Titel: Untersuchung der Endversteifung einer Balkenbrücke.
Autor: G. Ramisch
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 697
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Untersuchung der Endversteifung einer Balkenbrücke. Von Prof. G. Ramisch in Breslau. (Schluss von S. 682 d. Bd.) Untersuchung der Endversteifung einer Balkenbrücke. III. Die Gleichungen zur Berechnung von H, M1 und M2 schreiben wir folgendermassen auf: 12φPη=Hh(1+2h3l)+M12(1+hl)+M22(1+hl) . . . . . . . . . . . 1.) 16φPηl+al=Hh2(1+hl)+M1(13+hl)+16M2 . . . . . . . . . . . 2. und 16φPηl+bl=Hh2(1+hl)+16M1+M2(13+hl) . . . . . . . . . . . 3.) Man addiere die beiden letzten Gleichungen, so ergiebt sich, wenn man beachtet, dass a + b – l ist: 12φPηHh(1+hl)+(M1+M2)(12+hl) Aus dieser und der ersten Gleichung folgt jetzt: Hhh3l+(M1+M2)h2lO d.h. M1+M2=23Hh . . . . . . 4.) Es ist das eine merkwürdige Beziehung, welche unabhängig von der gegebenen Belastung ist. Aus Gleichung 1.) hat man nun: Hh3(2+hl)=12φPη . . . . . . . . . . . 5.) Da nach Gleichung VIII ηφ=abl ist, so entsteht: H=3Pab2h(2l+h) . . . . . . 5.)a Diese Gleichung ist zuerst von M¼ller-Breslau, jedoch auf ganz anderem Wege ermittelt worden. (Man vergleiche: Die neueren Methoden der Festigkeitslehre von ihm Seite 122). Aus Gleichung 5 folgt: H=32φPηh(2+hl) Nimmt man φ=2l(2+hl)3l . . . . . . . . . . . 6.) so entsteht: H=Pηl . . . . . . . . . . . 6.)a und man sieht, dass die Parabel in Fig. 2 Einflusslinie für die Horizontalkraft H mit 1l als Multiplikator ist, wenn man für φ den eben gefundenen Wert nimmt. Indem man die Gleichungen 2.) und 3.) von einander abzieht, entsteht: 16φPηabl=(M1M2)(16+hl) d.h. M1M2=Pφη(ab)l(1+6hl) . . . . . 7.) Mit Rücksicht auf Gleichung 4 ist M1=12Pa(la)l{l2al(1+6hl)+12+hl} . . . . . . 8. und M2=12Pb(lb)l{l2bl(1+6hl)+12+hl} . . . . . . . . . 9.) Man schreibe Gleichung 8 folgendermassen: M1=12nPal(1al){11+6hl(12al)+12+hl}nl wobei n eine beliebige Zahl ist. Es ist dann diese oder Formel 8 die Gleichung der Einflusslinie für M1. Sie soll dargestellt werden. Zu dem Zwecke zeichne man in Fig. 3 eine Gerade AB von der Länge l hin, mache darauf AD=a und errichte in D'' die Senkrechte auf AB. Hierauf berechne man aus Gleichung 8 für die vorgelegte Strecke a das Moment M1, dividiere es durch P, so erhält man eine Strecke, die wir Z nennen wollen. Man mache auf der Senkrechten DG1=Z, so ist G1 ein Punkt der verlangten Einflusslinie. Auf diese Weise ist die Einflusslinie für hl=1 dargestellt. Es ist dann: M1P=Z=12nal(1al){17(12al)+13}nl. Für al= 0,1, 0,2, 0,3, 0,4, 0,5, 0,6, 0,7, 0,8, und 0,9 entsteht der Reihe nach: 12al(1al){17(12al)+13}=0,0201, 0,0335, 0,0410, 0,0434, 0,0417, 0,0336, 0,0290, 0,0198 und 0,0099. Es ist nun n = 10 für die Zeichnung genommen worden, sodass die Ordinate beziehungsweise den Wert haben: 0,201 l, 0,335 l, 0,410 l, 0,434 l, 0,417 . l, 0,336 . l, 0,290 . l, 0,198 . l und 0,099 l.
