Titel: | Die Heizung der Eisenbahnwagen. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 494 |
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Die Heizung der EisenbahnwagenNach dem Génie
civil..
(Pariser Weltausstellung 1900.)
(Schluss von S. 427 d. Bd.)
Die Heizung der Eisenbahnwagen.
Heizungsanlage der Ostbahn. Die Heizungsanlagen
mittels Wärmeröhren der Ostbahn beruhen auf denselben Grundlagen, wie diejenigen der
Nordbahn, unterscheiden sich jedoch von denselben durch einige Einzelheiten.
Der bei der weit grössten Anzahl der Wagen der Ostbahn gebräuchliche Kessel besteht
ebenfalls aus doppelten Wänden, welche einen Wasserbehälter A bilden (Fig. 8); am unteren Teil befindet
sich ein drehbarer Rost B mit einem Handgriff C. Im oberen Teil befindet sich der mit einem Kniestück
versehene doppelwandige Schornstein D, an dessen
unterem Teil ein Regulierungsschieber V angebracht
ist.
Die Speisung der Heizkörper geschieht mittels zweier Abflussröhren E für das warme Wasser; die Heizkörper A (Fig. 9 und 10) befinden sich auf
der einen Seite über den Ausflussröhren T, auf der
anderen über den Rückflussröhren T1. Jeder Heizkörper besitzt an einem Ende ein
Luftauslassrohr t, welches sich über den Spannungs-
oder Druckregler V hinwegzieht und dann unter dem Wagen
in die freie Luft führt. Eines der Rohre t endet in
einen aussen am Wagen angebrachten Trichter E1, welcher zur Speisung der Anlage mit Wasser dient.
Die Wagen erster Klasse sind mit je einem zwischen einem Heizkörper und dem
entsprechenden Abflussrohr angebrachten Regulierungshahn r versehen, mittels welchem der Umlauf des Wassers bei einem Heizkörper,
ohne einen anderen in Mitleidenschaftzu ziehen, geregelt wird, was bei den
Heizungsanlagen der Nordbahn nur bei zwei Heizkörpern zugleich stattfinden kann.
Hierzu ist jedoch ein zweiter Spannungs- bezw. Druckregler V1 erforderlich, der ausserhalb an dem
anderen Wagenende gegenüber dem Einfülltrichter angebracht ist. Es wird durch
denselben bezweckt, Verluste, welche durch Sieden oder Verdampfen des Wassers bei
nicht geschlossenen Hähnen entstehen können, zu vermeiden. Ein Ergänzungsrohr
verbindet die Zufluss- und Abzugsröhren, so dass der Wasserumlauf, auch wenn einer
oder mehrere Regulierungshähne geschlossen sind, nicht unterbrochen wird.
Textabbildung Bd. 316, S. 494
Fig. 8.Heizungsanlage der Ostbahn.
Bei den Wagen mit geteiltem Verbindungsgang ist eine Teilung des Kessels infolge der
grossen Länge der Wagen angeordnet worden, was der Bildung Fig. 8. zweier Heizungsanlagen mit einer Feuerung entspricht. Der Kessel
befindet sich hier in dem Gang nahe der Eingangsthür hinter einer durchbrochenen
Thür. Der untere Teil des Schornsteins ist knieförmig gebogen (Fig. 11) und befindet sich in einer Umhüllung ä von Rotkupfer, welche einen kleinen Kessel bildet, in
dem Wasser durch die Heizgase erwärmt wird; mittels eines Ablasshahnes kann der
Kessel unabhängig von dem Hauptkessel entleert werden.
Textabbildung Bd. 316, S. 495
Heizungsanlage der Ostbahn.
Textabbildung Bd. 316, S. 495
Fig. 11.Heizungsanlage der Ostbahn.
