Titel: | Der sprechende elektrische Flammenbogen und die Versuche, denselben praktisch zu verwerten. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 486 |
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Der sprechende elektrische Flammenbogen und die
Versuche, denselben praktisch zu verwerten.
Der sprechende elektrische Flammenbogen und die Versuche, denselben
praktisch zu verwerten.
Bereits im Jahre 1897 beobachtete Dr. H. Simon,
dass der Lichtbogen einer Gleichstrombogenlampe mit intensivem knatternden Geräusche
zu ertönen beginnt, wenn in der Nähe der Bogenlampenleitung und parallel oder nahezu
parallel zu derselben eine zweite Leitung verläuft, welche von schwachen, aber
intermittierenden Strömen durchflossen ist.
Angeregt durch diese höchst wahrscheinlich zufällige Entdeckung, führte Simon eine Reihe von Versuchen durch, welche ergaben,
dass diese Erscheinung schon durch sehr schwache Induktionsströme hervorgerufen
wurde, und der Flammenbogen selbst durch die naturgemäss minimen Induktionsströme
einer Telephonleitung zum Ertönen gebracht werden konnte. Hierbei bediente er sich
der in Fig. 1 dargestellten Anordnung. In derselben
bedeutet B den Lichtbogen, M das Mikrophon, E die Mikrophonbatterie und
J eine Induktionsrolle oder einen Transformator zur
Erhöhung der Induktionswirkung.
Textabbildung Bd. 316, S. 485
Fig. 1.
Es zeigte sich nun zur Ueberraschung des Untersuchenden, dass der Flammenbogen nicht
nur Klopfen, Pfeifen, Singen, Musizieren auf das Deutlichste übertrug, sondern auch
selbst das gesprochene Wort verständlich wiederzugeben vermochte.
Die Lautwirkung als solche war hierbei jedoch so schwach, dass zur Wahrnehmung
derselben mit Glastrichtern verbundene Hörrohre verwendet werden mussten.
In neuerer Zeit ist es nun einesteils durch Verwendung sehr empfindlicher Mikrophone,
andernteils durch Ermittelung der günstigsten Versuchsbedingungen gelungen, die
Wirkung so weit zu erhöhen, dass das Musizieren bezw. Sprechen der Flamme einer
grösseren Zuhörermenge gut vorgeführt werden kann.
Ebenso wie als Empfänger, lässt sich der Flammenbogen auch als Geber verwenden. Es
ist in diesem Falle nur die Mikrophonbatterie und das Mikrophon durch ein Telephon
zu ersetzen.
Eine bedeutend vereinfachte Anordnung für diese Versuche wurde von Ernst Ruhmer in Berlin angegeben. Bei derselben wird
sowohl der Transformator als die Mikrophonbatterie weggelassen, und direkt ein
Zweigstrom der Lichtleitung, der durch einen entsprechenden Widerstand abgeschwächt
ist, zur Speisung des Mikrophones verwendet. Diese Schaltung ist in Fig. 2 dargestellt, und bezeichnet hier B wieder den Lichtbogen und M das Mikrophon, wogegen der eingeschaltete Widerstand mit W hervorgehoben ist.
Weit bessere Resultate erzielt man mit der von W.
Duddell angegebenen Schaltung, bei welcher der Lampenstromkreis von dem
Mikrophonstromkreise vollständig getrennt wird, und die Uebertragung der
intermittierenden Ströme desselben auf den Lichtbogen unter Vermittelung eines
Transformators erfolgt. Der Gesichtspunkt, von welchem hierbei ausgegangen wurde,
war der, dass ein Uebergang des Gleichstromes des Bogenlampenstromkreises in die
Mikrophonleitung und umgekehrt des intermittierenden Stromes der letzteren in den
Lampenstromkreis hintanzuhalten ist, damit die Wirkungen beider Stromkreise im
Lichtbogen am besten zum Ausdruck gelangen.
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Fig. 2.
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Fig. 3.
