Schiffbau der Welt.Schiffbau der Welt.Der Schiffbau der Welt hat im verflossenen Jahr – dem ersten dieses Jahrhunderts
– eine nie gekannte Höhe erreicht.Gebaut wurden 2227 Schiffe mit 3158800 Gross-Registertonnen1)Nach dem Register des englischen Board of Trade,
wobei die Deckaufbauten nicht mit vermessen werden..Grossbritannien baute hiervon allein 1246 Schiffe mit 1811000 t, also etwa 56,2 v. H.
aller Schiffe mit etwa 57,2 v. H. des Gesamttonnengehalts der Schiffbauthätigkeit in
der ganzen Welt.Die Bauthätigkeit Englands verteilt sich wie folgt:
Zusammen1609 SchiffeDampfer der Kauffahrtei-Handels- marine mitSegler der Kauffahrtei-Handels- marine mit153709162313tt darunter Fischerboote, Jachten und sonstige kleinere Boote97135t 5 Kriegsschiffe auf englischen Regierungs- werften mit64910t32 Kriegsschiffe auf englischen Handelswerften für England und das Ausland mit146632t
Von den auf englischen Regierungswerften gebauten Schiffen haben zwei je 9800 t und
drei Stück zusammen 45310 t.Bei der Bedeutung, die der englische Schiffbau hat, folgt in Fig. 1 die Schaulinie für den Gesamtschiffbau, sowie in Fig. 2 dieselben Linien für die Verteilung auf die
einzelnen Schiffbaubezirke, aus welchen sich sofort das Steigen und Fallen in diesem
so wichtigen Gewerbezweig erkennen lässt.Zusammenstellung I.Die Schiffbauthätigkeit Grossbritanniens.
1901190018991898189718961895DampferSegler1683723 623131622062 345581638074 365831565305 349571040769 700851256312 702331003056 66138Zusammen1746036165662016746571600262111085413265451069194Auf Regierungswerften 64910 5230 66900 70955 31885 71970 70350Gesamtbau1810946166185017415571671217114273913985151139544Fürs Ausland geliefertv. H. des Gesamtbaus 36437920,8 43049526,0 35648320,1 39150424,4 307629 27,69 41958830,0 27509325,8GesamtkauffahrteiDavon Tonnengehalt Dampfer in v. H.159940496,1160042197,8157646597,7147786497,57105495393,3123266694,399429293,5Maschinenleistung in PSi1502203126307915408141432829114203412959151024662Kriegsschiffe in v. H. gegenüber Kauffahrtei- schiffen13,23,8410,613,79,2412,814,68Im Mittel 11,15
In Zusammenstellung I ist das Wachsen und Fallen für die Jahre 1901 zurück bis 1895
zahlenmässig zu erkennen. Auffällig ist hier zuerst der Anteil, den die Segler
an der Gesamtbauthätigkeit nehmen; während im Jahre 1900 z.B. 34558 t gebaut wurden,
stieg die Tonnenzahl im vorigen Jahre auf 62313 t. Davon entfielen auf die Clyde-Werft drei grosse Barken und zwei Vollschiffe mit
zusammen 14355 t; 1900 baute derselbe Bezirk nur eine Brigantine und ein Vollschiff
mit zusammen 3363 t. Diese Erscheinung dürfte zum Teil auf das Steigen der
Kohlenpreise zurückzuführen wein.
[Textabbildung Bd. 317, S. 197]
Fig. 1. Schaulinie für den Gesamtbau, ausgeschlossen sind die in den Regierungswerften gebauten Kriegsschiffe.Anfangs der 90er Jahre im verflossenen Jahrhundert betrug übrigens der Anteil der
Segler am Gesamtbau Englands 20 bis 25 v. H., während derselbe heute auf 3 bis 4 v.
H. gesunken ist.Zusammenstellung II zeigt die zahlenmässige Verteilung
der Bauthätigkeit während 1901/1899 auf die einzelnen Bezirke und bezieht sich
auf Angaben von 225 Schiffbauwerften.Zusammenstellung II.Verteilung der Bauthätigkeit in 1901/1899 auf einzelne Bezirke
Englands.
