eisen induzierten Magnetismus hinter der magnetisierenden Einwirkung
zurückbleiben. Diese Erscheinung ist unter der Bezeichnung „magnetische
Hysteresis“ allgemein bekannt. Rutherford, Gerosa,
Finzi und andere haben nun gezeigt, dass rasch wechselnde Ströme oder
hochfrequente, elektrische Schwingungen, welche auf das Eisen einwirken, die
Erscheinung der magnetischen Hysteresis bedeutend herabdrücken und so das Eisen
veranlassen, der veränderlichen magnetisierenden Einwirkung mit grosser Leichtigkeit
zu folgen.
Die Wirkung der elektrischen Schwingungen auf das Eisen beruht aller
Wahrscheinlichkeit nach auf einer Lockerung der Eisenmoleküle, wodurch diese
befähigt werden, dem richtenden Einfluss der wechselnden magnetisierenden Kraft fast
sofort zu folgen. Die Einwirkung des elektrischen Funkens erklärt sich nun in
folgender einfacher Weise.Während das Eisen im normalen Zustande der Einwirkung
der veränderlichen magnetisierenden Kraft nicht sofort zu folgen vermag, und sohin
der Magnetismus des Eisens hinter dieser magnetisierenden Kraft zurückbleibt, folgt
es unter Einwirkung der durch seinen elektrischen Funken hervorgerufenen
elektrischen Schwingungen diesem Einflusse sofort, und es entsteht ein stossweises
Anwachsen des induzierten Magnetismus, welcher infolge seiner plötzlichen Wirkung in
die dasselbe umgebenden Drahtwindungen einen Strom von hinreichender Stärke
induziert, um das in diesen Stromkreis eingeschaltete Telephon zum Ansprechen zu
bringen.
Es dürfte hier von Interesse sein, die diesbezüglich von Prof. Ernest Wilson im Laboratorium des Kings College in
London durchgeführten Untersuchungen über das Verhalten von Eisen unter Einwirkung
elektrischer Schwingungen im Auszuge zu bringen, weil dieselben weitere
wünschenswerte Auskünfte über diesen interessanten Gegenstand bringen. Um diesen
Einfluss hochfrequenter Ströme auf das Eisen zu studieren, wurde ein harter
Stahldraht von 0,025 cm und ein weicher Eisendraht von 0,0265 cm Durchmesser
gewählt. Jedes dieser Stücke wurde in je 40 Windungen zu einem King von 3 cm
Durchmesser gewunden und mit einer primären und einer sekundären Windung, letztere
für die ballistische Galvanometeruntersuchung, versehen. Ausserdem wurde jeder
dieser Ringe noch mit drei Windungen Kupferdrahtes vorsehen, welche mit dem
Empfänger in Verbindung standen. Letzterer bestand, wenn elektromagnetische Impulse
zur Anwendung gelangten, aus einem Kondensator und 9 Windungen Kupferdrahtes, welche
einen King von 1,3 m Durchmesser bildeten, und aus zwei hart gezogenen
Messingdrähten, wenn mit Herrschen Wellen gearbeitet wurde. Die Entfernung zwischen
Sender und Empfänger betrug 12 m. Die magnetisierende Kraft wurde durch einen
Flüssigkeitsstromwender geändert und wurde konstant gehalten, wenn die cyklische
Kurve der Induktion den steilen Teil erreicht hatte, In Fig. 59 sind diese cyklischen Kurven für Eisen und Stahl dargestellt. Die
magnetisierende Kraft wurde in jedem Falle bei den mit a bezeichneten Punkten geändert, bevor die elektrischen Impulse zur
Einwirkung gelangten. Eine anscheinende Erhöhung der grössten Intensität der
magnetischen Induktion uni 14 bezw. 6 v. H. wurde hierbei in den untersuchten Stahl-
und Eisenmustern beobachtet. Inwiefern hierbei der Einfluss der Herrschen Wellen
allein massgebend war, oder ob auch die elektromagnetische Induktion hierbei eine
Rolle spielte, ist schwer zu entscheiden, da beide zu gleicher Zeit einwirkten.
