Titel: | Neuerungen an den verschiedenen Systemen der drahtlosen Telegraphie. |
Autor: | Adolf Prasch |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 289 |
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Neuerungen an den verschiedenen Systemen der
drahtlosen Telegraphie.
Von Ingenieur Adolf Prasch,
Wien.
(Fortsetzung von S. 278 d. Bd.)
Neuerungen an den verschiedenen Systemen der drahtlosen
Telegraphie.
Fortschritte auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie des
Prof. Dr. F. Braun in Strassburg.
Die Grundlagen, auf welchen dieses System der drahtlosen Telegraphie aufgebaut wurde,
haben sich seit ihrer, in diesem Blatte erfolgten Beschreibung nicht geändert (s. D.
p. J. 1901, Bd. 316 Heft 50 u. 51). Es wurde sonach nur auf diesen Grundlagen,
nachdem die ersten Versuche schon so vieles versprechende, günstige Ergebnisse
lieferten, weitergebaut. Durch die Bildung einer kapitalkräftigen Gesellschaft der
Gesellschaft für drahtlose Telegraphie, System Prof.
Braun und Siemens & Halske, G. m. b. H., waren auch die Mittel gegeben,
eingehendere praktische Versuche durchzuführen und die verwendeten Apparate in
einer, den hierbei gewonnenen Erfahrungen entsprechenden Weise auszubilden.
Der Grundgedanke der Anordnung von Prof. Braun besteht
im Gegensatze zur früheren Anordnung von Marconi darin,
dass der offenen Strombahn des Senders aus einem schwach gedämpften Leydener
Flaschenkreise, welcher grosse Energiemengen aufzunehmen vermag, stets neue Energie
nachgeliefert wird. Die offene Strombahn dient hierbei zum Aussenden, wogegen der
Flaschenkreis das Energiereservoir darstellt.
Textabbildung Bd. 318, S. 289
Fig. 12.
Textabbildung Bd. 318, S. 289
Fig. 13.
Textabbildung Bd. 318, S. 289
Fig. 14.
Die beiden Anordnungen von Marconi und Prof. Braun sind in den Fig.
12 und 13 einander gegenüber gestellt und
bezeichnet in Fig. 12, d. i. bei der Anordnung von
Marconi, B die Erregerbatterie, J den Induktor, a, b die
Funkenstrecke, S die Sendestange und F die Erdverbindung, und in Fig. 13, der Anordnung von Braun mit
induktiver Uebertragung. J den Induktor, a, b die Funkenstrecke, K1 und K2 zwei Batterien von Leydener
Flaschen, S1
die primäre und S2 die
sekundäre Uebertragungsspule und S die Sendestange.
Wie sich sofort ergibt, verwendet Marconi, so wie es Hertz getan, eine offene Strombahn als Sender. Da nun
der Sender die Schwingungen sehr rasch ausstrahlt, denselben aber nicht viel Energie
zugeführt werden kann, so sind dessen erregende Schwingungen sehr stark gedämpft.
Hierdurch gelang es Marconi anfänglich nur sehr kurze
Entfernungen zu erreichen und konnte deren Erweiterung nur mit Aufwand einer
bedeutenden elektrischen Energiemenge erzieltwerden. An eine Abstimmung
zwischen Sender und Empfänger konnte bei dieser Anordnung nicht gedacht werden. Es
war dies wohl der hauptsächliche Grund, weshalb Marconi
späterhin, wie von ihm auch anerkannt ist, die Anordnung von Braun annahm und mit deren Weiterbildung die Aufsehen erregenden grossen
Erfolge nicht nur durch die Vergrösserung der Entfernung, sondern auch die
Möglichkeit der gegenseitigen Abstimmung erzielte. Vergleicht man die Anordnung von
Marconi für den Sender in Fig. 39 (s. D. p. J.
1902, Bd. 316 Heft 32) mit Fig. 13, so zeigt sich,
dass die Unterschiede zwischen dieser und der Braunschen Anordnung nur sehr geringe sind.
Eine zweite von Braun angegebene Anordnung, wie solche
in Fig. 14 ersichtlich ist und bei welcher der
gleiche Grundgedanke der schwach gedämpften Erregung, wenn auch in anderer Weise,
zum Ausdruck gelangt, gleicht sehr der in Fig. 14
dargestellten Anordnung von Slaby, welche sich
eigentlich nur durch die doppelte Erdung, die vielfach als zwecklos erklärt wird,
von dieser unterscheidet. So viel Interesse es hier auch bieten würde auf die
Aehnlichkeiten und Unterschiede der verschiedenen Systeme der drahtlosen Telegraphie
des Näheren einzugehen, muss dies dennoch, als der Aufgabe dieser Arbeit, nur die
Neuerungen zu besprechen, nicht angepasst, unterlassen werden.