[Textabbildung Bd. 317, S. 198]
Anzahl 1901 der Werfte, Schiffe; Gesamtbauthätigkeit Gross-Tonnengehalt d. B. o. T.; Von Gesamtbauthätigkeit Dampfer, Fürs Ausland; Maschinenkraft; Bezirk; Schottland; Clyde und Aussenhäfen; Andere schottische Häfen; England; Tyne, Wear, Tess, West-Hartlepool; Barrow in Furness;
(einschliesslich Workington und Whitehaven); Mersey; Blyth und Whitley; Humber (Hull u. Grimsby); Themse und andere englische
Häfen; Irland; Belfast und LondonderryEin anderes Merkzeichen auch im Schiffbau Englands ist die steigende Tonnenzahl der
einzelnen Schiffe.Während vor 3 Jahren ein Schiff über 10000 t eine Ausnahme bildete, sind jetzt schon
eine ganze Anzahl derselben eingeschrieben.Die folgende Zusammenstellung III gibt die Verteilung der Schiffzahl auf abgerundete
Tonnengehalte und ermöglicht zugleich ein Bild über die steigende Anforderung.Zusammenstellung III.Schiffsgrösse der Handelswerften.
19011900189918981897Unter 500 tUeber 500 bis 1000 t „ 1000 „ 2000 t „ 2000 „ 3000 t „ 3000 „ 4000 t „ 4000 „ 5000 t „ 5000 „ 6000 t „ 6000 „ 8000 t „ 8000 „ 10000 t „ 10000 t 791 46 82 51 113 86 22 24 9 17 848 53 87 39 116 63 23 58–– 864 53 79 53 137 38 14 61–– 733 50 79 90 146 31 33 49über 6000––636 47 83 74 76 26 28über 5000–––1241128712991211970
Die auf den englischen Handelswerften im Jahre 1901 gebauten Kauffahrteischiffe über
10000 t sind aus Zusammenstellung IV zu ersehen.Zusammenstellung IV.
Ord-nungs-Nr.NameHeimathafentPSiMaschinengattungAnzahlSchraubenErbauer1234CelticMinnetonkaAthenicWalmer-CastleLiverpoolBelfastLiverpoolLondon209041354612512124821300016217 420011500Vierfachverbund-maschinenZwillings-schraubenHarland und Wolff,Belfast56NoordamRynhamRotterdamRotterdam1248012302 7000 7000Dreifachverbund-maschinen78HaverfordMerion––1167711677––––––J. Brown und Co. A.-G.,Clydebank, Glasgow
Ferner wurden auf den Handelswerften neun Kriegsschiffe mit über 10000 t gebaut,
zusammen also 17 Schiffe dieser Grössenklasse.Weiter ist noch zu vermerken, dass sieben Schiffswerften 82 Schiffe mit zusammen
435854 t oder nahezu ein Viertel des auf Handelswerften gebauten Gesamttonnengehalts
herstellten und zwar jede Werft mehr wie 40000 t. Darunter befinden sich die oben
aufgeführten Schiffe.Im Schiffsmaschinenbau fertigten zwölf Werke je mehr wie 40000 PSi; zusammen 771486 PSi oder nahezu die Hälfte aller im Jahre 1901 in England hergestellten
Schiffsmaschinenkraft.In 42 Fällen wurden Zwillingsschrauben (im Gegensatz von zwei auf derselben Welle
sitzenden Schrauben) eingebaut, in zehn Fällen erhielten Schiffe vierfache
Verbundmaschinen; von letzteren bauten Harland und
Wolff allein sechs Anlagen.Mit seinem zur Beförderung von Fahrgästen und Frachten, bei Harland und Wolff, Belfast (Irland), für die White
Star Linie gebauten Dampfer „Celtic“ hat England das zur Zeit
grösste Schiff auf den Meeren schwimmen. Die Abmessungen sind: Länge über Deck
212,57 m, Länge zwischen Loten 207,26 m, Breite über Spanten 22,97 m, Tiefe im Raum
14,82 m, Tiefgang bei 33550 t engl. = 34087 t Verdrängung 10,06 m, während bei 11,12
m Tiefgang die Verdrängung 37 700 t engl. = 38303 t beträgt. Die Vermessung ergab 20
880 Gross-Registertonnen. Das Schiff besitzt eine Ladefähigkeit von 13000 t und kann
ausserdem 347 Fahrgäste erster Klasse, 160 zweiter Klasse, 2352 dritter Klasse
aufnehmen. Das Gewicht beim Stapellauf betrug 14259 t bei einem Tiefgang von 4,672 m
vorn und 5,232 m hinten. Das Schiff ist mit einer Vierfach-Verbundmaschine mit vier
Kurbeln ausgerüstet, die Cylinderdurchmesser sind I. 838 mm, II. 1207 mm, III. 1727
mm, IV. 2489 mm bei 1600 mm gemeinsamem Hub. Die Cylinderfolge ist I-III-IV-II mit
Gewichtsausgleichung nach dem System Yarrow-Schlick-Tweedy.Den Dampf liefern acht Stück doppelendige Schiffskessel mit 48 Feuerrohren und 94,2