[Textabbildung Bd. 317, S. 698]
Fig. 4.
Nennt man irgend eine Ordinate der so gezeichneten Kurve η1, so ist: Z=1nη1. Es ist also die Kurve Einflusslinie für M1mit dem Multiplikator1n. Auf gleiche Weise lässt sich die Einflusslinie für M2 darstellen. Sie ist übrigens das Spiegelbild für M1 und in Fig. 3 für n = 10, wenn hl=1 ist punktiert dargestellt. Wegen des negativen Vorzeichens in den Gleichungen 8 und 9 erkennt man, dass die Kräftepaare von den Momenten M1 und M2 entgegengesetztes Drehbestreben haben, als in Abb. 1 angedeutet worden ist. Es ist also das Kräftepaar vom Momente M1 links- und das vom Momente M2 rechtsdrehend, so lange die Last auf dem Balken irgendwo zwischen den Punkten A1 und B1 sich befindet. Aus Formel II ergiebt sich, dass Ma1=0 ist, wenn: y1=M1H ist. Da M1 negativ ist, so muss y1 positiv sein, d.h. das Biegungsmoment für den Pfeiler BB1 ist an einer Stelle gleich Null, welche zwischen B und B1 liegt. Ebenso findet man mit Formel III, dass das Biegungsmoment für den Pfeiler AA, an einer Stelle, zwischen A und A1, gleich Null ist. Wir nennen K1 und K2 die Punkte auf den betreffenden Pfeilern, wo dies stattfindet. Die Entfernungen derselben von B bezw. A sind demnach: y1=M1H und Y2=M2H Man verbinde K1 und K2 miteinander und nenne t den Abstand des Mittelpunktes S der Verbindungslinie in Fig. 4 von AB, so ist: t=y1+y22 d.h. t=M1+M22H Mit Rücksicht auf Gleichung 3 ergiebt sich daraus: t=+13h. Wie wir sehen ist t unabhängig von den Belastungen der Konstruktion. Man kann daher S von vornherein zeichnen. Mit Hilfe desselben und des bereits gefundenen Punktes K1 kann man dann sofort K2 darstellen und umgekehrt. Auch diese Bestimmung von S ist von Müller-Breslau bereits vorher ermittelt worden. Wir setzen: Ma1=Pξ1 und erhalten aus Gleichung II P . ξ1 = H . y1 + M1 oder auch mittels Formeln 5.) und 8.): ξ1=3aby12hl(2+hl)+12abl{l2al(1+6hl)+12+hl} d.h. ξ1=abl{3y12h(2+hl)12l2al(1+6hl)12(2+hl)} Es ist dies die Gleichung einer geraden Linie, deren Coordinaten ξ1 und y1 sind. Die gerade Linie geht durch K1 und giebt die geometrische Darstellung der Biegungsmomente für die Punkte des Pfeilers BB1 an. Es finden deshalb in B und B1 die grössten Biegungsmomente statt, Welche verschiedene Vorzeichen haben. Daher wird infolge der Last P der Pfeiler in B und B1 verschieden gekrümmt werden. In K1 findet keine Krümmung statt, d.h. der Punkt K1 ist ein Wendepunkt. Für y1 = 0 ist das Biegungsmoment: Ma1=M1 und für y1 = h, ist das Biegungsmoment: Ma1=Hh+M1 Ersteres findet in B und letzteres in B1 statt. Das Biegungsmoment M1 haben wir bereits mittels Einflusslinie dargestellt. Es handelt sich also jetzt darum, die Einflusslinie für Ma1 zu zeichnen.
[Textabbildung Bd. 317, S. 699]
Fig. 5.