Als einen grossen Vorteil des Systems Braun wird der
Wegfall jeder Erdleitung bezeichnet, wodurch eine der schwierigsten Aufgaben bei
Errichtung derartiger Stationen, nämlich die einer guten Erdung entfällt. Es ist
dies umsomehr in Betracht zu ziehen, als der Begriff einer guten Erdung sehr dehnbar
und die Grenze, wann eine Erdung gut oder schlecht ist, niemals genau feststellbar
ist. Als zweiter, noch mehr ins Gewicht fallender Vorteil der drahtlosen Telegraphie
nach Braun ist die Möglichkeit einer nahezu absolut
genauen Abstimmung zwischen Sender und Empfänger zu bezeichnen, so dass die Aufnahme
fremder Zeichen von einer abgestimmten Empfangsstelle nahezu ausgeschlossen sind.
Allerdings gilt dies nur unter dem bereits einleitend erwähnten Vorbehalt, dass die
von der fremden Stelle entsendeten Wellenimpulse nicht zu kräftig sind, und
stossweise auf den
Fritter einwirkend, denselben zur Anregung bringen.
Durch den Wegfall der Erdung wird dieses System von atmosphärischen Störungen, wie
dies die Erfahrung lehrt, fast gar nicht beeinflusst, indem gerade die Erdung die
Störungen verursacht.
Auch die Empfangseinrichtung nach Braun beruht (Fig. 15) auf dem Prinzip der induktiven Uebertragung,
indem die von dem Empfangsdrahte einlangenden Wellen durch die Primärwicklung L auf die Sekundärwicklung M, in welche der Fritter F eingeschaltet ist,
übertragen werden. In dem Schwingungskreis für die ankommenden Wellen sind
gleichfalls symetrisch angeordnete Flaschenbatterien vorgesehen und sorgt ein
weiterer Ansatz λ/4 für die richtige Resonanz, so dass
in L kräftige Schwingungen erzeugt werden. Diese
Schwingungen werden auf in übertragen und durch die beiden Ansätze λ/4 an M wird wieder
regelmässige Reflektion und damit grosse Intensität erzeugt.
Textabbildung Bd. 318, S. 290
Fig. 15.
Die Ansätze λ/4 können hier vorteilhaft durch Platten
von grosser Oberfläche ersetzt werden. Es hat sich bei den Versuchen herausgestellt,
dass es sowohl für die Sende als auch Auffangstange von Vorteil ist, die Höhe
derselben gleich λ/4 der für die Uebermittelung
gewählten Wellenlänge λ zu machen. Nach neueren
Versuchen, deren endgiltige Ergebnisse noch nicht der Oeffentlichkeit vorliegen,
konnte die Höhe des Empfängers durch eine andere Empfängeranordnung von 30 m auf 5 m
bei sonst gleicher Wirkung erniedrigt werden. Dieser Empfänger nahm gleichzeitig
innerhalb eines gewissen Spielraumes nur Wellen auf, die aus einer bestimmten
Richtung kamen.
Textabbildung Bd. 318, S. 290
Fig. 16. Funkeninduktor.
Ueber das Ergebnis weiterer Untersuchungen, welches nach glaubwürdiger Mitteilung
sowohl in bezug auf Fernwirkung als auch in bezug auf schärfere Abstimmung einen
ausserordentlichen Fortschritt bedeuten wird, soll, sobald deren Veröffentlichung
tunlich erscheint, in diesem Blatte berichtet werden.
Zu den schematischen Anordnungen des Empfängers (Fig.
13) und Senders (Fig. 15) zurückkehrend,
ergibt sich sofort, dass hier vier Stromkreise gegenseitig abgestimmt werden müssen,
und zwar der Erregerstromkreis mit dem Senderstromkreis, dieser wieder mit dem
Empfangsstromkreis, welcher neuerdings mit dem Fritterstromkreis in Uebereinstimmung
zu bringen ist. Diese gegenseitige Abstimmung ist nun, da sich die erzeugte
Wellenlänge aus der Formel λ = 2π √LC berechnet, worin C die Kapazität und L die
Selbstinduktion des Schwingungskreises bedeutet, durch geeignete Wahl derselben
leicht zu bestimmen. Da beim Sender ebenso wie beim Empfänger durch die beiden
Ansätze, von welchen der eine als Luftdraht benutzt wird, eine regelmässige
Reflektion der in ihr erzeugten Wellen bewirktwird, kann bei genügend geringer
Dämpfung des Primärkreises in dem Sekundärstromkreise der Wellen Resonanz entstehen,
welche wieder die Intensität ausserordentlich steigert. Auch für den Sender wird der
zweite Draht am besten durch eine isolierte Platte von grosser Oberfläche
ersetzt.