Diese Einrichtung konnte bei Wagen mit durchgehendem Gang wegen der grossen Länge des
Umlaufes nicht beibehalten werden. Der Umlauf ist hier ein fortwährender, d.h. das
aus dem Kessel austretende warme Wasser durchläuft sämtliche Heizkörper, ehe es in
den Kessel zurückkommt. Der Kessel befindet sich in einer Ecke an dem einen Ende des
Wagens, hat ein einziges Schlangenrohr und innere Feuerung mit drehbarem Rost,
welcher nicht geschaukelt, sondern mittels eines Handgriffes hin und her geschoben
wird. Mittels einer praktischen Einrichtung kann der Rost gereinigt werden, ohne
Feuer aus demselben herausfallen zu lassen. Diese besteht aus einem kleinen
Gewindeträger im unteren Teil des Feuerraumes, mittels dessen Schlacken oder Steine
entfernt werden können, ohne das Feuer zu beeinträchtigen. Das Rauchabzugsrohr geht
durch den hinteren Teil des Kessels und endet in einem behufs Reinigung des Rohres
aufklappbaren Ventilator. Das warme Wasser steigt aus dem Schlangenrohr etwas in die
Höhe und mündet in den Druckregler, welcher sich über den Leitungen der Heizkörper
befindet; ein Schwimmer zeigt den Wasserstand in dem Regler an. Aus diesem
austretend teilt sich das Ausflussrohrin zwei Arme, deren einer in den oberen,
der andere in den unteren Teil des Wagens führt. Mittels dieser wird der Gang
erwärmt, an dessen Ende sich die Arme wieder in ein Rohr vereinigen, welches durch
die Heizkörper geht und von dort in den unteren Teil des Kessels zurückführt. In den
Luxuszügen sowohl der Nord- wie der Ostbahn werden noch andere Heizungsanlagen
gebraucht, welche jedoch nur Abänderungen der vorbeschriebenen sind, und daher hier
nicht besonders berücksichtigt werden.
Heizungsanlage der Westbahn. Der in Fig. 12 dargestellte, auf der Westbahn gebräuchliche
Ofen hat, wie der der Ostbahn, nur ein Schlangenrohr und ist gewöhnlich an der
hinteren Seite des Wagens nahe den Buffern, seltener an der Längsseite
untergebracht. Die Ausgangsleitung des warmen Wassers geht direkt in den
Druckregler, welcher sich direkt unter der Bank des nächstgelegenen Abteiles
befindet, und von hier zweigen sich die Speiseröhren für die Heizkörper ab. Die
Anordnung der Leitungsröhren veranschaulichen die Fig. 13 bis 16. Der Umlauf ist
doppelt; in die eine Abteilung der Heizkörper tritt das heisse Wasser ein, während
in der anderen in entgegengesetzter Richtung ein Strom kalten Wassers zirkuliert.
Dieses System benachteiligt jedoch die allgemeine Zirkulation, da infolge der
Erwärmung des kalten Wassers an den warmen Wänden und des teilweisen Wärmeverlustes
des warmen durch die Nähe des kalten Wassers binnen kurzem in den beiden Abteilungen
ein Ausgleich stattfindet, und die Bewegung des Wassers gestört wird.
Das von der Westbahngesellschaft benutzte Heizmaterial ist eine walzenförmige
Holzkohle, welche zwar hoch im Preise ist, jedoch sehr langsam brennt, nicht leicht
verlischt und wenig Aufsicht erfordert.
Textabbildung Bd. 316, S. 495
Fig. 12.Heizungsanlage der Westbahn.
Vorteile und Nachteile der Heizung mit Wärmeröhren. Die
Heizung mit Wärmeröhren bietet vor allem den Vorteil der Gleichmässigkeit der Wärme,
da der erzeugte Dampf, welcher nicht unter Druck steht, 100° nicht übersteigen kann.
Die Apparate sind im praktischen Gebrauch derart eingerichtet, dass die Heizkörper
eine Wärme von ungefähr 80° erteilen. Die durch das Wasser erzeugte Wärme ist viel
angenehmer, als die durch heisse Luft erzeugte, welche übrigens schwer zu regulieren
ist; auch werden die Unzuträglichkeiten, welche durch ein Heizsystem mit
Verbrennungsgasen entstehen, verhütet Heizungsanlage der Westbahn. welch letztere
durch Spalte hindurchtreten und die Luft infizieren. Nicht zu unterschätzen ist
hierbei der Umstand, dass man eine für jeden Wagen abgeschlossene Heizung hat, die
von der Zusammensetzung des Zuges unabhängig ist, was, wie sich später zeigen wird, bei
einer einzigen Heizquelle für den ganzen Zug höchst umständlich ist.
