Titel: Kinematische Untersuchung eines gesprengten Fachwerkbalkens.
Autor: G. Ramisch
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 389
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Kinematische Untersuchung eines gesprengten Fachwerkbalkens. Von Prof. G. Ramisch in Breslau. Kinematische Untersuchung eines gesprengten Fachwerkbalkens. I. Der Träger besteht aus einem einfachen Fachwerkbalken in der Fig. 1, welcher bei B ein horizontal, also parallel zu mn bewegliches und bei A ein festliegendes Auflager hat; er ist im Punkt J mit einem Stabe JT in gelenkartiger Verbindung und letzterer steht wiederum im Punkte T mit zwei anderen Stäben in gelenkartiger Verbindung und diese haben bei L1 bezw. L2 feste Auflager. Der Träger ist einfach statisch unbestimmt und durch Entfernung des Stabes JT zerfällt er in zwei statisch bestimmte Träger. Statt des entfernten Stabes bringen wir zwei gleiche und entgegengesetzte Kräfte, welche JT zur Kraftlinie haben, an, und da sich dieselben das Gleichgewicht halten, so ist die Hinzufügung dieser beiden Kräfte, von denen jede K heissen soll, gestattet. Es soll der Einfachheit wegen J T vertikal liegen.
[Textabbildung Bd. 317, S. 389]
Fig. 1.
Ferner soll der Fachwerkbalken allein und zwar nur von vertikalen Lasten beansprucht sein; deswegen sind sie zu den Kräften K parallel. Die eine Kraft K wirkt entgegengesetzt zu den Lasten auf den Fachwerkbalken, die andere Kraft K dagegen auf den übrig gebliebenen Teil der Konstruktion, welcher aus den Stäben TL1 und TL2 besteht. Die Kraft K soll vorläufig beliebig gross sein und erst später über dieselbe besonders verfügt werden. Indem wir uns die Stäbe L1 T und L2 T als starr vorstellen, soll die Aenderung in der Entfernung der Punkte J und T, welche von sämtlichen Lasten veranlasst wird, berechnet werden. Von den Fachwerkstäben sei nur der Stab s elastisch. Infolge der Lasten wird er seine Länge verändern und hierdurch werden die übrigen Stäbe, welche zwei starre Scheiben bilden, in Bewegung kommen. Die Unke Scheibe dreht sich um A und hat mit der rechten Scheibe den Punkt G gemeinschaftlich. Letztere ist nun, wenn auch nur momentan, um den Schnittpunkt B1 von AG mit dem Lote von B auf mn drehbar. Wir nennen und die unendlich kleinen Drehwinkel um A bezw. B1, so ist, wie die Kinematik lehrt: AG . dα= GB1 . dβ. Zugleich verändert der spitze Winkel unendlich wenig seine Grösse; nennen wir diese Grössenveränderung, so ist: = + , so dass aus den beiden Gleichungen sich nunmehr ergibt: AB1 . dα = GB1 . und AB1 . dβ = AG . dγ. Wir nennen die Entfernungen des Punktes G von den Auflagerdrücken bei A und B bezw. ga und gb und die Entfernung der Auflagerdrücke selbst l, so ist: AG : GB 1 : AB 1 = ga : gb : l. Daher entsteht aus den beiden letzten Gleichungen: l . dα = gb . . . . . . . 1) und l . dβ = ga . dγ . . . . . . 