qm Gesamtrostfläche, sowie 4440,62 qm Gesamtheizfläche. Der Kesseldruck beträgt
14,76 kg/qcm
Ueberdruck. Für gesteigerten Betrieb ist Hilfsgebläse vorgesehen. Die Maschinen
sollen in regelrechtem Betrieb 13000 PSi leisten und
dabei dem Schiff 16 Knoten oder 29,65 km Geschwindigkeit verleihen; diese Leistung
soll bei 14000 PSiauf 16,5 Knoten = 30,577 km
gesteigert werden können. Bei 13000 PS kommen auf 1 PSi0,0892 qm Bodenfläche des Kessel- und Maschinenraumes. Das
Gesamtmaschinengewicht beträgt 29751 engl. oder 232,5 kg für 1 PSi .Die Mannschaft besteht aus 64 Köpfen Schiffsbesatzung, 92 Köpfen in den Maschinen-
und Kesselräumen, sowie 179 Köpfen Bedienungsmannschaft für die Fahrgäste u.s.w.,
zusammen aus 335 Köpfen.Das Schiff soll seinen Eigentümern einen möglichst grossen Nutzen erringen und dürfte
England für diese Art Schiffe die führende Rolle übernommen haben.Ii übrigen ist England mit Recht erfreut über den Erfolg, welchen es mit seinem
Turbinenschiff „King Edward“ errungen hat. Auf dieses Schiff wird in einem
folgenden Aufsatz zurückgegriffen werden.
[Textabbildung Bd. 317, S. 199]
Fig. 2. Schaulinien für die Bauthätigkeit in den einzelnen Distrikten.Ein bedeutender Anteil der auf englischen Handelswerften gebauten Tonnenzahl geht ins
Ausland – vgl. die betreffenden Reihen unterhalb Gesamtbau in Zusammenstellung I –,
in diesem Jahre 3643791 = 20,8 v. H., deren Wert sich auf die einzelnen Länder nach
Zusammenstellung V wie folgt verteilt:Zusammenstellung V.Fürs Ausland in Grossbritannien gebaute Gross-Registertonnen nach
Board of Trade.
Für das Ausland ist die Clyde die Hauptlieferantin. In
1901 bezog Deutschland von dort 10779 t, gegen 21725 t im Vorjahr, die englischen
Kolonien 25900 t, Oesterreich 16258 t, Dänemark 10000 t, Holland 7804 t, Spanien
7655 t, Japan 5615 t, Frankreich 2036 t, Mexiko 2717 t, Russland 2500 t, Norwegen
2195 t, Schweden 640 t, China 1400 t, Südamerika 950 t, Persien 540 t, zusammen rund
97 000 t oder 26,7 v. H. aller ins Ausland gelieferten Tonnenzahl.Nach Zusammenstellung V bezog Deutschland 78157 t, doch sind viele Besteller
ungenannt geblieben, und wohl nicht mit Unrecht wird angenommen, dass im ganzen etwa
100000 t von England nach Deutschland geliefert seien.Die übrige Bauthätigkeit ausserhalb Englands umfasst:
Vereinigten Staaten von Nordamerika433000 tDeutschland218000 tFrankreich177000 t––––––Zusammen828000 t
oder 60 v. H. der Gesamtsumme aller ausserhalb Englands
gebauten Schiffe.Bei den Vereinigten Staaten entfällt ein grosser Teil auf die Handelsflotte der
grossen Binnenseen, für welche allein im Jahre 1901 sechzehn Dampfer von mehr wie je
4000 t gebaut wurden. An der Küste wurden ferner zu Wasser gelassen und fertig
gestellt vierzehn Dampfschiffe
je von mehr wie 4000 t, zwei Segelschiffe, aus Stahl gebaut, je 3300 t, und
sechs hölzerne Segelschiffe je mit mehr wie 2000 t.Für die grossen Binnenlandseen waren 61 Schiffe mit zusammen 187000 t zum
Vertragspreis von 50000000 M. im Bau.Für die Kriegsmarine 290000 t mit 570000 PSi zum
Vertragspreis von 323816464 M.Die ungeheure Newport News Schiffswerft an der
Chesapeake-Bay war vollständig in Anspruch genommen durch Aufträge. In Gramms Schiffswerft befand sich für 80000000 M.
Arbeitswert im Bau.Die Union-Eisenwerke in San Francisco haben gleichfalls
mit Schiffsbauten für den Pacific-Verkehr reichlich zu thun.Die zwei grössten Schiffe wurden jedoch von der Oestlichen
Schiffbau-Gesellschaft gebaut, einer neuen Werft an der Themsemündung bei
Neu-London, Conn. Jedes der Schiffe hat eine Länge von 192 m bei einer Breite von
22,25 m und einer Tiefe im Raum von 16,76 m und misst 21000 Gross-Registertonnen.