Hingegen ist ein Umstand von höchst misslichen Folgen, d. i. das leichte Einfrieren
des Wassers und dadurch entstehende Platzen der Leitungen. Dieser Umstand tritt
ungeachtet aller hiergegen angewendeten Verhütungsmassregeln gewöhnlich dann ein,
wenn die Benutzung der Heizung am notwendigsten ist; jeder Wagen mit eingefrorener
Heizung ist für den Betrieb unbrauchbar und benötigt eine weitgehende Reparatur.
Textabbildung Bd. 316, S. 496
Heizungsanlage der Westbahn.
Ausser diesem Nachteil macht sich das schnelle Verschleimen der Feuerungen und Oefen
unliebsam bemerkbar, denn da dieselben von kleinen Dimensionen sind und der Russ,
welcher sich an den engen Schlangenrohren ansetzt, die Heizfähigkeit leicht
vermindert, wird eine Reinigung dieser Teile sehr erschwert.
Um dem Einfrieren vorzubeugen, sind Versuche mit Chlorcalcium und essigsaurem Natron
angestellt worden, welche die Eigenschaft besitzen, das Einfrieren zu verzögern, und
welche deshalb in die Leitungen eingeführt wurden. Hierzu wurde auch Alkohol und
Glycerin verwendet. Ersteres ist jedoch gefährlich und gebraucht man zur Erzielung
eines wirklichen ausgiebigen Erfolges eine bedeutende Menge davon, wodurch die Sache
verteuert wird; das Glycerin dagegen, welches von zwei Gesellschaften zu diesem
Zweck angewendet wurde, greift das Metall an, ist selten rein und enthält Säuren,
durch welche die metallischen Teile der Leitung um so mehr angegriffen werden.
Ungeachtet dessen hat im letzten Jahre die Nordbahngesellschaft, nachdem sie sich
möglichst reines Glycerin angeschafft hatte, einen grösseren Gebrauch davon gemacht.
Es wurde Glycerin und Wasser in einem Verhältnis von 20 zu 100 verwendet, wodurch
das Einfrieren des Wassers bis zu einer Temperatur von – 8° verhindert wurde. Da das
Glycerin ausserdem bei einer noch niedrigeren Temperatur eine gallertartige Masse
bildet, welche sich der zum Gefrieren erforderlichen Ausdehnung widersetzt, so
erfolgt hieraus, dass, obwohl die Versuche ziemlich kostspielig waren, dennoch zur
Befriedigung ausfielen. Im allgemeinen ist man jedoch bei dieser Heizungsmethode zu
keinem endgültigen Urteil gekommen; es ist jedoch anzunehmen, dass vom ökonomischen
Standpunkt sich dieselbe nicht vorteilhaft darstellt, da hierzu ein sehr reines und
ausgeschwemmtes, von Steinen oder anderen Bestandteilen freies Brennmaterial
erforderlich ist und die Beaufsichtigung selbst bei Verwendung des möglichst
reinsten Glycerins einer ganz besonderen Beaufsichtigung bedarf.
III. Heizung mit Dampf oder mit Dampf
und Wasser (gemischtes System).
Heizungssystem der Nordeisenbahn. Dieses System, welches
darin besteht, Wasser mittels Dampf, welcher der Lokomotive entnommen werden kann,
zu erhitzen, ist beieinigen französischen und ausländischen Gesellschaften
eingeführt worden. Die Schlafwagengesellschaft verwendet dieses System seit einigen
Jahren unter Verwendung eines Körting'schen Injektors
für die Einführung des Dampfes, welcher die doppelte Aufgabe eines Erhitzers und
Propellers erfüllt. Von der Nordbahngesellschaft ist dieses System vervollkommnet
und in den Durchgangs wagen der Schnellzüge eingeführt worden.
Textabbildung Bd. 316, S. 496
Fig. 17.Heizungssystem der Nordeisenbahn.
