Zusammenhang zwischen der kinetischen und der
Vibrations-Theorie der Gase.Von Rudolf Mewes, Ingenieur und
Physiker.(Fortsetzung von S. 804 Bd. 317.)Zusammenhang zwischen der kinetischen und der Vibrations-Theorie
der Gase.II.Aus der Sellmeierschen Grundgleichung . . . . (I)erhält man durch Division mit dem Atom- oder Molekulargewicht
M die entsprechende Beziehung für die
Gewichtseinheit . . . (II)worin die Fortpflanzungsgeschwindigkeit.Hieraus folgt . . . (2)für Luft also bei 0° C. durch Einsetzen der Werte der auf der
rechten Seite stehenden bekannten Grössenm' = 2,4 . 10–12Bezeichnet man nun die mittlere Geschwindigkeit der schwingenden Körpermoleküle mit
v, so ist die lebendige Kraft der Moleküle eines Kilogramms Luft bei 0° C. und
konstantem Druck durch die Gleichung gegeben . . . (3)also . . . (4)folglich erhält man durch Einsetzen der Zahlenwertewährend für die Zustandsänderung bei konstantem Volumen
sichergiebt. Der zuletzt gefundene Wert von v ist erheblich grösser, als der von Clausius für die Molekulargeschwindigkeit der Luft bei
0° aus der kinetischen Gastheorie berechnete Zahlen wert 485 m.Aus Gleichung (4) folgt für beliebige Gase bei konstantem Volumenalso . . . . 5)Da das oben für die Berechnung der Molekulargeschwindigkeit gegebene Beispiel eine
klare Vorstellung von dem auch bei anderen Gasen einzuschlagenden Rechnungsverfahren
geben dürfte, so beschränke ich mich darauf, für andere Gase und Dämpfe die
mittleren Geschwindigkeiten nach meiner Methode auszurechnen und in der
nachstehenden Tabelle, in welcher auch die spezifischen Gewichte und die
spezifischen Wärmen der Gase enthalten sind, mit den von O.
E. Meyer berechneten Werten der mittleren Molekulargeschwindigkeit
zusammenzustellen.Tabelle der Molekulargesehwindigkeiten der Gase und Dämpfe.
Aus der Gleichung (2)folgt mit Rücksicht auf Gleichung (3)dassoder . . . (6)ist, d.h. die Massen der Aether- und
Körperteilchen sind dem Quadrate des reziproken umgekehrten Verhältnisses ihrer
Schwingungsgeschwindigkeiten direkt und der brechenden Kraft des Mediums
umgekehrt proportional.Da ferner und γ = 7,6 . 10–7 m nach den Beobachtungen von Angström und van der
Willigen (cf. Wüllner, Bd. II S. 431) ist, so
erhält manwährend das Volumen der Wirkungssphäre . . . (7)ist. Nach Gleichung (2) istm' = 2,4 . 10–12also die Dichtigkeit des Aethersd = m'g =
23,544 . 10–12 kg/cbmDie Anzahl der Aetheratome in 1 kg Luft ist mindestens gleich dem umgekehrten Werte
des Volumens der Wirkungssphäre Vm', multipliziert mit
dem spezifischen Volumen 0,773, alsoAus beiden Grundgleichungen Sellmeiers für die lebendige
Kraft der Aether- und Molekularbewegung . . . (I)und . . . . (III)worin a0 die Amplitude der momentanen Gleichgewichtslage und diejenige
der schwingenden Körperteilchen selbst, δ die diesen
eigentümliche Schwingungsdauer bedeutet, folgtMissing or unrecognized delimiter for \leftNun stellt die Molekulargeschwindigkeit dar. Dieselbe ist aber nach den
Untersuchungen von Isenkrahe in „Das Rätsel der
Gravitation“3/2 mal so gross
als die Geschwindigkeit der Luftwellen des Schalles (332 m), wie ja auch die
Geschwindigkeit der Aetheratome 3/2 mal so gross ist, als die Geschwindigkeit der
Aetherwellen des Lichtes, d.h. die Webersche Konstante
3/2 mal so
gross als die Lichtgeschwindigkeit ist; dagegen ist nach den Untersuchungen von Schwartze und nach der Vibrationstheorie dies
Verhältnis gleich V 2 = 1,41. Da die letzte Zahl bei
der Weberschen Constante durch genaue Versuche als
richtig bestätigt worden ist, so nehme ich dieselbe als die richtigerehier an.