Zu diesem Zwecke wurde in die mit dem Lichtbogen in Verbindung stehende Leitung der
Sekundärspule des Transformators ein Kondensator oder eine Kapazität eingeschaltet,
welche den Uebergang der intermittierenden Induktionswechselströme in den Lichtbogen
auf dem Wege der statischen Induktion zwar gestattet, aber dem Uebergange des
Gleichstromes in die Transformatorleitung ein unüberwindliches Hindernis
entgegensetzt. Da nun weiter, wie bekannt ist, eine Selbstinduktion mit kleinem
Widerstände (Drosselspule) einen Gleichstrom passieren lässt, einem Wechselstrom
aber mehr oder minder den Weg versperrt, war es nur natürlich, dass in die
Gleichstromleitung derartige Drosselspulen eingesetzt wurden. Bei der
diesbezüglichen in Fig. 3 dargestellten Anordnung
sind die Drosselspulen mit D und der Kondensator mit
C bezeichnet. Die übrigen Bezeichnungen wurden den
Fig. 1 und 2
entsprechend gleichgehalten.
Um den Lichtbogen als Mikrophon zu benutzen, wird die etwas vereinfachte, in
Fig. 4 dargestellte Schaltung verwendet, in
welcher T das Empfangstelephon bezeichnet.
Textabbildung Bd. 316, S. 486
Fig. 4.
Dass diese Anordnung in verschiedener Weise abgeändert werden kann, zeigen die Fig. 5 bis 7. Die in
Fig. 5 dargestellte Anordnung stammt von Simon, welcher dieselbe für jene Fälle anwendete, in
welchen die Bogenlampe direkt von einer Dynamomaschine gespeist wird, indem sowohl
die von ihm als von Dr. Reich durchgeführten Versuche
zeigten, dass sich mit der in Fig. 1 dargestellten
Schaltung zwar die ganz gleichen Resultate dann erzielen lassen, wenn der
Flammenbogen von einer Akkumulatorenbatterie gespeist wird, und sich in der Leitung
keine Selbstinduktion vorfindet; wenn letzteres jedoch der Fall ist und die Dynamo
als Selbstinduktion von grosser Drosselwirkung zu betrachten ist, lässt sich die
Anwendung des Duddell'schen Kunstgriffes in dieser oder
jener Form nicht vermeiden.
Textabbildung Bd. 316, S. 486
Fig. 5.
Bei der in Fig. 6 vorgeführten Anordnung, welche als
eine Kombination der in Fig. 2 und 3 dargestellten anzusehen ist, ist ein Widerstand w und eine Selbstinduktion im Nebenschlusse zur
Kapazität geschaltet. Diese Anordnung ergibt ganz gute Resultate. Als einfachste und
zweckmässigste Schalteweise hat sich die in Fig. 7
dargestellte erwiesen. Bei derselben wird ein Mikrophonkreis direkt vom Lampenstrome
abgezweigt und innerhalb der beiden Abzweigepunkte der Lichtleitung ein Widerstand
und eine Selbstinduktion eingeschaltet, so dass die durch das Mikrophon
hervorgerufenen intermittierenden Ströme den Weg über den Lichtbogen nehmen
müssen.
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Fig. 6.
Wie nun schon früher erwähnt und in der Schaltung Fig.
4 dargestellt wurde, kann auch der Flammenbogen selbst als Mikrophon
ausgenutzt und die in demselben erregten Elektrizitätswellen in einem Telephon als
Schallwellen aufgefangen, somit der Ton durch denselben übertragen werden. Da nun
der Flammenbogen auf der einenSeite als Mikrophon, auf der anderen Seite als
Telephon wirkt, stellt sich nun von selbst die Frage, ob es nun nicht möglich sei,
den Flammenbogen sowohl als Sender als auch als Empfänger zu verwenden und der
beiden Bindeglieder, Telephon und Mikrophon, gänzlich zu entbehren.
Textabbildung Bd. 316, S. 486
Fig. 7.
Diese Idee wurde auch, sofort nach Bekanntwerden dieser im vorstehenden kurz
skizzierten Eigenschaften des Flammenbogens, von J. H.