Wie aus Fig. 17 in schematischer Darstellung zu
ersehen ist, werden die einzelnen Wagenabteile mittels der Wasser enthaltenden
Heizkörper C, der Gang durch zwei Leitungsröhren D erwärmt. Das Wasser kreist, nachdem es im oberen
Teile der Anlage mittels eines Dampfinjektors J erhitzt
worden ist, stetig in der ganzen Anlage bis zu dem Behälter A, wo es durch ein Rohr T austritt. Bei
geöffnetem Hahn B fliesst das Wasser bis zum Niveau H und von da durch die Leitungsröhren D in die Heizkörper C, um
seinen Kreislauf von neuem zu beginnen. An den Stellen HH... sind Ablasshähne angebracht, welche vom Inneren des Wagens behufs
Ablass des Wassers aus den Leitungen geöffnet werden können. Es tritt jedoch nie ein
vollständiges Entleeren des Wassers ein, da bei beendeter Heizung und geschlossenem
Hahn B das in den Behälter rückfliessende und durch den
Dampf erhitzte Wasser nicht abfliesst und gleichzeitig so viel wie möglich gegen
Gefrieren geschützt bleibt. Der aus der Lokomotive entnommene Dampf wird durch ein
gewöhnlich unter dem Wagen befindliches Rohr zugeleitet.
Textabbildung Bd. 316, S. 496
Fig. 18.Heizungssystem der Nordeisenbalm.
Das durch die Oeffnung B (Fig.
18) in den Spannungsregler eintretende Wasser steigt in demselben bis zu
dessen Ueberlaufrohr. Vor Beginn der Heizung wird der Ausflusshahn V1 zum Eintritt des
Wassers in die Heizkörper geöffnet, worauf der Wasserspiegel bis o sinkt. Die in den Heizkörpern enthaltene Luft tritt
hierauf durch das Druckrohr T und Ablaufrohr s aus, worauf das Wasser durch den Hahn V2 austritt und das
Wasser bis auf n sinkt, wobei jedoch noch genügend
Wasser für die Toilette zurückbleibt, welches, wenn es auch ganz verbraucht werden
sollte, nie weiter als bis m sinken kann, so dass immer
noch ein Rest für die Heizung zurückbleibt. Während dessen tritt der durch den
Injektor getriebene Dampf durch das Rohr T gleichzeitig
mit dem Wasser der Heizkörper in den Behälter, wodurch eine teilweise Kondensation
des Dampfes erfolgt, welche das Wasser bis p
zurücktreiben kann. Bei Beendigung der Erhitzung, d.h. in ungefähr einer halben
Stunde vor Ankunft des Zuges an der Endstation, muss das Wasser aus den Heizkörpern
in den Behälter zurückgetrieben werden. Zu diesem Zwecke wird der Hahn V2 geöffnet, um das
überschüssige Wasser zu entleeren und dem zurückfliessenden Wasser Platz zu machen.
Infolge des Ueberflussrohres r kann jedoch das Wasser
nur bis zur Höhe von o ablaufen, worauf der Hahn V1 geschlossen wird und
das Wasser aus den Heizkörpern keinen Abzug mehr findet.
Die Heizkörper bestehen aus Bronze und sind an den Enden und in der Mitte mit
verschliessbaren Oeffnungen zum Reinigen derselben versehen. Die Röhrenanlage
besteht aus Rotkupfer und ist unter dem Fussboden gelagert; die Verbindungsstellen
sind mit bekannten Ausdehnungsvorrichtungen versehen. Die gesamte Dampfleitung
besteht aus Eisen mit einer lötlosen Ummantelung, steigt gegen die Mitte des Wagens
an, um das Kondenswasser nach den Endpunkten zu leiten.
Textabbildung Bd. 316, S. 497
Fig. 19.Heizungsanlage der Eisenbahn Paris-Lyon-Marseille.
Die Kuppelungen bilden einen hauptsächlichen Bestandteil des ganzen Heizsystems, da
sie am meisten dem Gefrieren ausgesetzt sind. Sie bestehen aus Kautschuk und sind
derart eingerichtet, dass einzelne Wagen der Nordbahngesellschaft auch an Wagen
anderer Gesellschaften, welche andere Heizsysteme verwenden, angeschlossen werden
können. Sie sind ausserdem mit Sicherheitsvorrichtungen versehen und können durch
metallische ersetzt werden.