2) Wir bezeichnen mit M1 die Summe der statischen Momente aller auf der linken Scheibe wirkenden Kräfte und mit Mr die Summe der statischen Momente aller auf der rechten Scheibe wirkenden Kräfte in Bezug auf das linke bezw. rechte Auflager; mit ka und kb die Entfernungen des Punktes J vom linken bezw. rechten Auflager, mit S die Spannkraft im Stabe z1 z2, welche von den Belastungen und der Kraft K hervorgerufen wird und mit r den Abstand des Punktes G von z1 z2, so sind die von den gegebenen Lasten hervorgebrachten momentanen Arbeiten: M1 . und Mr . dβ. Ferner wird von K, welche Kraft in der rechten Scheibe wirkt, die gleichzeitige Arbeit K . kb . dβ und von S die Arbeit S . r . dγ erzeugt; und es muss sein: Mr . dβ + M1 . dα – K . kb . dβ = S . r . dγ. Mit Rücksicht auf die beiden vorhergehenden Gleichungen hat man: Mrgal+MlgblKkbgal=Sr. Wir nennen im besonderen S0 die Spannkraft in z1 z2, wenn K = O ist, so ist: Mrgal+Mlgbl=S0r . . . .  3) und S' die Spannkraft in z1 z2, wenn der Träger nur von einer Last Eins statt K beansprucht ist. Dann ist: kbgal=Sr . . . . . 4) so dass man nunmehr erhält: S0– K . S' = S . . . . . . 5) Wir nennen weiter s die Länge, F den Querschnitt, ds die Verlängerung und E den Elastizitätsmodul des Stabes z1 z2, so ist: ds = r . dy und ds=SsFE; nach dem Hooke'schen Gesetz, so dass man hat: S=FEsrdγ und mit Rücksicht auf Gleichung 2): S=FEsrlgadβ. Hierdurch entsteht aus Gleichung 5): FEsrlgadβ=S0KS oder auch, wenn man bedenkt, dass kb . dβ die Senkung des Punktes J ist und sie mit bezeichnet: dσ=gakblrsFE(S0KS), worin nach Gleichung 4) kbgalr=S ist. Also erhalten wir: dσ=S0SsFEKS2sFE. In dieser Form erhalten wir dσ, wenn wir nach und nach alle Stäbe des Fachwerks als elastisch und die übrigen stets als starr nehmen. Wie man erkennt, kann man sämtliche addieren und ist σ1 die Summe, so hat man: σ1=ΣS0SsFEKΣS2sFE . . . 6)
II. Wir gehen jetzt über zur Bestimmung der Senkung, welche von der anderen Kraft K veranlasst wird, wenn zunächst der eine Stab TL2 und dann der andere TL1 nacheinander elastisch sind. Beide Stäbe sollen denselben Querschnitt F0, dieselbe Länge l0 und denselben Elastizitätsmodul E0 haben. Die beiden Punkte L1 und L2 sollen ferner auf einer Horizontalen liegen, so dass der Winkel L1 TL2 von JT halbiert wird und wir nennen α jede Winkelhälfte. Ist nun X die Spannkraft im elastischen Stabe TL2, so muss K . l0 . sin α – X . l0 . sin 2 α = 0 d.h. X=K2cosα sein. Nach dem Hooke'schen Gesetze, welches wir auch vorhin zu Grunde gelegt hatten, ist daher, weil: X=λl0F0E0 ist, auch: K=2λcosαl0F0E0, wenn λ die Verkürzung des Stabes, hervorgebracht von X bedeutet. Also ist auch: λ=Kl02cosα1F0E0. Der Punkt T muss sich nun auf einem Kreise um L1 als Mittelpunkt bewegen und wie man erkennt, wird hierdurch die Entfernung der Punkte J und T vergrössert. Hierbei möge sich LT mit dem sehr kleinen Winkel drehen. Ist nun σ2 die Vergrösserung der Entfernung von JT, so ist: σ2 = l0 . sin α . dφ. Dann ist aber auch: λ = l0 . sin 2 α . dφ, so dass entsteht: σ2λ=12cosα. Daher haben wir: σ2=K4cos2αl0F0F0 . . . . 7) Eine ebenso grosse Vergrösserung wird hervorgebracht in der Entfernung der Punkte J und T, wenn L1 T elastisch und zugleich TL2 starr ist. Die vorhin gefundene Strecke σ1 bedeutet nun eine Vergrösserung oder Verkleinerung in der Entfernung der Punkte J und T, je nachdem sie negativ oder positiv ist. Wir können daher die Gleichung 6) von der doppelten Gleichung 7) abziehen und erhalten: σ1+2σ2=ΣS0SsEF +K{ΣS2sFE+l02F0E0cos2α}. Ist noch F1 der Querschnitt, l1 die Länge und E1 das Elastizitätsmodul des Stabes JT, welchen man sich eingefügt denken muss, so wird durch K eine Vergrösserung desselben geschehen und dieselbe ist nach dem Hooke'schen Gesetze Kl1F1E1. Zählen wir sie zu dem Werte von – σ1 + 2 σ2 zu