Wahrscheinlich ist es, dass alle mit dem Ringe in unmittelbarer Verbindung stehenden
Drähte mitwirkten, um die Impulse zu empfangen.
Textabbildung Bd. 318, S. 365
Fig. 59.
Es sei hier noch hervorgehoben, dass bei diesen Versuchen der empfangende Stromkreis
mit dem Sendestromkreis abgestimmt war und eine Frequenz von annäherd 1,51 . 0,6
Perioden in der Sekunde hatte.
Bei weiteren Versuchen wurde ein Telephon von 130 Ohm Widerstand mit einer um den
Ring gewundenen Spule von 840 Windungen und 23 Ohm Widerstand verbunden. Das
Telephon gab jedesmal unter dem Einflüsse der Funken einen sehr kräftigen Ton, wenn
durch den Stromwender der Magnetismus entlang dem steilen Teile der cyklischen Kurve
anstieg.
Die Verbindung der einzelnen Teile der für den Empfang getroffenen Einrichtung
zeigt Fig. 60 und stellt A den Flüssigkeitsstromwender mit Kupferplatten in verdünnter
Kupfersulfatlösung, B eine Akkumulatorenbatterie, in
Verbindung mit einem einstellbaren Widerstände R, D die
um den zu untersuchenden Ring gewundene Magnetisierungsspirale, E die zum Empfänger führende Spule und F die zum Telephone T
führende Spule dar. Um die Einwirkung der hochfrequentigen Ströme auf das Telephon
zu erhöhen, die Einwirkung der örtlichen magnetisierenden Kraft auf dasselbe
hingegen zu unterdrücken, wurden stets zwei derartiger Ringe mit entgegengesetzt
gewickelter Telephonspule so angeordnet, dass die Wechsel der Örtlichen
magnetisierenden Kraft einflusslos blieben, die magnetisierenden Kräfte der Ströme
hoher Frequenz sich aber gegenseitig unterstützten. Bei diesen Versuchen gelangten
verschiedene grossere Werte der magnetischen Induktion zur vergleichsweisen
Anwendung, doch konnte ein Unterschied in der Wirkung bei Anwendung einer mittleren
und einer grossen magnetisierenden Kraft nicht gefunden werden.
Textabbildung Bd. 318, S. 366
Fig. 60.
Ein Vergleich zwischen der Umkehrung des Magnetismus mittels elektrischen Stromes und
mittels drehendem Magneten wurde ebenfalls durchgeführt. Es besteht hier eine
Verschiedenheit der Wirkung zwischen diesen beiden Verfahren der Umkehrung, indem im
ersteren Falle der Magnetismus durch Null hindurch geht, während im zweiten Falle
die Umkehrung in einem rotierenden magnetischen Felde erfolgt. Trotz dieses
Unterschiedes konnte eine geänderte Wirkung nicht wahrgenommen werden, indem mit
beiden Verfahren gleich gute Ergebnisse erhalten wurden. Es blieb sich für den
letzteren Fall auch vollkommen gleichgiltig, ob der Magnet auf das zu einem Hufeisen
gebogene Eisenbündel aufgesetzt, sodann von demselben entfernt, der Magnetismus
umgekehrt und hierauf der Magnet dem Bündel wieder genähert wurde oder ob derselbe
an den Enden des Bündels einfach rotierte.
Um den Einfluss mechanischer Einwirkungen auf das Eisenbündel in Bezug auf diese
Erscheinung zu untersuchen, wurde ein Bündel von 50 Drähten gleichen Durchmessers,
wie früher angegeben, in einem hölzernen Rahmen aufgehängt und mit einer
Magnetisierungsspirale von 22 Windungen für den cm Länge des Drahtbündels umgeben,
in welcher ein Strom von 0,5 bezw. 1 Ampère in der bereits angegebenen Weise
umgekehrt wurde. Ueber diese Windungen wurde ein Telephonstromkreis angeordnet.
Wurde nun dieses Drähtbündel einem Zuge von 7,37 kg/qmm ausgesetzt und gleichzeitig
der Verdrehung unterworfen, so wurden die Einwirkungen elektrischer Wellen auf
dasselbe, wie aus dem Telephon deutlich zu entnehmen war, wesentlich vergrössert.