Dieses Heizsystem bietet den Vorteil, dass es von den Wagen aus reguliert werden
kann; die Heizung geht schnell von statten, da 20 Minuten zum Heizen von sechs Wagen
ausreichen. Die Wagen bedürfen während der Fahrt keiner Beaufsichtigung, und da die
Heizung nicht durch den direkten Dampf stattfindet, sondern das Wasser als
Vermittler dient, dauert die Heizung fort, wenn auch der Eintritt des Dampfes einmal
ausbleiben sollte. An Feuerungsmaterial werden nur 10 kg pro Wagen und Tag
verbraucht. Ungeachtet aller Vorsichtsmassregeln ist jedoch auch hierbei das
Einfrieren nicht ganz ausgeschlossen und müssen bei stärkerem Frost noch
verschiedene Massregeln zur Verhütung desselben getroffen werden. Da ausserdem die
Heizung von der Lokomotive abhängig ist, wird bei jeder Beschädigung des
Dampfkessels das Funktionieren der Heizungsanlage unterbrochen.
Heizungssystem der Ost-Eisenbahngesellschaft. Die
Ost-Eisenbahngesellschaft hat seit mehreren Jahren ein Heizungssystem unter dem
Namen „System Lancrenox“ eingeführt, welches aus einer Verbindung von
komprimierter Luft und Dampf besteht.
Wird in eine Leitungsanlage ein Dampfstrom eingeführt, so verdichtet sich letzterer
naturgemäss in den der Eintrittsöffnung entgegengesetzten Teilen derselben. Durch
das Kondenswasser wird die Leitung gesperrt und es wird nicht nur die Heizung
unterbrochen, sondern auch das Einfrieren begünstigt. Wird indessen in die Leitung
ein Strom komprimierter Luft eingelassen, so kann das Wasser eintreten und der Dampf
zirkulieren. Andererseits wirkt dieser Zusatz von Luft auf die Uebertragung der
Wärme und regelt den Druck in der ganzen Länge der Leitung. Wird dem überhitzten
Dampf Luft beigemischt, so gleichen sich die Temperaturen der beiden Bestandteile
des Gemisches aus, ohne unter diejenige des gesättigten Dampfes zu sinken. Wird
dagegen ein an seinem Endpunkt offener kalter Strom eingelassen, so erleidet der
Dampf bei seinem Eintritt eine starke Verdichtung, welche einen Wärmeverlust
hervorruft und das hierdurch erzeugte Wasser stellt dem Eintritt des Dampfes keinen
Widerstand mehr entgegen, wenn dessen Druck nicht gesteigert wird. Wird dagegen ein
Gemisch von Luft und Dampf eingeführt, so bleibt der Druck ungeachtet der
Verdichtung derselbe und treibt das Wasser an den Endpunkt der Leitung.
Die auf diesen Grundsätzen beruhende Heizungsanlage besteht aus einer
Hauptleitung, in welche ein Dampf- und Luftgemisch eingeführt wird und welche mit
einer Ablassvorrichtung versehen ist; den sich von dieser Leitung abzweigenden
Heizrohren mit Einlasshähnen und einer Vorrichtung zum Ablassen der freien Luft und
aus Heizkörpern, in welchen Leitungsrohre für den Dampf untergebracht sind. Letztere
sind zu je dreien angeordnet, um eine leichtere Regulierung zu ermöglichen. Die
Wärme kann jedoch nicht durch das Regulieren des Eintritts des Dampfes in einer
Abteilung geregelt werden, ohne den Umlauf und die Heizung der anderen Abteilungen
zu stören, während durch Vermehrung der Heizröhren je nach Bedarf eine oder mehrere
in Dienst gestellt werden können. Die Hauptleitung tritt an dem einen Ende des
Wagenkastens ein, durchläuft sämtliche Abteilungen und tritt an dem anderen Ende
wieder aus. Das Einfrieren in den niedrig liegenden Stellen und Biegungen der
Leitungen wird durch das Einlassen von komprimierter Luft in das Kondenswasser
verhütet.