und setzen die Summe gleich Null, so erhalten wir eine Gleichung zur Bestimmung von K, welche veranlasst, dass die Konstruktion in dieser Verbindung bestehen kann, wenn sämtliche Stäbe elastisch sind. Wir erhalten deshalb: K=ΣS0SsFEΣS2sFE+(l02F0E0cos2α+l1F1E1). Sind also bei diesem statisch unbestimmten Fachwerke sämtliche Querschnitte und Elastizitätsmodel bekannt, so kann man aus obiger Gleichung K berechnen. Setzt man: ΣS2sFE+(l02F0E0cos2α+l1F1E1)=μ 8) so hat man endlich: K=ΣS0SsFEμ . . . . 9) Hat man so K gefunden, so ermittelt man mittels Gleichung 5) die Spannkraft in jedem Stabe des Fachwerks. Die Spannkraft in jedem der beiden Stäbe TL1 und TL2 ist: K2cosα und im Stabe J T selbst gleich K. In der Praxis wird gewöhnlich der Stab JT fortgelassen, so dass der Fachwerkbalken lose auf der Verbindungsstelle der Stäbe L1 T und L2 T aufliegt. Es verschwindet dann in der Formel für μ das Glied l1F1E1, weil ja l1 = 0 ist. III. Der in der Formel 9) gefundene Wert von K gilt auch dann, wenn die Belastungen beliebig gerichtet sind, weil es ja hierbei nur auf das Moment und nicht auf die Richtung jeder Last ankommt. Jetzt gehen wir dazu über K auf andere Weise zu bestimmen, setzen aber dabei nur lotrechte Lasten voraus. Der Träger soll vorläufig nur mit Q belastet sein; diese Last und K zerlegen ihn in drei Teile, von denen der erste von A bis Q, der zweite von Q bis K und der dritte von K bis B reicht. Q soll vom linken und rechten Auflager bezw. die Entfernungen qa und qb, haben. Wir bestimmen die Spannkraft Su° im ersten Teile, welche von Q im Stabe z'z'' hervorgerufen wird. Zu dem Zwecke nennen wir ua und ub die Abstände des Punktes U vom linken bezw. rechten Auflager. Ist noch ru der Abstand des Punktes U von z'z'', so ist: Su0=Qqbluaru . . . . . . 10) und wird von der Kraft Eins statt K in z'z'' die Spannkraft Sa' hervorgerufen, so entsteht: Ss=1kbluaru . . . . . . 11) Genau so finden wir die Spannkräfte, welche im Stabe z'' z''' erzeugt werden. Es ist dabei nur die Ordnungsziffer m statt u zu setzen. Wir erhalten: Sm0=Pqblmarm . . . . . 12) und Sm=1kblmarm . . . . . 13) Die Spannkraft im Stabe z1 z2 des zweiten Teiles nennen wir Sg°, wenn sie von Q erzeugt wird und Sg', wenn sie von einer Kraft Eins statt K hervorgebracht wird. Wir erhalten: Sg0=Qqalgbrg . . . . . 14) und Sg=1kblgarg . . . . . 15) Hierbei ist rg der Abstand des Punktes G von z1 z2. Im dritten Teile befindet sich der Stab z3 z4; wir nennen Sv° und Sv' die von Q bezw. Eins statt K dann erzeugten Spannkräfte. Mit Rücksicht auf die Bezeichnung in der Figur und der Benennung des Abstandes des Punktes V von z3 z4 mit rv, hat man: Sv0=Qqalvbrg . . . . . 16) und Sv=1kalvbrv . . . . . 17) Vertauscht man die Ordnungsziffer v mit n, so erhält man entsprechend für den Stab z5 z6: Sn0=Qqalnbrn . . . . . 18) und Sn=1kalnbrn . . . . . 