Zur Feststellung der richtigen Abstimmung der einzelnen Stromkreise bedient man sich
am besten eines Riessschen Thermometers, welches durch
die Grösse des Ausschlages ein sicheres Urteil über die erreichte Grenze der guten
Abstimmung zulässt.
Besonderes Augenmerk wurde der Ausbildung der einzelnen Apparate gewidmet und dürfte
eine kurze Beschreibung derselben einen weiteren Einblick in die Ausgestaltung
dieses Systems gestatten.
A. Die Sendeeinrichtung. Sie besteht im wesentlichen aus
dem Induktor mit seinen Nebenapparaten und dem Schwingungskreis zum Anregen des
Senderdrahtes.
1. Der Funkeninduktor. Derselbe ist im Gegensatze zu den
bisher gebräuchlichen Konstruktionen nicht zur Erzielung hoher Spannungen gewickelt,
sondern vielmehr so gebaut, dass bei günstigster Ausmessung eines geraden
Eisenkernes, die Wicklung der sekundären Spule nur eine geringe Rückwirkung auf den
magnetischen Kreislauf ausübt und ausserdem die primäre Strömung möglichst wenig
störend auftritt.
Die freie Spannung an den Enden der sekundären Spule wird hierdurch zwar etwas
geringer, als bei anderen Induktoren gleicher Grösse, aber der Induktor wird durch
diese Anordnung, indem auf eine möglichst kleine Zeitkonstante des Ladungskreises
hingearbeitet wurde, besonders zur Ladung grosser Kapazitäten geeignet. Dieser in
Fig. 16 in äusserer Ansicht dargestellte Induktor
besitzt einen sehr langen primären Erreger, dagegen eine verhältnismässig kurze
sekundäre Wicklung, mit geringem inneren Widerstände. Sein Spannungsabfall wird
daher selbst bei Leistung sehr grosser sekundärer Ladeströme geringer als bei den
älteren Typen. Durch entsprechende Abmessung der Wicklung halten sich die Verluste
durch den Ohmschen Widerstand in massigen unschädlichen
Grenzen. Der Querschnitt der Sekundärwicklung ist ein derartiger, dass ihre
Erhitzung durch die Stromwärme ausgeschlossen wird. Die Isolation ist eine so
vollkommene, dass der Induktor selbst an feuchten Orten stets gut arbeitet. Dadurch,
dass der Primärkern auswechselbar ist, lässt sich der Induktor auf eine beliebige
Leistung und einen beliebigen Unterbrecher einstellen.
2. Der Unterbrecher. Als solcher wird ein wesentlich
vereinfachter Wehnelt- oder Simon unterbrecher verwendet, bei welchem nach der ersten Einstellung eine
Aenderung der Betriebsstromstärke nicht mehr notwendig ist. Explosionen sind bei
diesen Apparaten vollkommen beseitigt, indem in den Deckel ein Diaphragma eingehängt
wird, welches verhindert, dass die obere Elektrode, welche den Innendeckel des
Diaphragmas bildet, mit den Säuredämpfen in Berührung treten kann, sondern stets
durch eine vollkommen trockene Porzellanschicht von dem zweiten Pole getrennt ist.
Es ist sonach eine Mischung und Entzündung der gebildeten Gase ausgeschlossen.
In jenen Fällen, in welchen nur geringe primäre Energie zu Gebote steht, hei welchen
also ein elektrolytischer Unterbrecher unnötig wird, gelangt der
Quecksilberstrahlunterbrecher zur Verwendung. Dieser Unterbrecher ist, wenn er auch
mit den elektrolytischen Unterbrechern nicht verglichen werden kann, dennoch
imstande, selbst hohen Anforderungen bei grosser Oekonomie, zu entsprechen, und
eignet sich jedenfalls viel besser als. der Hammerunterbrecher mit Platinkontakten,
welcher für einen Dauerbetrieb nicht die genügende Sicherheit bietet. Fig. 17 zeigt einen elektrolytischen Unterbrecher in
Aussenansicht und ein herausgenommenes Diaphragma.