Die Verdrängung beträgt bei mittlerem Tiefgang 33000 t.Diese Schiffe können je 1250 Fahrgäste, in vier verschiedene Klassen geordnet,
befördern, und besitzen je eine Besatzung von 150 Mann; sie kommen also dem
„Celtic“ in der Verdrängung sehr nahe, haben aber eine ganz bedeutend
geringere Besatzung und sind jedenfalls als noch grössere Nutzen-Schraper in
Aussicht genommen.In Frankreich ist infolge der gewährten staatlichen Hilfsgelder auch im Jahre 1901
wieder sehr viel im Bau von Segelschiffen gethan, insgesamt sind 49 Schiffe dieser
Gattung von je 2000 t und mehr fertig gestellt; das grösste derselben, der „Leon Blum“, misst 3200 t und wurde in der Nähe von Rouen erbaut.
Aber auch die Zahl der gebauten Dampfertonnen ist von 20000 im Jahre 1900 auf 53 000
im Jahre 1901 gestiegen.Italien hat für die Kauffahrteiflotte 60500 t Neubauten zu verzeichnen, jedoch ist
die in Auftrag gegebene Tonnenzahl in den zwei letzten Jahren stetig zurückgegangen
und zwar von 107000 t Ende 1899 auf 87000 t Ende 1900 und auf 61000 t Ende 1901.Was Deutschland anbelangt, so hat die Bauthätigkeit im Jahre 1901 auf 45 deutschen
Werften folgendes Ergebnis:Fertig gestellt wurden
darunter die Dampfer „Kronprinz Wilhelm“ 14908,
„Blücher“ und „Moltke“ je 12372 Gross-Registertonnen; an der Weser
ist ein fünfmastiger Segler von 5200 t im Bau.Es kommen also durchschnittlich auf eine Werft 6400 Brutto-Registertonnen fertig
gestellte Schiffe gegenüber England mit 7900 Gross-Registertonnen.Rechnet man aber 24 kleinere Werfte mit 200 Schiffen (Dampfern, Seglern) von zusammen
20000 t ab, so ergibt sich 21 grössere Werfte mit 241 Schiffen und 271700
Brutto-Registertonnen oder als Bauthätigkeit in 1901 für jede Werft 13000
Brutto-Registertonnen. Diese Ziffer dürfte sich bei gleicher Umrechnung für die
englischen Werfte nicht ganz so hoch stellen, weil dort das Verhältnis der kleineren
Werften gegenüber den grösseren ganz verschwindend ins Gewicht fällt. Es steht dies
im natürlichen Zusammenhang mit der Gesamtentwickelung hüben und drüben. Während
England anfangs bei Aufnahme des Eisenschiffbaus vor gut 50 Jahren fast die
alleinige Lieferantin der Schiffahrt treibenden Welt war – eine bevorzugte Stellung,
von der es nur schrittweise verdrängt wird –, wurde in Deutschland der
Eisenschiffbau wohl vor 35 Jahren aufgenommen, hatte aber sehr lange mit den
grössten Schwierigkeiten gegenüber dem englischen Wettbewerb zu kämpfen; diewer
Kampf wurde dabei wesentlich verschärft durch die politischen Verhältnisse. Die
eigentliche und rasche Entwickelung beginnt erst anfangs der 90er Jahre des vorigen
Jahrhunderts.1888 bauten Blohm und Voss ihre bis dahin recht kleine
Werft in die weltbedeutenden Anlagen mit hydraulischem Betrieb aus, als welche
dieselben heute sowohl für Handels- als Kriegsschiffbau bekannt sind. Schichau legte seine Danziger
Werft für grössere Schiffe ebenfalls in jener Zeit an; auch andere Werfte
erweiterten sich, wenn auch erst später – so „Neptun“, Rostock 1896 –, die Flensburger
Schiffswerft 1900/1901, und zur Zeit ist die Germania-Werft in Kiel damit beschäftigt, ihre Werke für Schiffsund
Maschinenbau zu erweitern und an der Kieler Föhrde zu vereinigen.Ueber den Entwickelungsgang des deutschen Schiffbaus mögen noch folgende Angaben
Aufschluss geben, welche der Reichsveröffentlichung anlässlich des Flottengesetzes
entnommen sind:
Ende 1898 gaben 21 grössere Werfte die Zahl der verwandten Pferdekräfte zu 16000 an
bei einer Arbeiterzahl von 30400.Uebrigens hat die Steigerung langsam ansetzend mit den Jahren zugenommen, sie war
stärker von 1897 bis 1900 als von 1894 bis 1897.Für den Bau erstklassiger Schlachtschiffe, auf welchen ja vor allem bei dem Ausbau
einer der Bedeutung des Deutschen Reiches entsprechenden Schlachtflotte gerechnet
werden musste, kamen ausser den kaiserlichen Werften im Jahre 1894 nur zwei
Handelswerften in Frage. 1897 betrug ihre Zahl vier und beträgt jetzt fünf. Für den
Bau von Kreuzern standen 1896/1897 sechs Werfte zur Verfügung, jetzt sind es neun.