19) Wir haben nun: Sn0Sn=Qqbkbl2ua2ru2, Sm0Sm=Qqbkbl2ma2rm2, Sy0Sy=Qqakbl2gagbrg2, Sv0Sv=Qqnkal2vb2rv2, und Sn0Sn=Qqbkal2ub2rn, Man verlängere TL1 und TL2 bis zu den Schnittpunkten a' bezw. b1 mit den Auflagern und ziehe a'b1. Durch U, M, G, J, V und N lege man Parallele zu den Lasten und nenne die Strecken darauf innerhalb des Dreiecks a'Tb1 der Reihe nach: yu, ym, yg, t, yv und yn', so ist: ua=kaynt, ma=kaymt, ga=kaygt, vb=kbyvt, und nb=kbynt. Hierdurch entsteht aus den vorigen Gleichungen: Sn0Sn=Qkakbl2uaqbyutru2, Sm0Sm=Qkakbl2maqbymtrm2, Sg0Sg=Qkakbl2gbqayytrg2, Sv0Sv=Qkakbl2vbqaybtrv2, und Sn0Sn=Qkakbl2nbqayntrn2. Man multipliziere der Reihe nach diese Gleichungen mit: suFuEuFc, smFmEmFc, syFgEgFc, svFvEvFc und snFnEnFc, wobei Fc eine beliebige Fläche bedeutet, ferner su, sm, sg, sy und sn die Längen, Fu, Fm, Fg, Fv und Fn die Querschnitte und Eu, Em, Eg, Ev und En die Elastizitätsmodel der betreffenden Stäbe sind, und setze: pu=FcsuFuEuyuru2, pm=FcsmFmEmymrm2, pg=FcsgFgEgygrg2, pv=FcsvFvEvyvrv2, und pn=FcsnFnEnynrn2 . . . . . 20) so entsteht: FcΣS0SsFE=Qkakbtl {qbl(uapu+mapm)+qal(gbpb+vbpv+nbpn)}. Es sei in der Fig. 1 ab ein einfacher horizontaler Balken und unter U, M, G, V und N der Reihe nach mit pu, pm, pg, pv und pn senkrecht belastet. Es bedeutet dann der Klammerausdruck nichts anderes, als das Biegungsmoment des Balkens an der Stelle unter Q. Zeichnet man demnach mit einem beliebigen Polabstande H die Momentenfläche und nennt q die Ordinate derselben an der Stelle unter Q, so ist die betreffende Klammer gleich H . q, so dass: FcΣS0SsFE=QkakbtlHq und nach Formel 9): K=HqFeμQkAkbtl . . . . 21) ist. Hierbei ist: μFv=ΣS2sFcFE+(l0Fc2F0E0cos2α+l1FcF1E1) 22) wofür wir μ1 setzen wollen. Also ist: K=Hqμ1Qkakbtl. Wie man aus dem Ausdruck für K erkennt, so ist die Momentenfläche Einflussfläche für die Kraft K und hat HqFeμkakbtl=Hqμ1kakbtl zum Multiplikator. Sind wie bei allen statisch unbestimmten Systemen die Querschnitte aller Stäbe bekannt, so lassen sich aus den Gleichungen 20) die Werte für p sofort berechnen, so dass die Einflussfläche für die Kraft K von vornherein gezeichnet werden kann. – Gewöhnlich sind die Elastizitätsmodel sämtlich einander gleich, dann setze man: pu=FcFusuyuru2, pm=FcFmsmymrm2 u.s.w. Es sind dann pu, pm u.s.w. Zahlen, da sie aber für die Zeichnung Kräfte bedeuten, so nennt man sie elastische Gewichte. Ferner setzt man dann: μ1=ΣS2sFFc+(l0Fc2F0cos2α+l1FcF1) und es ist hierbei μ1 eine Strecke. Wählt man nun H so, dass Hkakbtl=1 . . . . . 23) ist, so entsteht K=Qμ1q. Befinden sich auf dem Fachwerkbalken die Lasten Q1, Q2, Q3 . . . und sind deren Ordinaten innerhalb der Einflussfläche q1, q2, q3 . . . der Reihe nach, so erzeugen sie die Kraft: K=1μ1(Q1q1+Q2q2+Q3q3...). Ist der Fachwerkbalken mit g für die Längeneinheit gleichmässig belastet und ist f der Inhalt der Einflussfläche, so entsteht K=gμ1f. Die Einflussfläche hat demnach jetzt den Multiplikator 1μ1. IV. In der Fig. 2 ist z1z2 ein beliebiger Gurtstab links von JT. C ist der gemeinschaftliche Pol der von den übrigen Stäben gebildeten Scheiben und die linke ist mit Q1, die rechte mit Q2 belastet. Die Abstände der Punkte C, Q1 und Q2 vom linken und rechten Auflager sind bezw.: ua und ub, qa' und qb' und qa'' und qb''. Die Entfernungen des Punktes J vom linken und rechten Auflager sind wie vorhin ka und kb und der Abstand des Punktes C vom Gurtstabe z1z2 ist r. Unter a0 b0 als Nulllinie ist in Fig. 3 auf die im vorigen Abschnitte gegebene Weise die Einflussfläche für die Kraft K gezeichnet, der Schnittpunkt von JT mit a0 b0 ist t und auf der Verlängerung von TJ die Strecke tt0 = μ1 1) gemacht. Die Strecke tt0 ist stets grösser als die betreffende Ordinate der Einflussfläche und ihr nur dann gleich, wenn die Stäbe JT, TL1 und TL2 sämtlich starr sind.