Anfangs wurde festgestellt, dass ungeachtet dessen der Druck in der Hauptleitung
infolge des Oeffnens der Regulierhähne nicht gleichmässig war; das vorzeitige
Oeffnen der Hähne kann nachteilig wirken, wenn der Druck niedriger ist, da
infolgedessen die Heizwirkung nur auf einen Teil der Länge der Leitungsröhren
beschränkt bleibt. Bei wachsendem Druck wird durch die Hähne nicht allein Wasser und
Luft, sondern auch Dampf zugelassen, wobei eine Art von Nebel entsteht. Es mussten
deswegen, um dies zu verhüten, automatische Reiniger eingeschaltet werden, welche
die Ausdehnung der Flüssigkeit befördern und Wasser und Luft auslassen, jedoch den
Austritt von Dampf verhindern. Die drei in jedem Wagen untergebrachten Heizröhren
sind deshalb am Ende verbunden und münden in den automatischen
Reinigungsapparat.
Zur Heizung eines Zuges von 18 Wagen mittels dieses Heizsystems gehört nicht mehr als
eine halbe Stunde, wobei ungefähr 2 kg Kohlen für Wagen und Stunde verbraucht
werden.
Textabbildung Bd. 316, S. 497
Fig. 20.Abzweigung von der Hauptleitung zu den Heizkörpern.
Heizungsanlage der Eisenbahn Paris-Lyon-Marseille. Bei
der vorbenannten Eisenbahn werden Heizkörper verwendet, in denen das Wasser durch
einen Dampfstrom erhitzt wird. Der Dampf wird von der Lokomotive entnommen und
gelangt vorerst in ein Hauptrohr a von 54 mm
Durchmesser (Fig. 19), an dessen jedem Ende sich ein
Abschlussventil b mit je einer halben Westinghouse'schen Kuppelung befindet, in der ein
Reinigungsventil angebracht ist, so dass der Dampf unter einem Druck von 0,200 kg
auf 1 qcm zirkuliert. Das Kondenswasser wird bei beendeter Heizung abgelassen. Das
Abschlussventil hat direkte Verbindung mit der Luft behufs Ablassen des Dampfes im
Falle einer Entkuppelung der Wagen auch während der Heizung. An verschiedenen Stellen der
Hauptleitung befinden sich mit Sieben versehene Dampföffnungen, um den Dampf mit dem
Kondenswasser in die Heizkörper einzulassen (Fig.
20), über denen Regulierungshähne, welche vom Wageninneren bethätigt werden
können, angebracht sind. Die Heizkörper, in welche der Dampf eingeführt wird,
enthalten 12 l Wasser; die Heizröhren stehen mit der Aussenluft in Verbindung. Der
äusserste Heizkörper endet in einen mit einem Luftablassrohr versehenen Druckregler,
während sämtliche Heizkörper mit einem Heizrohr zur Erwärmung des Ganges verbunden
sind. Die Füllung der Heizkörper und Röhren geschieht mittels eines ausserhalb der
Wagen angebrachten Fülltrichters.
Heizungssystem von J. Grouvelle und H. Arquembourg.
Ausser den von den Eisenbahngesellschaften vorgeführten Heizungsanlagen für
Eisenbahnwagen ist noch die Heizungsanlage von J.
Grouvelle und H. Arquembourg mit
Niederdruckdampf zu erinnern, welche bereits zur Heizung von Wohnungen angewendet
wurde. Die beistehenden Abbildungen (Fig. 21 bis 23) zeigen die Anlage in
einem senkrechten Schnitt durch einen Eisenbahnwagen, einer Sonderdarstellung des
Dampfkessels und einem wagerechten Schnitt, in welchem die strichpunktierten Linien
die Leitungsanlage bezeichnen.