Dann erhält man bei konstantem Volumen, da dann v = 620
m ist, . (9)und bei konstantem Druck, da dann v = 735 m ist, . (10)Nun ist aber . (11)folglich ist mit Rücksicht auf Gleichung (10) und (11) für
Luft (12)Es bleibt nunmehr übrig, an der Hand der Beobachtungen festzustellen, ob die
Gleichung (12) auch für die übrigen Gase Gütigkeit besitzt. Zu diesem Zwecke habe
ich die Geschwindigkeiten v bei konstantem Druck mit
Hilfe der Formelund mit Hilfe der gefundenen Zahlenwerte und der
Schallgeschwindigkeit den Quotienten berechnet. In der nachfolgenden
Tabelle sind die erhaltenen Zahlenwerthe zusammengestellt worden. Die in der letzten
Zahlenreihe enthaltenen Werte für k sind aus dem
bekannten Tabellenwerk von Landolt und Börnstein S. 340 entnommen, stellen also die genauesten
Beobachtungsresultate dar.
Aus der Gleichung (12)folgtδ = 2,1 .
10–152a0π = 468 . 2,1 .
10–15 m2a0 = 313 . 10–15 m,und die doppelte Schwingungsamplitude der Körperteilchen
selbst . Durch Division erhält man während 2 a': ist.Nach dem sogenannten Zwischen Volumen gesetz der Gase, nach welchem p (v – x) – p0(v0– x) ist, ist das Molekülvolumen x, welches z.B. die Luftmoleküle für sich allein
einnehmen, gleich des Volumens bei einer Atmosphäre und 0° C. Temperatur;
folglich ist das Volumen der Moleküle eines Kilogramms Luft gleich 0,773 . 10–3, also die Molekülzahl in 1 kg Luft
höchstens . . . (13)folglich Aus der Gleichung (4) folgt für ein und dasselbe Gas bei verschiedenen Temperaturen,
dass sich verhält (14)da nach den Versuchen von E.
Wiedemann die spezifische Wärme bei konstantem Druck mit der absoluten
Temperatur wächst; es ist somit oder, wenn man T1 in gewöhnlicher Zählung gleich 0°
annimmt, also T1 = 273 und T2 = 273 + t
setztNun ist die Gesamtenergie eines Gases bei konstantemDruck , also bei t0 . . . . (15)folglich die Zunahme dieser Energie bei der Erhöhung der
Temperatur um 1° C. Nun ist aber mit Rücksicht auf die Gleichungen M1cp1 = M2cp2 und v12 : v22
= cp1 : cp2M1v12 = M2v22 . . . (16)Daraus folgt, dass im Giltigkeitsbereich dieser lezten Gleichung für alle Gase der
Wert der Grösse eine konstante Grösse ist.Diese Gleichung ist nur eine besondere Form des sogenannten Dulong-Petitschen Gesetzes bei den Gasen.Im ersten Abschnitt war gezeigt worden, dass mit grosser Annäherung Mcp = Konst. und Mcv = Konst. ist; daraus folgt, dass auch Mcp – Mcv = 1,98 Wärmeeinheiten
konstant ist.Mit bezug hierauf möchte ich, wie dies bereits im Jahre 1898 in der Zeitschrift für
komprimierte und flüssige Gase und 1899 in der zweiten erweiterten Ausgabe der
„Licht–, Elektrizitäts- und X-Strahlen“ geschehen ist, noch einige
Bemerkungen über das Verhältnis der molekularen, d.h. der in äussere Arbeit
umgewandelten Schwingungsenergie, zur gesamten Energie machen, da die Resultate der
Vibrationstheorie von denjenigen der kinetischen Theorie etwas abweichen. Bezeichnet
man in der vorstehenden Gleichung die gesamte Energie Mcp mit L, die innere Schwingungsenergie Mcv mit H und die
geleistete äussere Arbeit mit K, so erhält man die den
Gleichungen 16 und 17 des ersten Abschnittes entsprechenden Gleichungen . . (17) . . (18) und (19 u. 20)Die Gleichung (18) giebt den Grenzwert an, welchen der wirtschaftliche Wirkungsgrad
bei Verwandlung von Wärme in äussere Arbeit nicht überschreiten kann, wie schon im
ersten Abschnitt auseinandergesetzt und durch die Versuche von Prof. E. Meyer als richtig nachgewiesen worden ist. Für das
Verhältnis hat Clausius aus der kenetischen
Gastheorie die Beziehung abgeleitetKundt und Warburg
haben diese theoretische Formel, welche übrigens dem ersten Hauptsatz der
mechanischen Wärmetheorie direkt widerspricht, durch Experimente zu prüfen gesucht,
dabei aber die Annahme gemacht, dass bei einatomigen Gasen und Dämpfen, wie
Quecksilber, Kadmium und vielleicht auch Zink, keine Bewegungen im Inneren der
Molekel denkbar sind und daher K = H ist. Diese Annahme widerspricht jedoch erstlich den
Resultaten, welche Dr. Meusel und ich in den
Untersuchungen über den Monismus der chemischen Elemente bezw. über die Einheit der
Materie gefunden haben; denn danach sind sämtliche Elemente als mehr oder weniger
verwickelte Verbindungen zweier Grundbestandteile des Wasserstoffs anzusehen.