[Textabbildung Bd. 317, S. 392]
[Fig. 2–4]
Hierauf ist t0 b0 gezogen und die Schnittpunkte davon mit den Kraftlinien von Q2, Q1 und von a0 A sind mit h2, h1 und a1 benannt. Ferner schneiden die Kraftlinien von Q2 und Q1 die Nulllinie a0 b0 in e2 bezw. e1 und die Einflusslinie von K in g2 und g1. Wirkt nur die Kraft Q2, so ist S0=Q2qbluar, ferner S=1kbluar und K=Q2e2g2μ1. Nach Formel 5) ist nun die Spannkraft in z1z2 gleich: S=Q2qbluarkbluarQ2e2g2μ1, d.h. S=Q2uarlkbμ1[qbμ1kbe2g2]. Es ist nun: e2h2tt0=qbkb, d.h. e2h2=qbμ1kb, so dass, weil e2 h2e2 g2 = – h2 g2 ist, S=Q2uarlkbμ1h2g2 ist. Ferner ist noch: a0a1l=μ1kb, so dass nunmehr entsteht: S=Q2uarh2g2a0a1 . . . . 24) Aus dieser Gleichung erkennt man, dass die Fläche, welche von der Momentenlinie rechts von Cc und von der Geraden cb0 begrenzt wird, Einflussfläche für den Gurtstab z1 z2 ist. Der Multiplikator hierfür ist uara0a1. Die Kraft würde in z1 z2 eine Druckkraft hervorrufen; wegen des negativen Vorzeichens in Formel 24) muss daher S eine Zugspannkraft sein. Es schneidet b0 c die Momentenlinie in i. Deshalb ist die Einflussfläche rechts von i negativ und links davon positiv, d.h. befindet sich die Last rechts von i, so erzeugt sie in z1z2 eine Zugkraft und ist sie links davon, so erzeugt sie eine Druckkraft; befindet sich die Lest genau über i, so wird in z1 z2 gar keine Spannkraft hervorgebracht. Die Kraft Q1 erzeugt die Spannkraft Q1qalubr und da, wie vorhin S=1kbluar und K=Q1μ1e1g1 ist, so hat man: S=Q1qalubrkbluarQ1μ1e1g1 oder auch: S=Q11lrkbuaμ1[qaubμ1kbuae1g1] oder auch: S=Q1uar1a0a1[qaubμ1kbuae1g1] Es ist nun, wenn man c0 den Schnittpunkt von Cc mit a0b0 nennt: c0cub=μ1kb, d.h. ubμ1kb=c0c. Wir haben also: S=Q1uar1a0a1[qac0cuac1g1]. Nun ist weiter, wenn man a0c zieht und h1' den Schnittpunkt mit der Kraftlinie von Q1 nennt: e1h1c0c=qaua, also ist: qac0cua=e1h1 und e1h1e1g1=g1h1. Hierdurch entsteht: S=Q1uarg1h1a0a1 . . . . 25) Aus dieser Gleichung erkennt man, dass die Fläche, welche von a0c und dem Reste der Momentenlinie begrenzt wird, die Einflussfläche des Gurtstabes z1z2 ist, und zwar für Lasten, welche sich links von G befinden. Wie man sieht, ist der Multiplikator genau derselbe wie vorhin. Indem wir die Entwickelung kurz wiederholen, erkennen wir, dass die Einflussfläche für den Gurtstab z1z2 von der Momentenlinie a0 ib0 und den Geraden b0 c und a0 c begrenzt wird. Der Multiplikator für die ganze Fläche ist: uar1a0a1 Die Fläche ist rechts von i negativ und links von i positiv, d.h. befindet sich die Last auf dem Fachwerkbalken links von i, so wird in z1z2 eine Zugspannkraft, befindet sie sich rechts von i, so wird darin eine Druckspannkraft hervorgerufen. Ferner sieht man, dass für alle Gurtstäbe, welche links von JT liegen, der Punkt i ein charakteristischer Punkt ist; denn befindet sich über ihm eine Last auf dem Fachwerkbalken, so wird in allen diesen Stäben gar keine Spannkraft erzeugt. Genau so wird zu