Der Vorderteil der Heizungsanlage, welche in ihrer ganzen Gestaltung
parallelepipedisch gestaltet und mit einem Mantel von Wärme schlecht leitenden
Material bekleidet ist, enthält die Feuerbüchse a mit
einem mittels eines Handgriffes a2 verstellbaren Rost a1. Das Feuerungsmaterial wird durch den
Schacht a3 eingeführt,
welcher durch den Ofen a4 hindurchgeht; die Einfuhr des Materials wird durch eine Anzahl Mitnehmer
a5 von
verschiedener Länge geregelt. Die vollkommene Verzehrung des Kohlenoxydes wird durch
die Luftöffnungen a6
befördert. Die zum Verbrennen notwendige Luft wird durch einen durch den
entwickelten Dampf selbstthätig regulierten Mechanismus zugeführt, zum Zweck, die
Verbrennung von der Schnelligkeit des Zuges unabhängig zu machen. In dem Oberteil
des Leitungsrohres a8
sind zu diesem Zweck ineinandersteckende Kasten a9 und a13 angebracht, in deren ersterem ringförmige Röhren
untergebracht sind, über und unter welchen sich ausgebauchte metallische Membrane
befinden, so dass das Ganze eine Art Blasebalg bildet, dessen Inneres durch das Rohr
a11 mit der Dampf
kämm er in Verbindung steht. Das äussere Ende dieses Rohres mündet in eine
Flüssigkeit von geringer Dichtigkeit, so dass einerseits der Dampfdruck nicht
plötzlich eintreten kann, andererseits aber die durch die Bewegung des Wagens
erzeugte Erschütterung keinen nachteiligen Einfluss ausüben kann.
Das Austreten von Flüssigkeit wird durch einen abschraubbaren, durch eine
Querstange a12
gesicherten Deckel verhindert. Ueber der Querstange ist ein Verschlussdeckel a14 angebracht, welcher
den Bewegungen des Gebläses nachgibt und mehr oder weniger den durchlochten Deckel
a15 festhält und
hierdurch den Eintritt von Luft regelt. Die Lage des Deckels ist ein für allemal
durch die Feststellung a16 gesichert. Der Hinterteil der Heizanlage enthält die Röhren a18 mit der Rauchkammer
a19, von welcher
das Abführrohr a20 für
die Verbrennungsgase abzweigt.
Textabbildung Bd. 316, S. 498
Heizungssystem von Grouvelle und Arquembourg.
Ueber dem Dampfkessel sind die Ableitungsrohre a21 und a21' angeordnet, welche
sich beide in je zwei Arme teilen und in je einen Wasserstandshahnen BB1 auslaufen. Sie
gehen in systematischen Richtungen durch die Heizkörper CC1 und teilen sich hierauf in zwei andere
Arme, durch welche die Rohre DD1 gespeist werden. An den Endpunkten der letzteren
sind zwei Visierrohre EE1 angebracht, deren untere Enden mit der Abflussleitung a1 verbunden sind und
in ein Sammelrohr a26
enden, welches in das Wasser des Dampfkessels mündet, so dass der Dampfdruck im
äussersten Falle der durch den Hauptsammler a25 abgesonderten Wasserhöhe gleichkommt. Uebersteigt
der Dampfdruck diese Höhe, so tritt das Wasser durch das Rohr a26 in den Behälter E und es tritt ein Gemisch von Dampf und Wasser durch
das Rohr a29 in den
oberen freien Teil des Behälters ein und löscht durch das Rohr a29 das Feuer.
Diese Heizungsanlage dient grösstenteils für einzelne Eisenbahnwagen, kann jedoch
auch für Durchgangswagen angewendet werden, in welchem Falle der Dampf der
Lokomotive entnommen wird. Teilweise wurde diese Heizung bei der Linie
Paris-Lyon-Marseille, von welcher vorstehend die Rede war, angewendet. Sie zeichnet
sich besonders dadurch aus, dass der Dampfdruck für die Leitungen leicht geregelt
und infolgedessen eine je nach Wunsch angemessene Temperatur für jede einzelne
Abteilung erzielt werden kann.
Das in den Eisenbahnwagen in Deutschland, Oesterreich und
Ungarn angewendete Heizungssystem beruht in grösseren oder geringeren
Abweichungen auf dem System Haag. Dieses bezweckt im
Gegensatz zu Frankreich und Holland, wo vorzugsweise die Erwärmung der Füsse der
Reisenden bezweckt wird, die Erhitzung des Wageninneren mittels unter den Bänken
angebrachter Leitungen.