Zweitens wird nach der mechanischen Wärmetheorie auch bei den einatomigen Gasen
durch Vermittelung der Molekularbewegung äussere Arbeit geleistet, und demgemäss
muss die der Molekularenergie bei konstantem Volumen entsprechende Grösse H um die äussere Arbeit K
kleiner als die Gesamtenergie sein. Nach der Vibriatonstheorie gestaltet sich der
Sachverhalt so, dass bei konstantem Volumen die Grösse K = 0 und daher L = H wird, d.h. die Gesamtenergie und die innere Energie fallen zusammen.
Eigentümlich ist ja allerdings, dass die Beobachtungen von Kundt und Warburg unter der gemachten Annahme
den theoretischen Wert der Clausiusschen Formel für
bei Quecksilber ergeben haben. Wenn Kundt
und Warburg nicht als vorzügliche Experimentatoren
bekannt wären, so möchte ich auch aus anderen Gründen an der Zuverlässigkeit dieses
Beobachtungsergebnisses zweifeln. Da jedoch dieses Resultat dem Ergebnisse der
Vibrationstheorie, nach welcher die Quotienten der spezifischen Wärmen zwischen den
Grenzen 2 und 1 liegen müssen, durchaus nicht widerspricht, so halte ich die von mir
für K, L und H
aufgestellten Beziehungen für praktischer und richtiger, da dieselben zu keinen
Widersprüchen mit der mechanischen Wärmetheorie führen. Setzt man nun nach dem
Beispiel von O. E. Meyer in der kinetischen Theorie der
Gase S. 89 und 90 , worin n die Atomzahl
bedeutet, so nimmt nach der Vibrationstheorie der Gase die von O. E. Meyer a. a. O. auf S. 90 und 91 zusammengestellte
Tabelle folgende Gestalt an (s. S. 45).Die äussere Arbeit K in Wärmemass ist bei ein Grad
Temperaturerhöhung nach Gleichung zu setzen K = M (cp
– cv) oder, wenn man
das mechanische Mass der äusseren Arbeit K1 mit dem Wärmeäquivalent der
Arbeitseinheit multipliziertK1A = M (cp – cv) . . . . (21)Nach der Clapeyronschen Zustandsgleichung der Gase pv= RT ist
aber die äussere Arbeit K1 = p (v1– v0) = R (T0 + 1 – T0) = R; folglich ist RA =
K1A = M (cp – cv) oder . . . (22)Für Wasserstoff ist M = 1 und cp – cv = 1,
folglich muss für Wasserstoff R . A = 1 oder sein. In der That ist für
Wasserstoff nach Zeuner, Mechanische Wärmetheorie, 2.
Aufl. S. 105, R = 422, 612.Zum Schluss dieses Abschnittes möchte ich noch darauf hinweisen, dass infolge der nur
näherungsweise giltigen Beziehung cpM = n2 – 1, in
welcher n2 –
1 sowohl wie auch M sich mit der Temperatur ändern,
auch cp und demgemäss auch cv mit der Temperatur veränderlich sein müssen,
wie schon oben erwähnt wurde. Die betreffenden Beobachtungen von E. Wiedemann lasse ich in folgender Tabelle folgen.
Mit Recht darf man aus den angeführten Versuchen schliessen, dass auch die
spezifische Wärme cv sich mit der Temperatur
ändern wird; sollte dies nicht der Fall sein, so müsste natürlich mit der
Temperatur sich ändern. Es fehlt leider an Beobachtungen, durch welche diese Frage
entschieden wird.(Fortsetzung folgt.)