Schnelldampfer, bis 1896 nur auf einer Werft ausführbar, können jetzt auf etwa fünf
Werften hergestellt werden.Dampfer erster Klasse für Beförderung von Fahrgästen und Frachten können jetzt auf
vierzehn Werften erstellt werden, 1894 waren nur etwa fünf Werfte dafür
eingerichtet.Als Beweis besonderen Unternehmungsgeistes mag hier noch angeführt sein, dass die
Schiffbaugesellschaft „Vulkan“, Bremen-Vegesack, in Antwerpen an den Ufern der Scheide
eine Schiffswerft anlegt. Das Grundstück ist in Grösse von 27,20 ha zu 2800000 M.
angekauft, für die Gebäude und Maschinen sind weitere 4800000 M. in Aussicht
genommen; vorerst sollen 600 Arbeiter Beschäftigung finden.Gestützt wird das Unternehmen durch grosse Handelshäuser in Antwerpen, Brüssel,
Bremen und Hamburg, auch König Leopold soll mittelbar beteiligt sein.Diejenige Werft, welche für den deutschen Schiffbau die grösste Bedeutung besitzt und
seinen Namen in die fernsten Weltteile getragen hat, ist der „Vulkan“, Stettin; alle deutschen Schnelldampfer, die bis jetzt
endgültig die englischen Leistungen niedergerungen haben, entstammen dieser Werft.
Wie im Jahre 1900 als grossartigste Leistung auf dem Gebiet des Schiffs- und
Maschinenbaues der Dampfer „Deutschland“ anerkannt werden musste, so ist es
in diesem Jahre der „Kronprinz Wilhelm“, der als Schnell- und Prachtdampfer
unübertroffen dasteht. Schon sieht aber die Schiffbauwelt mit Spannung den
Leistungen des „Kaiser Wilhelm II“ entgegen, welches Schiff, bei dieser Werft im
Bau, alle früheren Leistungen überragen soll.Der „Kronprinz Wilhelm“ lief am 30. März 1901 vom Stapel. Die Länge des
Schiffes über Deck beträgt 202,2 m, die Breite auf Spanten 20,13 m, die Tiefe im
Raum 13,11 m, doch ist dabei zu bemerken, dass über diesem Deck der gemessenen Tiefe
sich noch drei weitere Decks befinden; der Registertonnengehalt beträgt 14800 t; bei
einem Tiefgang von 8,69 m hat das Schiff eine Verdrängung von
21300 t. Das Schiff ist nicht ganz so gross wie „Deutschland“ und etwas
grösser wie „Kaiser Wilhelm der Grosse“. Zur Vergleichung seien die drei
Schiffe in ihren Hauptabmessungen nebeneinander gestellt.