Auch mit weichen Nickeldrähten, welche mit 9,76 kg/qmm belastet waren, wurden
ähnliche bemerkenswerte Ergebnisse erzielt. Die Verdrehung übt hierbei einen
wesentlichen Einfluss aus, indem der Ton im Telephon anstieg, wenn die Verdrehung
des Drahtbündels 2-3° auf 1 ein Länge betrug. Ohne Verdrehung des Drahtbündels
traten die Töne verhältnismässig schwach auf.
Zur Untersuchung des Einflusses der Wärme auf diese Erscheinung wurde ein gleiches
Drahtbündel horizontal unterstützt und mit einer Akkumulatorenbatterie verbunden.
Das Bündel wurde hierauf mit einer Asbestlage umkleidet und über diese wurden mit
Asbest umsponnene Drähte für den magnetisierenden Strom gewunden. Ein Telephonkreis,
gleichfalls durch Asbest geschützt, wurde über diese Windungen gelegt. Die Wirkungen
im TelephoneTelepohne nahmen mit zunehmender Erwärmung des Eisens durch den Strom der
Akkumulatorenbatterie zu und waren am deutlichsten ausgesprochen, wenn das Eisen bis
zu jener kritischen Temperatur erwärmt wurde, bei welcher dasselbe den Magnetismus
verliert.
Diese Versuche geben die besten Anhaltspunkte für jene Bedingungen, welche bei
Konstruktion eines derartigenEmpfängers zu erfüllen sind, um ihn auf die
höchste Stufe der Wirksamkeit zu bringen.
Die Untersuchungen von M. Ferrié, Tissot und Turpain.
M. Ferrié, Hauptmann in der französischen Armee, Tissot, Leutnant der französischen Kriegsmarine und A. Turpain, Professor an der Universität zu Bordeaux
haben, jeder für sich, selbständige Untersuchungen über die Wirkungsweise der
einzelnen bei der drahtlosen Telegraphie zur Verwendung gelangenden Einrichtungen
durchgeführt, deren auszugsweise Wiedergabe schon mit Rücksicht darauf, dass durch
diese Untersuchungen eine teilweise Klarstellung vieler noch offenstehender Fragen
erfolgte, nicht ohne Interesse sein dürfte.
1. Die Untersuchungen von M.
Ferrit.
Die Untersuchungen dieses Forschers erstreckten sich namentlich darauf, über die
Wirkungsweise der Sende- bzw. Auffangstange oder des Luftdrahtes, sowie der Erde,
Aufklärung zu schaffen und die verschiedenen Einflüsse, welche Störungen hervor zu
rufen vermögen, unterscheiden zu lernen. Auch suchte Ferrié die Verteilung des von dem Sendedrahte ausgehenden magnetischen
Feldes zu erforschen und bediente er sich zu diesem Zwecke einer in einem Luftballon
eingerichteten Station. Das Studium aller dieser Erscheinungen führte ihn zur
Schaffung einer Anordnung, bei welcher die verschiedenen Teile derselben derartig
zusammengestellt sind, dass die Bedienung auch minder geübten Organen überlassen
werden kann.
Bezüglich der Rolle des Luftdrahtes stellte Ferrié
gegenüber anderen Forschern fest, dass die Entfernung, über welche Nachrichten zu
ermitteln sind, von der Länge des erzeugten Funkens nur insofern abhängig ist, als
dessen oszillatorische Natur noch entschieden ausgesprochen bleibt. So ergaben sehr
lange Funken oft bedeutend schlechtere Ergebnisse, als viel kürzere aber gut
oszillierende Funken. Die beste Bedingung für eine ausreichende Fernübertragung
sind, wie dies auch Tissot bestätigt hat, dann gegeben,
wenn die Länge des Funkens eine solche ist, dass die Länge der entsendeten Wellen
gleich der vierfachen Höhe des Luftdrahtes wird.
Tissot konstatierte hierbei, dass es nicht gleichgiltig
sei, mit welchem Pole des Erregers der Luftdraht verbunden ist, indem immer bessere
Ergebnisse dann erzielt wurden, wenn die Verbindung mit dem negativen Pole
desselbigen erfolgte.