Die in Fig. 24 bis 26 dargestellten
Leitungen BCDEF sind mit der Hauptleitung A mittels einer mit einem Rundschieber versehenen
Verteilungsbüchse H verbunden, welche vom Wageninnern
mittels eines Hebels J bethätigt werden kann. Der
Schieber ist mit einer Oeffnung versehen, Welche während der Heizung mit einer
Ablassöffnung der Verteilungsbüchse H kommuniziert; ist
dagegen die Heizung nicht in Thätigkeit, so werden mittels des Schiebers die
Leitungen mit der atmosphärischen Luft verbunden, Welche, an Stelle des Dampfes
tretend, die Abkühlung bewirkt und das Kondenswasser austreten lässt. Die Wagengänge
werden durch eine doppelte Leitung J und K, welche direkt von der Hauptleitung abzweigt, und das
Waterklosett durch einen Cylinder G geheizt. Eine
Anzahl von Wagen ist unabhängig von der Dampfheizung mit Brikettbehältern für den
Fall versehen, wenn die Wagen in gemischten Zügen auf Nebenlinien verkehren.
Textabbildung Bd. 316, S. 499
Heizungssystem in Deutschland, Oesterreich und Ungarn.
Die Wagen der niederländischen Eisenbahnen werden mit
Dampf geheizt und sind mit einer unteren Leitung für die Füsse der Reisenden und
einer zweiten, welche unter den Bänken angebracht ist, versehen. Jede derselben ist
unmittelbar an die Hauptleitung angeschlossen und wird mittels an beiden Seiten der
Wagen angebrachter Hähne gespeist. Der Dampfdruck variiert je nach der Anzahl der
Wagen zwischen 2 und 3 at.
Russische Eisenbahnen. Ausser den Heizungssystemen
mittels warmer Luft oder warmen Wassers werden die Wagen einiger Linien mit Dampf
oder Dampf und Wasser geheizt. Auf den gewöhnlichen Linien wird der Dampf einem
besonderen Dampfkessel entnommen; die Wasserheizung findet grösstenteils auf den
Sekundärbahnen statt. Die gemischte Heizung dient vorzugsweise für unabhängige
Wagen, um dieselben sowohl auf Haupt- als Nebenlinien verwenden zu können. Der
Unterschied zwischen der Aussen- und der Innentemperatur steigt oft bis auf 56°. Zur
Heizung der Dampfkessel wird Petroleum, zur Warmwasserleitung Koks verwendet.
Schweizerische Eisenbahnen. In der Schweiz fängt man an,
das Haag'sche System einzuführen, um die Möglichkeit
der Abwechselung der Heizung zu erhöhen und durch die gegebene Möglichkeit, das
Kondenswasser nach aussen abzulassen, das Einfrieren der Leitungen zu verhüten.
Bisher ist jedoch das System der französischen Ostbahn noch am meisten in
Gebrauch.
Auf der Gotthardlinie, bei welcher die Leitungen im allgemeinen lang sind, befindet
sich am niedrigsten Punkte jeder Leitung ein Heintz'scher automatischer Reiniger, während die Hauptleitung noch mit
mehreren Reinigern versehen ist, so dass deren Anzahl oft bis 14 an einem Wagen
beträgt. Eine besondere Vorrichtung dient zum Füllen der Waterklosetts mit Wasser
aus den Behältern während der Fahrt.
IV. Elektrische Heizung.
Die Heizung mittels Elektrizität ist erst teilweise in Belgien und der Schweiz
angewendet worden. In Belgien wurde der Versuch auf einer mit Elektrizität
betriebenen Lokalbahn gemacht und zwar mittels Rheostaten, jedoch ist der
Energieverbrauch ein ganz unverhältnismässig hoher. Weitere Einführung hat die
Elektrizität als Heizquelle für Wagen nur auf der elektrischen Bahn in Engelberg und
Burgdorf-Thun gefunden. Eine Kostenberechnung der Anlage und ein Bericht über die
Anwendbarkeit kann jedoch noch nicht angegeben werden.