Die Energieumwandlung durch Reibung und ihr
Nutzeffekt.Von Dipl.-Ing. Dr. H. Heimann,
Frankfurt a. M.Die Energieumwandlung durch Reibung und ihr Nutzeffekt.Ein Flüssigkeitsstrahl übt beim Durchströmen eines Rohres auf die Wandungen
desselben eine Kraft aus, die nach der Newtonschen
Hypothese über Flüssigkeitsreibung der Strömungsgeschwindigkeit proportional ist.
Ist das Rohr nicht fest, sondern in Richtung des Flüssigkeitsstrahles beweglich, so
wird es sich mit einer von der Grösse des äusseren Widerstandes abhängigen
Geschwindigkeit fortbewegen und dabei Arbeit leisten. Es wird gefragt, welches ist
der Nutzeffekt einer derartigen Umwandlung der Energie eines Flüssigkeitsstrahls,
und lässt sich ein Rohr praktisch so dimensionieren, dass ein annehmbarer Nutzeffekt
entsteht?Es werde zunächst der einfachste Fall vorausgesetzt:
[Textabbildung Bd. 318, S. 113]
Fig. 1.Ein Rohr von lichtem Durchmesser 2r und der Länge l werde von einem Flüssigkeitsstrahl vom spezifischen
Gewicht γ unter der Druckhöhe H durchströmt.Die Geschwindigkeit in der Rohrmitte sei W1. Es werde weiter die zulässige Annahme
gemacht, dass in ein und derselben konzentrischen zylindrischen Flüssigkeitsschicht
die Strömungsgeschwindigkeit konstant und von der Grösse sei: Wρ = W1 –αρ, wenn ρ der Radius der
betreffenden Schicht ist. Da Wρ = 0 sein muss für ρ = r, weil infolge der
Adhäsion an der Rohrwand die Flüssigkeit haftet, so ist und Die bei der Geschwindigkeit W1 sekundlich durch das Ruhr fliessende Menge bestimmt sich zu:Die Arbeitsverluste beim Durchströmen setzen sich zusammen aus dem Reibungsverlust
und dem Austrittsverlust.Der Reibungsverlust bestimmt sich folgendermassen:Jede zylindrische Flüssigkeitsschicht übt auf die darüberliegende äussere
konzentrische Schicht eine Kraft aus, die der Relativgeschwindigkeit beider
Schichten proportional ist. Die bei dieser Relativgeschwindigkeit geleistete
sekundliche Arbeit ist also gleich Reibungskraft × Relativgeschwindigkeit.Die gesamte Reibungsarbeit wird demnach:Dabei ist ε der Reibungskoeffizient für eine
Flüssigkeitsschicht von der Dicke dρ; setzt man ε . dρ = η dem
Reibungskoeffizienten einer Flüssigkeitsschicht von der Dicke 1 (Zähigkeit genannt),
so wirdDer gesamte Austritts verlust lässt sich ebenfalls durch Integration über die
einzelnen Schichten bilden. Es sei U die
Geschwindigkeit des Rohres in Richtung des Flüssigkeitsstrahles, dann ist der
Austrittsverlustoder in erster AnnäherungZur Bestimmung der Nutzarbeit muss die auf die Rohrwand ausgeübte Kraft berechnet
werden. Auf die an der Rohrwand adhärierende Schicht und damit auf das Rohr selbst
wird nach vorangehendem eine Kraft ausgeübtund da ε d rη ist: K = 2 π
l η W1.Die Arbeit bei der Geschwindigkeit U ist demnach:A = 2 π l η U · W1Der Nutzeffekt alslässt sich jetzt in der Form schreibenDurch Einführung der Gefällhöhe H lässt sich dieser
Ausdruck noch umformen.Es istund hierausundDie Grösse von η ist bedingt durch die Grösse seiner
beiden Faktoren. Um den letzten Faktor gross zu halten, müsste U möglichst klein gehalten werden, und des ersten
Faktors wegen W1 erst recht klein. Das würde, wie aus der vorangehenden Gleichung folgt,
zu grossen Rohrabmessungen führen. Nun giebt es aber ein Mittel, den Einfluss des
II. Faktors zu verringern, sodass bei der Berechnung nur der I. Faktor eine
wesentliche Rolle spielt. Man denke sich nämlich das Rohr als Spirale aufgewickelt
und sich um den 0-Punkt der Spirale drehend, der Flüssigkeitsstrahl trete in die
äussere Spiralwindung ein und verlasse das Rohr nach Durchfliessen der innersten
Windung. Der Austrittsverlust ist dann bestimmt durch die Grösse der Resultante
zwischen innerer Rohrumfangsgeschwindigkeit und
Durchflussgeschwindigkeit, kann also durch passende Wahl des inneren Radius der
Spirale klein gehalten werden. Auf die Form der Spirale kommt es dabei gar nicht an.