West zum Ausdruck gebracht. Es ist dies nun auch thatsächlich der Fall,
allein die praktische Durchführung begegnet manchen Schwierigkeiten, indem die
Wirkung des Flammenbogens als Mikrophon eine relativ geringe ist, und es schon bei
der Anordnung eines Telephons als Empfänger (Fig. 4)
notwendig wird, die Schallwellen energisch auf den Flammenbogen zu konzentrieren und
gleichzeitig, um eine entsprechende Lautwirkung zu erhalten, ein lautsprechendes
Telephon in Anwendung zu bringen. Hierzu ist noch zu bemerken, dass, um die
günstigsten Bedingungen für die Durchführung derartiger Experimente zu erhalten, ein
sehr weiter Abstand der beiden Lampenkohlen, also ein sehr langer Lichtbogen
erforderlich ist, welcher bei allzu intensiver Erschütterung durch die auf ihn
einwirkenden Schallwellen leicht ausgeblasen wird, so dass auch in diesem Falle
besondere Vorkehrungen getroffen werden müssen, um dies zu verhindern.
Die hierfür anzuwendende Schaltungsanordnung zeigt Fig.
8.
Bei der in Fig. 9 dargestellten Anordnung wird
zwischen den beiden Feldmagneten der Dynamomaschine ein Transformator mit einem
Mikrophonstromkreis eingeschaltet und hierdurch bedingt, dass der Feldmagnetstrom
den Schwankungen des Mikrophonstromes folgt. Es entsteht hierdurch eine diesen
Schwankungen entsprechende Oscillation der E. M. K. der
Dynamomaschine und müssen demnach alle in das Netz eingeschalteten Bogenlampen das
wiederholen, was in das Mikrophon hineingegeben wird.
Auf diese Weise lassen sich von dem Maschinenhause aus Nachrichten nach allen Punkten
des Netzes gleichzeitig verbreiten und ist selbst eine musikalische Uebertragung
denkbar.
Textabbildung Bd. 316, S. 486
Fig. 8.
Selbstredend muss hierbei das Mikrophon so situiert werden, dass es durch die
Geräusche und Erschütterungen des Maschinenraumes nicht beeinflusst wird.
Da diese Schwankungen der E. M. K. der Dynamomaschine
durch die Mikrophonströme, entsprechend der geringen Intensität der letzteren, nur
äusserst geringe sein können, ist auch in keiner Weise zu befürchten, dass hierdurch
das gute Brennen der Lampen Einbusse erleidet.
Zu Fig. 9 sei noch bemerkt, dass in derselben in
Ergänzung der
Bezeichnungen A den Anker und F die Feldmagnetwickelungen der Maschine darstellen.
Bevor nun auf weitere Erscheinungen, die unter bestimmt gegebenen Verhältnissen im
Lichtbogen auftreten, und die mit den bereits bekannt gegebenen Erscheinungen in
ursächlichem Zusammenhange stehen, übergegangen wird, sei der Versuch unternommen,
die Ursachen, welche die Lautübertragung durch den Lichtbogen bedingen, so Weit die
bisherigen Forschungen reichen, klarzulegen.
Textabbildung Bd. 316, S. 487
Fig. 9.
Nach Prof. Dr. H. Th. Simon, welcher diesen Gegenstand
bisher am eingehendsten verfolgte, sollen die übergelagerten schnellen
Stromänderungen mit denselben gleichen Schritt haltende Aenderungen der Joul'schen Wärme im Flammenbogen hervorrufen. Diese
Aenderungen der Joul'schen Wärme bedingen nun dieselben
entsprechenden Aenderungen des Volumens der leitenden Gase des Lichtbogens, die sich
naturgemäss in der umgebenden Luft als Schallwellen ausbreiten müssen. Nach
diesbezüglich ausgeführten Messungen soll ein Stromstoss, wie solcher durch eine
Stimmgabelschwingung im Mikrophon hervorgerufen wird, eine Temperaturerhöhung des
Flammenbogens um ca. 0,3 °C. bedingen. Hieraus liessen sich nun die Volums- und
Dichtigkeitsschwankungen der Gase im Flammenbogen berechnen, welche sich mit den bei
den Schallwellen gemessenen Schwankungen in guter Uebereinstimmung befanden.