Wir erhalten wiederum mit den Formeln 5 und 8: Ma1=3Pab2l(2+hl)12Pabl{l2al(1+6hl)+12+hl} d.h. Ma1=Pab2l{3(2+hl)l2al(1+6hl)1(1+hl)} und endlich: Ma1=Pah2l={22+hll2al(1+6hl)} . . . 10 womit man die Einflusslinie zeichnen kann. Man setze: Ma1P=Z und wenn n eine beliebige Zahl ist, setze man weiter: ul12al(1al){22+hl12al1+6hl}=η2 so hat man: z=1n, als Gleichung der Einflusslinie. Zur Darstellung derselben nehme man: η2 = 0,1, 0,2, 0,3, 0,4, 0,5, 0,6, 0,7, 0,8 und 0,9, wodurch man für η2 der Reihe nach erhält, wenn: n=10, hl=1 genommen wird, also 2+hl=3 und 1+6hl=7 ist, zunächst η2=5lal(1al){2312,al7} und dann bezüglich: 0,2484, 0,4047, 0,03999, 0,7657, 0,8333, 0,8342, 0,7599, 0,6018 und 0,3514. Mittels dieser Werte ist in Fig. 5 die Einflusslinie für Ma1 gezeichnet worden. Um den Punkt K1 zu ermitteln, muss man ξ1 = 0 setzen und erhält: y1=h3{(l2a)l2+hl1+6hl+1} . . . 11.) Für hl=1 ergiebt sich: y1=h3(l2al37+1) Nehmen wir: a = 0,3 l, so haben wir: y1 = 0,39 l. Wenn y1<12l, so ist M1 < Ma1'' und dann muss Moment Ma1'' bezw. dessen Einflusslinie zur Querschnittsbestimmung des Pfeilers benutzt werden. Ist y1=12l, so ist es gleichgiltig, ob man die eine öder die andere Einflusslinie benutzt, weil sie kongruent sind. Wenn y1' grösser ist als 12l, so muss die M1 Einflusslinie zur Querschnittsbestimmung angewandt werden. Ist h' ≧ l, so wird stets die Ma1'' – Einflusslinie benutzt werden müssen. Ausser von diesen Kräftepaaren wirken auf den Pfeiler BB1 noch folgende Kräfte in der Achse derselben: der Auflagerdruck: Pal von oben nach unten, die Kraft M1l von oben nach unten und endlich der Auflagerdruck M2l von unten nach oben. Diese drei Kräfte können wir addieren und erhalten eine Kraft: Q=Pal+M1M2l oder auch mit Rücksicht auf Formel 7: Q=Pal{1+bl2ab1+6hl} Diese Gleichung muss bei der Querschnittsbestimmung des Pfeilers mitberücksichtigt werden. Man kann für Q ebenfalls die Einflusslinie zeichnen und letztere dazu benutzen. Man schreibe: Q=Pal{1+(1al)(2al1)1+6hl} setzt: al(1+(1a2)2al11+6hl)n1l=η3 und erhält: Q=Pn1η3 wobei u1 eine beliebige Strecke ist. Angenommen für sämtliche Lasten, die auf dem Balken A1B1 sich befinden, ist die Ma1'' Einflusslinie zur Querschnittsbestimmung des Pfeilers die massgebende, was z.B. immer der Fall ist, wenn h' ≧ l ist, so erhält man, wenn F1 der Querschnitt, W1 das Widerstandsmoment der Pfeiler und k die höchste zulässige Beanspruchung für die Flächeneinheit derselben ist, folgende Gleichung: k=1n1ΣPη3F1+1nΣPη2W1 Freilich dient diese Formel mehr zur Prüfung, ob bei vorhandenem Querschnitt die zulässige Beanspruchung überschritten ist oder nicht. – Auf diese Weise muss bekanntlich bei allen statisch unbestimmten Entwürfen die Querschnittsbestimmung geschehen. Ist h' ≧ l so muss man nehmen: k=1n1ΣPη8F1+1nΣPη1W1 Es findet dies statt, wenn y1h12 ist, also nach Gleichung 11.) 