Es werde deshalb eine archimedische Spirale von der Gleichung R = α . φ vorausgesetzt;
α sei so klein, dass für hinreichend grosses φ eine Windung als Kreis angesehen werden kann. Es kann
dann die Umfangsgeschwindigkeit an irgend einer Stelle der Spirale (Fig. 2) in gleicher Richtung mit der
Durchflussgeschwindigkeit angenommen werden. Denkt man sich demgemäss die Spirale
vom äusseren Radius Ra, dem inneren Radius Ri und dem mittleren Radius Rm,
entsprechend den n Windungen, der Spirale, ersetzt
durch n Kreise vom Radius Rm, dann geht die Formel für η über in
[Textabbildung Bd. 318, S. 114]
Fig. 2.wobei w die Winkelgeschwindigkeit
der Spirale bedeutet. Die Zahl der Spiralwindungen ist nach Fig. 2, wenn 2 (r + δ) gleich dem äusseren Rohrdurchmesser gesetzt wirdund die gesamte Rohrlängel = z .
2πRm = z . π .(Ra + Ri)An einem Beispiel soll nun gezeigt werden, dass bei Flüssigkeiten von hoher
Geschwindigkeit die Umwandlung von Energie in der angedeuteten Weise praktisch wohl
möglich erscheint. Zu diesem Zwecke wird gesättigter Wasserdampf vorausgesetzt,
welcher von hoher Spannung auf Atmosphären- oder Kondensatorspannung herab frei
expandierend eine Geschwindigkeit von 1200 m angenommen habe.Man wähleW1 = 200 m, r = 2 cm,dann wirdQ=r2 . W1 = 80000 ccm.Weiterhin ist die absolute Eintrittsgeschwindigkeit= Raw + Wi= 1200 m,alsoRaw = 100000 cm.Man wähle, dann istRmw = 58400 cm, Riw =
16800 cm.Die Stärke der Rohrwand δ = 3 mm, dann wird die Zahl der
Spiralwindungenundl = 2πzRm = 1,84 Rm2.Für die Gefällshöhe H gilt nun nach obigem die
Beziehung:im vorliegenden Falle istin cm, g, Sek. ausgedrückt.Man setze nun voraus, dass der Dampf auf eine Kondensatorspannung von 0,3 Atm. frei
expandieren konnte, sein spezifisches Gewicht f. d. ccm in g demnach 0,0002 sei.Dann geht obige Gleichung über inSetzt man voraus, dass das π des Wasserdampfes = π des Wassers sei (es wird eher grösser denn kleiner
sein) so wirdund hierausl = 2430 cm = 24,3 m.Nach den obigen Formeln wird nunRm = 36 cm, Ra = 62 cm, Ri = 10 cm, w =
1620und die minutliche Tourenzahl n =
15500.Der Nutzeffektη = 0,855 . 0,95 = 0,81Die sekundlich durch das Rohr strömende Dampfmenge von 0,016 kg Gewicht = 80 000 .
0,0002 g entspricht einer stündlichen Dampfmenge von 57,5 kg, also etwa 10 PS.Der Durchmesser eines 10 PS Motors betrüge ungefähr 1,25 m, die Breite 4,6 cm. Ein
200 PS Motor durch Nebeneinanderordnung von 20 solchen Rohrspiralen bekäme bei
demselben Durchmesser eine Breite von 1 m. Das sind praktisch mögliche Dimensionen.
Eine Reduktion der Tourenzahl könnte, ähnlich wie beim Uebergang von der de Lavalschen Dampfturbine zur Parsonschen, durch allmähliche Expansion des Dampfes in der Spirale selbst erreicht werden. Die Spirale selbst
müsste dann aber eine bestimmte mathematische Form erhalten, entsprechend dem
Expansionsgesetz des Dampfes in einer solchen Rohre.