Diese Anschauung bezw. Erklärung der Ursachen wurde vielfach bestritten und suchte
namentlich Ingenieur L. Baumgardt die im sprechenden
Flammenbogen auftretenden Vorgänge dadurch zu erklären, dass sich der Flammenbogen
im magnetischen Felde der Erde befindet, wodurch er eine wenn auch kleine Ablenkung
erfährt. Da nun die Grösse dieser Ablenkung der Stromstärke proportional ist, müsste
dieser Flammenbogen bei Oscillationen der Stromstärke diesen Oscillationen genau
folgen, welche sich natürlich wieder auf die umgebende Atmosphäre übertragen werden
und die Lautwirkungen gleichfalls als erklärlich erscheinen lassen. Wäre nun diese
Anschauung richtig, so müssten sich mit einem Flammenbogen in einem stärkeren
magnetischen Felde viel kräftigere Wirkungen hervorrufen lassen. Da nun die von Simon im Vereine mit Baumgardt und Dr. Reich in dieser Richtung
hin durchgeführten Versuche ein vollständig negatives Resultat ergaben, erscheint
diese Erklärung hinfällig.
Hingegen dürften die Schlussfolgerungen, die F. Braun
aus den Simon'schen Versuchen gezogen hat, die von
letzterem gegebene Erklärung bestätigen. Er wies nämlich darauf hin, dass sich
theoretisch die Intensität einer solchen Wärmewirkung beliebig steigern lassen muss.
Die Joul'sche Wärme ist bekanntlich dem Produkte aus
dem Quadrate der Stromstärke und des Widerstandes proportional. Wächst nun der Strom
um eine kleine Grösse di, so ist die auftretende Joul'sche Wärme nicht mehr wi2, sondern gleich w (i + di)2
= wi2 + 2 widi + wdi2, was so viel besagt, dass die Zunahme der Joul'schen Wärme nicht bloss dem Stromzuwachs di, sondern auch dem ursprünglichen Strome proportional
ist, sohin die Wirkung im Flammenbogen um so grösser sein muss, je stärker man den
Bogenlampenstrom wählt.
Wenn nun auch das Vorhandensein eines richtigen Ohm'schen Widerstandes im Flammenbogen noch zweifelhaft ist, wiewohl die
neueren Duddell'schen Versuche einensolchen zu
bestätigen scheinen, und andererseits eingehende Versuche in dieser Richtung noch
nicht durchgeführt wurden, so lassen doch die bisherigen rohen Erfahrungen den
Schluss zu, dass eine Vergrösserung der Stromstärke thatsächlich die Lautwirkung des
Flammenbogens günstig beeinflusst, wodurch die Erklärungen von Simon eine kräftige Stütze finden.
Für die Durchführung der einschlägigen Versuche sind eine Reihe von
Vorsichtsmassregeln erforderlich; so ist es von grossem Vorteile, möglichst lange
Flammenbogen zu haben. Duddell war der erste, welcher
Flammenbogen bis zu 10 cm Länge verwendete, wiewohl sich auch mit Flammenbogen von 2
bis 3 cm ganz zufriedenstellende Ergebnisse erzielen lassen. Der Auswahl der
Lichtkohlen ist grosse Aufmerksamkeit zu widmen, und haben sich für diese Zwecke
Dochtkohlen oder besser noch mit Salzen imprägnierte Kohlen (Bremer'sche Kohlen) am besten bewährt. Unter Umständen gelingen jedoch
die Versuche bei Verwendung von nicht imprägnierter Homogenkohle ganz gut.
Um möglichst grosse Amplituden der durch das Mikrophon erregten Elektrizitätswellen
zu erzielen, ist es wünschenswert, im Mikrophonstromkreise eine möglichst hohe
Stromstärke anzuwenden. Allein hier kann leider eine gewisse Grenze nicht
überschritten werden, weil sich bei zu hoher Stromstärke zwischen den Elektroden des
Mikrophones leicht Lichtbogen bilden, die das Mikrophon verbrennen und unwirksam
machen. Die Versuche, widerstandsfähigere Mikrophone für diese Zwecke zu
konstruieren, haben bisher leider noch zu keinem vollständig befriedigenden
Ergebnisse geführt. Am besten haben sich für diese Zwecke bisher lautkräftige
Kohlenkörner-Mikrophone erwiesen, die ausserdem noch den Vorteil haben, dass das
Kohlenklein leicht und in einfacher Weise erneuert werden kann.