32>1+(l2a)2+hl1+6hl oder: 1>2(12a)l2+hl1+6hl ist. Wenn al2 ist, so wird diese Bedingung stets erfüllt. Es kann also vorkommen, dass man für die Belastungen von der Mitte des Balkens A1B1 nach rechts die Ma1'' – Einflusslinie und für die übrigen Belastungen die M1 – Einflusslinie zur Querschnittsprüfung benutzen muss. Genau so ist die Untersuchung für den linken Pfeiler; doch kann man sie übergehen, weil beide Pfeiler gleich stark sich ergeben, also mit dem Querschnitt des einen zugleich der Querschnitt des anderen bekannt ist. – Wir gehen nunmehr über zur Querschnittsberechnung des Balkens A1B1 und bedienen uns dabei der Gleichung I. Befindet sich P links von dem Querschnitte q in Abbildung 1, so ist: M0=Palv1 und: Ma=Palv1HhM1lv2M2lv1 . . . 12.) Ist v1 = 0 und v2 = l, so hat man: Ma = – H . h – M1 d.h. Ma = – Ma1''. Es ist also die Einflusslinie für den Punkt B1 des Balkens bereits gefunden worden. Für den Punkt A1 ist sie das Spiegelbild von der vorhandenen. Befindet sich der Querschnitt in der Mitte des Balkens, so ist v1=v2=l2, also: M0=Pa2Hh12(M1+M2) Mit Rücksicht auf Gleichung 4 entsteht hieraus: Ma=Pa2Hh+13Hh=Pa223Hh also hat man in Gleichung 5.) Ma=Pa2Pab2l+h oder: Ma=Pa2(12(la)l(2+hl)) Es ist dies die Gleichung der Einflusslinie für den mittleren Querschnitt des Balkens, welche von der Mitte bis A1 hinreicht. Die Gleichung des übrigen Teiles der Einflusslinie lautet: Mb=Pb2(1l2lbl(2+hl)) Beide Teile der Einflusslinie liegen symmetrisch gegeneinander. Um sie zu zeichnen, setze man: MaP=Z und hat, wenn n 2 eine beliebige Zahl ist: Z=1n2a2l{12(1al)2+hh}n21 Ist nun: {a2l(12(1al)2+hl)}\n2l=η4 so lautet die Gleichung des linken Teiles der Einflusslinie: Z=1n2η4 Für al= 0,1, 0,2, 0,3, 0,4 und 0,5 erhält man, wenn z.B. hl=1 und n2 = 5 ist: {a2l(12(1al)3)}5l=2,5(al){12(1al)3}l
[Textabbildung Bd. 317, S. 700]
Fig. 6.
der Reihe nach: 0,10 l, 0,233 l, 0,400 l, 0,600 l und 0,833 l. Diese Strecken gelten auch zur Zeichnung des anderen Teiles der Einflusslinie. Dieselbe ist in Abbildung () dargestellt worden. Auf diese Weise kann die Einflusslinie für irgend einen anderen Querschnitt des Balkens gezeichnet werden. In Gleichung 12 sind dann v 1 und v2 konstant und a ist veränderlich zu nehmen. Man setze darin die Werte von M 1, M2 und H ein und erhält die Gleichung der Einflusslinie, welche von A1 bis zum Querschnitt reicht. Für den liest der Einflusslinie lautet die Gleichung: Mb=Pllv2HhM1lv2M2lv1 Es ist jedoch die Darstellung jeder anderen Einflusslinie, wenn es sich um die Querschnittsbestimmung des Balkens handelt, zwecklos, weil sich für den Querschnitt in der Mitte des Balkens relativ die grössten Ordinaten in der Einflusslinie ergeben und daher diese Einflusslinie zur Dimensionierung des Balkens allein massgebend ist. Zum Schlusse bemerken wir noch folgendes: Weil die Einflusslinie für die Horizontalkraft eine gemeine Parabel ist, so wird H dann am grössten, wenn der Schwerpunkt der beweglichen Lasten mit der Mitte des Balkens zusammenfällt, wie Verfasser im Centralblatt der Bauverwaltung No. 39, XXII. Jahrgang, Seite 244, nachgewiesen hat.