„KronprinzWilhelm“„Deutschland“„KaiserWilhelmder Grosse“Länge über Deck m 202,20 208,5 197,7Breite auf Spanten „ 20,13 20,42 20,13Tiefe im Raum „ 13,106 13,4113,106Registertonnengehalt 1480016200 14349Tiefgang m 8,69 8,84 8,54Verdrängung t 2130023200 20880
Für die Sicherheit des Schiffes ist der Doppelboden in 24 wasserdichte Abteilungen
geteilt, das Schiff selbst hat 15 wasserdichte Querschotte und ein Längsschott
zwischen den Maschinenräumen. Alle Schotte müssen im Falle einer vollgelaufenen
Abteilung einem einseitigen Wasserdruck Widerstand leisten können. Zum Leerpumpen
des Schiffes im Falle eines Unfalls sind vier Zentrifugalpumpen, zwei Bilge-Pumpen,
sechs Duplexpumpen vorhanden, welche zusammen 3660 cbm Wasser stündlich
herausschaffen können. Für die Bekämpfung eines Feuers ist eine besondere Pumpe mit
einer Leistungsfähigkeit von 20 cbm stdl. vorhanden, deren Wasserköpfe über das
ganze Schiff verteilt sind. Das Schiff kann 600 Fahrgäste I. Klasse in 214 Kammern
und 350 Fahrgäste II. Klasse in 102 Kammern befördern, während im Zwischendeck für
700 Fahrgäste III. Klasse jede nur zu erwartende Bequemlichkeit vorgesehen ist. Die
Bemannung besteht aus 520 Köpfen, davon kommen 69 auf die Schiffsmannschaft, 241 auf
den Maschinenraumstab, 51 auf die Küchen, 150 auf die Bedienung der Fahrgäste und 4
auf die Postbeförderung. Die Säle und die übrigen Räume schliessen sich hinsichtlich
ihrer Pracht und Ausstattung den früheren Schiffen an; der grosse Speisesaal ist für
414 Gedecke eingerichtet. Neu ist nur die Durchführung der telephonischen
Verbindung; der Oberstewart hat ein sehr grosses Amtszimmer mit allen nur
erdenklichen Vorrichtungen eines grösseren Hotels, selbst die Schiffsuhren sind alle
gleichmässig elektrisch bedient. Vier Dynamos sind vorhanden, die einen Strom von
100 Volt und 825 Ampère liefern. Von den Dynamos liegt eine oberhalb der
Wasserlinie.Das Schiff wird durch zwei Maschinengruppen mit Zwillingsschrauben bewegt.Die Hauptmaschinen des Schiffes sind nach dem vierfachen Verbundsystem gebaut und
arbeiten mit vier Kurbeln, die nach dem System Schlich
ausgeglichen sind. In jeder Gruppe sind zwei Hochdruckcylinder und zwei
Niederdruckcylinder vorhanden, die Hochdruckcylinder stehen über den
Niederdruckcylindern. Die Cylinderdurchmesser sind I zweimal 870 mm, II 1750 mm, III
2500 mm, IV zweimal 2600 mm; der gemeinsame Hub beträgt 1800 mm. Die Cylinderfolge
ist – II – IV – IV – III –. Die Maschine macht regelrecht 80 Umdrehungen in der
Minute, doch können mit Leichtigkeit 84 Umdrehungen erreicht werden. Die mit der
regelmässigen Umlaufszahl auf der Probefahrt bereits erreichte Maschinenkraft betrug
mit verhältnismässig kleiner Füllung 33000 PS, die dabei erreichte
Schiffsgeschwindigkeit 23,34 Knoten oder 42,83 km.Jede Kurbelwelle hat 610 mm Durchmesser, die Drucklagerwellen 600 mm, die
Tunnelwellen 580 mm und jeder Schraubenschaft 630 mm; jede Schraube hat vier
Bronzeflügel und einen Durchmesser von 6650 mm bei 10 m Steigung. Alle Pumpen sind
von der Hauptmaschine unabhängig, ebenso der Niederschlagraum, welcher bei einer
Länge von 2604 mm 910 qm Kühlfläche besitzt; ausserdem ist eine Hilfseinrichtung von
60 qm Kühlfläche vorhanden. Die Luftpumpen haben Weir und
Cathcart geliefert.Den Dampf liefern zwölf Stück doppelendige und vier einfache Schiffskessel mit 15 kg/qcm Ueberdruck.
Jeder doppelendige Kessel hat acht Feuerrohre, jeder einfache vier von je 1150 mm
Durchmesser. Der Durchmesser der Kessel beträgt 5100 mm, die Länge eines
doppelendigen Kessels ist 6300 mm, sein Gewicht beträgt 106 t. Die
Gesamtheizfläche beträgt 8720 qm bei einer Rostfläche von 251,16 qm, gearbeitet
wird mit natürlichem Zug, während bei „Deutschland“ künstlicher Zug, System
Howden, vorgesehen ist. Die Kessel sind in vier
Gruppen angeordnet mit je einem Kamin von 33,53 m Höhe oberhalb der Roststäbe und
einem Durchmesser von 4,5 m. Die Kohlenbunker fassen 4500 t und sind zum Teil an der
Bordwand seitlich der Kessel angeordnet. Der Hauptbunker jedoch liegt zwischen dem
zweiten und dritten Kesselraum. Diese Anordnung ist mit Rücksicht auf den grossen
Speisesaal getroffen, sie hat den Nachteil, dass im Falle einer Verletzung der
Schiffshaut in dieser Bunkerabteilung allenfalls mehr wie die Hälfte der Kessel zur
Unthätigkeit verurteilt werden müsste. Dies ist aber die Annahme eines Zutreffens,
welches noch schlimmer ausfällt, wenn die eine Maschinengruppe durch Zusammenstoss
ausser Thätigkeit gesetzt würde; hierbei wäre das vor allem Gefährliche die
einseitige ungeheure Belastungszunahme.Die Kosten dieses Schiffes belaufen sich auf 13325000M., während „Kaiser Wilhelm
der Grosse“ noch mit nur 11275000 M. bezahlt wurde.Wie sehr sich der Verkehr der Fahrgäste I. und II. Klasse gehoben haben muss, mag
daraus erhellen, dass sich diese ungeheuren Anlagen, wie dem Engineering berichtet wurde, mit 10 v. H. jährlich verzinsten.Ueber den „Kronprinz Wilhelm“ hat bisher seit seiner ersten Fahrt ein
günstiges Geschick gewaltet.Gleich seine Jungfernfahrt bewies seine
Leistungsfähigkeit neben „Deutschland“. Die Ausfahrt von
Cherbourg, dessen Wellenbrecher (Hafendamm) am 18. September v. J. um 8 Uhr morgens
gesichtet wurde, verzeichnet folgende Leistungen:
Gesamtleistung 3045 Seemeilen in 6 Tagen 10 Stunden 15 Minuten.