Der weitere Verfolg dieser Versuche hat zur Erkenntnis einer Reihe von neuen
Thatsachen geführt, die ebenfalls das allgemeine Interesse zu erwecken berufen sind
und grosse Bedeutung sowohl für die Elektrotechnik als auch die Physik besitzen
dürften.
Schaltet man, wie dies bereits Duddell angegeben hat
(Fig. 10), parallel zu einem Flammenbogen einen
Stromkreis von geringem Widerstände mit einer Selbstinduktion D1 und einer Kapazität
C ein, so beginnt der Flammenbogen und zwar
ziemlich laut mit einem reinen Tone zu ertönen. Die Höhe des Tones ist von der Länge
des Lichtbogens und dem Werte der Kapazität und der Selbstinduktion abhängig und
kann daher durch Aenderung derselben nach Belieben variiert werden.
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Fig. 10.
Es ist auf diese Weise möglich, mittels passend abgestimmter Selbstinduktionen und
Kapazitäten, welche durch eine entsprechende Tastatur abwechselnd in den Stromkreis
eingeschaltet werden, den Flammenbogen als musikalisches Instrument zu benutzen.
Allerdings machen sich bei Ein- und Ausschalten der Tasten gewisse Tonschwankungen
bemerkbar, die die Reinheit der zum Vortrage zu bringenden Melodie einigermassen
ungünstig beeinflussen. Dieser Nachteil wird sich jedoch bei exakter Ausführung der
Tastatur wohl beseitigen lassen.
Prof. W. Peukert ist es gelungen, durch alleinige
Anwendung eines Kondensators von bestimmter Kapazität – er benutzte für seine
Untersuchungen einen Kondensator von 7,7 Mikrofarad – ganz ähnliche Wirkungen zu
erzielen. Der Lichtbogen hatte eine Länge von etwa 0,75 mm und konnte innerhalb
enger Grenzen geändert werden, in welchem Falle auch sofort eine Aenderung der
Tonhöhe bemerkbar wurde. Ueber eine gewisse Länge des Bogens hinaus hörte das Tönen
desselben vollkommen auf, um sich sofort wieder bemerkbar zu machen, wenn die
ursprüngliche Länge
desselben von neuem hergestellt wurde. – Diese Erscheinung lässt sich nun in der
Weise erklären, dass durch die abwechselnden Ladungen und Entladungen des
Kondensators Wechselströme entstehen, die über den Lichtbogen verlaufen und in
demselben periodische Stromschwankungen erzeugen, die nun wieder auf die den
Lichtbogen bildende Gassäule in bekannter Weise einwirken und zur Bildung von
Schallwellen anregen.
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Fig. 11.
Von Peukert durchgeführte Messungen zeigten, dass die
erzeugten Induktionswechselströme im Kondensatorenstromkreis bei relativ niederer
Spannung eine sehr grosse Intensität, bis zu 19 Ampère, und eine ausserordentlich
hohe Frequenz, bis 9223 in der Sekunde, hatten. Durch diese Anordnung ist sonach ein
äusserst einfaches Mittel zur Erzeugung starker Wechselströme von hoher Frequenz und
niedriger Spannung gegeben. Die bisherigen Wechselströme hoher Frequenz, unter dem
Namen Tesla-Ströme bekannt, zeigten infolge ihrer Erzeugungsart auch immer sehr hohe
Spannungen (bis zu 500000 Volt).
Mit den so erhaltenen Wechselströmen lassen sich nun auch die für Wechselströme
charakteristischen Versuche ausführen. Wurde in den Kondensatorstromkreis, wie dies
Fig. 11 zeigt, ein zu einem Bügel gebogener
dicker Eisendraht F geschaltet und die beiden Zinken
dieses Bügels durch Glühlampen g überbrückt, so
begannen, sobald der Stromkreis durch den Taster T
geschlossen wurde, nicht nur die Lampen zu brennen, sondern auch der Lichtbogen zu
ertönen.
Textabbildung Bd. 316, S. 488
Fig. 12.