verfahren sein, wenn man die Einflussfläche für einen Gurtstab rechts von JT liegend zu bestimmen hat. Statt b0 t0 ist die Gerade a0 t0 zu ziehen und auch hier ist der Schnittpunkt dieser Geraden mit der Momentenlinie der charakteristische Punkt für alle Gurtstäbe, welche rechts von JT liegen. Befindet sich also über diesem Punkt eine Last, so wird in allen diesen Stäben keine Spannkraft erzeugt. Für den Stab z'z'' gelten daher beide charakteristischen Punkte. Je dünner die Stäbe JT, TL1 und TL 2 sind, desto grösser ist μ1 und desto mehr verschieben sich die beiden Punkte nach b0 und a0 hin. Sind die Stäbe vollkommen starr, so fallen sie mit dem Schnittpunkt von tt0 und der Momentenlinie zusammen. Befindet sich eine Last unmittelbar auf dem Stabe z1z2, so gibt es hierfür keine Einflusslinie; liegt aber in den Endpunkten des Stabes ein Träger, welcher ein festes und ein parallel zu mn bewegliches Auflager hat, so findet man hierfür eine Einflusslinie und zwar wie folgt. Man legt durch z1 und z2 Parallele zu den Auflagerdrücken, welche a0 c in a und b0 c in β treffen. Es ist dann die zuziehende Gerade die verlangte Einflusslinie in der Fig. 3. Sie schneidet das Dreieck αβc ab, welches behalten werden muss, wenn die Last sonst auf dem Fachwerke, also nicht auf dem zugefügten Träger oder auf z1z2 ruht. Der Beweis hierfür lässt sich kinematisch sehr leicht führen.
V. Wir gehen jetzt dazu über, die Einflussfläche für ein Wandglied, z.B. für z1 C, zu ermitteln. Zu dem Zwecke bilde man in der Fig. 2 den Schnittpunkt C1 von z1 z2 und DC und nenne seine Abstände vom linken bezw. rechten Auflager ca und cb. Der Fachwerkbalken möge nur von Q2 belastet sein. Nennen wir S0 die Spannkraft in z1 C, wenn die drei Stücke TJ, TL1 und TL2 fehlen, so ergibt sich dieselbe, wenn ρ der Abstand des Punktes C1 von z 1 C ist, aus der Gleichung: Q2qbcalS0ϱ=0, woraus folgt: S0=Q2qbcalϱ. Weiter ist: S=1kblcaϱ und K=Q2e2h2μ1 in der Fig. 4. Also entsteht die Spannkraft S in z1 C, wenn die betreffenden Stäbe wieder eingefügt sind: S=Q2qbcalϱkbcalϱe2h2μ1, d.h. S=Q2calϱkbμ1[qbμ1kbe2h2]. In Fig. 4 ist: tt0kb=e2g2qb, d.h. e2g2=μ1qbkb, und da e2g2e2h2=h2g2 ist, so ist zunächst: S=Q2calϱkbμ1h2g2 und dann, weil, wie schon erwähnt, a1a2=μ1lkb ist, entsteht: S=Q2caQh2g2a0a1 . . . . . 26) Man lege durch z2 zu den Auflagerdrücken die Parallele, welche b0 t0 in z0'' schneidet. Aus der letzten Gleichung lernt man nun kennen, dass die Fläche, welche von z0'' . b0 und der Momentenlinie rechts von z0 '' . z2 begrenzt wird, Einflussfläche für das Wandglied z1 C ist, wenn die Last innerhalb der Punkte z2 und B auf dem Fachwerkbalken sich befindet. Der Multiplikator ist: caϱ1a0a1 Die Einflussfläche ist zwischen i und b0 negativ, sonst positiv. Da nun S0 eine Zugkraft ist, so ergibt sich hier S als Druckkraft und zwar ist sie immer eine solche, wenn die Last innerhalb der Punkte i und b0 sich befindet. Liegt aber die Last