Durchschnittsgeschwindigkeit 19,74 Knoten oder 36,213 km.Auf der Heimreise wurde Sandy Hook-Feuerschiff am 1. Oktober 210 nachmittags gesichtet und folgende
Leistungen verzeichnet:
Gesamtleistung 2987 Seemeilen in 5 Tagen 9 Stunden 48 Minuten.
Durchschnittsgeschwindigkeit 23,01 Knoten oder 42,22 km.Auf dieser Reise befand sich der Maschinenbaudirektor Flohr vom Vulkan sowie der Inspektor Boyle vom Norddeutschen
Lloyd an Bord.Zu den am besten geleiteten Werften gehört unstreitig auch diejenige der Flensburger Schiffbaugesellschaft. Diese Werft baute im
Jahre 1900 sieben transatlantische Dampfer mit zusammen 40015 Gross-Registertonnen
im Werte von 12000000 M. und zahlte in den letzten 3 Jahren je 18 v. H. Dividende.
Das Betriebskapital betrug 3300000 M. und die Rücklage 1900000 M. Die Aufträge
dieses Jahres umfassen heilte bereits acht Dampfer mit 44000 Gross-Registertonnen,
sowie zwei Schwimmdocks.Die Schiffbauaussichten für die nächste Zukunft liegen nicht ungünstig, einmal da die
Bauten für die Kriegsmarine eine ganze Anzahl und gerade unsere besten und grössten
Werften noch vollauf beschäftigt halten2)Vgl. S. 53 d. Bd., sodann verbürgt auc( die unentwegte Förderung
ihrer Interessen seitens der zwei grössten Reedereien der Welt, welche unserem
Vaterlande angehören – des Norddeutschen Lloyd und der
Hamburg-Amerika-Linie –, weitere bedeutende
Aufträge. Die Hamburg-Amerika-Linie hat mit der Atchison-Topeka- und Santa-Fé-Eisenbahngesellschaft
einen Vertrag abgeschlossen, wonach sie einen 14tägigen Seeverkehr zwischen
San-Diego-Kalifornien und den Philippinen, sowie anderen asiatischen Plätzen
einrichtet. Dieselbe Gesellschaft ist mit dem Norddeutschen
Lloyd zusammen sowohl in den indo-chinesischen Gewässern als auch überall
sonst immerwährend bemüht, Deutschlands Seeinteressen zu fördern, wie denn gerade
zur Zeit wieder die gemeinsame
Reise der Leiter dieser Gesellschaften – Ballin
und Wiegand – nach Nordamerika von der einträchtigen
Arbeit zeugt. Diesen beiden Gesellschaften stehen eine ganze Keine mächtig
aufstrebender Gesellschaften zur Seite. So hat z.B. die Kosmos-Linie, Hamburg, mit der mexikanischen Regierung vertraglich eine
monatliche Verbindung zwischen Hamburg-Antwerpen-London-Akapulco-Manzanillo-San
Blas-Mazatlan-San Francisco vereinbart und muss auch die Verbindung von den
europäischen Plätzen mit dem Mittelmeer aufrecht erhalten.Besonders zu nennen sind hier auch die Ost- und
Westafrikanischen Woermann-Linien, Hamburg, die ihre Schiffe meistens von
der Werft von Blohm und Voss in Hamburg beziehen, sowie
die Australische Linie, Hamburg, und die
Schiffahrtsgesellschaften „Hansa“ und „Argo“, Bremen.Bei der Beurteilung der Schiffbauthätigkeit für die nächste Zukunft fällt vor allem
ins Gewicht, dass an alle zielbewusst vorwärts strebenden Reedereien die
Notwendigkeit, die Ladefähigkeit der Frachtschiffe für den Wettbewerb im
Weltverkehr3)Die Schärfe dieses Wettbewerbs zeigt sich sehr deutlich daran, dass Ende der
90er Jahre des verflossenen Jahrhunderts, als sich Japan seinen Anteil am
Welthandel zu sichern begann, die Schiffsfrachten von Yokohama nach London –
einer Weglänge von 11245 Seemeilen = rund 18 100 km – niedriger waren wie
die Bahnfrachten zwischen Manchester und Liverpool. möglichst
hoch zu halten, herantrat, weil dadurch die Wirtschaftlichkeit der Schiffe ganz
beträchtlich beeinflusst wird.Bis zu welchem Grade dies der Fall ist, zeigt folgende Zusammenstellung, welche sich
auf zuverlässige Angaben über Frachtdampferfahrten im nordatlantischen Verkehr
aufbaut, und für alle Fälle gleiche Fahrgeschwindigkeit zu Grunde legt.Zusammenstellung VI.Steigende Wirtschaftlichkeit der Frachtdampfer mit der steigenden
Ladefähigkeit bei gleichbleibender Fahrgeschwindigkeit.