Textabbildung Bd. 318, S. 291
Fig. 17. Elektrolytischer Unterbrecher; Diaphragma
Der Morsetaster.
Um mit möglichst hohen Energiemengen arbeiten zu können, wie solche bei Anwendung des
elektrolytischen Unterbrechers erzeugt werden, musste der in den Primärkreis
eingeschaltete Zeichengeber eigenartig konstruiert werden. Zu diesem Zwecke ist
seine eigentliche Stromschlusstelle von der Unterbrechungsstelle in der Weise
getrennt, dass sich vorerst die Unterbrechungsstelle und dann erst
derHauptkontakt schliesst, während sich beim Unterbrechen vorerst der
Hauptkontakt öffnet und für den Strom nur noch durch den Funkenzieher ein Durchgang
so lange vorhanden bleibt, bis sich in der zweiten Bewegungsphase der Strom
vollständig unterbricht. Der Hauptkontakt bleibt infolgedessen stets funkenlos und
daher auch rein. Der Funkenzieher ist ähnlich wie die bekannten
Starkstromausschalter mit Kohlekontakten und magnetischer Funkenlöschung versehen,
so dass auch hier die Bewegung des Tasters zum Zwecke des Telegraphierens mit der
nötigen Schnelligkeit ohne Anstand vollzogen werden kann.
Die Kohlekontakte sind nachschiebbar und lassen sich auch leicht auswechseln. Durch
diese eigenartige Konstruktion des Zeichengebers ist es gelungen, mit Stromstärken
bis zu 50 Ampère arbeiten zu können, ohne dass der Zeichengeber, dessen äussere
Ansicht Fig. 18 zeigt, Schaden nimmt.
Textabbildung Bd. 318, S. 291
Fig. 18. Zeichengeber.
Textabbildung Bd. 318, S. 291
Fig. 19. Anordnung der röhrenförmigen Leydenerflaschen.
4. Der Schwingungskreis. Derselbe besteht:
a) Aus einem System Leydenerflaschen. Für dieselben
wurde die Röhrenform gewählt, weil es nur auf diesem Wege möglich war, eine
möglichst grosse und widerstandsfähige Kapazität auf einen möglichst kleinen Raum
zusammen zu drängen. Die Röhren sind aus widerstandsfähigem Glase gefertigt und
haben einen Durchmesser von 25 mm und eine zwischen 2,5 und 3 mm schwankende
Wandstärke. Die Kapazität einer Röhre beträgt 0,0004 bis 0,0005 Mikrofarad. Jede
Röhre kann, wie dies aus Fig. 19 ersichtlich, falls
sie bricht oder durchgeschlagen wird, in einfacher Weise durch eine Reserveröhre ersetzt
werden. Man kann durch die dargestellte Anordnung der Röhren ohne durchgreifende
Veränderungen vornehmen zu müssen, leicht von einer Kapazität auf die andere
übergehen und letztere daher zwischen 0,0002 bis 0,0048 Mikrofarad stets um 0,0002
Mikrofarad ansteigend verändern, wodurch die zu verwendende Wellenlänge innerhalb
sehr weiter Grenzen veränderlich wird.
b) aus einem Transformator. Er dient dazu, die in dem
Primärstromkreis erregten Wellen auf den Senderstromkreis zu übertragen. Die
Primärwicklung wird so berechnet, dass sie im Vereine mit der grossten Kapazität die
gewünschte Wellenlänge ergibt. Es ist hierbei wünschenswert, aber durchausnicht
notwendig, dass die Höhe des Sendedrahtes einem Viertel der Wellenlänge gleichkommt.
Die Sekundärwicklung richtet sich nach der in Aussicht genommenen Wellenlänge. Da
sie den Gesetzen gewöhnlicher Transformatoren nicht folgt, muss sie in Verbindung
mit dem Luftdrahte auf ein Maximum der Resonanz einreguliert werden.
Die Wicklungen dieser Transformatoren sind, da bei ihnen hohe Spannungen auftreten,
unter Oel gelegt und werden in einem nach aussen öldicht abgeschlossenen Kasten von
20 cm Durchmesser untergebracht. Die Aussen an sieht eines derartigen Transformators
ist aus Fig. 20 zu entnehmen.
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Fig. 20. Transformator zur Sendeeinrichtung.
(Fortsetzung folgt.)