links von i, so ist die Spannkraft eine Zugkraft. Man verlängere b0 z0'' bis zum Schnittpunkte c1 mit der Parallele durch C1 zu z2 z0'' und ziehe weiter c1 a0, welche die Parallele durch z1 zu z2 z0'' in z0' trifft, und zeichne endlich die Gerade z0' z0'' in Fig. 4. Wir bestimmen jetzt die Einflussfläche, wenn die Last auf dem Fachwerkträger nur zwischen A und z1 sich befindet. Der Fachwerkträger soll nur mit Q1 belastet sein. Entfernt man die Stäbe JT, TL1 und TL2, so soll die Spannkraft in z1 C mit S0 bezeichnet werden. Es ist dann: S0=Q1qalϱcb. Weiter ist: S=1kblϱca und K=Q1e1g1μ1. Nach Formel 5) haben wir jetzt: S=Q1qaeblϱkblϱcae1g1μ1 oder auch: S=Q11lϱ[qacb+kbcae1g1μ1] Nun ist, wenn man a0 b0 bis zum Schnittpunkte c2 mit C1 c1 verlängert: c2c1cb=μ1kb und dann: c1c2e1h1=caqa. Hieraus folgt: μ1cbkb=e1h1caqa, und da auch S=Q1cakbμ1lϱ[qacbμ1kbca+e1g1] ist, so hat man: S=Q1cakbμ1lϱ[e1h1+e1g1], worin e1h1+e1g1=h1g1 ist. Ferner ist: kblϱ=1a0a1, so dass man endlich hat: S=Q1caϱh1g1a0a1. Die verlangte Einflussfläche wird also von a0 z 0' und der Momentenlinie bis z0 begrenzt und hat die reziproke Strecke caϱa0a1 zum Multiplikator, genau so wie der vorige Teil der Einflussfläche. Die Spannkraft ist stets eine Druckkraft, wenn die Last zwischen A und z1 liegt. Wenn nun eine Last auf dem Stabe z1 z2 unmittelbar liegt, so kann man sie in parallele Seitenkräfte zerlegen, welche in z1 und z2 wirken. Es zeigt sich dann, da die eine Last der Scheibe Az1 C und die andere der Scheibe Bz2 C angehört, dass die Gerade z0'z0'' Einflusslinie für diesen Stab sein muss. – Die Einflussfläche ist demnach begrenzt von den Geraden a0 z0', z0'z0'' und z0''b0 und der Momentenlinie. Man kann die Momentenlinie als Nulllinie ansehen und findet, dass, wenn die Last dort sich befindet, wozu die Ordinaten der Einflussfläche nach unten gehen, die Spannkraft in z1z2 eine Zugkraft ist. Dies ist der Fall, wenn in der Fig. 4 die Last zwischen den Nullpunkten i und i'' sich befindet. Sonst ergibt sich in z1 z2 eine Druckkraft. Wenn also die Last zwischen i und b 0 oder zwischen i'' und a0 auf dem Fachwerkbalken liegt, entsteht eine Druckkraft. Wie man sieht, ist der Punkt i charakteristischer Punkt nicht nur für alle Gurtstäbe, sondern auch für alle Wandglieder, wenn sie sich zwischen A und J befinden. Für die übrigen Glieder gibt es auch einen charakteristischen Punkt, welchen man findet, wenn man a0t0 zieht, und im übrigen zur Ermittelung ihrer Einflussflächen, wie vorher angedeutet, verfährt. Wie man die Einflussflächen zu zeichnen haben wird, wenn statt z1z2 der Stab DC belastet ist, braucht wohl nicht mehr erwähnt zu werden. Für die Diagonale selbst gibt es keine Einflusslinie, wenn die Last unmittelbar auf ihr ruht; jedoch wenn die Last auf einem Balken sich befindet, welcher bei z1 ein festes und bei C ein parallel zu mn bewegliches Auflager hat, gibt es wohl eine Einflusslinie, die leicht darzustellen ist.