Ferrié zeigte ferner, dass eine Verbindung des
Luftdrahtes mit der Erde, namentlich, wenn es sich um geringere Entfernung handelt
(35-40 km), sowohl für den Sender, als den Empfänger nicht notwendig sei. (Prof. Braun hat bei seinem Systeme die Erdverbindung des
Luftdrahtes überhaupt ausgeschlossen.) Bei seinen diesbezüglichen Versuchen zwischen
Biot und und dem Kreuzer Prinzessin Alice wurden alle Nachrichten bei Abwesenheit
der Erdverbindung dann aufgenommen, wenn dieser Kreuzer nicht weiter als 40 km
entfernt war. Sobald jedoch diese Entfernung überschritten wurde, musste die
Erdverbindung hergestellt werden, dies führte Ferrié zu
folgenden Schlussfolgerungen: Jede Verbindung des Luftdrahtes kann beseitigt werden.
Es müssen hierbei aber das Induktorium, die dasselbe speisende Elektrizitätsquelle,
sowie alle Teile des Uebertragers auf das sorgfältigste isoliert werden. An Stelle
der Erdverbindung ist der Luftdraht mit einer entsprechenden Kapazität, die
gleichfalls sorgfältigst isoliert sein muss, zu verbinden. Ferrié verwendet zu diesem Zwecke Metallblätter, die an Pflöcken
aufgehängt und durch Ebonitzylinder isoliert sind. Diese Metallblätter sind
annähernd 2 m über dem Boden aufgehängt und können sowohl senkrecht als wagerecht
angeordnet werden.
Die Länge des Funkens, welcher das günstigste Ergebnis liefert, wird um so geringer,
je grösser die Oberfläche dieser Metallblätter ist. Wendet man beispielsweise eine
derartige isolierte Oberfläche von 5 qm an, so muss im Vergleiche mit einem
geerdeten Luftdrahte die Höhe desselben doppelt so hoch gemacht werden, um die
gleiche Entfernung zu erreichen. Hebt man in der Empfangsstation die Erdverbindung
einfach auf, so verschlechtert sich der Empfang bedeutend. Erhöht man dann aber den
Luftdraht um das Doppelte, so wird die Verständigung wieder eine regelrechte. Auch
hier wird durch die Anwendung einer Kapizität die Wirkung günstig beeinflusst.
Stellt man hingegen in der Sendestation die Erdverbindung wieder her, so erfolgt
der Empfang in der nicht geerdeten Empfangsstation auch dann in ganz regelrechter
Weise, wenn der Luftdraht nicht erhöht und die Verbindung mit der Kapazität
aufgehoben wird.
Die Beglaubigung dieser Tatsache, die von Braun bereits
früher festgelegt wurde, durch einen vollständig unbeeinflussten Forscher ist
insofern wertvoll, als man mit dem Gedanken der Notwendigkeit einer solchen
Verbindung endgiltig gebrochen hat. Der praktische Wert dieses
Untersuchungsergebnisses ist darin gelegen, dass man überall dort, wo die Anlage
einer entsprechenden Erdleitung auf Schwierigkeiten stösst, sich an Stelle derselben
derartiger Kapizitäten bedienen wird.
Die bei den verschiedenen Versuchen mit der drahtlosenTelegraphie beobachteten
Störungen lassen sich auf drei verschiedene Ursachen zurückführen und zwar: Auf die
oszillatorischen Entladungen, die von Blitzschlägen herrühren, die Wechsel des
elektrischen Feldes der Erde, welche Aenderungen des Potentiales zwischen den beiden
Luftdrähten und der Erdverbindung hervorrufen und endlich die Einflüsse der Wärme,
welche namentlich in tropischen und subtropischen Gegenden empfindlich bemerkbar
werden. (Hierzu gesellt sich noch, wie dies Marconi bei
seinen Versuchen, über den atlantischen Ozean zu sprechen, das erstemal festgestellt
hat, auch noch die Einwirkung des Lichtes.) Ueber die Erkennung und Beseitigung
dieser Störungen wird in dem diesbezüglichen Berichte keine nähere Aufklärung
gegeben.
(Fortsetzung folgt.)