Der Ohm'sche Widerstand des Eisenbügels war mit 0,013
Ohm bestimmt, es hätte daher, da die unterste Lampe eine 10 Volt-Lampe war, um
dieselbe mit Gleichstrom zum Erglühen zu bringen, durch den Bügel ein Strom von 769
Ampère hindurch gesendet werden müssen. Dies erklärt sich durch die
Impedanzerscheinung, nach welcher sich der Widerstand eines Leiters bei Durchgang
von Wechselströmen hoher Frequenz anscheinend wesentlich erhöht. Diese Erscheinung
wird dadurch erklärt, dass solche Ströme gar nicht in das Innere der Leiter
eintreten, sondern nur an der Oberfläche derselben fliessen. Der Nachweis hierfür
lässt sich leicht erbringen, wenn man beispielsweise den Eisenbügel im
vorhergehenden Beispiele (Fig. 11) durch ein
Eisenband, dessen innerer Widerstand bedeutend grösser ist als der des Eisendrahtes,
das aber auch eine bedeutend grössere Oberfläche hat, in der Weise überbrückt, dass
eine Stromteilung stattfinden muss. Indiesem Falle verlöschen sämtliche Lampen
sofort, da die Spannungsdifferenz in dem Eisenbügel erheblich kleiner geworden ist,
als dieselbe nach dem Ohm'schen Gesetze sein
sollte.
Peukert hat auch die elektro-induktive Abstossung durch
derartige Wechselströme zur Darstellung gebracht, und zu diesem Zwecke in den
Kondensatorstromkreis eine aus 2 mm starkem isolierten Kupferdrahte hergestellte
Spule Sp, mit 6 Windungslagen zu je 14 Windungen (Fig. 12) geschaltet, und diese Spule über einen aus
dünnen parallelen Eisendrähten gebildeten Kern K von
230 mm Länge geschoben. Sobald diese Spule eingeschaltet ist, bewirkt sie durch die
Selbstinduktion sofort eine Aenderung der Tonhöhe des Flammenbogens, indem die
Schwingungszahl des Wechselstromes eine andere wird.
Schiebt man die Spule längs des Eisenkernes auf und ab, so treten infolge der stets
wechselnden Selbstinduktion periodische Aenderungen der Tonhöhe des Flammenbogens
auf, und hat man hierdurch ein weiteres Mittel, die Tonhöhe desselben beliebig zu
regulieren. Ein über den Eisenkern geschobener Aluminiumring B wird von der Spule abgestossen und über dem Eisenkern freischwebend
erhalten, wobei sich das Aluminium stark erhitzt. Ein aus dünnem Kupferbleche
hergestellter Ring, welcher hierbei gleichfalls schwebend erhalten wird, erhitzt
sich so stark, dass er glühend wird.
In ähnlicher Weise lassen sich auch alle von E. Thomson
ausgeführten Versuche wiederholen, ohne dass es hierzu einer Wechselstrommaschine
bedarf.
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Fig. 13.
Durch die in Fig. 13 dargestellte Anordnung lässt sich
das Pfeifen eines Lichtbogens auf den anderen übertragen. Haben die beiden
Lichtbogen gleiche Länge und schliesst man den Kondensatorstromkreis der ersten
Lampe, so beginnen beide Lampen gleichzeitig zu ertönen.
Es stellt sich nun die Frage, ob die Eigenschaft des Flammenbogens der
Gleichstrombogenlampe, unter dem Einflüsse elektrischer Wellen zu ertönen, ein
Charakteristiken derselben ist, oder ob auch andere Flammen die gleiche Eigenschaft
zeigen. Hier kann auf die Versuche von Ruhmer verwiesen
werden, welchem es gelungen ist, die Flamme des Bunsenbrenners und überhaupt jede
Flamme zum Sprechen zu bringen, wodurch der Nachweis erbracht ist, dass die
Einwirkung elektrischer Wellen auf die Gasaureole jeder Flamme die gleiche bleibt
und die Einrichtung nur den jeweiligen Verhältnissen und Umständen angepasst werden
muss.