[Textabbildung Bd. 317, S. 202]
Schiffsabmessung; Länge; Breite; Tiefe i. R.; Tiefgang; Verdrängung in je 1016 kg; Völligkeit der Verdrängung; Ladefähigkeit
in je 1016 kg; Fahrgeschwindigkeit; Eingetauchte Hauptspantfläche; Benetzter Umfang im Hauptspant; Kohlenverbrauch für 100
t Seemeilen; VergleichswertDie Dampfer fahren in der Nordatlantik; bei dem Kohlenverbrauch
ist stets 0,68 kg Kohle für 1 PSi/Std. zu Grunde gelegt.Nach einem Vortrag von James Mc Kechnie;
Engineering, 1901 Bd. 72 S. 269.Es ergibt sich danach, dass – abgesehen von dem grösseren Anlagewert – bei ungefähr
gleicher Bedienungsmannschaft in dem gleichen Zeitaufwand 10000 t für 69 v. H.
16000 t für 55 v. H. derjenigen Kosten zu fördern sind, welche die Beförderung von
5000 t beansprucht. Diese Zahlen zeigen, wie brennend die Frage der Beschaffung
geeigneter Schiffe für die Reedereien geworden ist, sobald sich für das bereits
vorhandene Schiffsmaterial genügend andere Verwendung – sei es zum Sammeln der
Frachten, sei es zum Verteilen derselben – finden lässt.Deutschlands Handelsverkehr hat eine lange gründliche Schulung hinter sich und die
jüngste Ausgestaltung seiner Stellung unter den Mächten hat auch die Erwerbung
seiner Schutzgebiete zur Folge gehabt, deren Hauptaufgabe einmal darin zu bestehen
hat, sich in überseeischen Bedürfnissen auf eigene Füsse zu stellen, andererseits
aber auch darin, für seine überschüssige Volkskraft allmählich geeignete Verwendung
zum Segen und Nutzen der letzteren selbst, sowie ihres Stammlandes zu finden4)Gerade dadurch, dass bisher der arbeitsfreudigste und unternehmungsmutigste
Teil derselben das Vaterland verliess und in anderen Ländern, wie Russland,
Nord- und Südamerika, tüchtige und geschulte Arbeitskräfte zum erfolgreichen
Wettbewerb mit Deutschland bereit stellte, entstand für letzteres mancher
Missstand, den hoffentlich der Fortgang der begonnenen Entwickelung
verschwinden lassen wird.. Eine starke Kriegsflotte ist in Bälde
bereit, den deutschen Handelsbeziehungen schützend zur Seite zu treten.Die mächtige Entfaltung unseres Seehandels ist daher auf zu guter Grundlage
aufgebaut, um in ihrem gedeihlichen Fortschreiten auf lange behindert werden zu
können. Mit ihm aber steigt und fällt der Schiffbau. Wohl können Zeiten grosser
Geschäftsflaue eintreten – solche hat auch der englische Schiffbau durchzumachen,
vgl. oben die Fig. 1 und 2 –, aber im übrigen wird auch hier das Kaiserwort zutreffen, dass die
Thatkraft und der Unternehmungsgeist des deutschen Volkes niemals schlummert,
sondern sich von Geschlecht zu Geschlecht in immer kühnerem Fluge zum Segen des
Vaterlandes hebt.