Das praktische Ergebnis dieser interessanten Erscheinungen ist dermalen noch gleich
Null zu betrachten, allein es eröffnen sich für die Zukunft vielversprechende
Aussichten. Der raschen Verbreitung von Nachrichten nach allen Punkten eines
elektrischen Beleuchtungsnetzes ist hierdurch die Bahn gebrochen. Allerdings
beschränkt sich diese Vermittlung vorläufig nur auf die mit Bogenlampen versehenen
Empfangsstellen; allein da, wie. vorhin gesagt, auch alle anderen Gattungen von
Flammen zum Mitsprechen gebracht werden können, dürfte es praktisch nicht allzu
schwierig sein, durch eine entsprechende Ausgestaltung des Erregungsnetzes auch
diese Flammen in das Vermittelungsnetz einzubeziehen. Allerdings wird die Lautintensität
dieser kleineren Flammen, da ja hier der eigene Betriebsstrom nicht zur Mitwirkung
herangezogen wird, eine viel geringere sein als die des Lichtbogens einer
Bogenlampe, aber dieselbe dürfte, insbesondere wenn es gelingt die Schallwellen
konzentriert auf einen Punkt zu leiten, immer noch ausreichend sein, um eine
vollkommen verlässliche Schallübertragung zu ermöglichen. Es ist ja hier nicht immer
notwendig, die Aufmerksamkeit des Zuhörers unmittelbar zu erregen. Derselbe wird
vielmehr, wie das bei der Budapester Telephonzeitung
der Fall ist, sobald er sich über etwas informieren will, sich zum Empfangsapparate
begeben und von demselben nach vorhergehender Einschaltung die Nachricht, die eben
im Gange ist, abnehmen. Ob ein wirkliches Bedürfnis nach einer solchen Art der
Nachrichtenvermittelung vorhanden ist, bleibt fraglich, da der einzige Fall einer
dermalen bestehenden, auf ähnlichen Grundsätzen aufgebauten Vermittelungsanstalt,
nämlich der Budapester Telephonzeitung, trotz der
unleugbaren Erfolge, welches dieses Unternehmen erzielt hat, und des Anklanges,
welches sich dasselbe noch heute in den Kreisen der Bevölkerung erfreut, anderweitig
noch keine Nachahmung fand. Allerdings wurden seitens einer Reihe
unternehmungslustiger Personen Versuche angebahnt, ähnliche Einrichtungen in anderen
Städten, so auch namentlich in Wien, ins Leben zu rufen, allein die seitens der
massgebenden Behörden gestellten Bedingungen liessen, wenn denselben in allen
Punkten entsprochen werden wollte, eine Rentabilität eines solchen Unternehmens im
vorhinein als ausgeschlossen erscheinen.
Da es unter Verwertung der sprechenden Flamme für die gleichen Zwecke ebenfalls eines
ausgedehnten Leitungsnetzes bedarf und nicht anzunehmen ist, dass für die Errichtung
eines solchen günstigere Bedingungen als für ein einseitiges Telephonnetz zu
erreichen sein werden, dürfen die Hoffnungen in dieser Beziehung nicht allzu hoch
gespannt werden.
Hingegen dürfte der sprechende Flammenbogen insofern eine grosse praktische Bedeutung
gewinnen, als sich derselbe, wie aus den Versuchen des Prof. Dr. H. Th. Simon und Ruhmer's
hervorgeht, thatsächlich zur Durchführung einer drahtlosen Telephonie ausnutzen
lässt. Die Grundlage hierfür hat Prof. Graham Bell mit
seinem Radiophon, später Photophon genannten Apparate, schon vor Jahren festgelegt.
Er benutzte die Eigenschaft einer Selenzelle, unter dem Einflüsse des Lichtes den
Leitungswiderstand proportional der Intensität der Bestrahlung zu verändern, dazu,
den Widerstandswechsel in der Selenzelle unter dem Einflüsse der wechselnden
Bestrahlung zum Ansprechen eines Fernhörers in der Weise auszunutzen, dass er diese
Zelle in einen Stromkreis mit einer Batterie und einem Fernhörer einschaltete,
wodurch jede Widerstandsveränderung der Selenzelle im Fernhörer wahrgenommen werden
konnte. Zur Hervorrufung der Lichtundulationen warf er vorerst die parallel
gerichteten Strahlen einer Bogenlampe auf eine spiegelnde Membrane, die am Ende
eines Sprachrohres befestigt war. Die von dieser Membrane reflektierten Strahlen
wurden nun dem Empfänger zugeführt, welcher die bei Schwingung der Membrane
undulierenden Lichtwellen in der erwähnten Weise in Schallwellen umsetzte. Zur
Erhöhung der Wirksamkeit wurden die parallel einlangenden Lichtstrahlen auf einen
Hohlspiegel geworfen,welcher dieselben auf die im Brennpunkte desselben
gelegene Selenzelle konzentrierte.
Da nun bei dem sprechenden Lichtbogen mit den Temperaturschwankungen auch
Lichtschwankungen verbunden sind, die den betreffenden Schallwellen genau
entsprechen, bedarf es der Hilfsquellen eines Mikrophones überhaupt nicht mehr. Das
von der Bogenlampe ausgehende Licht, welches mit Recht als sprechendes Licht
bezeichnet werden kann, lässt sich durch einen Scheinwerfer leicht auf weite
Entfernungen übertragen, dort konzentrieren und auf die Selenzelle werfen, und durch
dieselbe, welche auch auf die geringsten Lichtschwankungen anspricht, in der
bekannten Weise in Schallwellen umwandeln. Eine Anordnung zur Durchführung der
Lichttelephonie zeigt Fig. 14, in welcher hh1 zwei Hohlspiegel
und s die Selenzelle bezeichnen, wobei die übrigen
Bezeichnungen den vorhergehenden gleichgehalten wurden.
Textabbildung Bd. 316, S. 489
Fig. 14.
Nachdem die Versuche ein durchaus greifbares Resultat ergaben und sich eine eigens
präparierte Selenzelle als hinreichend empfindlich erwies, um den Schreibmagneten
eines Telegraphones zu beeinflussen, wurden auch Versuche unternommen, die
photophonisch einlangenden Gespräche magnetisch zu registrieren, welche, wenn auch
die auf diesem Wege aufgenommenen Magnetophonogramme an Deutlichkeit noch manches zu
wünschen übrig liessen, doch erwiesen, dass das Poulsen'sche Telegraphon als Photographophon eine Zukunft habe.
Man ist aber noch weiter gegangen und hat versucht, die einlangenden Phonogramme
photographisch festzuhalten, und ist dies Ruhmer nach
manchen vergeblichen Versuchen auch vollkommen gelungen. Er lässt zu diesem Zwecke
das Licht der Lampe auf einen schnellbewegten lichtempfindlichen Film wirken und
nimmt dadurch die Lichtschwankungen photographisch auf. Ist der Film hierauf
entsprechend entwickelt und fixiert, so lässt sich das auf diese Weise festgehaltene
Bild der Lichtschwankungen beliebig oft in der Weise akustisch reproduzieren, dass
man den bewegten Filmstreifen durchleuchtet und das durchscheinende Licht auf eine
Selenzelle wirft, welche in bekannter Weise mit Telephon und Batterie verbunden
ist.
Für derartige Versuche empfiehlt es sich, als Lichtsender keine lautsprechende
Bogenlampe zu verwenden, sondern einen sogen. stummen Lichtbogen, welcher die
Lichtschwankungen ebensogut aufweist. Ein derartiger Lichtsender findet sich in der
bekannten Arons-Lampe, welche einen Lichtbogen zwischen Quecksilberelektroden im
luftleeren Raume liefert.
Textabbildung Bd. 316, S. 489
Fig. 15.
Zur Aufnahme der Schallwellen empfiehlt es sich, das Telephon in Verbindung mit einer
Kapazität parallel zur Selenzelle zu schalten, um hierdurch zu verhindern, dass der
von der Batterie gelieferte Strom das Telephon mit durchfliesst. Diese Art der
Anordnung ist in Fig. 15 dargestellt und ohne weitere
Erklärung verständlich.
Die Perspektive, die sich durch diese Versuche, die doch nur den Anfangspunkt der
Entwickelung darstellen, für die Praxis eröffnet, ist eine geradezu glänzende.
Speziell der Phototelephonie dürfte insbesondere für nautische Zwecke eine grosse
Zukunft vorausgesagt werden. Allerdings bedarf es noch einer grossen Summe von
Arbeit, um das
erstrebte Ziel zu erreichen, aber die Wege sind bereits vorgebahnt, und dem
nimmermüden Streben der Forscher wird es sicherlich bald gelingen, die sich noch
entgegenstellendenHindernisse zu beseitigen, und so in den grossen Bau der
wissenschaftlichen Erkenntnis einen weiteren mächtigen Gedenkstein einzufügen.